Gleisbremse

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Gleisbremsen sind Rangiertechnik in Gleisen auf Rangierbahnhöfen, d. h. eingebaute Rangiertechnische Einrichtungen (RTE). Sie reduzieren die kinetische Energie der den Ablaufberg herablaufenden Wagen. Es gibt Energieumwandlungen durch Stöße, Reibung und elektrodynamische Wirkprinzipien an den Radsätzen bzw. Puffern. Die Arten werden nach Funktion und Wirkprinzip unterscheiden.

Bauformen der Gleisbremsen

Im Merkheft Rangiertechnische Einrichtung des EBA Ref. 32 / 3010 05 00 vom 1. Oktober 2003 sind die Gleisbremsen nach Bauformen eingeteilt in[1]:

  • Zweiseitige und Einseitige Balkengleisbremsen
  • Elektrodynamische Gleisbremsen
  • Gummigleisbremsen
  • Schraubengleisbremsen
  • Bremselemente (Retarder)

Übersicht

Funktion

  • Bergbremsen
  • Talbremsen (TB)
  • Richtungsgleisbremse (RGB)
  • Gefälleausgleichbremse (GAB)
  • Waggonhaltebremsen
  • versenkbarer und sich aufrichtender Prellbock

Wirkprinzipien

  • Hydraulische Gleisbremsen
  • Pneumatische Gleisbremsen
  • Elektrodynamische Gleisbremsen[2] (EDG)
  • Bremsen durch Auflegen von Hemmschuhen mit mechanischen Auswurf
  • Bremsen durch Auflegen des Hemmschuhs

Unterscheidung nach Funktion und Lage im System

Bergbremsen und Rampenbremsen sorgen bei großen Rangierbahnhöfen (meistens bei mehr als etwa 40 bis 48 Richtungsgleisen, in Anlagen mit russischer Rangiertechnik jedoch oft auch bei weniger Richtungsgleisen) nach erfolgter Geschwindigkeitsmessung für eine Vorabbremsung, damit die Talbremsen ihre Funktion erfüllen können. Sie stellen auch eine Bremskraftreserve beim Ablauf von schweren Wagengruppenabläufen dar.

Talbremsen verzögern Wagen vor einer Richtungsgleisgruppe, so dass der Abstand zum vorherlaufenden Wagen groß genug bleibt, damit die Weichen in der Lücke umgestellt werden können. Eine Talbremse versorgt etwa 6 bis 12 (in Europa meistens 8) anschließende Richtungsgleise.

Richtungsgleisbremsen dienen zur Regelung der Geschwindigkeit in das Richtungsgleis, je nach Füllstand der Wagen im Richtungsgleis um die definierte Auflaufgeschwindigkeit zu gewähren.

Gefälleausgleichsbremsen sind Bremsen, die die Auflaufgeschwindigkeit von Wagen im Gefälle regulieren sollen. Sie sind speziell in Gefällebahnhöfen mit geneigten Richtungsgleisen oder bei Flachbahnhöfen mit Ausrollanlage eingebaut.

Unterscheidung nach Bauart

Tal- und Rampenbremsen

Hemmschuhauswurfbremsen (nach dem früher wichtigsten Hersteller auch Büssingbremsen genannt) sind keine eigentlichen Gleisbremsen, sondern beenden das Abbremsen eines Wagens, indem der unterliegende Hemmschuh durch eine weichenähnliche Konstruktion seitlich in einen Fangkasten geworfen wird.

Eine Dreikraftbremse ist eine abhängig vom Wagengewicht wirkende Balkengleisbremse. Dabei läuft der Spurkranz oder die Außenseite des Rades auf ein Bremselement. Durch das Wagengewicht, welches eine vertikale Kraft ausübt, ist die Bremswirkung der Bremsbalken dem Wagengewicht proportional.

Balkengleisbremsen verzögern die Wagenablaufgeschwindigkeit, indem Bremsbalken mit Verschleißbremsleisten seitlich gegen die Radreifen gepresst werden. Man unterscheidet nach Antriebsart:

Weiterhin unterteilt man Balkengleisbremsen in Zwei- und Dreikraftbremsen. Während die Bremsleisten von Zweikraftbremsen nur von beiden Seiten gegen die Räder gedrückt werden, wird bei Dreikraftbremsen zusätzlich das Gewicht der Wagen ausgenutzt. In einigen Ländern ist nur ein System und in anderen Ländern sind verschiedene Systeme in Gebrauch.

Bei manchen Bremsen können die Bremsträger mit den Bremsleisten für die Überfahrt von Triebfahrzeugen abgesenkt werden (Lokfahrstellung).

Gummigleisbremsen lassen in Bremsstellung die ablaufenden Wagen über Gummikörper rollen, die durch Walkarbeit die kinetische Energie der Wagen reduzieren/absorbieren. In Lösestellung bleiben die Gummibalken versenkt und die Wagen passieren die Bremse auf den Spurkränzen laufend. Eine zweite Bauart ist die nichtabsenkbare Gummigleisbremse FEW (Blankenburg (Harz)), bei ihr ist das Schienenprofil beidseitig durch je ein Walkgummielement ersetzt. Geführt werden die Radsätze durch Radlenker an den Rückflächen. Sie wird jedoch nur als Gefälleausgleichsbremse eingesetzt.

Gefälleausgleichsbremsen

Schraubengleisbremsen sind Zylinder mit innenliegender hydraulischer Bremseinrichtung, die auf der Außenseite mit einer schraubenförmigen Wulst versehen sind. In Bremsstellung werden sie so an die Fahrkante der Schienen angelegt, dass die Spurkränze darüberlaufender Radsätze den Zylinder drehen. Die hydraulische Bremseinrichtung erzeugt um so höhere Bremskräfte, je schneller das Fahrzeug rollt. Langsam laufende Wagen werden wenig bis gar nicht gebremst. Schraubengleisbremsen werden als Richtungsgleisbremsen eingesetzt, für Triebfahrzeugfahrten oder bei Schlechtläufern lassen sie sich abklappen und damit unwirksam machen.

Dowty-Retarder sind kolbenförmige Elemente, die beim Überfahren niedergedrückt werden und dadurch Energie absorbieren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Gleisbremsen sind sie nicht ausschaltbar, sondern immer wirksam. Schraubenbremsen und Dowty-Retarder wirken geschwindigkeitsabhängig, bremsen also umso stärker, je schneller der sie überfahrende Wagen ist. Sie bremsen ihn auf eine einstellbare Beharrungsgeschwindigkeit, z. B. 1 m/s, ab. In der steuerbaren Variante als „Dowty-Booster“ können die ablaufenden Wagen je nach Bedarf nicht nur gebremst, sondern auch beschleunigt werden.[3]

Staffelgleisbremsen vereinigen mehrere Dowty-Retarder in einem abklappbaren Schwenkelement und sind damit ausschaltbar.

Galerie

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Eisenbahn-Bundesamt, Referat 32: Merkblatt - Rangiertechnische Einrichtungen, Mbl Rangiertechnik. Eisenbahn-Bundesamt, 2003, abgerufen am 9. August 2020.
  2. Autorenkollektiv: Elektrodynamische Gleisbremsen bei der DB. gruen.deutschebahn.com, abgerufen am 4. Juli 2022.
  3. Jörn Pachl: Systemtechnik des Schienenverkehrs, Bahnbetrieb planen, steuern und sichern, Wiesbaden: Vieweg+Teubner 2003, ISBN 978-3-8351-0191-3, S. 280