Zentrale Dienstvorschrift

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Eine Zentrale Dienstvorschrift (Z. Dv.) war eine interne, übergeordnete Dienstvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung, die für alle Beschäftigten in deren Geschäftsbereich verbindlich war. Von den Zentralen Dienstvorschriften abzugrenzen waren einzelne teilstreitkraftspezifische Dienstvorschriften der Bundeswehr.

Geschichte

Beim Militär der Neuzeit wurden schon früh schriftliche Anweisungen in Vorschriften erlassen. Im deutschsprachigen Bereich wurde dies zum Teil übergreifend in allgemeinen Dienstvorschriften (Z. Dv) oder in truppengattungsbezogenen Dienstvorschriften wie Heeresdienstvorschriften (H. Dv.), Marinedienstvorschriften (M. Dv.), Luftwaffendienstvorschriften (L. Dv.) etc. pp. geregelt.

Mit Inkrafttreten der überarbeiteten Allgemeinen Regelung (AR) „A-550/1 Regelungsmanagement“ am 9. September 2020 wurde die Bezeichnung „Zentrale Dienstvorschrift“ aus der Vorschriftenlandschaft der Bundeswehr gestrichen und durch „Allgemeine Regelung“ ersetzt. Alle Zentralen Dienstvorschriften wurden in diesem Zusammenhang in entsprechende Regelungsdokumente überführt oder außer Kraft gesetzt.

Auch bei anderen Streitkräften sind vergleichbare Regelwerke wie das United States Army Field Manual bekannt. Für die Nato gibt es gemeinschaftliche Regelwerke, die beispielsweise als STANAG (Standardization Agreement) bekannt sind.

Zugang

Der Großteil der Zentralen Dienstvorschriften war als Verschlusssache „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ (VS-NfD) eingestuft und aus Gründen der militärischen Sicherheit nicht für die Allgemeinheit zugänglich.

Die meisten Zentralen Dienstvorschriften waren als graue Kunststoff-Ringhefter im Format DIN A5 oder DIN A6 in der Vorschriftenstelle der jeweiligen Dienststelle verfügbar. Sie unterschieden sich farblich von anderen Vorschriften wie den Heeresdienstvorschriften (HDv, grün) oder den Technischen Dienstvorschriften (TDv, braun). Teilweise wurden Vorschriften aber auch als Taschenbuch herausgegeben. Ein bunt bebildertes Beispiel hierfür war die „ZDv 10/1 Innere Führung“. Zeitweise wurden Vorschriften auch auf Mikrofilm ausgegeben. Dies erschwerte jedoch den Zugang, da für das Lesen ein Lesegerät erforderlich war.

Seit Inkraftsetzen der AR „A-550/1 Regelungsmanagement“ am 13. Februar 2014 wurden immer mehr Vorschriften in digitale Dokumente (PDF-Dateien) überführt und im Intranet der Bundeswehr der Truppe online zur Verfügung gestellt.

Das Bundesarchiv verwahrt die deutschen Dienstvorschriften seit der Zeit der Preußischen Armee.[1]

Systematik der Dienstvorschriften

Durch die Nummer vor dem Schrägstrich (Kennzahl 1 bis 99) wurden die Vorschriften grob kategorisiert (z. B. 14/xx für Gesetze oder 20/xx für Personalbelange) und mit der Nummer hinter dem Schrägstrich fortlaufend nummeriert. Nicht alle Kennzahlen wurden vergeben. Die Übersicht über die Zentralen Dienstvorschriften war selbst eine ZDv und als Verschlusssache eingestuft (ZDv 90/10).

Systematik der Dienstvorschriften[2]
Kenngruppe Kennzahl Inhalt
Führung, Organisation

1/... bis 9/...

1/... Führung und Organisation
2/... G 2 /A 2
3/... Ausbildung
4/... (unbesetzt)
5/... ABC-Abwehr
6/... Militär-Wissenschaften
7/... Militär-Geographie
8/... Bodenständige Verteidigung
9/... Luftschutz, Feuerlöschwesen
Innere Führung

10/... bis 13/...

10/... Soldatische Ordnung
11/... Erziehung
12/... Information
13/... Betreuung
Rechtswesen

14/... bis 19/...

14/... Wehrgesetze
15/... Völkerrecht    
16/... (unbesetzt)
17/... Gerichtswesen
18/... (unbesetzt)
19/... Luftverkehrsrecht
Personalwesen

20/... bis 23/...

20/... Personalwirtschaft und -Vertretung
21/... bis 23/... (unbesetzt)
(unbesetzt)

24/... bis 29/...

24/... bis 29/... (unbesetzt)
Logistik

30/... bis 39/...

30/... Versorgungsführung und Organisation
31/... (unbesetzt)
32/... Materialkatalogisierung der Bundeswehr
33/... Materialwirtschaft der Bundeswehr
34/... Munition und Explosivstoffe
35/... Betriebsstoffe
36/... Verpflegung
37/... Bekleidung
38/... bis 39/... (unbesetzt)
Militärische Territoriale Organisation

und Militärisches Verkehrswesen

40/... bis 44/...

40/... Militärische Territoriale Organisation - Grundsätze
41/... Pionierwesen - Militärische Infrastruktur
42/... Militärisches Verkehrswesen
43/... Kraftfahrwesen
44/... Sicherheitsbestimmungen
Gesundheitswesen

45/... bis 49/...

45/... Ärztliches Berichtswesen
46/... Gesundheitsvorsorge
47/... Heilfürsorge
48/... Sanitätsmaterial
49/... Sanitätstruppe
Fernmeldewesen

50/... bis 59/...

50/... Allgemeine Fernmeldevorschriften
51/... Fernmelde-Führung, -Einsatz und -Versorgung
52/... Fernmelde-Verbindungen (Herstellen, Unterhalten, Ändern)
53/... Fernmelde-Verbindungen (Betrieb)
54/... (unbesetzt)
55/... Schlüssel - Codewesen
56/... Elektronische Kampfführung
57/... Fernmelde-Sonderdienste
58/... Erkennungsdienste
59/... Fernmelde-Ausbildungsvorschriften
Verwaltung

60/... bis 66/...

60/... Verwaltung
61/... bis 63/... (unbesetzt)
64/... Schrift- und Geschäftsverkehr
65/... Sprachendienst
66/... Seelsorge
Finanzen und Haushalt

67/... bis 69/...

67/... Finanz- und Haushaltswesen
68/... bis 69/... (unbesetzt)
Unterkünfte, Liegenschaften

70/... bis 74/...

70/... Unterkünfte, Liegenschaften
71/... bis 74/... (unbesetzt)
Verschiedenes

75/... bis 99/...

75/... Feldjäger
76/... (unbesetzt)
77/... Postwesen
78/... Militärmusik
79/... (unbesetzt)
80/... Mob-Vorschriften
81/.... bis 83/... (unbesetzt)
84... Militärischer Such- und Rettungsdienst
85/... Militärisches Berichtswesen, Statistik
86/... bis 89/... (unbesetzt)
90/... Vorschriftenwesen und -Kataloge
91/... bis 94/.... (unbesetzt)
95/... Bundeswehrfachschulen
96/... Berufsförderungswesen
97/... bis 98/... (unbesetzt)
99/... Geophysikalischer Beratungsdienst

Rechtsschutz

Zentrale Dienstvorschriften konnten von einzelnen Soldaten nicht nach der Wehrbeschwerdeordnung (WBO) angefochten werden, da eine vom Einzelfall losgelöste allgemeine Nachprüfung von Anordnungen, Erlassen oder Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums der Verteidigung auf ihre Rechtmäßigkeit im Sinne eines Normenkontrollverfahrens in der WBO nicht vorgesehen ist.[3]

Zentrale Dienstvorschriften mussten jedoch mit übergeordnetem Gesetzesrecht vereinbar sein.[4]

Eine zentrale Dienstvorschrift war dann als „Befehl“ anzusehen, wenn die jeweilige in Rede stehende Einzelregelung vom Soldaten ein bestimmtes Verhalten in Gestalt eines zu vollziehenden konkreten Gebots oder eines zu beachtenden konkreten Verbotes verlangte.[5] Führte ein zumindest bedingt vorsätzlicher Verstoß gegen eine solche zentrale Dienstvorschrift zu einer Wehrdienstbeschädigung, konnte dies einen Amtshaftungsanspruch des Geschädigten nach sich ziehen.[6]

Literatur

  • E.-M. Kern, G. Richter (Hrsg.): Streitkräftemanagement. Neue Planungs- und Steuerungsinstrumente in der Bundeswehr. Springer-Verlag, 2014. ISBN 978-3-658-05237-9

Weblinks

Commons: Zentrale Dienstvorschrift (Bundeswehr) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: ZDv – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Dienstvorschriften, Ranglisten (Memento vom 7. Mai 2017 im Internet Archive) Webseite des Bundesarchivs, abgerufen am 12. März 2017
  2. Bundesminister der Verteidigung, Führungsstab der Bundeswehr (VII 1): ZDv 90/10 - Katalog der Zentralen Dienstvorschriften (ZDv-Katalog). Bonn 1. Dezember 1968.
  3. Zentrale Dienstvorschriften der Bundeswehr – und ihre Anfechtung 8. Juli 2016
  4. Wahlanfechtung: Sanitätsstaffel darf keinen Personalrat wählen OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. April 2016 - OVG 62 PV 9.15 zum Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG)
  5. BVerwG NVwZ 2007, 475
  6. LG Bonn, Urteil vom 18. März 2015 - Az. 1 O 348/14 Rdnr. 44 ff.