Wallissches Produkt

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Das wallissche Produkt, auch Wallis-Produkt, ist eine Produktdarstellung der Kreiszahl , das heißt, es handelt sich um ein Produkt mit unendlich vielen Faktoren, dessen Grenzwert ist. Es wurde 1655 von dem englischen Mathematiker John Wallis entdeckt. Dazu nutzte er eine schachbrettartige 'Interpolation' zwischen den (in ganzen Dimensionen) figurierten Zahlenfolgen des Pascalschen Dreiecks zur Bestimmung von 4/ als mittleren Binomialkoeffizienten zwischen nullter und erster Dimension.[1] Im Jahr 2015 wurde erstmals ein Zusammenhang mit quantenmechanischen Berechnungen bezüglich des Wasserstoffatoms festgestellt.[2]

Formel

Üblich ist die Darstellung des Produktes in der Form:

Über eine Umformung ergibt sich die Kurzschreibweise des Wallisproduktes wie folgt:

Für den Kehrwert folgt:

Die Konvergenz dieses Produktes folgt aus der Konvergenz der unendlichen Reihe

bzw.

Konvergenzgeschwindigkeit

n 2·Produkt 2·Produkt / Pi relativer Fehler
1 2,7 0,85 15 %
2 2,8 0,91 09 %
3 2,9 0,93 07 %
10 3,07 0,976 02,4 %
100 3,134 0,9975 00,25 %
1000 3,1408 0,99975 00,025 %
10000 3,14151 0,999975 00,0025 %
100000 3,141585 0,9999975 00,00025 %
1000000 3,1415918 0,99999975 00,000025 %
3,14159265… 1,00000000… 00 %

Zur effizienten Berechnung einer Näherung von Pi ist die Formel nicht geeignet. Berechnet man etwa die ersten 5 Terme des Wallischen Produkts und verdoppelt das Ergebnis, so erhält man als Näherung für Pi:

Mit dieser Näherung konnte nicht einmal die erste Nachkommastelle korrekt bestimmt werden.

Nach Ausmultiplizieren der ersten 50 Terme ergibt sich ein Quotient aus zwei 160-stelligen Zahlen, der aber für Pi nur die Näherung 3,126 liefert, also nicht einmal 2 Nachkommastellen korrekt angibt. Da 3,126/3,14159 = 0,9950 ist, ist der relative Fehler etwa 0,5 %. Die Konvergenzgeschwindigkeit ist langsamer als linear.

Die nebenstehende Tabelle gibt für einige ausgewählte Werte von an, wie gut die Approximation von Pi ist, die man nach Ausmultiplizieren von Termen im wallisschen Produkt erhält. Die Tabelle legt die Vermutung nahe, dass der Fehler nach Ausmultiplizieren von Termen in etwa beträgt (z. B. nach 100 Termen: 0,25 % = ).

Dies kann man auch durch folgende mathematische Überlegung beweisen: Der Quotient zwischen der Approximation und dem gewünschten Wert ist gleich dem unendlichen Produkt

Mit Hilfe der Rechenregeln für Logarithmen, der Abschätzung (für kleine ) sowie durch Approximation einer unendlichen Summe durch ein Integral sieht man, dass dieses Produkt ungefähr den folgenden Wert hat:

.

Damit die ersten beiden Nachkommastellen richtig sind, braucht man demzufolge eine Genauigkeit von ca. 0,3 % (3,13/3,14 = 0,997), also etwa Für 3 Nachkommastellen braucht man für 4 Nachkommastellen etc.

Beweisskizze

Man definiert , für welche die Rekursionsformel gilt. Insbesondere erhält man für die Formel .

Man berechnet und . Nun gilt , und daher .

Insbesondere also , aus der man durch quadrieren die übliche Formel erhält.

Physik

Von Tamar Friedmann, C. R. Hagen und Studenten der Uni. Rochester (USA) wurde 2015 eine Anwendung dieses Produkts bei der Berechnung des Fehlers der quantenmechanischen Variationsrechnung der Energieeigenzustände im angeregten Wasserstoffatom relativ zur Lösung im Bohr’schen Atommodell entdeckt.[3]

Literatur

  • John Wallis: The arithmetic of infinitesimals (Übersetzung vom Latein ins Englische mit einem Vorwort von Jacqueline A. Stedall). 1. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg / Berlin / New York 2004, ISBN 0-387-20709-0.
  • Kurt Endl, Wolfgang Luh: Analysis. Eine integrierte Darstellung; Studienbuch für Studierende der Mathematik, Physik und anderer Naturwissenschaften ab 1. Semester. Band 2. 7. überarbeitete Auflage. Aula-Verlag, Wiesbaden 1989, ISBN 3-89104-455-0, S. 343.
  • Fridtjof Toenniessen: Das Geheimnis der transzendenten Zahlen: Eine etwas andere Einführung in die Mathematik. Springer 2009, ISBN 978-3-8274-2274-3, S. 321–322 (Auszug (Google)).

Weblinks

Wikibooks: Herleitung des Wallis-Produktes – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. alphagalileo.org (Memento des Originals vom 22. November 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.alphagalileo.org
  2. phys.org
  3. scinexx.de