Ultranet

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Ultranet (Deutschland)
Osterath
Rommerskirchen
Weißenthurm
Ried
Wallstadt
Philippsburg

Ultranet ist die Bezeichnung eines Leitungsvorhabens als Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) im Rahmen des Netzentwicklungsplans Strom (NEP) der Bundesrepublik Deutschland. Als Besonderheit soll Ultranet als Freileitung realisiert und auf Masten bestehender Drehstromleitungen installiert werden. Das Vorhaben wird von den Übertragungsnetzbetreibern Amprion und TransnetBW getragen und soll zwischen Osterath in Nordrhein-Westfalen und Philippsburg in Baden-Württemberg verlaufen.

Bedarf

Karte der BBPlG-Vorhaben. Ultranet trägt die Nummer 2.

Seit dem Netzentwicklungsplan Strom 2012 gibt es Überlegungen der Übertragungsnetzbetreiber die großräumige Übertragungskapazität aus Nordrhein-Westfalen in den Nordwesten Baden-Württembergs zu erhöhen. Die Netzentwicklungspläne 2013, 2014 und 2030 (Versionen 2017 und 2019) haben die Überlegungen fortgeschrieben und konkretisiert. Die Bundesnetzagentur hat die Netzentwicklungspläne jeweils bestätigt. Mit dem Bundesbedarfsplangesetz von 2013 wurden die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf u. a. von Ultranet gesetzlich bestimmt. Dort ist Ultranet das Leitungsbauvorhaben Nummer 2.

Ultranet wird von der Europäischen Kommission als innerdeutsches Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest) unter der Nummer 2.9 in der PCI-Liste der Europäischen Union geführt.[1]

Zusammen mit dem HGÜ-Leitungsvorhaben A-Nord bildet Ultranet den sogenannten Korridor A.

Das Vorhaben ist eines von drei Energieprojekten, die laut dem im November 2021 vorgelegten Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Bundesregierung „beschleunigt auf den Weg“ gebracht und „mit hoher politischer Priorität“ umgesetzt werden sollen.[2]

Planung

Die geplante Trasse stellt ein Gemeinschaftsprojekt der Übertragungsnetzbetreiber Amprion und TransnetBW dar und soll über ca. 340 km[3] zwischen den Netzverknüpfungspunkten Meerbusch-Osterath in Nordrhein-Westfalen und Philippsburg in Baden-Württemberg verlaufen. Hintergrund für den Beginn der Trasse in Meerbusch ist nach Angaben von Vertretern der Bundesnetzagentur[4], dass die Trasse zunächst (spätestens bis zum Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland) vor allem zum Transport von Strom aus den Braunkohlenkraftwerken im rheinischen Braunkohlenrevier, der an der Umspannanlage Osterath eingespeist wird, nach Süddeutschland vorgesehen ist. Eine Verlängerung der Trasse von Osterath nach Emden stellt das selbstständige Leitungsvorhaben A-Nord dar.

Die Investitionskosten der Leitung Osterath – Philippsburg wurden 2014 von Amprion auf 1 Mrd. Euro geschätzt[5], wovon auf jeden der beiden Doppelkonverter 300–400 Mio. Euro entfallen.[6]

Die erforderlichen Leiterseile des Ultranets werden zum größten Teil auf bestehenden Drehstromtrassen angebracht, daher müssen kaum zusätzliche Masten errichtet oder neue Trassen erschlossen werden.

Im Vergleich zum üblichen Drehstromnetz weist eine Gleichstromübertragung in ihrem Verlauf zwar deutlich weniger Verluste auf, muss jedoch mit speziellen Konvertern an das Drehstromnetz gekoppelt werden.

Bundesfachplanung

Die Bundesfachplanung sieht als wesentliche Bestandteile die Erstellung einer Raumverträglichkeitsstudie (RVS) und die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) vor. Als ersten Schritt richtet die Bundesnetzagentur im Rahmen der Bundesfachplanung je nach Bedarf oder Komplexität des Vorhabens eine oder mehrere öffentliche Antragskonferenzen aus.[7]

Ultranet von Osterath nach Philippsburg ist verfahrenstechnisch in fünf Abschnitte gegliedert.

Ultranet
Abschnitt Bundesländer Trassenlänge in km Status
C1 Osterath – Rommerskirchen Nordrhein-Westfalen 30 Trassenkorridor entschieden
E Rommerskirchen – Weißenthurm Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz 100 Trassenkorridor entschieden
D Weißenthurm – Riedstadt Rheinland-Pfalz, Hessen 110 Trassenkorridor entschieden
A1 Punkt Ried – Punkt Wallstadt Hessen, Baden-Württemberg 28 Trassenkorridor entschieden
B1 Punkt Wallstadt – Philippsburg Baden-Württemberg 40 Trassenkorridor entschieden

Planfeststellungsverfahren

Nach Abschluss der Bundesfachplanung kann das Planfeststellungsverfahren durch den Netzbetreiber beantragt werden, in dessen Rahmen die exakten Trassenverläufe und die technische Ausgestaltung verbindlich genehmigt werden. Zuständige Behörde ist die Bundesnetzagentur, die in dem Verfahren die Träger öffentlicher Belange sowie Verbände (auch Naturschutzorganisationen) und betroffene Privatpersonen beteiligt.[8]

Ultranet
Abschnitt Status
C1 Osterath – Rommerskirchen Festlegung des Untersuchungsrahmens
E1 Rommerskirchen – Landesgrenze NRW/RP Antragskonferenz
D1 Punkt Koblenz – Punkt Marxheim Antragskonferenz
A2 Punkt Marxheim - Punkt Ried Antragskonferenz
A1 Punkt Ried – Punkt Wallstadt Erörterungstermin
B1 Punkt Wallstadt – Philippsburg Anhörungsverfahren

Konverter

Die Übertragungsleistung von Ultranet soll 2000 Megawatt bei einer Betriebsspannung von 380 Kilovolt betragen. Innerhalb des Drehstrom-Verbundnetzes, dessen Leitungen sich bedarfgesteuert zusammenschalten lassen, ist die stromgeführte Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung auf die Übertragung zwischen zwei Punkten beschränkt. Sie benötigt an diesen Punkten technisch aufwändige Stromrichterstationen (Stromkonverter, Konverter), die die Verbindung zum Drehstromnetz herstellen. Vermaschung ist erst mit spannungsgeführten Stromrichterstationen möglich. Diese werden an allen Endpunkten benötigt und sind in der Regel nicht mit stromgeführten Stromrichtern kombinierbar.

Standort Osterath

Standort Philippsburg

KKW Philippsburg 2006, geplanter Konverterstandort auf dem Kraftwerksgelände links hinter den beiden Kühltürmen, rechts die vorhandene Drehstrom-Schaltanlage

Für den südlichen, ebenfalls etwa 10 ha großen Konverter hat sich TransnetBW für einen Standort auf dem Gelände des KKW Philippsburg entschieden.[9] Nach Antrag vom Juni 2018 erteilte das Landratsamt Karlsruhe im März 2020 auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die Genehmigung zum Bau und Betrieb des Gleichstrom-Umspannwerks. Das Umspannwerk kann nach der Sprengung der Kühltürme auf dem Kernkraftwerksgelände gebaut werden.[10]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Verordnung (EU) 2018/540
  2. Mehr Fortschritt wagen: Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit, und Nachhaltigkeit. (PDF) Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP). SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, November 2021, S. 13, abgerufen am 30. Dezember 2021.
  3. Berichterstattung auf der Website von TransnetBW. Abgerufen am 10. Februar 2016
  4. Zwei Experten der Bundesnetzagentur folgen Einladung der Initiative. In: Westdeutsche Zeitung, am 7. März 2014
  5. Broschüre der Amprion zu Ultranet. (Memento vom 3. Juli 2014 im Internet Archive) Abgerufen am 16. September 2014
  6. Beantwortung von Fragen der Gemeinden und Städte des Rhein-Kreis Neuss zum Konverterbau durch die Amprion GmbH. Hier Frage/Antwort Nr. 50
  7. Bundesfachplanung oder Raumordnungsverfahren? Bundesnetzagentur, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  8. Festlegen des exakten Leitungsverlaufs in der Planfeststellung. Bundesnetzagentur, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  9. "Gute Entscheidung": Stromkonverter wird in AKW Philippsburg gebaut. In: KA-News, 4. Juni 2016.
  10. Genehmigung für Umspannwerk auf Gelände des KKW liegt vor. Südwestrundfunk, 26. März 2020, abgerufen am 27. März 2020.