Vishwananda

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Swami Vishwananda (geboren als Mahadeosingh „Visham“ Komalram am 13. Juni 1978 in Beau Bassin-Rose Hill, Mauritius) unter Anhängern als Paramahamsa Sri Swami Vishwananda bekannt, ist ein hinduistischer Guru aus Mauritius. Er ist Gründer des Bhakti Marga, einer neohinduistischen Organisation, die in vielen Ländern Ashrams und Tempel unterhält. Vishwananda ist umstritten.[1] Er lebt in Deutschland, wo sich sein Hauptashram im kleinen Dorf Springen (Heidenrod) im Taunus befindet .

Frühe Jahre

Vishwananda wurde in einer brahmanischen Hindu-Familie auf der Insel Mauritius geboren. Angeblich hatte er als Kind eine Erscheinung von Mahavatar Babaji und behauptet, von ihm später in den Swami-Orden eingeweiht worden zu sein. Jedoch ist Babaji eine mythische religiöse Figur, daher gibt es keine Hinweise darauf, dass er einer bestimmten Swami-Tradition angehört. Anderen Berichten zufolge wurde er ein Schüler des umstrittenen Sathya Sai Baba. Wie Sai Baba ist auch er ein „Wundertäter“ und macht sogenannte „Materialisationen“ von kleineren Gegenständen, heiliger Asche (Vibhuti) und Lingams[2]. Diese werden von Kritikern als Taschenspieltricks angesehen. 1998 besuchte er erstmals Europa, zunächst England und die Schweiz, später auch andere Länder, z. B. Deutschland, wo er im Juli 2005 seinen ersten Ashram und Bhakti Marga gründete.

Er behauptet auch, ein Acharya des von Ramanuja gegründeten Sri Vaishnava zu sein, was von führenden Vertretern bestritten wird.[3] Laut der Times of India war er der Erste außerhalb Indiens, dem vom Nirmohi Akhada der Titel Mahamandaleshwara[4] verliehen wurde.

Entwicklung des Bhakti Marga

Hauptartikel Bhakti Marga

Gründung und Ashrams

Nachdem Vishwananda, der zunächst noch Visham genannt wurde, Anhänger in privaten Wohnungen empfing, gründete er 2004 in dem kleinen Ort Steffenshof (Dorweiler) im Hunsrück (Rheinland-Pfalz) den ersten Ashram. Am 13. Juni 2005 wurde dann Bhakti Marga gegründet.[5] Zu dieser Zeit nannte er sich bereits Swami Vishwananda und weihte etwa ein Dutzend Mönche und Nonnen als Brahmacharis ein. Den Swami-Titel soll er von Mahavatar Babaji selbst bekommen haben, was in der indischen Parampara, der traditionellen Meister/Schüler-Nachfolge, die normalerweise streng geregelt ist, unüblich ist. Im Jahr 2008 zog der Ashram in ein größeres Anwesen in Springen (Heidenrod) um, das nun zum neuen Hauptashram der Bewegung wurde[6] Im Juni 2018 wurde ein neuer Tempel eingeweiht, dessen Ausbau laut FAZ mehr als eine Million Euro gekostet hat. Weltweit gibt es demnach ca. 30 bis 50 Zentren, davon sind viele jedoch kleinere Ashrams oder Tempel.[5]

Im November 2020 wurde bekannt, dass Bhakti Marga in Kirchheim im hessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg ihr hinduistisches Deutschlandzentrum auf dem Gebiet der Ferienanlage Seepark Kirchheim aufbauen will.[7][8]

Vorwürfe sexueller Übergriffe

Im Herbst 2008 wurden Vorwürfe bekannt, in deren Folge sich die US- und die englische Sektion der Bewegung trennten. Ehemalige Anhänger berichten von sexuellen Übergriffen, praktisch ausschließlich an jungen Männern, die Brahmacharis, Mönche, waren. Sexuelle Übergriffe gab es bereits Berichten zufolge seit 2000 und sie sollen sich auch später, z. B. in Polen 2014, wiederholt haben.[9] Ein angeblich geleaktes Schreiben Vishwanandas zirkuliert, das eine Entschuldigung enthielt.[10]

Ein Dokumentarfilm des Hessischen Rundfunks vom 27. Januar 2022 und ein 6-teiliger Podcast, in dem mehrere ehemalige Mitglieder interviewt wurden, erheben die gleichen Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegenüber dem Guru.[11][12] Sämtliche Vorwürfe sexueller Übergriffe wurden durch dessen Anwalt bestritten.[13]

Vishnuismus

Im Jahre 2008 wurde Vishwananda in den Sri Sampradaya als Praktizierender, nicht jedoch als Lehrer, initiiert. Damit wurde die Bewegung in Richtung Sri Vaishnava ausgerichtet. Vishwananda gibt sich als Meister des Sri Vaishnava aus, führende Vertreter dieser Linie geben jedoch an, dass er nicht befugt sei, in deren Namen zu lehren.[3]

Christentum

Vishwananda ließ sich von der Apostolisch Orthodoxen Kirche (AOC) als Bischof Michael ordinieren. Er wurde jedoch 2016 von einer Abspaltung dieser Kirche, der Katholisch Orthodoxen Apostolischen Kirche (COAC) exkommuniziert.[14] Die CAOC beansprucht für sich Hüter des kanonischen Erbes der AOC zu sein, die Ernennung Vishwanandas war einer der Gründe der Abspaltung. Der Ashram in Springen besitzt eine Russisch-Orthodoxe Kapelle, in der zumindest früher regelmäßig Gottesdienste abgehalten wurden. In dieser befindet sich eine Truhe mit Reliquien christlicher Heiliger, die Vishwananda bereits 2001 mit Hilfe von Anhängern in der Schweiz entwendet hat und infolgedessen 2007 von einem Schweizer Gericht verurteilt wurde.[15] Vishwananda ist es deshalb nicht erlaubt, in die Schweiz zu reisen.

Seine Exkommunikation folgte der Ernennung zum Mahamandaleshwar, einem hohen hinduistischen Würdenträger auf der Kumbh Mela 2015 in Nasik, womit er der erste Träger eines solchen Titels außerhalb Indiens ist.[4] Kritiker wenden jedoch ein, er habe diesen Titel für 30 000 Dollar gekauft.[6] In der Kapelle in Springen finden derzeit keine Gottesdienste mehr statt.

Kontroverse um KZ-Gedenkstätten

Unter Om Chanting lehrt Bhakti Marga ein Ritual, bei dem die Teilnehmer im Kreis sitzend Om chanten. Dies solle die Atmosphäre reinigen. Kontrovers wurden solche Gruppenchantings an KZ-Gedenkstätten, z. B. am 17. März 2018 im KZ Buchenwald[16], oder auch am 10. Dezember 2016 im KZ Mauthausen in Österreich, aufgenommen, da darin eine Relativierung oder Instrumentalisierung des Holocaust gesehen wurde.[17][18]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Liebes-Guru kauft Seepark Kirchheim
  2. Webseite Rational Wiki
  3. a b Falsche Āchāryas erkennen Kōyil Deutschland, abgerufen am 29. November 2021
  4. a b Swami Vishwananda becomes first Mahamandaleshwar from outside the country. Times of India Artikel, abgerufen am 29. November 2021
  5. a b Der Ashram im Taunus Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, abgerufen am 29. November 2021
  6. a b Bhakti Marga in der Kritik Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, abgerufen am 29. November 2021
  7. Seepark Kirchheim verkauft: Aus für das Hotel, Hindu-Religionszentrum geplant. 18. November 2020, abgerufen am 18. November 2020.
  8. Religionsgemeinschaft eröffnet Hauptsitz in Kirchheim Beitrag der hessenschau
  9. Swami to be probed over claims of abuse Cultnews 101 Webseite, abgerufen am 29. November 2021
  10. Tidbits about Swami Vishwananda Sai Baba Copycat, abgerufen am 29. November 2021
  11. Just Love? Sektenaussteiger packen aus Reportage des Hessischen Rundfunks vom 20. Januar 2022, abgerufen am 25. Januar 2022.
  12. Just Love. Bhakti Margas Guru und sein Geheimnis Ausführlicher Podcast des Hessischen Rundfunks und hauseins, abgerufen am 26. Januar 2022.
  13. Paramahamsa Vishwanandas Stellungnahme zur jüngsten Fernsehsendung des Hessischen Rundfunks, Bhakti Marga Website, abgerufen am 25. Januar 2022
  14. Webseite COAC: Notification for Europe. Abgerufen am 16. August 2020.
  15. Tagesanzeiger.ch im Internet Archive: 'Knochen in Kirchen gestohlen'. 8. November 2010, archiviert vom Original am 8. November 2010; abgerufen am 29. November 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sc.tagesanzeiger.ch
  16. Neohinduistisches Ritual in der Gedenkstätte Buchenwald Webseite der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Abgerufen am 28. Oktober 2019.
  17. Spirituelle Gruppe will KZ-Gedenkstätte mit Ritual „heilen“. In: Die Welt, abgerufen am 28. Oktober 2019.
  18. KZ-Gedenkstätte Buchenwald/Chanting wider die Schuld Bericht im Deutschlandfunk