Wilhelm Girardet

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Wilhelm Girardet, Unternehmensgründer

Wilhelm Girardet (* 14. Juni 1838 in Lennep; † 4. Mai 1918 in Honnef) war ein deutscher Buchbinder, Buchdrucker und Verleger.

Leben

Familie

Wilhelm Girardet stammte aus einer hugenottischen Familie, die aus Mizoën im Kanton Le Bourg-d’Oisans nach Burg bei Magdeburg eingewandert war. Sein Großvater Daniel Girardet war Schuhmachermeister in Stettin. Sein Vater Wilhelm Girardet (1804–1882) war Buchbindermeister in Lennep; seine Mutter war Anna Catharina Girardet (1808–1881).

Girardet war in erster Ehe seit 1866 mit Elise Girardet, geborene Mönnigfeld (1843–1888) verheiratet, mit der er sechs Kinder hatte. Die Söhne waren Wilhelm Girardet junior (1874–1953) und Paul Girardet (1878–1970). Seine Tochter Berta aus dieser Ehe war mit Otto Coninx verheiratet.[1] Die Tochter Hedwig (* 1882) heiratete 1911 den niederländischen Anatom Herman Maximilien de Burlet, der 1943 in Katyn als Mitglied der internationalen Gutachtergruppe bei der Obduktion der Opfer des Massakers von Katyn tätig war. 1894 heiratete Wilhelm Girardet Gertrud Hetzer (* 1867). Aus dieser Ehe hatte er drei Kinder. Die Söhne waren Kurt Girardet (1900–1986) und Hellmut Girardet (1902–1973).

Wirken

Pavillon des Verlages W. Giradet auf der Städteausstellung in Düsseldorf, 1912

Nach einer Buchbinderlehre im väterlichen Betrieb arbeitete Wilhelm Girardet fünf Jahre als Geselle in Großbritannien, Frankreich und der Schweiz. 1865 ließ er sich in Essen nieder und gründete die Graphischen Betriebe W. Girardet, aus der sich das Verlags- und Druckereiunternehmen W. Girardet KG entwickelte, in dessen Zentrum u. a. die Westdeutsche Zeitung entstand (seit 2011 Verlag W. Girardet GmbH & Co. KG). 1879 gab er erstmals den Anzeiger für Berg-, Hütten- und Maschinenwesen heraus. 1881 errichtete er einen grafischen Betrieb und gründete ein Jahr später die landwirtschaftliche Zeitschrift Feld und Wald. Er gab zudem die Verbandszeitschrift des Sauerländischen Gebirgsvereins sowie die Zeitschrift Deutschland heraus.

Ab 1886 gründete er mehrere Zeitungen vom Typus des General-Anzeigers, z. B. in Leipzig (Leipziger Generalanzeiger), Elberfeld, Hamburg (General-Anzeiger für Hamburg-Altona 1888, Neue Hamburger Zeitung 1895[2]), Chemnitz, Düsseldorf (Düsseldorfer Nachrichten) und Duisburg.

1893 gründete Girardet in Zürich zusammen mit dem früheren NZZ-Redakteur Fritz Walz den Tages-Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich. 1902 baute er am Ufer der Sihl eine Druckerei. Damit wurde der Grundstein zum späteren Hauptsitz der Tamedia AG gelegt.

Der Unternehmer Wilhelm Girardet gilt als einer der Vorreiter auf dem Gebiet der betrieblichen Sozialleistungen, so schuf er für die Beschäftigten seines Unternehmens eine der ersten deutschen Betriebskrankenkassen – noch vor Otto von Bismarcks 1883 begonnener Sozialgesetzgebung.

Vom 1. Januar 1897 bis zum 5. November 1906 gehörte er der Essener Stadtverordnetenversammlung an. Girardet förderte Künstler und sammelte Kunst, als Anbau zu seinem privaten Wohnhaus am Essener Stadtgarten ließ er eine Kunsthalle errichten. Er war Mitbegründer des Essener Museums, aus dem 1922 das Museum Folkwang hervorging.[3] Für seinen Ruhestand ließ er sich 1905/06 in Honnef (heute Bad Honnef) nach Plänen des Architekten Wilhelm von Tettau eine Villa, das Feuerschlößchen, erbauen und bezog sie im August 1906. Dort unterstützte er unter anderem den Bau der Grafenwerther Brücke (1911/12). Kurz vor seinem Umzug nach Honnef hatte er auch den Laagshof bei Ittenbach mit seinen ausgedehnten Ländereien erworben und ihn ebenfalls nach Plänen von Tettaus umbauen und wesentlich erweitern lassen, vor allem, um dort herbstliche Treffen in seinem eigenen Jagdrevier abhalten zu können. 1910 erwarb Girardet darüber hinaus in Bonn vom Deutschen Kaiserhaus die bisherige Kronprinzenvilla.

Ehrungen

Für sein umfangreiches soziales Engagement verlieh ihm Kaiser Wilhelm II. 1906 den Titel Kommerzienrat. Er trug den preußischen Roten Adlerorden IV. Klasse und die Ehrenbürgerwürde der Stadt Honnef (heute Bad Honnef), wo er seit 1906 seinen Wohnsitz hatte.

Nach Wilhelm Girardet wurde die Girardetstraße in Essen-Rüttenscheid benannt, an der der Essener Girardet-Stammbetrieb lag (heutiges Girardet-Haus, vgl. Weblinks), und die zuvor den Namen Gerswidastraße trug. Ebenso wurde in Bad Honnef die Girardetallee nach ihm benannt. Auch in Hamburg gibt es ein Girardet-Haus, es liegt am Gänsemarkt (siehe Liste der Kontorhäuser in Hamburg). An der Königsallee (Düsseldorf) liegen die Girardet-Brücke und das Girardet-Haus.

Literatur

  • Ueli Müller: Girardet, Wilhelm. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Barbara Gerstein: Girardet, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 408 f. (Digitalisat).
  • Hans-Wolfgang Wolter: Wilhelm Girardet. Zur Biographie einer Unternehmerpersönlichkeit der Gründerzeit. Selbstverlag, Essen 1980.
  • Erwin Dickhoff: Essener Köpfe. Hrsg.: Stadt Essen–Historischer Verein für Stadt und Stift Essen. Klartext-Verlag, Essen 2015, ISBN 978-3-8375-1231-1, S. 117.
  • Meinolf Nowak: Wilhelm Girardet (1838–1918). In: Heinz-Dietrich Fischer (Hrsg.): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Verlag Dokumentation, Pullach bei München 1975, ISBN 3-7940-3604-4, S. 181–192.

Einzelnachweise