Werdorf
Werdorf Stadt Aßlar Koordinaten: 50° 35′ 58″ N, 8° 25′ 2″ O
| |
---|---|
Höhe: | 168 m ü. NHN |
Fläche: | 12,03 km²[1] |
Einwohner: | 3004 (31. Dez. 2021)'[2] |
Bevölkerungsdichte: | 250 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1977 |
Postleitzahl: | 35614 |
Vorwahl: | 06443 |
Werdorf ist ein Stadtteil der Kleinstadt Aßlar im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis mit etwa 3100 Einwohnern.
Geografie
Werdorf liegt im Tal der Dill, gegenüber von Berghausen und zwischen dem Westerwald (Westen) und dem Gladenbacher Bergland (Osten), mitten im Lahn-Dill-Gebiet. Im Westen liegt Ehringshausen, im Süden Berghausen und im Osten die Kernstadt von Aßlar. Im Norden wird der Ort von Wald mit dem 333 m hohen Behlkopf umgeben. Die nächste größere Stadt ist Wetzlar.
Geschichte
In der Bronzezeit siedelten Menschen an dem den Ort durchfließenden Schönbach, da dieser leichter zu überqueren war (oder bei Hochwasser sicherer war) als die Dill.
Im Jahre 772 wurde die Ortschaft Werdorf im Lorscher Codex erstmals urkundlich erwähnt. Der Name leitet sich vom altgermanischen Wero ab, was „Mann“ bedeutet. Es war im 8./9. Jahrhundert im Besitz des Klosters Lorsch und bildete eine eigene Mark, die zeitweilig auch zum Bistum Speyer gehörte. Die Vogtei wurde 1255 im Zuge des Münzenberger Erbschaftsstreits an die Grafen von Sponheim verkauft. Graf Johann I. von Sponheim und sein Sohn Gottfried gaben diesen Besitz an die Grafen Heinrich und Marquard von Solms-Königsberg zu Lehen. Mittelpunkt des Ortes war die solmsische Vogtei mit einem herrschaftlichen Hof, auf dem im 14. Jahrhundert ein 1367 letztmals erwähntes Festes Haus und dann in den Jahren 1686–1690 das heutige Schloss errichtet wurde.
Kirchlich war Werdorf dem nahegelegenen Dillheim zugeordnet, bis im Zusammenhang mit der Errichtung des Schlosses auch eine eigene Pfarrei 1686 entstand, der das nahegelegene Berghausen als Filiale beigeordnet war. Seit dem 18. Jahrhundert sind des Weiteren jüdische Einwohner nachgewiesen. So existierten sowohl eine Synagoge als auch ein Jüdischer Friedhof. Außerdem entstanden eine Religionsschule und eine Mikwe. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts sank die Zahl der jüdischen Einwohner, so dass im Jahre 1908 die jüdische Gemeinde, noch bestehend aus 4 jüdischen Einwohnern, aufgelöst wurde. Das jüdische Gotteshaus wurde im Jahr 1979 abgerissen.[3] Der zwischen 1888 und 1941 genutzte Friedhof (Breitenbacher Straße) mit 1020 m² ist erhalten geblieben. In dieser Zeit wurden rund 50 Personen beigesetzt, neben Juden aus Werdorf auch jüdische Bewohner von Ehringshausen und Kölschhausen.[4]
Gebietsreform
Werdorf wurde im Zuge der hessischen Gebietsreform am 1. Januar 1977 kraft Landesgesetz in die Gemeinde Aßlar eingegliedert.[5] Die Großgemeinde erhielt ein Jahr später, am 16. November 1978, die Stadtrechte.[6]
Die Gründungslegende
Zur Gründung und Namensgebung von Werdorf gibt es eine Legende, die etwa wie folgt erzählt wird: Es waren einmal zwei Gräfinnen, die an einen Ort an der Dill ritten. Ihnen gefiel dieser Ort, und sie ließen sich hier ein Schloss bauen. Als nun die Handwerker hier wohnten, sagte die eine: „Es werde eine Stadt!“ Die andere widersprach: „Nein, es werde ein Dorf!“ Und so wurde aus „Werd-Dorf“ der Name Werdorf.
Historische Namensformen
In erhaltenen Urkunden wurde Werdorf unter den folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]
- Wertorph, in (772/3) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3119 = 3687b]
- Werdorpher, in marca (772/3) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3119 = 3687b]
- Wertorph, in villa (782) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3105 = 3704c]
- Wertdorf (782) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3105 = 3704c]
- Wertorph, in (790) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3185 ]
- Wertorph, in villa (790) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3106 = 3714b]
- Wertorpher, in marca (790) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3106 = 3714b]
- Wertdorf, in (802/817) [XII Jh. Codex Eberhardi 1 I, 156 ra [62], S. 271 = Dronke, Traditiones Capitulum 6 Nr. 62, S. 37]
- Wertorph, in villa (817) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3103 = 3729c]
- Werdorph, in villa (817) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 3103 = 3729c]
- Werhtorf (1150) [Fälschung Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1336, S. 311–313]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Werdorf lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7]
- 772/3: Lahngau; Werdorfer Mark (in pago Logenehe; in Werdorpher marca)
- vor 1806: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Solms-Braunfels, Anteil der Grafschaft Solms, Amt Greifenstein
- ab 1806: Herzogtum Nassau, Amt Greifenstein
- ab 1816: Königreich Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Braunfels[8]
- ab 1822: Königreich Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Wetzlar
- ab 1866: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Wetzlar
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Wetzlar
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Wetzlar
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Wetzlar
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Nassau, Kreis Wetzlar
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Wetzlar
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Wetzlar
- ab 1968: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Wetzlar
- am 1. Januar 1977 wurde Werdorf als Ortsteil nach Aßlar eingegliedert.
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Lahn-Dill-Kreis
Bevölkerung
Einwohnerentwicklung
Werdorf: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2018 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1834 | 725 | |||
1840 | 851 | |||
1846 | 913 | |||
1852 | 878 | |||
1858 | 869 | |||
1864 | 927 | |||
1871 | 897 | |||
1875 | 904 | |||
1885 | 936 | |||
1895 | 1.021 | |||
1905 | 1.053 | |||
1910 | 1.128 | |||
1925 | 1.291 | |||
1939 | 1.431 | |||
1946 | 2.016 | |||
1950 | 2.139 | |||
1956 | 2.063 | |||
1961 | 2.137 | |||
1967 | 2.211 | |||
1970 | 2.291 | |||
2014 | 3.071 | |||
2018 | 3.091 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; nach 1970: Stadt Aßlar[9][10] |
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
1834: | 680 evangelische, 4 katholischen und 21 jüdische Einwohner |
1961: | 1779 evangelische (= 83,25 %) und 333 (= 15,58 %) katholische Einwohner |
Politik und Gerichtsbarkeit
Im Ortsbeirat waren in der Legislaturperiode von 2006 bis 2011 die SPD mit 3 Sitzen, die CDU mit 2 Sitzen, die FWG mit 3 Sitzen und die Grünen mit 1 Sitz vertreten. Ortsvorsteher ist Rainer Apfelstedt (SPD), sein Stellvertreter Erich Hofmann (CDU).
Im Ort befindet sich ein Ortsgericht, das auch für den Nachbarort Berghausen zuständig ist. Werdorf liegt des Weiteren im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Wetzlar.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Werdorfer Schloss
In den Jahren 1680 bis 1700 wurde das Barockschloss von den Grafen zu Solms-Greifenstein erbaut. Es diente als Witwen- sowie als Sommersitz für die gräfliche Familie. Am 14. September 1701 heiratete der Hofkeller zu Braunfels, Johann Hyppolitus von Staden, die aus Werdorf stammende Maria Katharina Schweitzer im Schloss zu Werdorf. Es war 1720 ein Fideikommissgut und wurde seit dem Ende des 19. Jahrhunderts mehrmals als Lehranstalt genutzt.
Der dreigeschossige Hauptbau besitzt an der Nordseite einen übergiebelten Mittelrisalit und zwei haubenbekrönte Ecktürme mit Schießscharten. An der Südfront befindet sich ein Eingangsbau aus dem Jahr 1914, der durch den Architekten Carl Seiler aus Braunfels gestaltet wurde.[11]
Heute wird das Fürstenzimmer vom Standesamt Aßlar als offizielles Trauzimmer genutzt. In den übrigen Räumen ist seit 1982 das Museum für Heimatkunde untergebracht.[12][13]
Evangelische Pfarrkirche
Die Evangelische Kirche von Werdorf bildet den Ortsmittelpunkt. Erst durch die Errichtung des Schlosses wird das 1253 erstmals erwähnte Gotteshaus zur Pfarrkirche erhoben. Die Kirche besteht aus einem spätromanischen Chorturm und einem Kirchenschiff in Saalbauweise, das erst 1755 bis 1757 errichtet wurde. Der Chorturm besitzt zudem zwei Wehrgeschosse mit Spitzhelmdach und ist 34 Meter hoch.[14]
Verkehr und Infrastruktur
Durch Werdorf verläuft die Bundesstraße 277, die von Dillenburg kommend nach Wetzlar führt. Nördlich des Dorfes verläuft die Trasse der Autobahn 45, an die in Ehringshausen Anschluss besteht. In der Ortsmitte zweigt die Kreisstraße 385 in Richtung Süden, nach Berghausen, ab. Sie ist in Werdorf als Bahnhofstraße geführt. Im Jahr 1889 wurde auch ein Haltepunkt an der neugebauten Dillstrecke am südlichen Ortsrand eingerichtet. Er wird im Schienenpersonennahverkehr bedient.
Der Ort besitzt eine Grundschule, eine Kindertagesstätte, eine Sporthalle und fünf Restaurants. Außerdem verfügt Werdorf über eine eigene Freiwillige Feuerwehr und zwei Supermärkte.
Söhne und Töchter des Ortes
- Manfred Mutz (1945–2013), Pädagoge und SPD-Politiker
- Adelheid Vogels (* 1957), Schriftstellerin und Sängerin
Weblinks
- Stadtteil Werdorf In: Internetauftritt der Stadt Aßlar.
- Werdorf, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Werdorf In: Hessische Bibliographie[15]
- http://www.blasmusik-werdorf.de/blasmusik-werdorf/vereinsgeschichte
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Werdorf, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 5. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Einwohnerzahlen und Stadtteile | Stadt Aßlar. Abgerufen am 4. Juni 2022.
- ↑ Geschichte der jüdischen Gemeinde Werdorf
- ↑ Der Jüdische Friedhof in Werdorf
- ↑ Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen (GVBl. II 330–28) vom 13. Mai 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 17, S. 237 ff., § 17 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 383.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
- ↑ Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 249 (Online bei google books).
- ↑ Einwohnerzahlen der Stadt Aßlar. In: Webauftritt. Stadt Aßlar, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2019.
- ↑ Einwohnerzahlen der Stadt Aßlar, abgerufen im Februar 2019.
- ↑ Denkmalpflege Hessen: Werdorfer Schloss
- ↑ Werdorfer Schloss. In: Webauftritt. Stadt Aßlar, abgerufen im Mai 2019.
- ↑ Verein für Heimatgeschichte 1980 Werdorf: Museum/Schloss - Heimatmuseum
- ↑ Evangelische Pfarrkirche Werdorf
- ↑ Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!