Vatnajökull

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Vatnajökull
Vatnajökull, Satellitenbild der NASA

Vatnajökull, Satellitenbild der NASA

Lage Südosten von Island
Typ Plateaugletscher
Länge 150 km von West nach Ost und 100 von Nord nach Süd[1]
Fläche 8100 km² [1]
Höhenbereich 1800 m – 600 m [2]
Eisdicke ⌀ 400 m; max. 900 m [1]
Eisvolumen 3300 km³ [2]
Koordinaten 64° 24′ N, 16° 48′ WKoordinaten: 64° 24′ N, 16° 48′ W
Entwässerung diverse Auslassgletscher
Besonderheiten größter Gletscher Europas außerhalb des Polargebiets[1], bedeckt diverse Vulkansysteme
Der Breiðamerkurjökull, einer der Auslassgletscher des Vatnajökull

Der Breiðamerkurjökull, einer der Auslassgletscher des Vatnajökull

Datei:Iceland Grimsvoetn 1972-B.jpg
Grímsvötn im Vatnajökull
Datei:VatnaJokull.jpg
Breiðamerkurjökull

Der Vatnajökull ['vahtnaˌjœˑkʏtl̥] (isl. für „Wassergletscher“) ist der größte Gletscher Islands und zudem außerhalb des Polargebiets auch der größte Europas. Es handelt sich um einen Plateaugletscher im Südosten des Landes. Seine Fläche beträgt rund 8.100 km², was etwa 8 % der Fläche Islands entspricht. Das Eisvolumen wird auf über 3.000 km³ geschätzt.[3]

Geografie

Die Mächtigkeit der Eisschicht beträgt bis zu 1000 Meter. Einige der aktivsten Vulkane der Insel liegen unter dem Gletscher und zwischen ihnen ein ca. 500 bis 800 m tiefes Tal. Seit dem 12. September 2004 lagen über 50 % des Vatnajökull im Skaftafell-Nationalpark, der am 7. Juni 2008 in den neu gegründeten Vatnajökull-Nationalpark eingegliedert wurde, der nun der größte Nationalpark Europas ist. Im Süden des Vatnajökull-Nationalparks befindet sich der Morsárfoss, der höchste Wasserfall Islands.

Glaziologie

Entstehen und Wachsen des Gletschers

Wie viele andere Gletscher Islands entstand der Vatnajökull vor etwa 2.500 Jahren.

Zur Zeit der Landnahme im 9. Jahrhundert n. Chr. war der Gletscher bedeutend kleiner als heute. So lagen etwa die Esjufjöll (nicht zu verwechseln mit der Esja bei Reykjavík) außerhalb des eigentlichen Gletschers, während sie sich heute in dessen Mitte befinden.

Im 15. Jahrhundert begann die sog. Kleine Eiszeit, die in Island bis ca. 1890 dauerte. Der Vatnajökull vergrößerte sich infolgedessen.

Verringerung der Eisfläche

Seit einigen Jahren verliert der Vatnajökull wie die meisten Gletscher an Größe, seit dem Ende des 19. Jahrhunderts genaugenommen um 10 %, d. h. ca. 300 km³, was einen Beitrag um 1 mm zur derzeitigen Anhebung des Meeresspiegels bedeutet.[4] Als mögliche Gründe werden die globale Klimaveränderung (Treibhauseffekt) und die vulkanischen Aktivitäten der letzten Jahre – die unter dem Gletscher liegenden Vulkane Grímsvötn und Bárðarbunga gehören zu den aktivsten der Insel – angeführt (vgl. auch Gletscherschwund).

In direktem Zusammenhang damit steht auch die Anhebung des Landes. Die Schwere der Eiskappe, die auf dem Land lastet, verringert sich. Infolgedessen hebt sich das betroffene Land.

Vulkanische Aktivität

Die höchste Erhebung Islands mit 2.110 Meter ü. d. M., der Vulkan Hvannadalshnjúkur, befindet sich im Süden des Vatnajökull.

Unter der Eiskappe des Vatnajökull gibt es etliche aktive Vulkanzentren bzw. subglaziale Vulkane:[5]

Ein Hochtemperatursystem mit Einbruchskesseln befindet sich westlich der Grímsvötn, die Skaftárkatlar. Unter den Kesseln sammelt sich jeweils in einem Rhythmus von 3 Jahren bis zu einmal jährlich Tauwasser, das ähnlich wie bei den Grímsvötn schließlich eine Eisbarriere durchbricht und über den Fluss Skaftá ins Meer strömt.[6] Diese Gletscherläufe haben aber normalerweise nur einen recht kleinen Umfang von 400 bis 1.500 m³/s. Weil sie aber sehr schnell anwachsen können und u. U. giftige Gase mit sich tragen, werden die Skaftárkatlar gut überwacht.[7]

Am 1. November 2004 fand ein Ausbruch an den Grímsvötn statt, der eine Flut über den Skeiðarársandur schickte. Die Überschwemmung kam jedoch keineswegs an die Flut von 1996 heran und betrug an ihrem Höchststand nur 2.000 m³/s. Die Region musste während dieser Eruption nicht evakuiert werden. Lediglich der Flugverkehr wurde teilweise umgeleitet. Bereits am 3. November waren in Finnland Aschepartikel der Eruption nachweisbar.

Die Bárðarbunga ist zuletzt von August 2014 bis Februar 2015 aktiv gewesen, die Grímsvötn zuletzt im Mai 2011.

Gletscherlauf am Köldukvíslarjökull

Gletschersee Jökulsárlón am Vatnajökull

Am 12. und 13. Juli 2011 stellte man Tremor am Vulkan Loki-Fögrufjöll fest, dem ein Gletscherlauf aus dem zum Vatnajökull gehörenden Seitengletscher Köldukvíslarjökull über den Fluss Sveðja folgte. Dieser wurde größtenteils vom Stausee Hágöngulón aufgefangen, wobei der Wasserstand in dem 37 km² großen See um 70 Zentimeter anstieg.[8][9] Die Menge der Flüssigkeit wurde auf 26 Gigaliter geschätzt.[10] Auf seinem Höhepunkt zwischen 2 Uhr und 4 Uhr in der Nacht zum 13. Juli 2011 strömten über 2.000 m³/s in den Stausee.[11] Bei einem Überflug des Gletschers stellte man am Hamarinn einen neu entstandenen Einbruchskessel im Gletschereis fest.[12] Bei einem erneuten Flug über den Gletscher am 18. Juli 2011 fanden Wissenschaftler zwei neue Einbruchskessel und brachten am Hamarinn Messgeräte an. Auch entnahm man Proben aus dem Wasser des Flusses Sveðja, um zu untersuchen, ob der Gletscherlauf auf regelmäßiges Abtauen durch das neu entdeckte Hochtemperaturgebiet am Hamarinn, wobei sich das Wasser erst in einem subglazialen See gesammelt hätte und dann nach Erreichen einer kritischen Menge durchgebrochen wäre, oder aber auf einen subglazialen Vulkanausbruch zurückzuführen sei.[13]

Übersicht über Vulkanausbrüche in Vulkansystemen unter dem Vatnajökull seit der Besiedelung Islands

Zahlreiche Vulkanausbrüche können nur vermutet werden, da ihre Kraft nicht ausreichte, den bis zu 900 m dicken Gletscher über sich abzutauen und sie sich nur etwa über Gletscherläufe bemerkbar machten. Die Übersicht folgt i. A. Darstellungen des Vulkanologischen Instituts der Universität Island (Institute for Earth Sciences)[14][15]

Vulkan Jahr Vulkansystem Begleitender Gletscherlauf (Fluss)
Veiðivötn 0900 Bárðarbunga
0905 Grímsvötn
0940 Bárðarbunga
unbekannter Ursprung 1000
1060 Grímsvötn
1080 Bárðarbunga
1159 Bárðarbunga
1332 Grímsvötn Skeiðará
1341 Grímsvötn
1354 Grímsvötn
Öræfajökull 1362 Öræfajökull diverse Flüsse
1410 Bárðarbunga
Veiðivötn 1477 Bárðarbunga Jökulsá á Fjöllum
1500 Grímsvötn
1598 Grímsvötn
1603 Grímsvötn
1619 Grímsvötn
1629 Grímsvötn Skeiðará
1638 Grímsvötn
1659 Grímsvötn Skeiðará
unbekannter Ursprung 1681
1684–85 Grímsvötn, Dyngjufjöll
1697 Bárðarbunga Skeiðará
unbek. Ursprung (1702, ungewiss)
1706 Grímsvötn, Bárðarbunga
1707 Bárðarbunga
1711–12 Bárðarbunga Jökulsá á Fjöllum
1716 Grímsvötn, Bárðarbunga Jökulsá á Fjöllum
1717 Bárðarbunga Jökulsá á Fjöllum
1720 Bárðarbunga
1725 Grímsvötn Skeiðará
1726 Dyngjufjöll, Richtung Grímsvötn Jökulsá á Fjöllum
Öræfajökull 1727 Öræfajökull diverse Flüsse
unbek. Ursprung 1729 Jökulsá á Fjöllum
1739 Bárðarbunga
Síðujökull 1753 Djúpá, Hverfisfljót, Skaftá
1766 Bárðarbunga Þjórsá
unbek. Ursprung 1768
1769 Bárðarbunga oder Grímsvötn
1766 Bárðarbunga Þjórsá
1774 Grímsvötn Skeiðará
Laki 1783 Grímsvötn Skaftá, Þjórsá
1784–85 Grímsvötn Núpsvötn, Skeiðará
Westlicher Vatnajökull 1794, vermutlich
Nordwestlicher Vatnajökull, Dyngjuháls 1798
Nordwestlicher Vatnajökull 1807, vermutlich
1816 Grímsvötn
Þórðarhýrna 1823 Grímsvötn
1838 Grímsvötn Skeiðará
1854 Grímsvötn
1861 Grímsvötn Skeiðará
Tröllagígar 1862–64 Bárðarbunga
Háabunga, Þórðarhýrna 1867 Grímsvötn Skeiðará
Dyngjuháls (1872, unsicher) Bárðarbunga
Þórðarhýrna 1873 Grímsvötn Skeiðará, Djúpá
1883 Grímsvötn Skeiðará
1883 Grímsvötn, Kverkfjöll Skeiðará
Þórðarhýrna 1887 Grímsvötn Súla
1892 Grímsvötn Skeiðará
1897 Grímsvötn
Dyngjuháls 1902–03 Bárðarbunga Jökulsá á Fjöllum
Þórðarhýrna 1903 Grímsvötn Skeiðará, Súla
unbek. Ursprung 1903 Jökulsá á Brú
Östlichster Loki-Kessel 1910
1911 Grímsvötn Skeiðará, Súla
1927 Esjufjöll Jökulsá á Breiðarmerkursandi
unbek. Ursprung 1933 Skjálfandafljót
Nördlich der Grímsvötn 1933 Grímsvötn
1934 Grímsvötn Skjálfandafljót, Skeiðará, Súla, Jökulsá á Fjöllum
1938 Grímsvötn Skeiðará
(1941, vermutet) Grímsvötn Skeiðará
(1944, vermutet) Grímsvötn Skeiðará
(1954, vermutet) Grímsvötn Skeiðará
1968 Kverkfjöll
1983 Grímsvötn
1984 Grímsvötn
Östlichster Loki-Kessel (1986, vermutet) Bárðarbunga Skaftá
1996 Bárðarbunga
Gjálp 1996 Grímsvötn Skeiðará, Súla, Skjálfandafljót, Jökulsá á Fjöllum
Grímsvötn 1998 Grímsvötn Skeiðará, Súla
Grímsvötn 2004 Grímsvötn Skeiðará, Súla
Grímsvötn (2010, vermutet) Grímsvötn Skeiðará, Súla
Grímsvötn 2011 Grímsvötn
Hamarinn (2011, vermutet) Bárðarbunga Sveðja
Holuhraun 2014 Bárðarbunga

Vatnajökull-Nationalpark

Seit 2008 besteht der Nationalpark Vatnajökull. Er umfasst 12.000 km², das sind 12 % der Landesoberfläche. Der Vatnajökullgletscher liegt in ihm ebenso wie der ehemalige Skaftafell-Nationalpark, der Jökulsárgljúfur-Nationalpark und der Laki-Krater. Er ist in einen nördlichen, südlichen, westlichen und östlichen Bereich aufgeteilt.

Siehe auch

Literatur

  • Ari Trausti Guðmundsson: Lebende Erde. Facetten der Geologie Islands. Mál og Menning, Reykjavík 2007, S. 219–253.
  • Ari Trausti Guðmundsson, Halldór Kjartansson: Land im Werden. Ein Abriss der Geologie Islands. Vaka-Helgafell, Reykjavík 1996, S. 35–48.
  • Hjörleifur Guttormsson, Oddur Sigurðson: Leyndardómur Vatnajökuls. Viðerni, fjöll og byggðir. Stórbrotin náttúra, eldgos og jökulhlaup. Fjöll og firnindi, Reykjavík 1997, ISBN 9979-60-325-9

Weblinks

Bilder

Commons: Vatnajökull – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wissenschaftl. Artikel

Zur Glaziologie

Zu den Vulkansystemen unter dem Vatnajökull

Zum Nationalpark Vatnajökull

Sport

Einzelnachweise

  1. a b c d Guðfinna Aðalgeirsdóttir: Flow dynamics of Vatnajökull ice cap, Iceland. Dissertation, ETH Zürich, 2002 (online (Memento des Originals vom 28. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/people.ee.ethz.ch; PDF; 7,7 MB)
  2. a b Vatnajokull – Europe’s largest icecap, nat.is
  3. Helgi Björnsson: Vísindavefurinn Háskóla Íslands (isländisch) abgerufen am 17. April 2011
  4. Since a general glacier recession set in at the end of the 19th century, the largest icecap, Vatnajökull, has decreased by about 10 % in volume (300 km³),contributing 1 mm to the concurrent rise in sea level. In: Helgi Björnsson, Finnur Pálsson: Icelandic Glaciers. (PDF; 2,1 MB) Univ. of Iceland, 2008. abgerufen 25. Februar 2010.
  5. Volcanic eruptions beneath the ice cap Vatnajökull. (Memento des Originals vom 27. Mai 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.raunvis.hi.is Geophysic Devision of the Science Institute, Univ. of Iceland [Übersicht über die großen subglazialen Vulkane unter dem Vatnajökull und mit ihnen verbundene Gefahren, Vulkanolog. Inst., Háskóli Íslands] (englisch); abgerufen am 20. April 2011
  6. Skaftárkatlar. Vöktun eldstöðvar. Jarðvísindastofnun Háskólans (isländisch); abgerufen am 5. August 2011
  7. vgl. z. B. Bergur Einarsson: Rannsóknir á jökulhlaupi frá vestari Skaftárkatli. Veðurstofa Íslands, 27. Juli 2009 (isländisch); abgerufen am 5. August 2011
  8. Órói við Lókahrygg í Vatnajökli. Veðurstófan Íslands (isländisch); abgerufen am 17. Juli 2011
  9. vgl. auch: Hlaupið að líkindum yfirstaðið. ruv.is, 13. Juli 2011 (isländisch); abgerufen am 17. Juli 2011
  10. Hágöngulón fylltist í hlaupinu. mbl.is, 13. Juli 2011 (isländisch); abgerufen am 17. Juli 2011
  11. Hlaupið í rénun, Webzeitung Vísir, 13. Juli 2011 (isländisch); abgerufen am 17. Juli 2011
  12. Sigketill við Lokahrygg. Veðurstófan Íslands, 14. Juli 2011 (isländisch); abgerufen am 17. Juli 2011
  13. Fréttir, RÚV, 19. Juli 2011 [Abendnachrichten des staatlichen Fernsehsenders RÚV] (isländisch); abgerufen am 19. Juli 2011
  14. Reported volcanic eruptions and jökulhlaups in and from Vatnajökull. (Memento des Originals vom 27. Mai 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.raunvis.hi.is Geophysical Institute, Univ. Iceland (englisch); abgerufen am 20. Juli 2011
  15. Zu den Ausbrüchen ab 1996: Institute of Earth Sciences, Univ. Iceland (englisch); abgerufen am 20. Juli 2011