Umweltgefährliche Stoffe
Als umweltgefährliche Stoffe werden im Chemikalien- und Verkehrsrecht Stoffe oder Zubereitungen verstanden, die selbst oder deren Umwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit des Naturhaushaltes, von Wasser, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können.[1]
Im Europäischen Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) steht als Wortlaut umweltgefährdender Stoff, und wird als Gefahrgut eine Kennzeichnung mit der Gefahrnummer 90 gefordert, sofern keine zusätzlichen Gefährdungen bestehen.[2]
Umweltgifte werden oft als begünstigend für Krankheiten oder Artensterben angeführt, beschränken sich jedoch nicht auf Schadstoffe im herkömmlichen Sinn. Eine klare Differenzierung zwischen den Begriffen „Umweltchemikalie“ und „(Umwelt)schadstoff“ findet sich weder in der Fach- noch in der allgemeinwissenschaftlichen Literatur.
Geschichte
Ursprünglich wurden Umweltchemikalien im ersten Umweltaktionsprogramm der deutschen Bundesregierung (Lit.: Dt. Bundestag, 1971) beschrieben als „Stoffe, die durch menschliches Zutun in die Umwelt gebracht werden und in Mengen und Konzentrationen auftreten können, die geeignet sind, Lebewesen, insbesondere den Menschen, zu gefährden. Hierzu gehören chemische Elemente oder Verbindungen organischer oder anorganischer Natur, synthetischen oder natürlichen Ursprungs […]“. Diese Definition entspricht jedoch nicht mehr dem heutigen Verständnis von Schadstoffen. Mit der Revision des ADR von 2009 wurde diese Kategorie auch im ADR eingeführt, vorher war sie schon im IMDG und ADN.
Chemikalienrecht
Einstufung nach CLP/GHS
Die Einstufung von gewässergefährdenden Stoffen nach GHS bzw. CLP-Verordnung orientiert sich an folgenden Grundelementen:
- akute aquatische Toxizität
- chronische aquatische Toxizität
- potentielle oder tatsächliche Bioakkumulation
- Abbaubarkeit
Kategorien
- Gewässergefährdend
- H400 – Akut 1
- H410 – Chronisch 1
- H411 – Chronisch 2
- H412 – Chronisch 3
- H413 – Chronisch 4
- Schädigt die Ozonschicht
- H420
Eine Einstufung als gewässergefährend führt zur Kennzeichnung mit den Sicherheitshinweisen P273 und P501. Bei H400, H410 und H411 ist auch P391 anzugeben. Bei einer Einstufung als ozonschichtschädigend kommt P502 zur Anwendung.[3]
Eine Einstufung als H400 plus H410, H411 oder H412 kann in der Kennzeichnung zu H410 zusammengefasst werden.[4]
Einstufung nach ehemaliger Stoffrichtlinie
Aquatische Umwelt:
- Gefahrensymbol N – Umweltgefährlich:
- R 50 Sehr giftig für Wasserorganismen.
- R 50/53 Sehr giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben.
- R 51/53 Giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben.
- Gefahrensymbol N nicht vorgeschrieben:
- R 52 Schädlich für Wasserorganismen.
- R 53 Kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben.
- R 52/53 Schädlich für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben.
Nichtaquatische Umwelt:
- Gefahrensymbol N – Umweltgefährlich:
- R 54 Giftig für Pflanzen.
- R 55 Giftig für Tiere.
- R 56 Giftig für Bodenorganismen.
- R 57 Giftig für Bienen.
- R 58 Kann längerfristig schädliche Wirkungen auf die Umwelt haben.
Ozonschicht:
- Gefahrensymbol N – Umweltgefährlich:
- R 59 Gefährlich für die Ozonschicht.
Gefahrgutrecht
Einstufung nach Gefahrgutrecht
- Klasse 9, Verpackungsgruppe III
- Umweltgefährdende Stoffe
- Wasserverunreinigende feste Stoffe
- Wasserverunreinigende flüssige Stoffe
- Genetisch veränderte Mikroorganismen und Organismen
- Umweltgefährdende Stoffe
Einstufung nach Gefahrgutrecht – See
Im Bereich des Seetransportes gibt zusätzlich die Unterteilung
- non marine pollutant
- marine pollutant
- very marine pollutant
Beispiele
Eine vollständige Auflistung der in Wikipedia mit einem Artikel vertretenen umweltgefährlichen Stoffe findet sich in der Kategorie Umweltgefährlicher Stoff.
- Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT)
- Leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW) wie z. B. Dichlormethan, Trichlormethan, Trichlorethan
- Ozon in Bodennähe
- Pentachlorphenol (PCP)
- Polybromierte Diphenylether (PBDE)
- Polychlorierte Biphenyle (PCB)
- Polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane
- Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) wie z. B. Benzo[a]pyren
- Propenal
- Schwefeltrioxid
- Schwermetalle (Arsen, Antimon, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Thallium, Quecksilber)
- TMDD
Siehe auch
- Noxe
- Umweltchemie
- Umweltmedizin
- Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH)
- Chemikaliengesetz
- Toxikologie
- ätzende Stoffe
- reizende Stoffe
- giftige Stoffe
Literatur
- Dt. Bundestag, 6. Wahlperiode (Hrsg.): Umweltprogramm der Bundesregierung 1971. Umweltplanung. Dt. Bundestag, Bonn 1979, Drucks. VI/2719.
- Bernd Beek, Horst Neidhard, Günther Neumeier, Wolfgang Lohrer: Substitution umweltgefährlicher Stoffe. Wissenschaftsmagazin Ökologie 8, S. 77–90 (1985), Technische Universität Berlin.
- Helmut Greim: Chemikalien mit endokrin wirksamem Potenzial: eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit? Angewandte Chemie 117(35), S. 5704–5711 (2005), doi:10.1002/ange.200502138.
Weblinks
- wassergefährdende Stoffe – Informationen des Umweltbundesamtes
- Einstufung und Kennzeichnung – Informationen des Umweltbundesamtes
Einzelnachweise
- ↑ Deutsches Chemikaliengesetz (ChemG) § 3a vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2090), zuletzt geändert durch Art. 231 VO vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407).
- ↑ ADR 2007 5.3.2.3 Meaning of hazard identification numbers, deutsch Bedeutung der Nummern zur Kennzeichnung der Gefahr.
- ↑ CLP-Verordnung, Tabellen 4.1.4 und 5.2.
- ↑ ECHA: Guidance on the Application of the CLP Criteria, Version 5.0, Juli 2017, S. 551–552.