Wegen Reichtum geschlossen (Tankred Dorst)

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Wegen Reichtum geschlossen ist eine Komödie von Tankred Dorst, die am 14. März 1998 unter der Regie von Alexander Lang im Residenztheater München uraufgeführt wurde.[1]

Wie gewonnen, so ist der riesige Lottogewinn von Rosa und Max Gallenz zerronnen. Das Ehepaar lacht Tränen.

Inhalt

Max Gallenz nagelt die Tür seines kleinen Lebensmittelladens zu. Die Geschäftsaufgabe umschreibt er auf einem Pappschild an der Ladentür in Schönschrift mit „Wegen Reichtum geschlossen“. Nach oben genannten Glückstreffer besitzen er und seine Frau Rosa elf Millionen. Mit dem Bargeld, in vier Koffer gepackt, wird fortan das zügellose Geldausgeben geübt und schließlich so beherrscht, dass eine halbe Million Schulden aufgelaufen sind.

An Wünschen mangelt es dem Paar nicht: Einmal im PKW-Halteverbot stehen und lachend zahlen, einen Pelzmantel für zwanzigtausend Mark mitten im Sommer kaufen, ins Rüstungsgeschäft einsteigen, einen vorsprechenden Anlageberater (siehe unten) verprügeln und ihm dafür Schmerzensgeld zahlen sowie sich vom livrierten Chauffeur zu Fürther Bekannten kutschieren lassen und die Geldscheine in den vier Koffern vorzeigen. Zudem will sich die kinderlos gebliebene Rosa Gallenz in Amerika künstlich befruchten lassen.

Früher im Laden war es im Wesentlichen bloß um die Entscheidung zwischen Bockwurst und Currywurst gegangen. Aber Geld eröffnet Horizonte. Ein Konzertflügel wurde angeschafft. Der Zukauf eines Pianisten wird erwogen.

Das Stück ist mehr als Klamauk. Die Studentin Ilse zum Beispiel, eine der letzten Kundinnen, hat auch ihr ganzes Geld abgehoben. Der Betrag rangiert aber sehr weit unter der Millionengrenze. Ilse hat – im Gegensatz zu den beiden erfolgreichen Lottospielern – alles genau berechnet. Sobald ihr abgehobenes Geld verbraucht ist, wird sie sich erhängen. Dazu sucht sich die Selbstmörderin ausgerechnet das Innere von Gallenzens neuen großen schwarzen Schrank aus. Das Möbelstück schmückt die neue Behausung der beiden Lottogewinner – ein als Wohnraum umgebautes altes Bahnhofsgebäude. Die Hotel-Suite war für die vielen angeschafften Luxusgegenstände zu eng geworden. Mit dem gekauften Plunder wird übrigens peu à peu selbst das Domizil Bahnhofshalle zugemüllt.

Bereits als Max Gallenz am Zunageln seines Ladens gewesen war, hatte Heiner Mehlhorn die Millionen gerochen und einen langen Hals gemacht. Tankred Dorst erteilt zwar Herrn Mehlhorn nicht das Wort, listet ihn aber im Personenregister als „unangenehmen Menschen“. Der schlechte Charakter Mehlhorns wird von seiner Mutter unfreiwillig offengelegt.

Außer Ilse, die für Anni Schlee bei Toresschluss rasch eine Rosinenschnecke kaufen wollte, gibt es noch einen guten Menschen im Stück – Anni Schlee eben. Diese Frau, die Tankred Dorst ebenfalls nicht auftreten lässt, hatte den beiden Gewinnern als einzige eine gute Reise gewünscht. Grotesk: Eine weitere treue Kundin, die alte Frau Olga Gereck – stets mit ihrer toten Schwester im Schlepptau – hatte, auch bei Toresschluss, neugierig vorbeigeschaut und das Glück – so hoch – bewundert. Max Gallenz hatte der Ostpreußin zwei Hunderter geschenkt. Mit der genannten Reise will der Taxichauffeur Norach, auf Umsatz erpicht, sein Geschäft machen. Doch der gesunde Menschenverstand ist dem Millionär Max Gallenz nicht vollständig abhandengekommen. In lichten Momenten hat der Lottogewinner die Sympathie des Zuschauers – wenn er zum Beispiel den unternehmerischen Norach abblitzen lässt. Norach ist es, der eine junge Frau – Coca heißt die angebliche Buchhändlerin – aus unerfindlichem Grund den Gallenzens vorstellt. Diese Dame mit Verwandtschaft in Valparaíso enttarnt Max Gallenz als Erbschleicherin. Den Kellner Axel, ihren Kumpan, jagt Max gleich mit davon. Überhaupt zieht das viele Geld die sonderbarsten fremden Leute magisch an. So tritt ein Fotograf auf. Wählerisch in der Motivwahl, verschmäht er das Ablichten der beiden, viel zu profan erscheinenden Lottogewinner und konzentriert sich auf solche Schnappschüsse wie die am Strick baumelnde Ilse im großen Schrank. Oder der Kellner Axel gesteht der angeblichen Buchhändlerin Coco unter vier Augen einen unmotivierten Mord. Mit einer Hammerspitze hat er die Hirnmasse des Opfers bloßgelegt. Oder die abstrusen Reisepläne. Coco will nach Stromboli. Max hätte gerne auf dem Vulkan gesessen, aber Rosa besteht auf der Stippvisite in Fürth. Coco war es gewesen, die den Gallenzens die Bahnhofshalle als Wohnzimmer eingeredet hatte. Vergeblich will der Anlageberater Herr Zwick das Gewinner-Ehepaar in eine Villa umsiedeln. Aber auch die ehemalige Kundschaft der Gallenzens ist nicht ganz normal. Frau Olga Gereck zum Beispiel zieht ihre verstorbene „Schwester an den Haaren hinter sich her“.[2]

Jedenfalls endet das Stück so: Max Gallenz schlägt sein neues Mobiliar kurz und klein. Der Kellner Axel kommt und verbrennt das restliche Bargeld. Ein Knabe streut Salz.

Inszenierungen

Rezeption

Literatur

Textausgaben

Sekundärliteratur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Erken bei Arnold, S. 88, linke Spalte, vierter Eintrag
  2. Verwendete Ausgabe, S. 254, 18. Z.v.o.
  3. Kässens im Nachwort der verwendeten Ausgabe, S. 391