Welfenfonds
Als Welfenfonds bezeichnet man das durch Preußen in Folge der Annexion des Königreichs Hannover im Deutschen Krieg 1866 beschlagnahmte Vermögen des Königshauses Hannover, welches einen Wert von 16 Millionen Vereinstalern[1] aufwies. Durch den Vertrag vom 29. September 1867 wurde es dem früheren König Georg V. von Hannover zugewiesen, jedoch am 2. März 1868 wieder sequestriert und durch eine besondere preußische Kommission in Hannover verwaltet und dessen Ertrag „zur Bekämpfung welfischer Umtriebe“ verwendet.
Geschichte
Nach der Annexion des Königreichs Hannover im Deutschen Krieg 1866 war König Georg V. von Hannover mit seiner Familie zunächst nach Österreich, später nach Paris geflohen. Der exilierte König, der sich mit dem Verlust seines Königreichs nicht abfinden wollte, schürte in Frankreich den Hass gegen Preußen, indem er eine Zeitung mit dem Namen „Situation“ herausgab, die die neuen Verhältnisse in Deutschland in den schärfsten Tönen angriff. Außerdem versuchte er aus hannoverschen Flüchtlingen und Offizieren die so genannte Welfenlegion aufzustellen, eine Armee, die bei einem möglichen Krieg auf französischer Seite kämpfen und sein verlorenes Königreich zurückerobern sollte. Daraufhin wurde die bereits zugesagte Entschädigung ausgesetzt und sein Privatvermögen beschlagnahmt, um ihm die finanzielle Grundlage zu entziehen. Da auch sein Sohn Ernst August, Herzog von Cumberland, den Thronanspruch in Hannover aufrechterhielt, wurde auch ihm das Vermögen nicht ausgezahlt.
Die Erträge aus dem geheimen Welfenfonds wurden für verschiedene Zwecke verwendet. Seit 1879 erhielt die Witwe Georgs V., Königin Marie, nebst ihren Töchtern eine jährliche Rente von 240.000 Mark aus dem Welfenfonds ausgezahlt. Der größte Teil aber wurde vom preußischen Reichskanzler Otto von Bismarck verwendet, um sich mittels finanziellem Druck und Bestechung die Presse gefügig zu machen (siehe auch Reptilienfonds).[2] Auch der Bayernkönig Ludwig II. erhielt unter strenger Geheimhaltung mehrere Millionen Mark in Form einer regelmäßigen jährlichen Zuwendung von 300.000 Mark für seine Schlossbauten, als Gegenleistung für den Kaiserbrief, vermittelt durch den Grafen Max von Holnstein. Nicht zuletzt diese Leibrente führte dazu, dass König Ludwig bis zu seinem Tod niemals eine Regierung unter Führung der preußenfeindlichen Bayerischen Patriotenpartei berief.
Erst Kaiser Wilhelm II. bestimmte 1892, dass die Zinsen aus dem Welfenfonds künftig an das Oberhaupt des Hauses Hannover gezahlt werden sollten. Endgültig beendet wurde der Streit um den Welfenfonds als frühe Fürstenenteignung aber erst – nach einem fast zehn Jahre währenden Rechtsstreit – im Jahre 1933. Das Reichsgericht sprach dem ehemaligen regierenden Herzog von Braunschweig-Lüneburg Ernst August 8 Millionen Reichsmark, das Hausgut Calenberg bei Schloss Marienburg nahe Hannover und zwei weitere landwirtschaftliche Betriebe bei Salzgitter als Entschädigung zu.
Vom Welfenfonds als Geldvermögen ist der Welfenschatz zu unterscheiden.
Literatur
- Dieter Brosius: Welfenfonds und Presse im Dienste der preußischen Politik in Hannover nach 1866. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Band 36 (1964), S. 172–206.
- Helmut Maatz: Bismarck und Hannover. 1866–1898. Hildesheim 1970.
- Hans Philippi: Zur Geschichte des Welfenfonds. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Band 31 (1959), S. 190–254.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ FÜRSTENHÄUSER / WELFEN: Der Preuße fiel ins Land. In: Der Spiegel. Nr. 4, 1958 (online).
- ↑ Gordon A. Craig: Deutsche Geschichte 1866–1945. Aus dem Englischen von Karl Heinz Siber, 2. Aufl., Beck, München 1999, ISBN 3-406-42106-7, S. 87.