Tota pulchra es Maria
Tota pulchra es Maria ist ein altes christliches Gebet, das seit dem vierten Jahrhundert nachgewiesen ist. Es ist aus Versen des Alten Testamentes zusammengesetzt, die auf Maria bzw. ihre unbefleckte Empfängnis gedeutet werden. Die Anfangszeile, nach der das Gebet benannt ist, stammt aus dem Hohelied in der Version der Vulgata: Tota pulchra es, amica mea, et macula non est in te. (Hld 4,7 EU) Die Zeile Vestimentum tuum … verweist auf das Matthäusevangelium (Mt 17,2 EU bzw. Mt 28,3 EU). Der letzte Vers ist dem biblischen Buch Judit entnommen (Jdt 15,9 EU).
Bereits Ephräm der Syrer wandte in den Carmina Nisibena den Vers Hohelied 4,7 auf die Sündenlosigkeit Marias an: Du allein [Christus] und deine Mutter sind über alles schön, keine Makel ist, o Herr, an dir, kein Fehl an deiner Mutter.[1] Das Wort originalis, welches den Bezug zur Erbsünde (peccatum originale) herstellt, wurde von dem Franziskanertheologen Johannes Duns Scotus eingefügt. Seit dem 14. Jahrhundert ist das Gebet in seiner heutigen Fassung verbreitet.
Liturgisch werden die einzelnen Verse als Alleluia-Ruf vor dem Evangelium bei der Messfeier und als Antiphonen bei der Vesper zum Fest Maria Empfängnis (8. Dezember) verwendet.[2]
Text
Originaltext
Tota pulchra es, Maria
et macula originalis
non est in te.
Vestimentum tuum candidum quasi nix,
et facies tua sicut sol.
Tota pulchra es, Maria,
et macula originalis
non est in te.
Tu gloria Hierusalem,
tu laetitia Israel,
tu honorificentia populi nostri.
Tota pulchra es, Maria.
(Tu advocata peccatorum, o Maria,
virgo prudentissima,
mater clementissima,
ora pro nobis, intercede pro nobis
ad Dominum Jesum Christum.)
Übersetzung
Ganz schön bist du, Maria,
und ein Flecken der Erbschuld
ist nicht an dir.
Dein Gewand ist hell wie Schnee
und dein Antlitz wie die Sonne.
Ganz schön bist du, Maria,
und ein Flecken der Erbschuld
ist nicht an dir.
Du bist der Ruhm Jerusalems,
du die Freude Israels,
du die Ehre unseres Volkes.
Ganz schön bist du, Maria.
(Du Fürsprecherin der Sünder.
Maria, du klügste der Jungfrauen,
du mildeste der Mütter,
bitte für uns, tritt ein für uns
bei unserm Herrn Jesus Christus.)
Musikalische Umsetzung
Aus dem gregorianischen Repertoire sind im Liber Usualis ein Alleluia und die Antiphonen zur Vesper des Hochfestes der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria im ersten Ton überliefert.
Das Gebet erfuhr zahlreiche Vertonungen, zum Beispiel von Guillaume Du Fay (15. Jahrhundert), Francisco Guerrero (16. Jahrhundert), Grzegorz Gerwazy Gorczycki (1694), Robert Schumann (in: Missa sacra op. 147, 1852/53), Ernest Chausson (19. Jahrhundert) sowie Maurice Duruflé (in: Quatre Motets sur des Thèmes Grégoriens op. 10 für Chor a cappella, 1960) und Pablo Casals (20. Jahrhundert).
Häufig aufgeführt wird die Motette von Anton Bruckner in phrygischer Tonart (WAB 46).
Literatur
- Nikolaus von Kues: Tota pulchra es, amica mea (Sermo de pulchritudine). Ediert und eingeleitet von Giovanni Santinello. Societa cooperativa tipografica, Padua 1958.
- Ursula Schwalke: "Tota pulchra es Maria". Zum Hochfest der Unbefleckten Empfängnis. In: Erbe und Auftrag 78 (2002), S. 483–485.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Carm. nisib. 27,44f. zitiert nach BKV
- ↑ Siehe Liber Usualis, die 8 Decembris, In conceptione Immaculate B.M.V., Seite 1318 und 1320.