Wilhelm von Brehmer

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Wilhelm Georg Baptist Alexander von Brehmer (* 24. Januar 1883 in Minden; † 22. Oktober 1958 oder 22. Oktober 1959 in Kassel[1]) war ein deutscher Pharmazeut, der sich, ohne selbst Arzt zu sein, mit Alternativmedizin beschäftigte. Er arbeitete insbesondere über Viruserkrankungen bei Pflanzen und Tieren. Bekannt wurde von Brehmer durch seine umstrittenen Ansichten und Hypothesen zur Krebsentstehung und zum Pleomorphismus von Mikroorganismen (insbesondere Corynebacterium parvum/Propionibacterium acnes), die jedoch inzwischen nur noch eine historische Bedeutung haben. Ein in alternativmedizinischen Kreisen verwendeter Bluttest ist nach ihm und einer von ihm entwickelten Färbetechnik benannt: die Dunkelfeld-Blutdiagnostik nach von Brehmer. Diese soll zur Früherkennung von Krebserkrankungen geeignet sein. Ein wissenschaftlich-neutraler Nachweis für die Eignung ist bis heute nicht bekannt. Er war vor dem Ersten Weltkrieg auch rege botanisch tätig, sein Autorenkürzel lautet hier Brehmer.

Leben

Er schloss 1909 in Berlin das Studium der Pharmazie ab, promovierte und wurde 1923 Leiter der pathologisch-anatomisch-mikrobiologischen Laboratorien in Berlin-Dahlem. Später siedelte er nach Nürnberg über und arbeitete am Nürnberger Theresien Krankenhaus (Paracelsus-Institut). Nachdem er 1937 aus dem Staatsdienst ausgeschieden war, zog er zurück nach Berlin (Groß Glienecke), später nach Hamburg, wo er privat forschte. 1949 gründete er die IFA - Internationale Akademie für Blut-, Geschwulst und Infektionskrankheiten e. V. in Bad Kreuznach.

Hypothesen und Forschung

Besondere Aufmerksamkeit schenkte von Brehmer pH-Wert-Messungen des Blutes, insbesondere Messungen des pH-Werts direkt am Probanden, also nicht in Blutproben, da er davon ausging, dass ein Luftkontakt des Blutes diesen Messwert verfälschen würde. Ein Luftkontakt hätte eine puffernde Wirkung auf diesen Messwert und die tatsächlichen pH-Werte ließen sich daher nur intravasal oder intrakorporal messen. Er setzte dazu ein vom Berliner Ingenieur Bocheler entwickeltes Sanguimeter ein, das intravasale pH-Wert Messungen ermöglichte. Von Brehmer war auch der Meinung, dass der pH-Wert des Blutes abhängig vom Lebensalter des Menschen sei und dieser Wert sich zur Diagnostik von Krankheiten, insbesondere Krebserkrankungen, eigne. Bei Krebspatienten wäre seiner Meinung nach stets ein basischer (also zu hoher) pH-Wert zu messen.

1928 identifizierte von Brehmer im Blut einen Mikroorganismus, den er Siphonospora polymorpha nannte, und der später im Jahre 1960 als Corynebacterium parvum klassifiziert wurde. In der Folge wurde dieser Keim, der Bestandteil der Hautflora ist, als Propionibacterium acnes bezeichnet, da er eine Rolle bei der Akne spielt. Die Bezeichnung Siphonospora polymorpha wurde international nie anerkannt. Der Biologe Günther Enderlein hatte ebenfalls diesen Erreger entdeckt und als Leptotrichia buccalis Robin bezeichnet (Dieser Erreger wurde später auch als Amoeba cachexia oder als Onkomyxa benannt). Zum Nachweis entwickelte er eine geeignete Färbung für Bluttests. Von Brehmer berichtete über auffällige Veränderungen der Form dieser Bakterie in Anhängigkeit zum pH-Wert. In Folge beschrieb er verschiedene Erscheinungsformen der Bakterie, so wie Enderlein dies bereits vorher getan hatte. Zu einer engen Zusammenarbeit scheint es zwischen den beiden Forschern nicht gekommen zu sein. Von Brehmer war überzeugt, der Erstbeschreiber dieses Erregers zu sein. Laut Enderlein gehörte diese Bakterie jedoch zur sogenannten Mucor racemosus fresens - Zyklode seiner Cyclogenie-Hypothese, und heutige Anhänger der Enderlein'schen Pleomorphismushypothese berufen sich zur Bestätigung auch auf von Brehmers Berichte.

In den verschiedenen Wachstumsformen dieser Bakterie sah v. Brehmer eine Analogie zu Zellveränderungen bei der Entstehung von Tumoren. Hohe pH-Werte und höher entwickelte Wachstumsformen von Siphonospora polymorpha wären Zeichen für die Krebsentstehung. Von Brehmer war der Meinung dass diese Bakterie in einem Zusammenhang zur Entstehung von Krebs stehen würde. 1931 und 1932 veröffentlichte er dazu Fachartikel in Fortschritte der Medizin, 1932 unter dem Titel Krebs – Eine Erregerkrankheit. Seine Ansicht zu Krebs als Infektionskrankheit stieß auf heftigen Widerstand in Wissenschaftskreisen. Wissenschaftliche Überprüfungen in den Folgejahren (1933 und 1934) ergaben keinerlei krebsauslösende Potenz für Siphonospora p.

Therapeutische Konzepte

Von Brehmer entwickelte in seiner Nürnberger Zeit aus Siphonospora polymorpha - Kulturen ein Medikament (als Siphonospora Vaccine bezeichnet), das er zur Therapie bei Krebspatienten, aber auch Rheumatikern als geeignet ansah. Handelsnamen waren Toxinal und Arthrisinal U. Analoge Präparate sind heute noch bei Sanum-Kehlbeck erhältlich. Zusätzlich zur Einnahme von Medikamenten sollte dabei auf den pH-Wert und die Ernährung der Patienten Einfluss genommen werden. In den 1950er Jahren arbeitete von Brehmer an der Weiterentwicklung einer Vaccine (Friedmann 1912) aus Schildkröten-Tuberkelbazillen, dem Sclerotin, bzw. Friedmann-Vaccine. Der ursprüngliche Erfinder, Friedrich Franz Friedmann wehrte sich erfolglos gegen diese Weiterentwicklung.

Dunkelfeld-Blutdiagnostik nach von Brehmer

Dunkelfeldmikroskopisch wird hierbei in Ölimmersion eine Blutprobe des Patienten nach von Brehmer gefärbt, oder sie bleibt ungefärbt, und diese wird auf Corynebacterium parvum (Siphonospora polymorpha) im Plasma bzw. in den Erythrozyten getestet. Die Begutachtung von Wachstumsformen der Bakterie soll Hinweise auf ein mögliches Krebsleiden geben. Von Brehmer versuchte vergebens dieses Verfahren bei Kliniken und Arztpraxen durchzusetzen.

In den Laboren die dieses Verfahren einsetzen, wird versucht das entsprechende Stadium des Formenwandels zu erkennen. Unterschieden werden hierbei sieben verschiedene Stadien.

Nur wenige Labore führen diese Diagnostik heute noch durch. Einen wissenschaftlichen Nachweis für die Eignung gibt es nicht.

Da Propionibacterium acnes (alias Siphonospora p.) ein typischer Bestandteil der Hautflora ist, ist es im Rahmen der Blutabnahme leicht möglich diesen Keim mit in den Ausstrich zu verschleppen.

Werke

  • Krebs – eine Erregerkrankheit. In: Fortschritte der Medizin. Jg. 50, Nr. 12, 1932, ISSN 0015-8178, S. 697–698.
  • Die Messung der Wasserstoffionenkonzentration (pH-Wert) im Organismus, eine neue diagnostische Methode. In: Die Medizinische Welt. Jg. 7, Nr. 49, 1933, ISSN 0025-8512, S. 1737–1740.
  • „Siphonospora polymorpha“ nova spezies, ein neuer Mikroorganismus des Blutes und seine Beziehungen zur Tumorgenese. In: Die Medizinische Welt. Jg. 8., Nr. 34, 1934, S. 1179–1185.
  • Siphonospora polymorpha v. Br. in ihrer Bedeutung für Blut- und Geschwulstkrankheiten unter besonderer Berücksichtigung des Krebs. Beweisführung der ursächlichen Pathogenese der Krebskrankheit durch die Siphonospora polymorpha v. Br. Linck-Verlag Hermann Linck, Haag/Amper 1947.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lebensdaten nach: Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 73 f.