UNO-Vetomacht
Eine UN-Vetomacht ist ein den Vereinten Nationen angehörender Staat, der das Recht hat, bei Beschlüssen des Sicherheitsrats gemäß Art. 27 III UN-Charta das Vetorecht zu gebrauchen. Geschieht das, kommt der Beschluss nicht zustande.
Das Veto-System wurde eingerichtet, um die Interessen der Gründungsmitglieder der Vereinten Nationen, die siegreich aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen waren, zu schützen. Fünf Staaten sind ständige Mitglieder des Sicherheitsrates und haben dieses Recht:[1][2]
- Vereinigte Staaten von Amerika
- Volksrepublik China (seit 1971); zuvor Republik China auf Taiwan
- Russische Föderation (seit 1991); zuvor Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
- Französische Republik
- Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
Mit 121 Vetos wurden die meisten bis Ende Juli 2022 von der Sowjetunion und nach deren Auflösung von der Russischen Föderation eingelegt, gefolgt von der USA mit 82. Großbritannien legte 29, China 17 und Frankreich 16 Vetos ein.[3] Diese zusammengerechnet 265 Vetos ergeben in Anbetracht der im gleichen Zeitraum ergangenen 2648 ergangenen Resolutionen ein Nichtzustandekommen der Beschlüsse von rund 10 %.
Zwingende Stimmenthaltung
Gebot der zwingenden Stimmenthaltung
Laut Art. 27 Abs. 3 der UN-Charta haben sich Mitglieder des Sicherheitsrates der Stimme zu enthalten, wenn es um die friedliche Beilegung von Streitigkeiten geht, in denen das Mitglied Partei ist. Die permanenten Mitglieder können ihr Veto dann nicht ausüben. Betroffen sind jedoch nur Beschlüsse im Rahmen von Kapitel VI und Art. 52 Abs. 3 UN-Charta. Bei Sanktionsbeschlüssen im Rahmen von Kapitel VII UN-Charta („Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen“) gilt das Gebot der zwingenden Stimmenthaltung nicht.
Beispiele für zwingende Stimmenthaltungen
Beispiel einer solchen Stimmenthaltung war 1947 das Vereinigte Königreich in der Abstimmung über den Korfu-Kanal-Zwischenfall. Trotz Parteistellung wurde das Veto beispielsweise 1968 von der UdSSR bei der Resolution über die Invasion in der Tschechoslowakei eingelegt, 1976 von Frankreich bei der Annexion von Mayotte und 1986 von den USA bei der Verurteilung ihrer Bombardierung Libyens.[4] Zuletzt wurde 2022 das Vetorecht von Russland nach seinem Überfall auf die Ukraine in Anspruch genommen.[5]
Sonstige Stimmenthaltungen
Auch wenn Art. 27 Abs. 3 UN-Charta davon ausgeht, dass Beschlüsse des Sicherheitsrates die ausdrückliche Zustimmung aller ständigen Mitglieder erfordern, wird die Stimmenthaltung in der Praxis nicht wie die Ausübung eines Vetos gewertet.[6] Daher kommen Beschlüsse des Sicherheitsrates auch dann zustande, wenn nicht alle ständigen Mitglieder ausdrücklich zustimmen.
Doppeltes Vetorecht
Die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats besitzen ein sogenanntes doppeltes Vetorecht. Damit ist gemeint, dass sie sowohl bei Sachfragen als auch bei Verfahrensfragen ein Vetorecht besitzen. Dem scheint der Wortlaut von Art. 27 Abs. 2 UN-Charta zunächst zu widersprechen, wonach bei Verfahrensfragen lediglich die Zustimmung von neun (beliebigen) Mitgliedern erforderlich ist. Allerdings handelt es sich bei der Frage, ob die vorliegende Frage eine Verfahrensfrage ist, um eine „sonstige Frage“ im Sinne von Art. 27 Abs. 3 UN-Charta. Somit führt ein Veto während der Abstimmung zu dieser Vorfrage dazu, dass die vorliegende Frage auch als „sonstige Frage“ zu behandeln ist.[7] Hierdurch kann zudem verhindert werden, dass das Veto der ständigen Mitglieder durch ein Umdeklarieren einer Sachfrage in eine Verfahrensfrage umgangen wird.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Veto-Mächte einigen sich auf Iran-Sanktionen. spiegel.de, abgerufen am 19. Februar 2012.
- ↑ Der Sicherheitsrat – Fakten und Analysen. crp-infotec.de, abgerufen am 8. Mai 2018.
- ↑ UNO: Security Council - Veto List. In: Dag Hammarskjöld Library Research Guide. 3. August 2022, abgerufen am 12. August 2022.
- ↑ Jan Wouters, Tom Ruys: Security council reform: a new veto for a new century? Academia Press, Brüssel 2005, S. 12 f.
- ↑ Russland verhindert Resolution des UN-Sicherheitsrats. In: zeit.de. 26. Februar 2022, abgerufen am 31. März 2022.
- ↑ Andreas von Arnauld: Völkerrecht. 4. Auflage. C.F. Müller, 2019, S. 64.
- ↑ Andreas von Arnauld: Völkerrecht. 4. Auflage. C.F. Müller, 2019, S. 65.