Unseligendissen

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Koordinaten: 51° 11′ 10″ N, 9° 23′ 27″ O

Karte: Hessen
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Unseligendissen

Unseligendissen ist eine Wüstung im Südwesten der Gemarkung von Dissen, einem Stadtteil von Gudensberg im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis. Bei Grabungen um 1880 fand man Überreste der Siedlung. Der Ortsname bezieht sich wahrscheinlich auf ein beim Bau der Bahnstrecke Grifte–Gudensberg im Jahre 1898/99 in der Nähe wiederentdecktes Urnenfeld aus der Hallstattzeit (800–450 v. Chr.), wo „Unselige“, d. h. Nichtchristen, bestattet worden waren.[1][2]

Geographische Lage

Die Wüstung liegt halbwegs zwischen Dissen und der Kernstadt Gudensberg auf etwa 228 m Höhe unweit östlich der Kreisstraße K 6 und der Bundesautobahn 49 an der Gemarkungsgrenze Dissen/Gudensberg. Der markante Scharfenstein (304 m) erhebt sich etwa 900 m nördlich (jenseits der Autobahn), die heute in Naturstein gefasste Quelle Sonneborn befindet sich rund 300 m nordöstlich, und das gotische Kasseler Kreuz an der Abzweigung der K 6 von der K 7 steht etwa 600 m südwestlich.

Geschichte

Die kleine Siedlung wurde im Jahre 1307 als „Unselgenhusen“ erstmals urkundlich erwähnt,[3] als die Gebrüder von Wolfershausen ihrem Verwandten Konrad von Elben Güter im Ort übereigneten. Weitere Grundbesitzer im Ort waren verschiedene Adelsgeschlechter und geistliche Institutionen aus der Umgebung. Hermann von Grone, Kantor des Petri-Stifts zu Fritzlar, tätigte in den Jahren 1311, 1314 und 1318 erhebliche Grundstückskäufe in der Gemarkung: 1311 erwarb er vom Kloster Ahnaberg in Kassel dessen Güter in Unseligendissen und Dorla für 50 Mark reinen Silbers; 1314 von Gunther von Venne und dessen Ehefrau für 26 Pfund und 10 Schillinge Fritzlarer Pfennige deren Güter in Unseligendissen; ebenfalls 1314 von Johann von Venne dessen Güter in Unseligendissen; und auch 1314 drei Äcker von dem Pleban Heinrich zu Bauna. Noch im gleichen Jahr 1314 vermachte Hermann von Grone testamentarisch dem Kloster Haina erheblichen Grundbesitz samt Zubehör und Rechten, darunter auch drei Hufen zu Unseligendissen, deren Erträge er für die Armen in Fritzlar bestimmte.[4] Im April 1318 befreiten die von Löwenstein-Schweinsberg ihre daraufhin im Mai von zwei ihrer Lehnsmannen dem Hermann von Grone, inzwischen Scholaster am Petristift, für 75 Mark verkauften lehnsrührigen Güter (2,5 Hufen und 3 Acker) zu Unseligendissen von Lehnsbindungen; bereits im Juni vermachte Hermann von Grone auch diese Güter dem Kloster Haina.

Die 1322 noch als Dorf bezeichnete Siedlung erfuhr bereits 1325 ihre letzte urkundliche Erwähnung, als die von Elben dem Zisterzienserinnen-Kloster Nordshausen in Kassel ihre Güter zu Unseligendissen vermachten. Die letzten Bewohner zogen wohl um die Mitte des 14. Jahrhunderts in die nur etwa 1 km westlich gelegene und 1356 als selbständige Stadt gegründete sogenannte „Freiheit“ der von der landgräflichen Siedlungspolitik begünstigten Stadt Gudensberg.[5]

Fußnoten

  1. Wissenswertes am Wegesrand des Josef-Mertin-Weges: Wüstungen bei Dissen
  2. Zu einer möglichen anderen Erklärung des Ortsnamens siehe Werner Guth: „Dissen, Deute, Haldorf, Ritte, Baune, Besse . . .“ – Onomastische Überlegungen zu einem alten nordessischen Ortsnamenspruch. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte, Band 116, 2011, S. 1-20 (hier: 6-7)
  3. Die Bezeichnung des Orts in schriftlichen Quellen wechselte im Laufe der Zeit mehrfach: „Unselgenthosen“ (1314), „Unselgent(h)usen“ (1314), „Unselygentusin“ (1314), „Unseligendhusen“ (1318), „Unseligen Thusen“ (1320), „Unseligentusin“ (1322), und „Unseligen-Dissen“.
  4. Außerdem 7 Hufen in Kleinenglis, 2 Hufen in Holzheim, ein Viertel der vordem dem Werner von Züschen gehörigen Güter in Altendorf, 1 Hufe in Lohne, 1 Hufe und mehr in Dorla, und 2 Hufen in Deute, alle samt Zubehör und Rechten. (Hessisches Staatsarchiv Marburg: HStAM Fonds Urk. 26 No 1301)
  5. Wissenswertes am Wegesrand des Josef-Mertin-Weges: Wüstungen bei Dissen

Literatur

  • Werner Ide: Von Adorf bis Zwesten. Ortsgeschichtliches Taschenbuch für den Kreis Fritzlar-Homberg. A. Bernecker, Melsungen, 1971, S. 68
  • Waldemar Küther: Historisches Ortslexikon Fritzlar-Homberg. Elwert, Marburg, 1980, ISBN 3-7708-0679-4, S. 56–57
  • Georg Landau: Historisch-topographische Beschreibung der wüsten Ortschaften im Kurfürstenthum Hessen. Fischer, Kassel, 1858, S. 15
  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Elwert, Marburg, Neudruck 1974, ISBN 3-7708-0509-7, S. 91

Weblinks