Werner Höfer
Werner Höfer (* 21. März 1913 in Kaisersesch; † 26. November 1997 in Köln) war ein deutscher Journalist, Fernsehmoderator und Fernsehdirektor beim Westdeutschen Rundfunk. Am bekanntesten wurde Werner Höfer durch den Internationalen Frühschoppen der vom 6. Januar 1952 bis zum 20. Dezember 1987 in 1874 Folgen gesendet wurde.
Höfers Karriere endete 1987 durch die sogenannte Kreiten-Affaire. Der Spiegel hatte seinen menschenverachtenden Kommentar im 12-Uhr-Blatt vom 20. September 1943 bezüglich des am 3. September 1943 vom Volksgerichtshof wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilten Pianisten Karlrobert Kreiten, der vier Tage später hingerichtet wurde, thematisiert.
Leben
Bis 1945
Werner Höfer, Sohn eines Straßenbaumeisters, studierte Philosophie, Geschichte, Theater- und Zeitungswissenschaft in Köln und wurde 1938 als Feuilletonredakteur beim Neuen Tag in Köln eingestellt.[1] Im März 1933 wurde er Mitglied der NSDAP.[2] (Mitgliedsnummer 2.129.383[3]). Höfer wechselte später nach Berlin zum Magazin Koralle und von dort schließlich an die B.Z. am Mittag, bei der er seit 1941 als Theaterkritiker tätig war.
Höfer wurde 1939 vom Wehrdienst freigestellt. 1941 wurde er Pressereferent der Organisation Todt und danach im Rüstungsministerium von Albert Speer.[2] Zeitungsartikel schrieb er von da an in freier Mitarbeit. Als die B.Z. am Mittag eingestellt wurde, schrieb Höfer auch für Das 12 Uhr Blatt. Zudem war er Mitarbeiter der NS-Propagandazeitung Das Reich.
Nach 1945
Nach der Entlassung aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft (1946) schrieb Höfer gelegentlich Theaterkritiken für den Rheinischen Merkur, richtete aber früh sein Interesse auf Hörfunk und Fernsehen (Südwestfunk Baden-Baden in der Außenstelle Koblenz, Nordwestdeutscher Rundfunk bzw. Westdeutscher Rundfunk im Funkhaus Köln).[1] Er gilt als Gründervater des WDR-Regionalprogramms und moderierte Sendungen wie das noch heute ausgestrahlte Echo des Tages und Hier und Heute. 1964 übernahm Höfer die Leitung des neu geschaffenen dritten Fernsehprogramms des WDR, 1972 wurde er WDR-Fernsehdirektor. Im Jahr darauf bewarb sich Höfer vergeblich um das Amt des WDR-Intendanten, 1977 beendete er auf eigenen Wunsch seine Tätigkeit für den WDR. Zwischenzeitlich fungierte er auch als Chefredakteur der Neuen Illustrierten und als diplomatischer Korrespondent der Zeitschrift Stern.
Größte Bekanntheit erlangte Werner Höfer durch den von ihm moderierten Internationalen Frühschoppen, einen sonntäglichen Journalistenstammtisch, bei dem internationale Medienvertreter aktuelle politische Themen diskutierten. Dabei handelte es sich um ein in Anlehnung an das US-Fernsehen entwickeltes Talking-Heads-Format, das hier jedoch eine unverwechselbare kosmopolitische Note erhielt. Die erste Ausgabe wurde am 6. Januar 1952 im NWDR-Hörfunk gesendet, ab August 1953 übertrug das ARD-Fernsehen die Sendung.[4] Ungeachtet mancher Stimmen, die Höfer Weitschweifigkeit und einen zuweilen oberlehrerhaften Moderationsstil attestierten, war die Sendung während eines Vierteljahrhunderts eine feste Institution im deutschen Fernsehen. Eine Besonderheit bestand darin, dass Höfer sich nie vertreten ließ und seinen Urlaub stets so legte, dass er das ganze Jahr über sonntags seine Gastgeberrolle im Frühschoppen wahrnehmen konnte. Zur Wirkung Höfers bilanzierte Norbert Schneider 1979: „Für die ersten 25 Jahre des Deutschen Fernsehens hat es Werner Höfer geschafft, ähnlich wie etwa das Wort zum Sonntag, die politischen Montagsmagazine der ARD bis 1977 und die am frühen Samstagabend ausgestrahlte Sportschau mit Fernsehen schlechthin identifiziert zu werden.“[5]
Kreiten-Affäre
Am 3. September 1943 wurde der Pianist Karlrobert Kreiten vom Volksgerichtshof wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und vier Tage später hingerichtet. Kreiten hatte Zweifel geäußert, dass Deutschland den Krieg gewinnen könne. Am 20. September kommentierte Werner Höfer die Angelegenheit, die als Defätismus und Zersetzung der Moral angesehen wurde, im 12-Uhr-Blatt:
„Wie unnachsichtig jedoch mit einem Künstler verfahren wird, der statt Glauben Zweifel, statt Zuversicht Verleumdung und statt Haltung Verzweiflung stiftet, ging aus einer Meldung der letzten Tage hervor, die von der strengen Bestrafung eines ehrvergessenen Künstlers berichtete. Es dürfte heute niemand Verständnis dafür haben, wenn einem Künstler, der fehlte, eher verziehen würde als dem letzten gestrauchelten Volksgenossen. Das Volk fordert vielmehr, daß gerade der Künstler mit seiner verfeinerten Sensibilität und seiner weithin wirkenden Autorität so ehrlich und tapfer seine Pflicht tut, wie jeder seiner unbekannten Kameraden aus anderen Gebieten der Arbeit. Denn gerade Prominenz verpflichtet!“[6]
1987 berichtete der Spiegel über Höfers Beitrag von 1943 und löste damit eine heftige öffentliche Debatte aus.[3] Zwar hatte schon 1962 der Leiter der Kommission für Agitation und Propaganda beim Zentralkomitee der SED, Albert Norden, den Sachverhalt an die Öffentlichkeit gebracht, doch war dies folgenlos geblieben, da in der Bundesrepublik das Interesse am Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus noch wenig ausgeprägt war und man den DDR-Behörden, die zu Propagandazwecken oft mit falschen Angaben arbeiteten, misstraute. Höfer sagte 1962 genauso wie 1987, ihm sei in den Text hineinredigiert worden, einzelne Passagen seien verändert worden; zudem beziehe sich der Artikel nicht auf Kreiten, da dessen Name nicht erwähnt sei.[7] Gab sich die Öffentlichkeit damit 1962 zufrieden, fiel die Reaktion ab 1987 negativer aus. 1988 veröffentlichte ein Mitschüler Kreitens ein Buch, zu dem die Familie Kreitens bis dahin unbekannte Einzelheiten beitrug. Außerdem nahmen in dem Buch Historiker die Artikel Höfers aus der Zeit des Nationalsozialismus unter die Lupe und fanden weitere belastende Details.[8] Doch wurde ihm nachgewiesen, tatsächlich der Verfasser des vom Spiegel als „Hinrichtungshymne“ interpretierten Artikels gewesen zu sein.[9] Daraufhin versuchte sich Höfer mit den Worten zu entschuldigen, in der schlimmsten Zeit der deutschen Geschichte sei er zwar kein Widerstandskämpfer, aber auch kein Schreibtischtäter gewesen. Trotzdem musste er den Frühschoppen aufgeben. Die Sendung wurde vom WDR aus dem Programm genommen, da Höfer die Urheberrechte an dem Sendeformat besaß. Seitdem sendet der WDR den Presseclub.
Als pensionierter Fernsehdirektor lebte Werner Höfer abwechselnd in Köln-Rodenkirchen und Kampen auf Sylt. Weiterhin war er als Moderator tätig, etwa für öffentliche Diskussionsveranstaltungen in verschiedenen deutschen Städten, unter anderem im Auftrag der Sparkassenstiftung „City-Treff“ in Köln. Unter dem Titel Bühler Begegnungen moderierte Höfer (der nach eigenem Bekunden den Internationalen Frühschoppen erst hatte aufgeben wollen, wenn „ich mit einem Glas in der Hand am Frühschoppentisch umfalle“) schließlich nochmals ab 1992, abwechselnd mit anderen Moderatoren, monatlich eine Fernsehsendung, die in einem Hotel im Schwarzwald aufgenommen wurde.
Privates
1993 heiratete er seine langjährige Lebensgefährtin Petra Moschiri. In erster Ehe war Werner Höfer seit 1937 bis zu ihrem Tod 1982 mit der früheren Solotänzerin der Kölner Oper, Elfriede Scheurer verheiratet. Aus der Verbindung stammen die beiden Töchter Angelika und Candida; die 1944 geborene Candida Höfer wurde eine erfolgreiche Fotografin und gilt als Vertreterin der Düsseldorfer Fotoschule.[10]
Werner Höfer starb im Alter von 84 Jahren und wurde auf dem neuen Friedhof des Kölner Stadtteils Rodenkirchen beigesetzt.[11]
Hörspiele
Als Sprecher:
- 1947: Herbert Timm: Indizien – Regie: Eduard Hermann
Als Autor gemeinsam mit Gustav Zerres:
- 1953: Gipfelstürmer mit dem Regenschirm – Ein Bericht von Kampf und Sieg um den Mount Everest – Regie: Wilhelm Semmelroth
Auszeichnungen
- 1967 – Goldene Kamera
- 1967 – Adolf-Grimme-Preis mit Silber für Der Internationale Frühschoppen vom 30. Oktober 1966
- 1973 – Das Große Bundesverdienstkreuz
- 1982 – Besondere Ehrung beim Adolf-Grimme-Preis
Literatur
- Norbert Frei, Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich. 3. Auflage. C. H. Beck, München 1999, ISBN 3-406-45516-6, S. 143 ff.
- Uwe Kammann: Spätschoppen. Der Fall Werner Höfer. In: Lutz Hachmeister, Friedemann Siering (Hrsg.): Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47597-3, S. 213–237.
- Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6.
- Norbert Schneider: „Zu meiner Linken begrüße ich …“ Rituale der Fernsehdiskussion. In: Helmut Kreuzer, Karl Prümm (Hrsg.): Fernsehsendungen und ihre Formen. Typologie, Geschichte und Kritik des Programms in der Bundesrepublik Deutschland. Reclam, Stuttgart 1979, S. 438–448.
- Matthias Weiß: Journalisten. Worte als Taten. In: Norbert Frei (Hrsg.): Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945. Campus, Frankfurt am Main u. a. 2001, ISBN 3-593-36790-4, S. 241–302.
- Nina Verheyen: Diskussionslust. Eine Kulturgeschichte des „besseren Arguments“ in Westdeutschland. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010.
- Alfons Friderichs (Autor): Höfer, Werner, in Persönlichkeiten des Kreises Cochem-Zell. Kliomedia, Trier 2004, ISBN 3-89890-084-3, S. 157.
Weblinks
- Literatur von und über Werner Höfer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werner Höfer in der Internet Movie Database (englisch)
- Der Fall Werner Höfer Seite von Freimut Köster
- Eintrag zu Werner Höfer in der Rheinland-Pfälzischen Personendatenbank, abgerufen am 20. Januar 2019
Einzelnachweise
- ↑ a b Die Werner-Höfer-Schau. In: Der Spiegel. Nr. 50, 1959 (online).
- ↑ a b Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 253.
- ↑ a b Harald Wieser: Tod eines Pianisten. In: Der Spiegel. Nr. 51, 1987, S. 156–170, hier S. 161 (online).
- ↑ Zur Fernsehpremiere ausführlich Harald Keller: Die Geschichte der Talkshow in Deutschland. S. Fischer, Frankfurt am Main 2009, S. 113 ff.
- ↑ Norbert Schneider, S. 444.
- ↑ Peter Wapnewski: Karlrobert Kreiten – Ich und wir. In: FAZ, 28. November 1987, abgedruckt in: Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6, S. 168f.
- ↑ Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6, S. 134.
- ↑ Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6.
- ↑ so Peter Wapnewski Karlrobert Kreiten – Ich und wir. In: Friedrich Lambart (Hrsg.): Tod eines Pianisten: Karlrobert Kreiten und der Fall Werner Höfer. Hentrich, Berlin 1988, ISBN 3-926175-48-6, S. 169.
- ↑ Biografie. In: steffi-line.de. Abgerufen am 17. November 2021.
- ↑ Klaus Nerger: Das Graab von Werner Höfer. In: knerger.de. Abgerufen am 17. November 2021.
Personendaten | |
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NAME | Höfer, Werner |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Journalist |
GEBURTSDATUM | 21. März 1913 |
GEBURTSORT | Kaisersesch bei Cochem |
STERBEDATUM | 26. November 1997 |
STERBEORT | Köln |