Thermisches Neutron

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Thermische Neutronen werden – nicht ganz einheitlich – freie Neutronen bezeichnet, deren kinetische Energie weniger als beispielsweise 100 meV (Milli-Elektronenvolt) beträgt. In der Klassifizierung der Neutronen liegen sie zwischen den kalten und den epithermischen Neutronen.

Die Bezeichnung als thermische Neutronen leitet sich aus ihrer Entstehung ab. Thermische Neutronen entstehen aus Neutronen höherer kinetischer Energie, indem diese mehrfach mit Atomkernen eines Streumediums elastisch zusammenstoßen. Ihre Energieverteilung nähert sich dadurch der für die Temperatur des Streumediums charakteristischen Boltzmannverteilung an, so dass der Anteil langsamer Neutronen steigt. In vielen Fällen, z. B. in Kernreaktoren oder Abschirmungen, wird diese Abbremsung gezielt mittels eines Moderator-Mediums herbeigeführt. Aber auch in anderen materiellen Umgebungen mit freien Neutronen zeigt deren Energiespektrum fast immer einen größeren oder kleineren Anteil thermischer Neutronen.

Die mittlere kinetische Energie ist über das Äquipartitionstheorem mit der Temperatur eines Systems verknüpft. Es gilt für Neutronen mit der Boltzmann-Konstanten und der absoluten Temperatur . Obwohl die Größe „Temperatur“ nur für Vielteilchensysteme definiert ist, wird im Fachjargon davon gesprochen, dass die einzelnen Neutronen bei einer bestimmten mittleren Energie eine Temperatur besitzen. Meist wird die Temperatur einfach direkt in dieser Form als Energie angegeben.

Die erwähnte „Obergrenze“ von 100 meV entspricht somit (ohne den Faktor 3/2) der Temperatur 1160 K (887 °C).

Bei Zimmertemperatur wird als nominelle Energie gewöhnlich veranschlagt; genauer beträgt die mittlere kinetische Energie

Verwendung

Thermische Neutronen spielen eine wichtige Rolle in den meisten Kernreaktoren. Allerdings liegt dort (zumindest in Leistungsreaktoren) wegen der Arbeitstemperatur ihre Energie merklich über den oben genannten 0,025 eV.

Weiterhin werden sie bei der Neutronenstreuung als ein wichtiges Werkzeug der Strukturforschung an Materialien verwendet.

Auch zur Abschirmung von Neutronenstrahlung, d. h. zur Verringerung der Strahlenintensität, werden die Neutronen zunächst durch einen Moderator thermalisiert, um dann von einem Material mit großem Absorptions-Wirkungsquerschnitt für thermische Neutronen, beispielsweise Bor oder Cadmium, absorbiert zu werden.

Literatur

  • K. Wirtz, K. H. Beckurts: Elementare Neutronenphysik. Springer 1958, Seite 35