Typologie (Bibel)

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Typologie (von altgriechisch τύπος týpos „Abbild, Vorbild“) – auch Präfiguration genannt[1] – ist in der Auslegungstradition der Bibel die Inbezugsetzung einer Person oder eines Geschehens aus dem Alten Testament (selten auch aus der antiken Mythologie oder aus antiken Legenden), des Typos, mit einer Person oder einem Ereignis aus dem Neuen Testament, dem Antitypos. Es geht dabei in erster Linie um „Verheißung“ und „Erfüllung“: Das, was im Alten Testament angekündigt wird, vollendet sich im Neuen Testament.[2]

Verbreitung und Absicht der Typologie

Die Typologie war besonders in frühchristlicher Zeit (aber auch im Mittelalter) eine verbreitete und beliebte Auslegungsweise des Alten Testamentes. Sie sollte verdeutlichen, dass Christus wirklich derjenige war, auf den vor allem die Propheten hingewiesen hatten. Gegenüberstellungen wie „So, wie Jona drei Tage lang im Bauch des Wales lag, so ist auch Christus drei Tage lang im Grab gelegen“ sollten die Richtigkeit der Verheißung beweisen.

Aus diesem Blickwinkel heraus war das Alte Testament voller Zeichen, die in Richtung auf Christus gedeutet werden konnten: dem Typus (Figur) aus dem Alten Testament entsprach der Antitypus im Neuen Testament. Es ging also um eine Beweisführung für Jesus Christus als den Erfüller der Verheißung, nur er konnte es sein, auf den da hingewiesen wurde.

Mit der typologisch fundierten Folgerichtigkeit versuchte das frühe Christentum Überzeugungsarbeit zu leisten.

Für die Verbreitung der Typologie in frühchristlicher Zeit gibt es einen weiteren Grund; Bilder aus dem Alten Testament waren unverfänglich, sie konnten ohne Gefahr für Christen dargestellt werden, da sie ebenso dem jüdischen Kulturkreis entstammen konnten und dieser keiner Verfolgung ausgesetzt war. Die ersten christlichen Bildnisse (z. B. in den Katakomben) zeigen daher neben Symbolen auch alttestamentliche Darstellungen, die von den Christen typologisch gelesen wurden.

Anwendung der Typologie

Matthäusevangelium

Das typologische Verfahren liegt in den sog. Reflexionszitaten bereits dem Matthäusevangelium über weite Strecken zu Grunde, z. B. wenn dem Empfang der Zehn Gebote auf dem Sinai die Bergpredigt Christi gegenübergestellt wird.

Paulusbriefe

Auch Paulus denkt typologisch. Zentrale Bedeutung hat für ihn die Gegenüberstellung Adam – Christus in der Paulinischen Theologie. In Röm 5,14 ELB nennt er Adam den typos tou mellontos – „Vorbild auf den kommenden (Christus)“. Auch deutet Paulus verschiedene Stationen von Auszug und Wüstenwanderung des Volkes Israel typologisch in 1 Kor 10,1–13 EU. So verknüpft er etwa den Durchzug durchs Schilfmeer mit der Taufe oder die himmlische Speisung und das Wasser aus dem Felsen mit dem Abendmahl. Er argumentiert, dass alle diese Ereignisse Urbilder (gr. τύποι/typoi) seien, die den Christen zur Ermahnung dienten.

Christliche Kunst

In der christlichen Kunst ist die Typologie allgegenwärtig, da sie dem Wesen nach bildhaft ist und beziehungsvolle Symmetrien ermöglicht.

Typologische Literatur

Im Spätmittelalter waren typologische Werke weit verbreitet. Dazu gehören die Bible moralisée, der Heilsspiegel (Speculum humanae salvationis), die Armenbibel (Biblia pauperum) und die Concordantiae caritatis.

Mediterrane Mythologien und Christentum

Neben den typologischen Gegenüberstellungen aus dem Alten Testament gibt es auch solche, die sich auf die „heidnische“ Antike beziehen, und solche, die auf Naturphänomene Bezug nehmen. Als Beispiele für die heidnische Antike mögen der Kaiser Augustus und die Sibylle von Tibur gelten, die Typen zur Christgeburt sind. Naturphänomenale Typen sind z. B. der Löwe, der nach drei Tagen seine totgeborenen Jungen durch Brüllen zum Leben erweckt, oder der Phönix, der aus der Asche neu ersteht. Beides wird im Physiologus erwähnt und ist Typ zur Auferstehung Christi.

Beispiele

  • Die eherne Schlange, von Mose in der Wüste errichtet, bewahrt die Juden vor dem Tod durch die Schlangenplage – Am Holz des Kreuzes bringt Christus das Leben
  • Jona wird nach 3 Tagen von einem großen Fisch wieder ausgespieen – Christus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten
  • Israel wird in der Wüste mit dem Manna gespeist – Christus setzt die Eucharistie ein
  • Israel zieht durch das Rote Meer in die Freiheit – Der gläubige Christ gelangt durch die Taufe ins neue Leben
  • Samson hebt die Tore von Gaza aus – Christus ersteht von den Toten auf
  • Josef wurde von seinen Brüdern verkauft – Jesus wurde von Judas verraten und verkauft

Literatur

  • Ursula Brumm: Die religiöse Typologie im amerikanischen Denken: Ihre Bedeutung für die amerikanische Literatur- und Geistesgeschichte (= Studien zur amerikanischen Literatur und Geschichte. Bd. 2). Brill, Leiden 1963.
    • überarbeitete englische Übersetzung: American Thought and Religious Typology. Rutgers University Press, New Brunswick NJ 1970.
  • Stefan Felber: Typologie als Denkform biblischer Theologie. In: Herbert H. Klement, Julius Steinberg (Hrsg.), Themenbuch zur Theologie des Alten Testaments. Wuppertal 2007, S. 35–54 (Inhalt des Bandes: siehe http://www.gbv.de/dms/hebis-darmstadt/toc/190311088.pdf).
  • Meik Gerhards: Simson als Bild Christi. Zum christlichen Verstehen des Alten Testaments am Beispiel einer Heldengeschichte (Jdc 13-16). Edition Ruprecht, Göttingen 2022, ISBN 978-3-8469-0379-7; zur typologischen Auslegung des Alten Testaments grundlegend S. 121–146.
  • Leonhard Goppelt: Typos. Die typologische Deutung des Alten Testaments im Neuen. Bertelsmann, Gütersloh 1939 (Nachdruck: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, ISBN 3-534-05273-0).
  • Stuart George Hall: Typologie. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE), Bd. 34, 2002, S. 208–224.
  • Bernd Mohnhaupt: Beziehungsgeflechte. Typologische Kunst des Mittelalters. Lang, Bern 2000, ISBN 3-906765-72-5.
  • Marius Reiser: Drei Präfigurationen Jesu: Jesajas Gottesknecht, Platons Gerechter und der Gottessohn im Buch der Weisheit. In: Erbe und Auftrag, Jg. 81 (2005), S. 438–456.
  • Sabine Schrenk: Typos und Antitypos in der frühchristlichen Kunst (= Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband 21). Aschendorff Verlag, Münster 1995, ISBN 3-402-08105-9.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. So etwa Hildegard Cancik-Lindemaier, Dorothea Sigel: Art. Allegorese (6c). In: Der Neue Pauly. Bd. 1. Stuttgart 1996, Sp. 522.
  2. Vgl. Augustinus, Quaestiones in Heptateuchum 2,73: Novum Testamentum in Vetere latet, et in Novo Vetus patet. – „Das Neue Testament ist im Alten verborgen, und im Neuen ist das Alte offenbar.“