Natalyit

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Natalyit
Natalyite.jpg
Dunkelgrüner Natalyit aus der Uran-Vanadium-Lagerstätte Srednjaja Padma,
Republik Karelien, Russland
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 1984-053[1]

Chemische Formel NaV3+Si2O6
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
9.DA.25[2] (8. Auflage: 8/F.01-160[2])
65.1.3c.5[2]
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15
Gitterparameter a = 9,6385(8), synthetisch
a = 9,58(1), natürlich Å; b = 8,7443(7), synthetisch
b = 8,72(1), natürlich Å; c = 5,2976(8), synthetisch
c = 5,27(1), natürlich Å
β = 106,915(9)°, synthetisch
107,16°, natürlich°[3][4][5]
Formeleinheiten Z = 4[3][4][5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7[4][5]
Dichte (g/cm3) 3,55 (berechnet)[4][5]
Spaltbarkeit {110}[4][5]
Bruch; Tenazität parallel (001)[4][5]
Farbe hellgrün, gelblich[4][5]
Strichfarbe grün[4][5]
Transparenz nicht angegeben[4][5]
Glanz Glasglanz[4][5]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,741(2), natürlicher Mischkristall[4][5]
nβ = 1,763(3), natürlicher Mischkristall[4][5]
nγ = 1,763(3), natürlicher Mischkristall[4][5]
Brechungsindex n = nicht bestimmt
Doppelbrechung δ = 0,022[4][5]
Optischer Charakter zweiachsig negativ[4][5]
Achsenwinkel 2V = 8-12°[4][5]
Pleochroismus stark: smaragdgrün, grün-gelb, gelb[4][5]

Das Mineral Natalyit ist ein extrem seltenes Kettensilikat aus der Pyroxengruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung NaVSi2O6.

Natalyit kristallisiert mit monokliner Symmetrie und bildet hellgrüne Kristalle von meist unter einem Millimeter Größe. Die nach der c-Achse [001] gestreckten, prismatischen bis asbestartig faserigen Kriställchen zeigen die Prismenflächen {110} und die Basisflächen {100} und {010} mit Glasglanz. Faserige Aggregate sind seidig glänzend.

Bislang (2019) wurde Natalyit nur an drei Fundorten beschrieben.[6] In der Typlokalität, dem Marmor-Steinbruch Perewal bei Sljudjanka am Südwestende des Baikalsees in der Oblast Irkutsk, Russland, tritt er in einem chrom- und vanadiumreichen Diopsid-Quarz-Fels auf.[4][5]

Etymologie und Geschichte

Die japanische Arbeitsgruppe um Haruo Ohashi vom „National Institute for Researches in Inorganic Material“ (NIRIM) in Sakura (Chiba), Japan synthetisierten bereits in den späten 1970er Jahren einen Na-V-Pyroxen,[7] publizierten eine Strukturuntersuchung aber erst 1994.[8]

Ein natürlicher Na-V-Pyroxen wurde 1985 von sowjetischen Geowissenschaftlern in einem Marmorsteinbruch nahe der Stadt Sljudjanka am Baikalsee entdeckt. Benannt wurde er nach der 1960 verstorbenen Geologin Natalja Wassiljewna Frolowa (russisch Наталья Васильевна Фролова, englisch Natalya Vasil’evna Frolova).[4][5]

Klassifikation

In der strukturellen Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) gehört Natalyit zusammen mit Jadeit, Aegirin, Kosmochlor, Jervisit und Namansilit zu den Natriumpyroxenen in der Pyroxengruppe.[9]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Natalyit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Aegirin, Augit, Diopsid, Esseneit, Hedenbergit, Jadeit, Jervisit, Johannsenit, Kanoit, Klinoenstatit, Klinoferrosilit, Kosmochlor, Namansilit, Omphacit, Petedunnit, Pigeonit und Spodumen die „Untergruppe der Klinopyroxene“ mit der System-Nr. VIII/F.01 bildete.[2]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Natalyit ebenfalls in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatketten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Einfachketten Si2O6; Pyroxen-Familie“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Aegirin, Jadeit, Jervisit, Kosmochlor und Namansilit die „Na-Klinopyroxene“ bzw. „Jadeitgruppe“ mit der System-Nr. 9.DA.25 bildet.[2]

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Natalyit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Kettensilikatminerale“ ein. Hier ist er in der „C2/c Klinopyroxene (Na-Klinopyroxene)“ mit der System-Nr. 65.1.3c.5 innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=2“ zu finden.[2]

Chemismus

Natalyit mit der idealisierten Zusammensetzung [M2]Na[M1]V3+[T]Si2O6 ist das Vanadium (V)- Analog von Jadeit ([M2]Na[M1]Al[T]Si2O6), Aegirin ([M2]Na[M1]Fe3+[T]Si2O6), Jervisit ([M2]Na[M1]Sc3+[T]Si2O6) und Kosmochlor ([M2]Na[M1]Cr3+[T]Si2O6), wobei [M2], [M1] und [T] die Positionen in der Pyroxenstruktur sind.[9]

Neben Burnettit ist Natalyit das zweite Vanadium-Pyroxen.

Die Zusammensetzung des Natalyit aus der Typlokalität ist

  • [M2](Na0,92Ca0,07)[M1](V3+0,54Cr3+0,36Al0,03Mg0,07)[T]Si1,99O6.[4][5]

Es besteht eine lückenlose Mischbarkeit von Natalyit mit Diopsid und Kosmochlor entsprechend der Austauschreaktionen[10]

sowie mit Aegirin, entsprechend der Austauschreaktion[11]

  • [M1]V3+ = [M1]Fe3+ (Aegirin).

Kristallstruktur

Natalyit kristallisiert mit monokliner Symmetrie in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit vier Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterparameter des synthetischen Endglieds sind a = 9,6385(8) Å, b = 8,7443(7) Å, c =  5,2976(8) Å und β = 106,915(9)°.[8][3]

Die Struktur ist die von Klinopyroxen. Silicium (Si4+) besetzt die tetraedrisch von vier Sauerstoffionen umgebene T-Position, Natrium (Na+) belegt die oktaedrisch von sechs Sauerstoffionen umgebene M2-Position und die ebenfalls oktaedrisch koordinierte M1-Position ist mit Vanadium (V3+) besetzt.[8][3]

Bildung und Fundorte

Natalyit bildet sich bei der Metamorphose von vanadiumreichen Sedimenten, z. B. Quarziten oder Uran-Vanadium-Lagerstätten.

Typlokalität ist der Marmor-Steinbruch Perewal am Südwestende des Baikalsees in der Oblast Irkutsk, Russland. In den archaischen, granulitfaziel überprägten Sedimenten tritt Natalyit in Chrom- und Vanadium-reichen Diopsid-Quarz-Fels zusammen mit Karelianit-Eskolait-Mischkristallen, Cr-V-Granaten (Goldmanit-Uwarowit), Cr-V-Turmalinen, Pyrit und Apatit auf.[4][5]

Der Perewal-Steinbruch ist wegen seiner Cr-V-Mineralisation intensiv untersucht worden und die Typlokalität von 11 Mineralen (2019), darunter die Turmaline Oxy-Vanadium-Dravit, Vanadium-Oxy-Chrom-Dravit, Oxy-Chrom-Dravit und Chromo-Alumino-Povondrait, das Amphibol Vanadiopargasit, die Thiospinelle Cuprokalininit, Kalininit und Florensovit, der Oxispinell Magnesiocoulsonit sowie das Gruppensilikat Batisivit.[6]

In Kanada wurde eine exotische Vanadium-Scandium-Niob-Mineralisation in metasomatisch veränderten vulkanischen Brekzien des Deadhorse Creek im Walsh Township des Thunder Bay District in Ontario gefunden. Natalyit-Jervisit-Aegirin-Mischkristalle treten hier accessorisch mit Allanit, Baryt, Barylit, Coffinit, Magnetit, Monazit-(Ce), Niob- und Vanadium-reichen Rutil, Pyrit, Thorit, Thorogummit, Thortveitit, Uraninit, Vanadium-reichen Crichtonit, Xenotim-(Y) und Zirkon-Thorit-Coffinit-Mischkristallen auf.[11]

Die Srednjaja-Padma-Grube (Средняя Падма) gehört zur Uran-Vanadium-Lagerstätte Welikaja Guba (Великая Губа) auf der Halbinsel Saoneschje (Заонежье) des Onegasees in der Republik Karelien, Russland. Hier finden sich Aegirin-Natalyit-Mischkristalle mit Chrom-reichen Turmalinen, Chalkopyrit, Clausthalit in einer Matrix aus Roscoelith, Nolanit, Chromseladonit, Dolomit und Calcit.[12][13]

Literatur

  • Л. З. Резницкий, Е. В. Скляров, З. Ф. Ущаповская: наталиит Na(V,Cr)Si2O6новый хромо-ванадиевый Пироксен из слюдянки. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 114, Nr. 5, 1985, S. 630–635 (russisch, rruff.info [PDF; 750 kB; abgerufen am 28. Juli 2019]).
  • F. C. Hawthorne, K. W. Bladh, E. A. J. Burke, E. S. Grew, R. H. Langley, J. Puciewicz, A. C. Roberts, R. A. Schedler, J. E. Shigley, D. A. Vanko: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 72, 1987, S. 222–230 (englisch, rruff.info [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 28. Juli 2019]).
  • Angela Ullrich, Ronald Miletich, Fabrizio Nestola, Christian Weikusat, Haruo Ohashi: Lattice compression and structural behavior of NaVSi2O6 clinopyroxene to 11 GPa. In: American Mineralogist. Band 94, 2009, S. 557–564 (englisch, rruff.info [PDF]).

Weblinks

Commons: Natalyite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Natalyit. In: rruff.info. IMA Database of Mineral Properties, abgerufen am 30. Juli 2019.
  2. a b c d e f Natalyite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. Juli 2019 (englisch).
  3. a b c Angela Ullrich, Ronald Miletich, Fabrizio Nestola, Christian Weikusat and Haruo Ohashi: Lattice compression and structural behavior of NaVSi2O6 clinopyroxene to 11 GPa. In: The American Mineralogiste. Band 94, 2009, S. 557–564 (englisch, rruff.info [PDF; 335 kB; abgerufen am 2. März 2019]).
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t L.Z. Reznitskii, E.V. Skliarov, Z.F. Ushchapovskaia: Na-talyite Na(V,Cr)SirOu -A new chromium-vanadium pyroxenefrom Slyudianka. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 114(5), 1985, S. 630–635 (russisch).
  5. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t F. C. Hawthorne, K. W. Bladh, E. A. J. Burke, E. S. Grew, R. H. Langley, J. Puciewicz, A. C. Robberts, R. A. Schelder, J. E. Shigley, D. A. Vanko: New mineral names – Natalyite. In: The American Mineralogiste. Band 72, 1987, S. 222–230 (englisch, minsocam.org [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 2. März 2019]).
  6. a b Fundortliste für Natalyit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  7. Haruo Ohashi, Taketoshi Fujita and Nobuo Ii: STRUCTURE OF Ca1.00Sc0.84Ti0.27Al1.16Si0.73O6 PYROXENE. In: Journal of the Japanese Association of Mineralogists, Petrologists and Economic Geologists. Band 74, 1979, S. 280–286 (englisch, jst.go.jp [PDF; 281 kB; abgerufen am 3. März 2019]).
  8. a b c H. Ohashi, T. Osawa and A. Sato: NaVSi2O6. In: Acta Crystallographica. C50, 1994, S. 1652–1655, doi:10.1107/S0108270194004567 (englisch).
  9. a b Subcommite on Pyroxenes, CNMMN; Nobuo Morimoto: Nomenclature of Pyroxenes. In: The Canadian Mineralogiste. Band 27, 1989, S. 143–156 (mineralogicalassociation.ca [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 11. November 2018]).
  10. L. Secco, F. Martignago, A. Dal Negro, L. Z. Reznitskii, and E. V. Sklyarov: Crystal chemistry of Cr3+-V3+-rich clinopyroxenes. In: The American Mineralogiste. Band 87, 2002, S. 709–714 (englisch, rruff.info [PDF; 343 kB; abgerufen am 2. März 2019]).
  11. a b Eric G. Potter, Roger H. Mitchell: Mineralogy of the deadhorse creek volcaniclastic breccia complex, northwestern Ontario, Canada. In: Contributions to Mineralogy and Petrology. Band 150(2), 2005, S. 212–229, doi:10.1007/s00410-005-0014-y (englisch).
  12. A. P. Borozdin, Yu. S. Polekhovskii, S. A. Bushmin, V. A. Glebovitskii, B. V. Belyatskii and E. V. Savva: Age of Metasomatism and Ore Formation in the Srednyaya Padma Vanadium–Precious Metals–Uranium Deposit (Karelia, Baltic Shield). In: Doklady Earth Sciences. Band 454(1), 2014, S. 68–71 (englisch, researchgate.net [PDF; 517 kB; abgerufen am 3. März 2019]).
  13. Photos von Natalyit. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. Juli 2019 (englisch).