Tour de Suisse
Die Tour de Suisse ist die grösste Radrundfahrt der Schweiz. Sie findet jedes Jahr Mitte Juni statt und gilt als wichtigstes Etappenrennen im Strassenradsport unterhalb der «Grand Tours» Tour de France, Giro d’Italia und Vuelta a España. Die Rundfahrt gehörte zu der im Jahr 2005 neu eingeführten UCI ProTour, einer Serie der wichtigsten Radrennen des Jahres. Seit 2011 gehört das Rennen zur Nachfolgeserie UCI WorldTour.
Sie ist unterteilt in neun Etappen, darunter meist ein Prolog, mehrere Bergetappen und ein Einzelzeitfahren. Die Tour de Suisse wird von vielen Fahrern als letzte Vorbereitung auf die traditionell zwei Wochen später beginnende Tour de France gefahren. Der Führende in der Gesamtwertung trägt das «Goldene Trikot».
Geschichte
Bereits zum 25. Geburtstag des Schweizer Rad- und Motorradfahrer-Bund (SRB), 1908, versuchte der Verband ein Rennen zu etablieren. Nach zwei Austragungen wurde das Eintagesrennen von über 300 Kilometern wieder eingestellt. Ein weiterer Versuch, ein grosses Radrennen in der Schweiz zu etablieren, war die Fernfahrt München–Zürich, welche allerdings wegen der hohen Kosten 1924 wieder eingestellt wurde. Die Tour de France und den Giro d’Italia als Vorbild versuchte der damalige Direktor des SRB Xaver Marzohl schliesslich, auch ein Etappenrennen zu organisieren.
Die erste Tour de Suisse fand schliesslich 1933 zum 50-jährigen Jubiläum des SRB statt.[1] Sieger der in fünf Etappen ausgetragenen Rundfahrt war der Österreicher Max Bulla. Die erste Mannschaftswertung in der Geschichte gewann damals die Schweiz.
Seitdem haben zahlreiche berühmte Fahrer die Tour gewonnen. Hinter dem viermaligen Gesamt- und damit Rekordsieger Pasquale Fornara folgen Ferdy Kübler, Hugo Koblet und Rui Costa mit jeweils drei Erfolgen. Gino Bartali, Hennes Junkermann, Beat Breu und Simon Špilak konnten die Tour je zweimal gewinnen.
Seit 1999 wurde die Tour de Suisse von der Firma IMG ausgerichtet. Einige Jahre lang war der ehemalige Schweizer Radrennfahrer Armin Meier Direktor der Tour.[2] Zuletzt wurde sie von einem Team aus dem ehemaligen Bahnradsportler Kurt Betschart, Rolf Husar und Louis Schumann organisiert.[3] 2014 endete die Zusammenarbeit zwischen IMG und dem Verband Swiss Cycling, der die Rechte an der Rundfahrt innehat.[4]
Danach wurden die Rechte an die Agentur InfrontRingier vergeben. Mit einer neuen Strategie sollte die «Präsenz der Tour de Suisse erhöht, die Identifikation der Austragungsorte gesteigert und die Zuschauer intensiver eingebunden» werden. So werden am Start- und Abschlusswochenende jeweils mehrere Etappen in derselben Region ausgetragen.[5] Der Generaldirektor der Tour de Suisse war bis Juli 2018 der Gansinger Olivier Senn. Seither hat das Dreierteam Kurt Betschart (Technik), David Loosli (Sport) und Célina Rovescala (Kommerz) die Leitung inne, Loosli vertritt als primus inter pares die Tour nach aussen.
Die Tour de Suisse hat sich im Lauf der Jahre zu einem Wirtschaftsunternehmen entwickelt. So hatte sie z. B. im Jahr 2002 ein Budget von 5,5 Millionen Schweizer Franken. Das für die Fahrer ausgelobte Preisgeld hatte mit 271.062 Franken dabei einen relativ geringen Anteil am Budget, für den Gesamtsieg gab es eine Prämie von 15.000 Franken, die Bergpreissieger bzw. Sieger des Punkteklassements erhielten je 4.000 Franken, Etappensiege wurden mit 3.242 Franken honoriert. In die Rennorganisation waren mehr als 300 Personen eingebunden.[6]
Im Jahr 2020 wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie keine Tour de Suisse durchgeführt.[7] Stattdessen wurde vom 22. bis zum 26. April 2020 die virtuelle Ersatzveranstaltung «The Digital Swiss 5» ausgetragen, bei der 57 Fahrer elektronisch am Start waren.[8]
Nachdem eine Tour de Suisse Féminin für Frauen nur im Jahr 2001 ausgetragen wurde, erfolgte 2021 die Neuauflage einer Schweizerrundfahrt für Frauen unter dem Namen Tour de Suisse Women.
Siegerliste
- 2022 Geraint Thomas
- 2021 Richard Carapaz
- 2020 wegen COVID-19-Pandemie abgesagt
- 2019 Egan Bernal
- 2018 Richie Porte
- 2017 Simon Špilak
- 2016 Miguel Ángel López
- 2015 Simon Špilak
- 2014 Rui Costa
- 2013 Rui Costa
- 2012 Rui Costa
- 2011 Levi Leipheimer
- 2010 Fränk Schleck
- 2009 Fabian Cancellara
- 2008 Roman Kreuziger
- 2007 Wladimir Karpez
- 2006
Jan Ullrich[A 1] - 2005 Aitor González
- 2004 Jan Ullrich
- 2003 Alexander Winokurow
- 2002 Alex Zülle
- 2001
Lance Armstrong[A 2] - 2000 Oscar Camenzind
- 1999 Francesco Casagrande
- 1998 Stefano Garzelli
- 1997 Christophe Agnolutto
- 1996 Peter Luttenberger
- 1995 Pawel Tonkow
- 1994 Pascal Richard
- 1993 Marco Saligari
- 1992 Giorgio Furlan
- 1991 Luc Roosen
- 1990 Sean Kelly
- 1989 Beat Breu
- 1988 Helmut Wechselberger
- 1987 Andrew Hampsten
- 1986 Andrew Hampsten
- 1985 Phil Anderson
- 1984 Urs Zimmermann
- 1983 Sean Kelly
- 1982 Giuseppe Saronni
- 1981 Beat Breu
- 1980 Mario Beccia
- 1979 Wilfried Wesemael
- 1978 Paul Wellens
- 1977 Michel Pollentier
- 1976 Hennie Kuiper
- 1975 Roger De Vlaeminck
- 1974 Eddy Merckx
- 1973 José Manuel Fuente
- 1972 Louis Pfenninger
- 1971 Georges Pintens
- 1970 Roberto Poggiali
- 1969 Vittorio Adorni
- 1968 Louis Pfenninger
- 1967 Gianni Motta
- 1966 Ambrogio Portalupi
- 1965 Franco Bitossi
- 1964 Rolf Maurer
- 1963 Giuseppe Fezzardi
- 1962 Hennes Junkermann
- 1961 Attilio Moresi
- 1960 Fredy Rüegg
- 1959 Hennes Junkermann
- 1958 Pasquale Fornara
- 1957 Pasquale Fornara
- 1956 Rolf Graf
- 1955 Hugo Koblet
- 1954 Pasquale Fornara
- 1953 Hugo Koblet
- 1952 Pasquale Fornara
- 1951 Ferdy Kübler
- 1950 Hugo Koblet
- 1949 Gottfried Weilenmann
- 1948 Ferdy Kübler
- 1947 Gino Bartali
- 1946 Gino Bartali
- 1943–1945 nicht ausgetragen
- 1942 Ferdy Kübler
- 1941 Josef Wagner
- 1940 nicht ausgetragen
- 1939 Robert Zimmermann
- 1938 Giovanni Valetti
- 1937 Karl Litschi
- 1936 Henri Garnier
- 1935 Gaspard Rinaldi
- 1934 Ludwig Geyer
- 1933 Max Bulla
- ↑ Jan Ullrichs Ergebnisse vom 1. Mai 2005 bis zu seinem Karriereende wurden am 9. Februar 2012 vom Internationalen Sportgerichtshof aberkannt.
- ↑ Die Ergebnisse von Lance Armstrong von 1998 bis einschliesslich 2005 wurden am 22. Oktober 2012 von der UCI aberkannt.
Literatur
- Peter Schnyder (Hrsg.): Tour de Suisse. 75 Jahre; 1933–2008. AS Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-909111-53-4.
- Media Sport International AG: Tour de Suisse Statistik. Bern, 2002.
- Das Goldene Buch der Tour de Suisse. Schweizer Verlagshaus AG, Zürich 1986, ISBN 3-7263-6488-9.
Weblinks
- Offizielle Website
- Tour de Suisse in der Datenbank von Radsportseiten.net
- Tour de Suisse in der Datenbank von ProCyclingStats.com
Einzelnachweise
- ↑ Peter Schnyder (Hrsg.): Tour de Suisse: 75 Jahre; 1933–2008. AS Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-909111-53-4, S. 14–19.
- ↑ Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Tour de Suisse.ch: Organigramm) (
- ↑ Organigramm. (Nicht mehr online verfügbar.) Tour de Suisse, archiviert vom Original am 28. Juli 2007; abgerufen am 9. Juli 2021.
- ↑ Swiss Cycling dankt IMG für die letzten 15 Jahre. Swiss Cycling, abgerufen am 26. Juni 2014.
- ↑ Neues Konzept für Tour de Suisse. SRF, 10. April 2014, abgerufen am 26. Juni 2014.
- ↑ IMG Suisse S.A. (Hrsg.): Tour de Suisse 2002. Dokumentation. Hauterive 2002, S. 22–24, 111–112.
- ↑ Die Tour de Suisse ist abgesagt, in Belgien steht die Fussballmeisterschaft vor dem Abbruch, und die englischen Fussballprofis wollen keine Lohnkürzungen – so geht der Sport mit dem Coronavirus um. In: Neue Zürcher Zeitung. 3. April 2020, abgerufen am 3. April 2020 (Schweizer Hochdeutsch).
- ↑ Ralf Meile: Endlich wieder Live-Sport! Die wichtigsten Fakten zur digitalen Tour de Suisse. In: watson.ch. 23. Juni 2019, abgerufen am 23. April 2020.