Venusgrotte
Die Venusgrotte wurde auf Erlass des Königs Ludwig II. von Bayern vom 15. Dezember 1875 im Park von Schloss Linderhof unter Leitung des Bühnenbildners August Dirigl errichtet und im Jahr 1877 fertiggestellt.
Architektur und Ausgestaltung
Die Grotte baute man als Eisenkonstruktion, deren Zwischenwände mit imprägnierter Leinwand bespannt wurden, welche wiederum mit einem Zementgemisch bespritzt wurde, aus dem auch die künstlich geschaffenen Tropfsteine bestehen.
Die Grotte ist unterteilt in zwei Nebengrotten und eine Hauptgrotte, welche, je nach Beleuchtung, der Blauen Grotte auf Capri, oder der Venusgrotte im Hörselberg aus der Wagneroper Tannhäuser, nachempfunden wurde. Dem Thema entsprechend stellt das Gemälde „Tannhäuser bei Frau Venus“ von August von Heckel, welches sich im Hintergrund der Hauptgrotte befindet, den 1. Akt des „Tannhäuser“ dar.
Der König ließ die Grotte zusätzlich mit Landschaftsgemälden und Szenen aus der Wagneroper Tannhäuser ausmalen, welche zum Schutz vor Nässe mit Wachs beschichtet wurden. Ein Wasserfall und ein muschelförmiger Kahn wurden speziell für die Verwendung in der Grotte angefertigt.
Sieben Öfen waren zur Beheizung der Grotte nötig. Sie wurde auch im Sommer einige Tage im Voraus beheizt, da es dort recht kühl war. Ein Regenbogen-Projektions-Apparat und eine Wellenmaschine sollten die Illusion perfekt machen, wenn der König sich auf dem künstlichen See herumrudern ließ.
Als technische Besonderheit galt die damals eingebaute elektrische Beleuchtungsanlage, die 1878 in Betrieb genommen wurde. Ihre 24 Dynamomaschinen des Herstellers Sigmund Schuckert gelten als erstes bayerisches Elektrizitätswerk sowie als erstes fest installiertes Kraftwerk der Welt.[1] Eine in einem eigens dafür gebauten, 100 m entfernten Maschinenhaus untergebrachte Dampfmaschine trieb diese Dynamos an, mit denen Bogenlampen in der Grotte betrieben wurden.
Schwierigkeiten ergaben sich bei dem Versuch, das Blau der Grotte von Capri nachzuempfinden, es gelang lange Zeit nicht, die Vorstellungen des Königs zu erfüllen. Sein Wunsch nach einem blaueren Blau war damals ein Ansporn für die noch junge Farbenindustrie und bescherte der Badischen Anilin- und Sodafabrik (BASF) in Ludwigshafen am Rhein vier Jahre nach Ludwigs Tod ein Patent des Kaiserlichen Patentamtes zur Herstellung künstlichen Indigos.
Die Venusgrotte heute
Durch eindringendes Wasser ist die Kulisse stark beschädigt, Netze und Gerüste sollen seit den 1960er Jahren vor der Gefahr herabfallender Zementstücke schützen. Inzwischen sind umfangreiche Instandsetzungsarbeiten erforderlich geworden, die 2015 begannen und noch bis 2024 dauern sollen. Daher ist der Innenraum für Besucher vorübergehend nicht zugänglich.[2]
Literatur
- Uta Hassler, Julia Berger, Kilian Jost: Konstruierte Bergerlebnisse – Wasserfälle, Alpenszenerien, illuminierte Natur. Hirmer, München 2015, ISBN 978-3-7774-2579-5.
- Uta Hassler (Hg.): Felsengärten, Gartengrotten, Kunstberge: Motive der Natur in Architektur und Garten. Hirmer, München 2014, ISBN 978-3-7774-2269-5.
- Kilian Jost: Felsenlandschaften – eine Bauaufgabe des 19. Jahrhunderts. Grotten, Wasserfälle und Felsen in landschaftlichen Gartenanlagen. Dissertation, Zürich 2015, ISBN 978-3-00-053146-0.
- Mario Praxmarer, Peter Adam: König Ludwig II. in der Bergeinsamkeit von Bayern & Tirol. Bergresidenzen, Schlösser, Begegnungen, Krise, mysteriöser Tod. Adam, Garmisch-Partenkirchen 2002, ISBN 3-924308-35-7.
- Jean Louis Schlim: Ludwig II. Traum und Technik. Buchendorfer Verlag, München 2001, ISBN 3-934036-52-X (2., veränderte und ergänzte Auflage. München-Verlag, München 2010, ISBN 978-3-937090-43-6).
- Marcus Spangenberg: Linderhof. Erbautes und Erträumtes im Gebirge, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2018, ISBN 978-3791728049.
Weblinks
Einzelnachweise
Koordinaten: 47° 34′ 25,3″ N, 10° 57′ 41,8″ O