Trinkvogel

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Ein Trinkvogel (auch bekannt als „Wippvogel“, „Pickvogel“, „Saufpieper“, „Schluckspecht“, „Trinkstorch“, „Nickente“, „Nickvogel“ oder „Glaskolbenente“, (engl. „drinking bird“)) ist ein physikalisches Spielzeug.

Aufbau

Datei:Drinking bird 01 ies.webm Der Trinkvogel ist in der Regel als Hohlkörper aus Glas konstruiert, bestehend aus einem Hals, der oben in einen filzüberzogenen Kopf mit Schnabel übergeht und unten in einen (abgeschlossenen) Bauch hineinragt, welcher ohne Luft mit einer Flüssigkeit mit einem Siedepunkt in der Nähe der Raumtemperatur (meist Methanol) gefüllt ist. Der Vogel liegt auf einem Gestell und kann um eine Drehachse oberhalb des Bauches nach vorne kippen. Kippt er weit genug nach vorne, so ragt sein Schnabel in ein vor ihm stehendes Wasserglas.

Funktionsweise

Datei:Trinkvogel.png
Funktionsweise eines Trinkvogels

Das Wasser auf dem feuchten Schnabel verdunstet in die Außenluft und kühlt den Schnabel geringfügig ab. Wegen der verringerten Temperatur kondensiert Methanoldampf im Kopf und der Druck im Glasrohr sinkt, wodurch die farbige Flüssigkeit im Glasrohr nach oben steigt. Damit hebt sich der Schwerpunkt, der Vogel wird instabil, kippt nach vorn in die Schräglage und der Schnabel taucht in das bereitstehende Wasserglas. Gleichzeitig bewegt sich durch die Neigung das untere Rohrende aus der Flüssigkeit im Bauch heraus, sodass ein Druckausgleich stattfinden kann. Hierdurch fließt Flüssigkeit in den Bauch zurück und Dampf steigt in den Kopf, der Vogel kippt zurück in die Ausgangsposition. Er pendelt um die Ausgangslage und der Prozess beginnt von vorne.

Die kleine Temperaturdifferenz zwischen dem feuchten Schnabel und dem Bauch reicht aus, um die Flüssigkeit ca. 10 cm anzuheben. Der Grund dafür liegt darin, dass der Dampfdruck einer Flüssigkeit (für viele Flüssigkeiten gut durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung beschrieben) sehr stark von der Temperatur abhängt. Da der Vogel nur mit einer Flüssigkeit und ihrem Dampf gefüllt ist, stellt sich im Inneren des Vogels im Gleichgewicht ein Druck ein, der genau dem Dampfdruck des Stoffes bei der entsprechenden Temperatur entspricht. Wird der Schnabel durch das Anfeuchten gekühlt, kondensiert dort im Inneren so lange Dampf zu Flüssigkeit, bis sich im Kopf der geringere Dampfdruck einstellt, während im Bauch Flüssigkeit zu Gas verdampft, um den dort höheren Druck aufrechtzuerhalten.

Der Effekt ist umso größer, je größer der Dampfdruck der verwendeten Flüssigkeit mit der Temperatur ansteigt. Diethylether oder Dichlormethan wären gut geeignet, sind aber gesundheitsschädlich. Meist kommt Methanol zum Einsatz. Ethanol erzeugt etwa die halbe Druckdifferenz im Vergleich zu Methanol und Wasser ist deutlich schlechter.[1]

Wird das Trinkglas mit Spiritus gefüllt, trinkt der Vogel häufiger, weil der Spiritus leichter als Wasser verdunstet und dadurch ein größeres Temperaturgefälle erzeugt. Die Kippbewegung kann auch durch eine gezielte Erwärmung des unteren Körpers mit einem Fön oder durch Wärmestrahlung ausgelöst werden.

Der Trinkvogel ist eine Wärmekraftmaschine, die die Temperaturdifferenz durch Verdunsten von Wasser in die Umgebung ausnutzt. Dass bei der Verdunstung eine Temperaturdifferenz aufgebaut wird, liegt daran, dass die Raumluft oder Außenluft, wenn sie weniger als 100 % relative Feuchtigkeit aufweist, bei gleichzeitigem Vorliegen von flüssigem Wasser nicht im thermodynamischen Gleichgewicht ist, also gemäß dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik Prozesse ablaufen können, die den Zustand in Richtung des thermodynamischen Gleichgewichts mit 100 % Luftfeuchtigkeit bringen. Aufrechtgehalten wird dieses Nichtgleichgewicht durch die Energie der Sonne, die Luftmassen immer wieder erwärmt und abkühlen lässt, sodass die Feuchtigkeit abregnet und die Luft dadurch getrocknet wird. In einem abgeschlossenen System erreicht die relative Luftfeuchtigkeit bald 100 % und der kühlende Verdunstungsprozess kommt zum Erliegen. Dies lässt sich leicht durch eine über den Vogel gestülpte Glasglocke zeigen: Nach einigen Minuten kommt die Bewegung zum Stillstand. Entfernt man die Glocke, beginnt die Bewegung des Vogels wieder.

Literatur

  • Wolfgang Bürger: Der paradoxe Eierkocher. Physikalische Spielereien aus Professor Bürgers Kabinett. Birkhäuser, Basel u. a. 1995, ISBN 3-7643-5105-5, S. 154–161.
  • J. Güémez, R. Valiente, C. Fiolhais, M. Fiolhais: Experiments with the drinking bird. In: American Journal of Physics. Bd. 71, Nr. 12, 2003, S. 1257–1267, doi:10.1119/1.1603272.
  • Christian Ucke, H. Joachim Schlichting: Spiel, Physik und Spaß., Wiley-VCH 2011 ISBN 978-3-527-40950-1

Weblinks

Commons: Trinkvogel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christian Ucke, H. Joachim Schlichting: Spiel, Physik und Spaß., Wiley-VCH 2011 ISBN 978-3-527-40950-1.