Vytautas Landsbergis

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Vytautas Landsbergis (2014)

Vytautas Landsbergis (!?! anhören?/i; * 18. Oktober 1932 in Kaunas) ist ein litauischer konservativer Politiker und Musikwissenschaftler. Er war von 1978 bis 1990 Professor an der Lietuvos muzikos akademija in Vilnius. Er war als Vorsitzender des provisorischen Parlaments Staatsoberhaupt Litauens nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1990. Er war später Parlamentspräsident und bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments. 2021 wurde mit Mr. Landsbergis ein Dokumentarfilm über ihn veröffentlicht.

Familie

Vytautas Landsbergis ist einer von zwei Söhnen einer großbürgerlichen Familie. Sein Vater Vytautas Landsbergis-Žemkalnis (1893–1993) arbeitete bis zum Zweiten Weltkrieg und wieder ab 1959 als Chefarchitekt in Kaunas. Seine Mutter war Ona Jablonskytė-Landsbergienė (1894–1957), Augenärztin. Sein Bruder war Gabrielius Žemkalnis-Landsbergis (1929–2017), Journalist in Australien.

Vytautas Landsbergis war bis zu ihrem Tod mit der Pianistin und Musikpädagogin sowie Professorin an der Litauischen Musik- und Theaterakademie Gražina Ručytė-Landsbergienė (1930–2020) verheiratet.

Seine Tochter ist die Musikwissenschaftlerin Birutė Landsbergytė-Cechanavičienė (* 1960), sein Sohn der Regisseur und Autor Vytautas V. Landsbergis (* 1962). Einer seiner Enkel ist der Politiker und ehemalige Diplomat Gabrielius Landsbergis (* 1982).

Ausbildung und Lehre

Vytautas Landsbergis lernte am Aušros-Gymnasium Kaunas und absolvierte danach Juozas-Gruodis-Konservatorium in Kaunas. Nach dem Abitur absolvierte er von 1950 bis 1955 das Diplomstudium des Klaviers am Staatskonservatorium Litauens in Vilnius und arbeitete zunächst als Klavierlehrer in der Čiurlionis-Kunstschule, lehrte an der Lietuvos valstybinė konservatorija (LVK), an der Fakultät der LVK in Klaipėda und am Vilniaus pedagoginis institutas.[1] 1969 promovierte er mit einer Arbeit über Leben und Werk des Komponisten und Malers Mikalojus Konstantinas Čiurlionis, 1994 habilitierte er. Am Staatskonservatorium lehrte er als Dozent für Musikgeschichte und Klavier.[2] Er schuf sich einen Ruf als angesehener Musikwissenschaftler und Experte für das kompositorische und malerische Werk des litauischen Nationalhelden Čiurlionis. Bereits in dieser Arbeit kam seine Verbundenheit mit der litauischen Heimat zum Ausdruck. 1987 gehörte er zu den Begründern der Čiurlionis-Gesellschaft, die sich die Bewahrung des kulturellen Erbes dieses bedeutendsten litauischen Komponisten zur Aufgabe gemacht hat. In den 50er Jahren nahm Landsbergis mehrmals an den litauischen Schachmeisterschaften teil.

Vorsitzender der Sąjūdis-Bewegung

Vytautas Landsbergis ist einer der Begründer der litauischen Unabhängigkeitsbewegung Sąjūdis. Auf dem Gründungskongress wurde er am 22. Oktober 1988 zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Klein von Statur und im Auftreten wie ein typischer Wissenschaftler wirkend, erwies sich Landsbergis als gewiefter Stratege, der die weitere Entwicklung scharfsinnig voraussah.

Seine rhetorische Brillanz und Schärfe machten ihn zu einem starken Gegenspieler der gewandelten kommunistischen Partei Litauens (KPL) unter Algirdas Brazauskas. Landsbergis führte Sąjūdis zu überlegenen Siegen bei den Wahlen zum Kongress der Volksdeputierten der Sowjetunion im April 1989 und bei den ersten freien Parlamentswahlen (der Seimas) am 24. Februar 1990.

Konzert und Ausstellung mit Vytautas Landsbergis zum Thema Mikalojus Konstantinas Ciurlionis – Komponist in Sanok (2013)

Politiker im unabhängigen Litauen

Das neu gewählte Parlament wählte Landsbergis zu seinem Vorsitzenden. Als am 11. März 1990 die Unabhängigkeit Litauens für wiederhergestellt erklärt und die Verfassung der Ersten Republik (1920–1940) wieder in Kraft gesetzt wurde, wurde Landsbergis kraft seines Amtes kommissarisches Staatsoberhaupt Litauens bis zur Inkraftsetzung einer neuen Verfassung. Während des Jahres 1990, das durch zunehmende Spannungen mit der sowjetischen Führung unter Michail Gorbatschow gekennzeichnet war (u. a. Rohstoffblockade im April und Mai 1990), verfocht Landsbergis eine harte Linie, bei der die Unabhängigkeit Litauens als unverrückbar angesehen wurde und auch kein Moratorium denkbar war.[3]

Nach der Niederlage der konservativen Parteien und dem Sieg der Reformkommunisten in den Wahlen im Oktober und November 1992 wurde Landsbergis im November 1992 als Parlamentspräsident und amtierendes Staatsoberhaupt von Algirdas Brazauskas abgelöst. Im Jahr 1996, als die Reformkommunisten in Parlamentswahlen eine Niederlage erlitten, wurde Landsbergis Parlamentspräsident (bis 2000).

Bis heute ist Landsbergis einer der bekanntesten Politiker Litauens und in seiner Partei, der konservativen Vaterlandsunion, sehr einflussreich. Dabei zeigt er wiederholt eine kritische Haltung gegenüber Russlands Regierung.

Seit der ersten litauischen Europawahl 2004 sitzt er als Mitglied der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Hier gehört er dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten sowie dem Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung an.

Landsbergis gehört zu den 89 Personen aus der Europäischen Union, gegen die Russland, wie Ende Mai 2015 bekannt wurde, ein Einreiseverbot verhängt hat.[4][5]

Ehrungen

Am 2. Mai 2003 wurde ihm für sein Engagement für Freiheit, Demokratie und das Selbstbestimmungsrecht die Sächsische Verfassungsmedaille verliehen.[6]

Seit Januar 1994 ist er Ehrenbürger von Kaunas.

2016 bekam er den Freiheitspreis Litauens (mit Valdas Adamkus).

Schriften

  • Das Königliche Konservatorium zu Leipzig mit den Augen eines Studenten, Briefe von M. K. Ciurlionis. In: Beiträge zur Musikwissenschaft. herausgegeben vom Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler in der DDR, Heft 1/1979, Berlin 1979, S. 42–69.
  • Jahre der Entscheidung. Litauen auf dem Weg in die Freiheit. Eine politische Autobiographie. Edition Tertium, Ostfildern 1997, ISBN 3-930717-39-5.

Weblinks

Commons: Vytautas Landsbergis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Geschichte Litauens (S. 18)
  2. Autoren der Aufsätze: Vytautas Landsbergis. In: Beiträge zur Musikwissenschaft. herausgegeben vom Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler in der DDR, Heft 1/1979, Berlin 1979, S. 71.
  3. Militärische Drohgebärden gegen Litauen. In: Die Tageszeitung: taz. 24. März 1990, ISSN 0931-9085, S. 8 (taz.de [abgerufen am 26. März 2022]).
  4. Andreas Borcholte: Einreise-Verbote: Russland wirft EU-Politikern Show-Gehabe vor. In: Spiegel Online. 31. Mai 2015, abgerufen am 1. Juni 2015.
  5. RUS: Russische Visasperrliste. (PDF 23 KB) In: yle.fi. 26. Mai 2015, abgerufen am 1. Juni 2015.
  6. Pressemitteilung vom 6. Mai 2003: Sächsische Verfassungsmedaille für Vytautas Landsbergis. abgerufen am 18. August 2016