Rangieren
Der Begriff Rangieren wird abgeleitet von dem französischen Wort „ranger“ = in Ordnung bringen, ordnen, aufstellen, einreihen, aufräumen – auch bekannt als „verschieben“ (offiziell in Österreich), veraltet in Deutschland; in Österreich als Substantiv: „Verschub“ (z. B. Verschublok). Er bezeichnet im Straßenverkehr bestimmte Fahrbewegungen mit Straßenfahrzeugen, z. B. das Rangieren eines Lkw-Anhängers an Be- oder Entladestellen oder das Einparken eines Pkws unter wiederholtem Versuch bei engen Parklücken, und im Eisenbahnverkehr das Bewegen einzelner Schienenfahrzeuge oder Fahrzeuggruppen, soweit es sich nicht um eine Zugfahrt (einschließlich Sperrfahrt) handelt.
Rangieren im Eisenbahnverkehr
Definitionen
- Die offizielle Definition des Begriffs Rangieren für die deutschen Eisenbahnen lautet: Rangieren ist das Bewegen von Fahrzeugen im Bahnbetrieb, ausgenommen das Fahren der Züge.
- In Österreich wird der Begriff Verschub verwendet und ist definiert als: Beabsichtigte Fahrzeugbewegungen, die nicht zu den Zug- oder Nebenfahrten zählen.
- In der Schweiz bezeichnen Rangierbewegungen alle Fahrzeugbewegungen im Bahnhof, in Werkstätten, Depotanlagen, Anschlussgleisen und auf der Strecke sowie bei Führerstandsignalisierung, die nicht als Zugfahrten ausgeführt werden können.[1]
- Ein einzelnes Triebfahrzeug oder ein Schienenfahrzeug-Verbund, das, bzw. der Rangierfahrten durchführt, wird als Rangiereinheit bezeichnet, während der Begriff Zug ausschließlich dann verwendet wird, wenn Fahrten auf die freie Strecke übergehen.
Rangierbewegungen
Nach der Begriffsdefinition gehört beispielsweise in Deutschland zum Rangieren das Bewegen von Eisenbahnfahrzeugen zum
- Auflösen und Zusammenstellen (= Bilden) von Zügen,
- Umsetzen einer Wagengruppe oder einzelner Fahrzeuge in ein anderes Bahnhofsgleis,
- Umfahren eines auf dem Endbahnhof wendenden Zuges mit der Lokomotive,
- Bewegungen einzelner Triebfahrzeuge innerhalb des Bahnhofs von und zu den Zügen,
- Bereitstellen und Abholen von Eisenbahnwagen an Verladeeinrichtungen, wie Ladestraßen und Laderampen,
- Zuführen und Abholen von Wagen in Anschlussgleisen, z. B. innerhalb einer Industrieanlage,
- Überführen von Triebfahrzeugen, Wagen und Wagengruppen zu und von Werkstätten und Abstellbereichen,
- Bewegen einzelner Wagen oder Wagengruppen mithilfe ortsfester Förderanlagen, z. B. einer Spillanlage, Kraftfahrzeugen oder durch Menschenkraft usw.
Beim Rangieren unterscheidet man bei den deutschen Eisenbahnen folgende Bewegungsarten und Rangierverfahren:
- Rangierfahrt nennt man die Alleinfahrt einzelner arbeitender Triebfahrzeuge oder das Bewegen einer Gruppe gekuppelter Fahrzeuge zusammen mit mindestens einem arbeitenden Triebfahrzeug
- Ablaufen heißt das Bewegen von Wagen durch Schwerkraft während der Fahrt über einen Ablaufberg, über den die Fahrzeuge abgedrückt werden oder, meistens in älteren Bahnhöfen, das Ablaufen aus einem insgesamt geneigten Ausziehgleis
- Abstoßen nennt man das Beschleunigen von nicht mit einem Triebfahrzeug gekuppelten Fahrzeugen, die nach dem Anhalten des Triebfahrzeuges allein weiterrollen
- Beidrücken ist das Bewegen getrennt stehender Fahrzeuge, um sie zum Kuppeln kuppelreif zusammenzudrücken
- Aufdrücken heißt das Zusammendrücken stehender Fahrzeuge, um die Pufferfedern etwas anzuspannen und so das Entkuppeln oder das Kuppeln kuppelreif stehender Wagen zu erleichtern
- Verschieben ist das Bewegen von Fahrzeugen durch Menschenkraft oder durch einen anderen Antrieb, der nicht von einem Triebfahrzeug ausgeht.
Rangieranlagen und Rangierhilfsmittel
Viele Bahnhöfe besitzen zum Rangieren mehr oder weniger umfangreiche Gleis- und andere Anlagen oder sie dienen als Rangierbahnhöfe, früher auch Verschiebebahnhöfe genannt, ausschließlich diesem Zweck. Spezielle Rangieranlagen sind Gleise oder Gleisgruppen, z. B. die Richtungsgruppe eines Rangierbahnhofs, Überführungsgleise, Ausziehgleise, Ablaufberge, Gleisbremsen, Förderanlagen zum Bewegen der Wagen ohne Triebfahrzeug, Signale, Rangierstellwerke und vieles andere.
Zum Abbremsen abgestoßener oder ablaufender Wagen sind Rangierhilfsmittel und aufwändige Anlagen erforderlich. Das „klassische“ Hilfsmittel ist der von einem Mitarbeiter, Hemmschuhleger genannt, auf das Gleis gelegte Hemmschuh, auf den der Wagen mit einem Rad aufläuft, wobei eine Bremswirkung entsteht. In Rangierbahnhöfen verwendet man außerdem handgesteuerte oder automatisch arbeitende Gleisbremsen, die unmittelbar unterhalb des Ablaufberges in mehreren Gleisen eingebaut sind und dafür sorgen, dass die ablaufenden Wagen mit nicht zu hoher Geschwindigkeit im Zielgleis, einem Gleis der Richtungsgruppe, ankommen. Dort werden sie mit einem Hemmschuh aufgehalten, sie laufen mit durch die Richtungsgleisbremsen reduzierter Geschwindigkeit auf die schon im Zielgleis stehenden Wagen auf oder werden von einer Förderanlage übernommen, die sie kuppelreif an die bereits im Gleis stehenden Wagen heranführt.
Rangiererwege[2] befinden sich neben dem Gleis und in Weichenbereichen. Auf ihnen laufen beispielsweise die Rangierer, um ortsbediente Weichen umzustellen bzw. um Wagen an- und abzukuppeln.
Fahrzeuge beim Rangieren bewegen
Hauptgleise dürfen nur mit Vorwissen des Fahrdienstleiters zum Rangieren benutzt werden; sie müssen für eine Zugfahrt rechtzeitig geräumt werden. Auf Nebengleisen entscheidet der Weichenwärter über das Rangieren. Zur Verhinderung von Flankenfahrten gelten örtlich festgelegte Rangierverbote in Gleisen, die ohne ausreichenden Flankenschutz in Hauptgleise münden.
Rangierfahrten durchführen
An der Durchführung einer Rangierfahrt sind Triebfahrzeugführer und Weichenwärter, ggf. ein Rangierbegleiter und ein oder mehrere Rangierer beteiligt. Bei Verwendung einer funkferngesteuerten Rangierlokomotive obliegen dem Triebfahrzeugführer gleichzeitig die Aufgaben des Rangierbegleiters.
Vor einer Rangierbewegung verständigt der Triebfahrzeugführer den Weichenwärter über Ziel, Zweck und Besonderheiten der Fahrt. Diese Aufgabe kann auch dem Rangierbegleiter übertragen sein. Die Verständigung des Weichenwärters darf in bestimmten Fällen unterbleiben, wenn es sich z. B. um regelmäßig wiederkehrende Fahrten mit dem Triebfahrzeug eines Zuges handelt. Der Weichenwärter stellt den Fahrweg ein und erteilt seine Zustimmung zur Fahrt mit dem Signal Sh 1 oder Ra 12, mündlich oder, wenn keines dieser Signale gegeben werden kann, durch Hochhalten des Armes oder einer weißleuchtenden Handlaterne.
Im Gegensatz zu Zugfahrten sind die Fahrwege für Rangierfahrten im Stellbereich eines mechanischen- oder elektromechanischen Stellwerks in der Regel nicht besonders gesichert; die Signale, die der Weichenwärter beim Rangieren vom Stellwerk aus bedient, sind frei bedienbar. In moderneren Gleisbildstellwerken sind die Weichen und andere Einrichtungen im Fahrweg dagegen in der Regel in Rangierfahrstraßen enthalten und sind dann signalabhängig gegen versehentliches Umstellen unter den fahrenden Fahrzeugen gesichert. Darüber hinaus verhindert die Gleisfreimeldeanlage das Umstellen einer mit einem Fahrzeug besetzten Einrichtung im Fahrweg. Im Gegensatz zu Zugfahrstraßen werden die Gleisfreimeldeanlagen der Zielgleise jedoch nicht berücksichtigt, weil Rangierfahrten in mit Fahrzeugen besetzte Gleise möglich sein müssen.
Wenn alle Voraussetzungen für die Rangierfahrt gegeben sind, gibt der Rangierbegleiter den Fahrauftrag. Der Triebfahrzeugführer muss während der Fahrt den Fahrweg beobachten, denn rangiert wird im Gegensatz zu einer Zugfahrt grundsätzlich „auf Sicht“ mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h, in Baugleisen mit höchstens 20 km/h. Unter bestimmten Voraussetzungen, die örtlich festgelegt sind, kann der Weichenwärter dem Triebfahrzeugführer den freien Fahrweg ansagen; in diesem Fall darf mit bis zu 40 km/h gefahren werden. Die Beobachtung des Fahrweges kann der Triebfahrzeugführer einem Rangierbegleiter übertragen, der sich vor allem bei geschobener Fahrt auf dem ersten Fahrzeugen oder im Gleis so aufstellen muss, dass er den Fahrweg übersehen kann. Dabei muss er ständigen Funkkontakt oder Sichtverbindung zum Triebfahrzeugführer halten.
Für das Abstoßen (siehe weiter unten) und Ablaufen gelten besondere Regelungen mit Abstoß- und Ablaufverboten und anderen Vorsichtsmaßnahmen, die beispielsweise für Güterwagen mit Gefahrgut oder besonders empfindlicher Ladung sicherstellen sollen, dass Fahrzeuge und Ladung nicht durch zu hartes Auflaufen auf stehende Fahrzeuge oder Gleisabschlüsse beschädigt werden. Ebenso bedarf das Abstellen von Fahrzeugen und das Festlegen gegen unbeabsichtigtes Wegrollen besonderer Regelungen. Immer wieder kommt es durch mangelhafte Sicherung abgestellter Fahrzeuge zu Flankenfahrten und Zusammenstößen mit Zügen.
Im Rangierbahnhof rangieren
Das Ablaufen (Abdrücken) von Wagen über einen Ablaufberg hinweg wird überwiegend in großen Rangierbahnhöfen praktiziert. Dieses Rangierverfahren erleichtert und beschleunigt in einer Art Fließbandverfahren das Zerlegen von Güterzügen und das Bilden (= Zusammensetzen) neuer Güterzüge im Vergleich zu anderen Rangierverfahren erheblich.
Im Rangierbahnhof fahren die ankommenden Güterzüge in der Regel in die Einfahrgruppe. Hier müssen sie zunächst für das Zerlegen vorbereitet werden. Allem voran steht das Erfassen der Wagenreihung und das Zuordnen der einzelnen Fahrzeuge zu ihren Zielen. Auch wenn die Wagenreihung und viele andere Angaben heute schon vor der Ankunft des Zuges über die Speicherung und Vormeldung in EDV-Systemen bekannt ist, müssen manche der für das Ablaufverfahren notwendigen Angaben noch an Ort und Stelle aufgenommen werden. Hierbei geht es um das Festlegen der Richtungsgleise, in die die Fahrzeuge einsortiert werden sollen, und auch um bestimmte Eigenschaften an Fahrzeugen und Ladung, die beim Ablaufen besondere Vorsichtsmaßnahmen erfordern. Es gibt z. B. Fahrzeuge, bei denen das Abstoßen und Ablaufenlassen entweder
- verboten ist oder
- nur erlaubt ist, wenn sie mit Handbremse aufgehalten werden können oder
- nur erlaubt ist, wenn sie mit zwei Hemmschuhen oder Handbremse aufgehalten werden können.
Die „klassische“ Methode der Erfassung ist der „Rangierzettel“, der von einem „Zettelschreiber“ vor Ort angefertigt wird. Der Rangierzettel bildet die Grundlage für die Aufgabenverteilung und Information aller am Ablaufvorgang Beteiligten – Triebfahrzeugführer, Rangier- und Stellwerkspersonal. Den manuell gefertigten Rangierzettel ersetzen heute weitgehend tragbare Eingabegeräte, die die Daten auf dem Funkwege an eine Zentrale, meistens im Stellwerk untergebracht, übertragen, wo sie dann weiter verarbeitet werden können.
Nach der Erfassung beginnt die Vorbereitung des Ablaufens. Die Druckluftbremsen müssen „entlüftet“ (= gelöst) und die einzelnen Fahrzeuge und Fahrzeuggruppen „lang gemacht“ und evtl. sofort entkuppelt werden. Unter „Langmachen“ versteht man das Lockern der Schraubenkupplungen, damit die Fahrzeuge, wenn dieses Verfahren angewandt wird, von einem „Entkuppler“ mithilfe einer Kuppelstange während der langsamen Vorbeifahrt in Richtung Ablaufberg von der Seite her entkuppelt werden können. Parallel zu diesen Vorbereitungen in der Einfahrgruppe bereitet sich der Weichenwärter im Ablaufstellwerk auf das Ablaufen vor. Soweit er in älteren Stellwerken die Weichen manuell stellt, dient ihm der Rangierzettel als Grundlage. Ihm entnimmt er die Reihenfolge der ablaufenden Fahrzeuge oder Fahrzeuggruppen und das ihnen zugeordnete Zielgleis in der Richtungsgruppe des Bahnhofs. Entsprechend ausgestattete Ablaufstellwerke stellen die Weichen während des Ablaufbetriebes selbsttätig, nachdem der Weichenwärter die Angaben des Rangierzettels in die Anlage eingegeben und abgespeichert hat.
Für das Ablaufen über den Ablaufberg, auch Abdrücken genannt, ist der Rangierbegleiter am Ablaufberg verantwortlich; im Fachjargon wird er als Ablaufleiter, Bergmeister oder Rückenmeister bezeichnet. Ihm sind Aufgaben übertragen, die sonst dem Triebfahrzeugführer obliegen. Wenn eine funkferngesteuerte Rangierlokomotive als Abdrücklokomotive eingesetzt ist und der Rangierbegleiter diese von seinem Platz am Scheitelpunkt des Ablaufberges aus unmittelbar steuert, nimmt er die Aufgaben des Triebfahrzeugführers und des Rangierbegleiters wahr. Im herkömmlichen Ablaufbetrieb gibt er dem Triebfahrzeugführer die Fahraufträge mithilfe der Abdrücksignale (siehe weiter unten).
Im automatischen Ablaufbetrieb lösen das Be- und Freifahren von Freimeldeabschnitte und Schienenkontakten die Umstellung der Weichen au. Der Weichenwärter muss die Vorgänge während des Ablaufens dann nur noch beobachten, um bei Unregelmäßigkeiten sofort eingreifen zu können. Zu Störungen, etwa zu Fehlläufen in ein nicht vorgesehenes Gleis, kommt es hier eher selten. Wenn es dennoch dazu kommt, liegt es meist daran, dass die Abdrückgeschwindigkeit zu hoch war und die Anlage zwischen zwei Abläufen nicht mehr reagieren konnte. Der manuelle Ablaufbetrieb erfordert dagegen vom Weichenwärter eine hohe Konzentration und viel Erfahrung. Bedienungsfehler führen hier zu Fehlläufen, die später mit erheblichem Rangieraufwand korrigiert werden müssen. Im schlimmsten Fall führt eine unrichtige oder unzeitige Weichenbedienung zur Entgleisung eines Fahrzeuges.
Das Gefälle des Ablaufberges ist so berechnet, dass auch schlecht laufende Fahrzeuge die Weichenzone durchqueren und das Zielgleis erreichen können, ohne vorher stehen zu bleiben. Deshalb muss die überschüssige Energie während des Ablaufens abgebremst werden, damit die Fahrzeuge nicht mit zu hoher Geschwindigkeit im Zielgleis ankommen. Man verwendet dazu die in den Gleisen eingebauten Gleisbremsen, die früher aus einer Auswurfvorrichtung für Hemmschuhe bestanden. Der zum Vorbremsen von einem Hemmschuhleger auf die Schiene aufgelegte Hemmschuh wird, nachdem er das Fahrzeug abgebremst hat, in dieser Auswurfvorrichtung wieder ausgeworfen, damit dieses ungehindert weiterrollen kann. Moderne Anlagen verwenden zum Vorbremsen Balkengleisbremsen als Talbremsen, deren Bremskraft bei neuzeitlichen Anlagen nach der automatischen Messung von Windstärke, Fahrzeugmasse und -geschwindigkeit elektronisch geregelt wird.
Die in den Richtungsgleisen angekommenen Fahrzeuge werden nach herkömmlicher Verfahrensweise von Hemmschuhlegern mit Hemmschuhen vor den dort bereits stehenden Fahrzeugen aufgefangen und bis zum Stillstand abgebremst. In modern ausgestatteten Rangierbahnhöfen sind die Gleise der Richtungsgruppe mit Richtungsgleisbremsen und/oder Fördereinrichtungen ausgerüstet, die die vom Ablaufberg herunterrollenden Fahrzeuge selbsttätig auffangen und mit geringer Geschwindigkeit kuppelreif an die bereits im Gleis stehenden Fahrzeuge heranführen (beidrücken).
Fahrzeuge in gefüllten Richtungsgleisen müssen gegebenenfalls mit Hilfe einer Rangierlokomotive zum Kuppeln beigedrückt werden. Soweit sie im neu zu bildenden Zug gruppenweise zusammengestellt werden müssen, ordnet man sie in einem zweiten Arbeitsgang nochmals nach. Für dieses Nachordnen, das insbesondere bei Nahgüterzügen erforderlich war, die in mehreren Bahnhöfen nacheinander Wagen absetzen sollten, bestanden in den Rangierbahnhöfen besondere Nachordnungsgruppen.
Erst dann kann der neu gebildete Zug in der Ausfahrgruppe des Rangierbahnhofs mit der Zuglokomotive bespannt und zur Fahrt vorbereitet werden. Wenn die Zugaufsicht die Abfahrbereitschaft festgestellt hat und alle sonstigen Voraussetzungen für die Fahrt gegeben sind, verlässt der Zug den Rangierbahnhof zu seinem neuen Ziel.
Signale für das Rangieren
Zur Verständigung der am Rangieren Beteiligten untereinander dienen in Deutschland die am Gleis aufgestellten Schutzsignale (Sh), die hörbar und sichtbar als Handzeichen gegebenen Rangiersignale (Ra), die Abdrücksignale und weitere Signale im Gleisbereich.
Schutzsignale und Gleissperrsignale
Die ortsfesten Schutz- und Gleissperrsignale werden vom Weichenwärter bedient.
- Sh 0 (Halt! Fahrverbot) – ein waagerechter schwarzer Streifen auf runder weißer Scheibe
- Hp 0 (Halt!) – ein oder zwei rote Lichter waagerecht nebeneinander
- Sh 1 (Fahrverbot aufgehoben) – ein nach rechts steigender schwarzer Streifen auf runder weißer Scheibe oder zwei weiße Lichter nach rechts steigend.
Die Signale richten sich an den Triebfahrzeugführer und an den Rangierbegleiter gleichermaßen.
Rangiersignale
Die Rangiersignale werden vom Rangierbegleiter oder Weichenwärter als Handzeichen und als akustische Signale, bei Tage ggf. unter Zuhilfenahme einer Signalfahne oder einer Winkscheibe, bei Dunkelheit mit einer weiß leuchtenden Handlampe und mit einer Signalpfeife oder einem Horn gegeben. Die Rangiersignale müssen gleichzeitig sichtbar und hörbar gegeben werden, gelten aber bereits, wenn sie nur sichtbar aufgenommen werden. Folgende Signale werden in Deutschland verwendet:
- Signal Ra 1 Wegfahren
Ein langer Ton und gleichzeitig eine – ggf. wiederholte – senkrechte Bewegung des Armes von oben nach unten bedeuten, dass die Rangierfahrt in Richtung vom Signalgeber wegfahren soll.
- Signal Ra 2 Herkommen
Zwei mäßig lange Töne und gleichzeitig eine – ggf. wiederholte – langsame waagerechte Bewegung des Armes hin und her bedeuten, die Rangierfahrt soll in Richtung auf den Signalgeber zu fahren.
- Signal Ra 3 Aufdrücken
Zwei kurze Töne schnell nacheinander, gleichzeitig beide Arme in Schulterhöhe nach vorn heben und die flach ausgestreckten Hände wiederholt einander nähern bedeuten, das Triebfahrzeug soll die Fahrzeuge zum An- oder Abkuppeln aufdrücken.
- Signal Ra 4 Abstoßen
Zwei lange Töne, ein kurzer Ton und gleichzeitig zweimal eine waagerechte Bewegung des Armes vom Körper nach außen und eine schnelle senkrechte Bewegung nach unten bedeuten, das Triebfahrzeug soll Fahrzeuge abstoßen.
- Signal Ra 5 Halt
Drei kurze Töne schnell nacheinander und gleichzeitig eine kreisförmige Bewegung des Armes bedeuten, die Rangierfahrt soll anhalten.
Abdrücksignale
Die Abdrücksignale regeln das Ablaufen am Ablaufberg:
- Ra 6 – Halt!, ein waagerechter weißer Balken mit schwarzem Rand oder ein waagerechter weißer Lichtstreifen
- Ra 7 – Langsam abdrücken, ein weißer Balken mit schwarzem Rand schräg nach rechts aufwärts oder ein weißer Lichtstreifen schräg nach rechts aufwärts
- Ra 8 – Mäßig schnell abdrücken, ein senkrechter weißer Balken mit schwarzem Rand oder ein senkrechter weißer Lichtstreifen
- Ra 9 – Zurückziehen, ein senkrechter Lichtstreifen und vom oberen Ende nach rechts abzweigend ein waagerechter Lichtstreifen; dieses Signal erteilt den Auftrag, entgegen der Ablaufrichtung vom Ablaufberg wegzufahren. Das Signal Ra 9 existiert nur als Lichtsignal.
Abdrücksignale stellen häufig nur noch eine Rückfallebene dar. Eine Besonderheit ist, dass Abdrücksignale in der Regel für alle Berggleise gelten. Die Ablaufreihenfolge legt in der Regel der zuständige Fahrdienstleiter fest.
Sonstige Signale für den Rangierdienst
Die in der Eisenbahn-Signalordnung unter Sonstige Signale für den Rangierdienst beschriebenen Signale sind ortsfest im Gleisbereich angeordnet:
- Ra 10 – eine oben halbkreisförmige weiße Tafel (Rangierhalttafel) mit schwarzem Rand mit oder ohne die Aufschrift „Halt für Rangierfahrten“ – bedeutet, dass über die Tafel hinaus nicht rangiert werden darf. Rangiert werden darf nur mit Erlaubnis des Fahrdienstleiters in Form des Befehls 14.1. Die Rangierhalttafel steht im Normalfall links vom Gleis, in Ausnahmefällen kann sie auch rechts vom Gleis aufgestellt sein, z. B. bei baulichen Einschränkungen.
- Ra 11 (DS 301)/ Ra 11a (DV 301) – ein gelbes „W“ mit schwarzem Rand (Wartezeichen oder Rangierhaltsignal) – bedeutet, dass Rangierfahrten vor dem Signal zu halten haben und erst nach Zustimmung des Weichenwärters weiterfahren dürfen. Dieser gibt seine Zustimmung im Bereich der ehemaligen DB durch das Signal Sh 1, mündlich oder durch Heben einer Hand, im Bereich der ehemaligen DR durch das Rangierfahrsignal Ra 12.
- Ra 11b (DV 301) – ein weißes „W“ mit schwarzem Rand (Wartezeichen oder Rangierhaltsignal) – bedeutet, dass Rangierfahrten vor dem Signal zu halten haben und erst nach Zustimmung weitergefahren werden dürfen. Die Zustimmung erfolgt durch Hochhalten des Armes oder einer weißleuchtenden Laterne.
- Ra 12 (DS 301) / So 12 (DV 301) – ein rot-weißes Zeichen (Grenzzeichen) – kennzeichnet die Stelle, bis zu der bei zusammenlaufenden Gleisen ein Gleis besetzt werden darf.
- Sh 1 (DS 301)/ Ra 12 (DV 301) – zwei weiße nach rechts steigende Lichter bedeuten „Fahrverbot aufgehoben“ (Sh 1) bzw. „Rangierfahrt erlaubt“ (Ra 12).
Rangieren über das Signal Ra 10 hinaus
Soll ausnahmsweise über das Signal Ra 10 hinaus rangiert werden, muss der Fahrdienstleiter der Zugmeldestelle, von der die Strecke kommt, zustimmen. Der Fahrdienstleiter des Bahnhofes, in dem rangiert wird, teilt der Rangierfahrt mittels eines schriftlichen Befehls mit, dass über das Signal Ra 10 hinaus rangiert werden darf.
In Befehl 14 (bei Aushändigung), Befehl 14.1 (Freitext) wird eingetragen: „Sie dürfen im Bahnhof (x-Stadt) auf Einfahrgleis aus Richtung (y-Stadt) über Signal Ra 10/Einfahrweiche hinaus bis xx.xx Uhr rangieren“. Befehle werden vom Fahrdienstleiter übergeben oder dem Triebfahrzeugführer oder Rangierbegleiter zum Mitschreiben diktiert. Alle Eintragungen werden wiederholt, der Tf bzw. Rb unterschreibt den Befehlsvordruck im Auftrag des Fdl. (Bei Übergabe kein Gegenzeichnen des Befehls vom Tf, nur Übergabe)
Grund für dieses Vorgehen ist, dass von der freien Strecke jederzeit Züge kommen könnten, die – sofern in das Streckengleis rangiert wird – am Einfahrsignal halten müssten. Das Signal Ra 10 steht am Gefahrpunkt des Einfahrsignales, die Strecke zwischen Signal und Gefahrpunkt – der sogenannte Gefahrpunktabstand – muss sicherheitshalber freibleiben, für den Fall, dass der Zug von der Strecke ausnahmsweise nicht ordnungsgemäß am Einfahrsignal zum Stehen kommt. Aus diesem Grund darf nur dann über das Ra 10 hinaus rangiert werden, wenn die Strecke frei ist und die vorhergehende (oder nächste) Zugmeldestelle keine Züge ablassen kann. Technisch realisiert wird dies in den meisten Fällen durch die Abgabe der Erlaubnis.
Bedeutung des Rangierens
Der umfangreichste Rangierbetrieb findet im Güterverkehr der Eisenbahn statt. Diese Aufgabe wird bei der Deutschen Bahn AG vom Unternehmensbereich Transport und Logistik DB Cargo wahrgenommen, der auch die großen Rangierbahnhöfe betreibt. In den meisten Nachbarländern ist der Rangierbetrieb – ebenso wie bis 1994 bei der damaligen Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn – noch der jeweiligen Eisenbahnverwaltung zugeordnet. In Österreich wurde mit der Strukturreform u. a. die Infrastruktur.Betrieb AG der ÖBB gegründet, welche als Geschäftsbereich den Verschub offiziell als Betreiber aller österreichischen Verschubstandorte aufweist.
Das Rangieren ist infolge des hohen Personalaufwandes, teurer Anlagen und Fahrzeuge sehr kostenintensiv. Deshalb versuchen die heute immer häufiger privatisierten und daher gewinnorientierten Bahnen den Rangierbetrieb durch fortlaufende Rationalisierung zu vermindern oder auch ganz zu vermeiden. Dies geschieht im Reiseverkehr z. B. mit dem Einsatz von Zugeinheiten, die in ihrer Zusammensetzung wenig oder überhaupt nicht verändert und daher kaum rangierdienstlich behandelt werden müssen, sowie durch die Verwendung von Triebwagen und Triebzügen statt lokbespannter Züge. Bereitstellungsfahrten aus oder in Abstellgruppen und Triebfahrzeugfahrten vom und zum Bahnbetriebswerk sind ebenfalls Rangierfahrten.
Im Güterverkehr haben viele Eisenbahnbetriebe den Einzelwagenverkehr aufgegeben, um nicht mehr rangieren zu müssen. Wo dieser dennoch beibehalten wurde, mindert man die Kosten mit modernster Technik in den Rangierbahnhöfen und durch den Einsatz funkferngesteuerter Rangierlokomotiven, mit deren Hilfe deutlich weniger Personal benötigt wird. Außerdem wurde die Zahl der Rangierbahnhöfe drastisch verringert und die Zugbildungsaufgaben auf wenige besonders leistungsfähige Anlagen konzentriert; zurzeit gibt es z. B. in Deutschland nur noch 14 Rangierbahnhöfe. Dennoch wird die Beförderung der weitaus meisten Güter immer noch dem in vielen Fällen schnelleren und wirtschaftlicheren Straßenverkehr überlassen, obwohl der Schienenverkehr die größere Sicherheit bietet und in Teilen umweltfreundlicher ist.
Ausblick
Im Rahmen des Betrieblichen Zielbildes der DB Netz soll in Deutschland zukünftig die Unterscheidung von Zug- und Rangierfahrten aufgehoben werden. Stattdessen soll sich die Funktionalität des Betriebs und die zugehörigen Prozesse an den ETCS-Betriebsarten orientieren.[3] Die nächste Version der ETCS-Spezifikation, deren Inkrafttreten nach TSI 2022 Anfang 2023 erwartet wird, soll für ETCS im Zusammenspiel mit der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) vorbereitet werden. Mit DAK-Zügen soll es möglich werden, auf Rangiersignale zu verzichten.[4]
Siehe auch
- Shunting (eine Betriebsart des Zugbeeinflussungssystems ETCS zum Rangieren)
- Rangiersignal (Schweiz)
Literatur
- Signalbuch (SB) der Deutschen Bahn AG.
- Züge fahren und rangieren – innerbetriebliche Regelungen der Deutschen Bahn AG.
- Rudolf Grimberg, Ferdinand Hein: Rangieren – eine Gemeinschaftsaufgabe. In: DB-Fachbuch, Band 4/20, Eisenbahn-Fachverlag, Heidelberg / Mainz 1989.
- Dietmar Homeyer u. a.: Rangieren im Bahnbetrieb, In: DB-Fachbuch, Eisenbahn-Fachverlag, Heidelberg 2000, ISBN 3-9801093-5-6.
- Rolf Schünemann et al.: Rangierdienst A–Z. 2. Auflage. In: transpress Taschen-Lexikon. transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin (DDR) 1980 (Erstausgabe 1978).
Weblinks
- Rangiersignale
- Dienstvorschrift der Deutschen Reichsbahn für die Verwendung von Rangierzetteln (DV 449 1. Januar 1963)
Einzelnachweise
- ↑ Schweizerische Fahrdienstvorschriften (FDV) A2020. Bundesamt für Verkehr (BAV), 1. Juli 2020 (PDF; 9 MB). R 300.1, Abschnitt 3.2 Erklärung der Begriffe
- ↑ VBG-Fachinformation BGI 770, Abschnitt 4.4
- ↑ Matthias Kopitzki, Wolfgang Braun, Sebastian Post: Betriebliches Zielbild für den digitalen Bahnbetrieb. (PDF) In: ews.tu-berlin.de. DB Netz, 15. November 2021, S. 13, abgerufen am 22. November 2021.
- ↑ TSIs Revision Package: the Tool for Sustainable Railways. (PPTX) In: era.europa.eu. Europäische Eisenbahnagentur, 23. Februar 2022, S. 14, 23, abgerufen am 27. Februar 2022 (englisch).