Großsteingrab Annen

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Großsteingrab Annen Hunebed D9
Das Großsteingrab D9 in Annen, Blick von Nordwesten

Das Großsteingrab D9 in Annen, Blick von Nordwesten

Koordinaten 53° 3′ 41,2″ N, 6° 42′ 56,6″ OKoordinaten: 53° 3′ 41,2″ N, 6° 42′ 56,6″ O
Ort Aa en Hunze, OT Annen, Drenthe, Niederlande
Entstehung 3300 bis 3250 v. Chr.
van-Giffen-Nr. D9

Das Großsteingrab Annen ist eine megalithische Grabanlage der jungsteinzeitlichen Westgruppe der Trichterbecherkultur in Annen, einem Ortsteil von Aa en Hunze in der niederländischen Provinz Drenthe. Das Grab wurde 1918 von Albert Egges van Giffen dokumentiert sowie 1952 archäologisch untersucht und restauriert. Es trägt die van-Giffen-Nummer D9.

Lage

Das Grab befindet sich im Nordteil des Ortes auf einer Grünfläche am Zuidlaarderweg südöstlich eines Kreisverkehrs. In der näheren Umgebung gibt es mehrere weitere Großsteingräber: 1,1 km westlich befindet sich das Großsteingrab Anloo-Noord (D8) und 2,1 m westlich das Großsteingrab Schipborg (D7).

Forschungsgeschichte

18. und 19. Jahrhundert

Das Grab wurde erstmals 1711 von Ludolf Smids erwähnt. Eine Zeichnung von Petrus Camper aus dem Jahr 1769 zeigt das Grab in einem Erhaltungszustand, der bereits weitgehend dem heutigen entsprach. Leonhardt Johannes Friedrich Janssen, Kurator der Sammlung niederländischer Altertümer im Rijksmuseum van Oudheden in Leiden, besuchte 1847 einen Großteil der noch erhaltenen Großsteingräber der Niederlande, darunter auch das Grab von Annen, und publizierte im folgenden Jahr das erste Überblickswerk mit Baubeschreibungen und schematischen Plänen der Gräber.[1][2] Janssens Nachfolger Willem Pleyte unternahm 1874 zusammen mit dem Fotografen Jan Goedeljee eine Reise durch Drenthe und ließ dort erstmals alle Großsteingräber systematisch fotografieren. Auf Grundlage dieser Fotos fertigte er Lithografien an.[3] Conrad Leemans, Direktor des Rijksmuseums, unternahm 1877 unabhängig von Pleyte eine Reise nach Drenthe. Jan Ernst Henric Hooft van Iddekinge, der zuvor schon mit Pleyte dort gewesen war, fertigte für Leemans Pläne der Großsteingräber an. Leemans’ Bericht blieb allerdings unpubliziert.[4] 1878 erfolgte eine Untersuchung durch William Collings Lukis und Henry Dryden, die auf Anregung von Augustus Wollaston Franks die Provinz Drenthe bereisten und dabei sehr genaue Grundriss- und Schnittzeichnungen von 40 Großsteingräbern anfertigten.[5] Die dabei gemachten Funde befinden sich heute im British Museum.

Zeichnung des Grabes D9 von Petrus Camper (1769)

20. und 21. Jahrhundert

Zwischen 1904 und 1906 dokumentierte der Mediziner und Amateurarchäologe Willem Johannes de Wilde alle noch erhaltenen Großsteingräber der Niederlande durch genaue Pläne, Fotografien und ausführliche Baubeschreibungen. Seine Aufzeichnungen zum Grab von Annen sind allerdings verloren gegangen.[6] 1918 dokumentierte Albert Egges van Giffen die Anlage für seinen Atlas der niederländischen Großsteingräber. 1952 erfolgten ebenfalls unter Leitung van Giffens eine archäologische Grabung und eine Restaurierung des Grabes. Die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Grabung erfolgte erst 1987 durch D. J. de Groot. Seit 1978 ist die Anlage ein Nationaldenkmal (Rijksmonument).[7] 2017 wurde die Anlage zusammen mit den anderen noch erhaltenen Großsteingräbern der Niederlande in einem Projekt der Provinz Drente und der Reichsuniversität Groningen von der Stiftung Gratama mittels Photogrammetrie in einem 3D-Atlas erfasst.[8]

Beschreibung

Architektur

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Das Großsteingrab D9 in Annen, Blick von Norden

Bei der Anlage handelt es sich um ein ost-westlich orientiertes Ganggrab, von dem nur noch die westliche Hälfte erhalten ist. Die Grabkammer hatte ursprünglich eine Länge von etwa 7 m und eine Breite von etwa 2,5 m. Sie besaß jeweils vier Wandsteine an den Langseiten, je einen Abschlussstein an den Schmalseiten, vier Decksteine sowie einen Gang an der Mitte der südlichen Langseite, bestehend aus zwei Wandsteinen und wahrscheinlich einem Deckstein. Hiervon sind noch die beiden westlichen Wandsteinpaare, der westliche Abschlussstein sowie zwei Decksteine erhalten. Ein herabgestürzter Deckstein wurde 1952 wieder auf die Wandsteine aufgesetzt. Die Standspuren der nicht erhaltenen Wandsteine wurden mit Beton ausgegossen. Eine steinerne Umfassung konnte nicht festgestellt werden.

Bestattungen

Bei der Grabung wurden keine Knochenreste gefunden. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass der Boden der Knochenerhaltung nicht zuträglich ist. Außerdem wurde der Inhalt der Grabkammer nicht gesiebt, weshalb kleinste Überreste übersehen worden sein könnten.[9]

Beigaben

Keramik

Van Giffen fand bei seiner Untersuchung insgesamt 870 Keramikscherben von denen sich 810 der Trichterbecherkultur zuordnen ließen. 452 dieser Scherben ließen sich zu 101 Gefäßen rekonstruieren. Hinzu kommen 21 Standböden und 3 Henkel, deren genaue Zuordnung unsicher ist. Bei den rekonstruierten Gefäßen handelt es sich um 41 Trichterbecher, 23 Schalen, 10 Schultertassen, sechs Amphoren, einen steilwandigen Becher, fünf Kragenflaschen und 15 sonstige Gefäße.[10]

Die restlichen 60 Scherben stammten aus späterer Zeit. Sie ließen sich zu mindestens acht Gefäßen rekonstruieren. Hiervon gehörten vier der endneolithischen Einzelgrabkultur an, eins oder zwei der ebenfalls endneolithischen Glockenbecherkultur und zwei der frühbronzezeitlichen Wickelschnurkeramik.[11]

Stein- und Feuersteingeräte

Von den 75 Feuerstein-Funden waren 55 bearbeiet. Hierbei handelte es sich um elf querschneidige Pfeilspitzen, zwei bikkel (Feuerschläger?), einen Meißel, eine Sichelklinge, einen Stichel, vier Klingen, 28 Abschläge (darunter einer aus Helgoländer Feuerstein), ein Stück Feuerstein mit dem Negativ eines Abschlags, zwei kleine Blöcke, drei Beile und ein weiteres umgearbeitetes Beil.[12]

Außer den Feuersteinbeilen wurde noch ein Steinbeilen, möglicherweise aus Schluffstein, gefunden.[13] Die Beile befinden sich im Rijksmuseum van Oudheden in Leiden.[14]

Schmuck

An Schmuckgegenständen wurden fünf scheiben- und zylinderförmige Perlen gefunden, davon eine aus Bernstein und vier aus Gagat.[15]

Datierung

Von den 101 trichterbecherzeitlichen Gefäßen ließen sich 28 chronologisch genauer bestimmen. Die Keramik datiert in die Stufen 3–5 des von Anna Brindley aufgestellten typologischen Systems der Trichterbecher-Westgruppe. Dies entspricht dem Zeitraum 3300–3075 v. Chr. Die Errichtung der Anlage fällt in Stufe 3 (3300–3250 v. Chr.). Diesem Zeitraum lassen sich nur zwei Gefäße zuordnen, was vielleicht damit zu erklären ist, dass die Errichtung erst kurz vor Ende dieser Stufe erfolgte. Aus Stufe 4 (3250–3190 v. Chr.) stammen 24 Gefäße. In diesen Zeitraum fiel die Hauptnutzungsphase des Grabes. Für Stufe 5 (3190–3075 v. Chr.) sind wieder nur zwei Gefäße belegt. Die Nutzung des Grabes dürfte hier nach rund 200 Jahren ein vorläufiges Ende gefunden haben. Für den weiteren Verlauf der Trichterbecherzeit, was den Stufen 6 (3075–2860 v. Chr.) und 7 (2860–2760 v. Chr.) nach Brindley entspricht, sind keine Aktivitäten in der Anlage nachweisbar..[16][17]

Die jüngeren Gefäße belegen weitere Aktivitäten im Endneolithikum in den Zeiträumen 3000/2900–2450 v. Chr. und 2550–2050 v. Chr. sowie in der frühen Bronzezeit im Zeitraum 2050–1850 v. Chr.[18]

Literatur

  • Theo ten Anscher: Een inventarisatie van de documentatie betreffende de Nederlandse hunebedden (= R.A.A.P.-Rapport. Band 16). Stichting R.A.A.P., Amsterdam 1988 (Online).
  • Jan Albert Bakker: The Dutch Hunebedden. Megalithic Tombs of the Funnel Beaker Culture. (= International Monographs in Prehistory. Archaeological Series. Band 2). International Monographs in Prehistory, Ann Arbor 1992, ISBN 1-87962-102-9.
  • Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. From ‘Giant’s Beds’ and ‘Pillars of Hercules’ to accurate investigations. Sidestone Press, Leiden 2010, ISBN 9789088900341, S. 208 (Onlineversion).
  • Albert Egges van Giffen: De Hunebedden in Nederland, 3 Bände. Oosthoek, Utrecht 1925.
  • Evert van Ginkel: De Hunebedden. Gids En Geschiedenis Van Nederlands Oudste Monumenten. Drents Museum, Assen 1980, ISBN 978-9070884185.
  • Evert van Ginkel, Sake Jager, Wijnand van der Sanden: Hunebedden. Monumenten van een steentijdcultuur. Uniepers, Abcoude 1999, ISBN 978-9068252026, S. 168.
  • D. J. de Groot: Het Hunebed D9 te Noordlo. In: Paleo-aktueel. Band 1, 1989, S. 36–39 (Online).
  • D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). In: Palaeohistoria. Band 30, 1988, S. 73–108 (Online).
  • Jan N. Lanting: De NO-Nederlandse/NW-Duitse Klokbekergroep: culturele achtergrond, typologie van het aardewerk, datering, verspreiding en grafritueel. In: Palaeohistoria. Band 49/50, 2007/2008 (2008), S. 259–260 (Online).
  • G. de Leeuw: Onze hunebedden. Gids vor Drentse hunebedden en de Trechterbekerkultuur. Flint 'Nhoes, Borger 1984.
  • William Collings Lukis: Report on the hunebedden of Drenthe, Netherlands. In: Proceedings of the Society of Antiquaries of London. 2nd series. Band 8, 1878, S. 47–55 (Online).
  • Wijnand van der Sanden, Hans Dekker: Gids voor de hunebedden in Drenthe en Groningen. WBooks, Zwolle 2012, ISBN 978-9040007040.

Weblinks

Commons: Großsteingrab Annen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Leonhardt Johannes Friedrich Janssen: Drenthsche oudheden. Kemink, Utrecht 1848.
  2. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 130.
  3. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 160–162.
  4. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 163–165.
  5. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 149–150, 153, 157–158.
  6. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 173–174.
  7. Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed: 45011 te Annen
  8. De Hunebedden in Nederland – A 3D model collection by Groningen Institute of Archealogy. In: sketchfab.com. Abgerufen am 25. März 2021.
  9. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 98.
  10. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 83, 85, 88, 91.
  11. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 83, 92–93.
  12. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 93, 97.
  13. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 97.
  14. Collectiezoeker. In: rmo.nl. Abgerufen am 2. Dezember 2020.
  15. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 97–98.
  16. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 98.
  17. Anna L. Brindley: The typochronology of TRB West Group pottery. In: Palaeohistoria. Band 28, 1986, S. 93–132 (Online). Jahreszahlen korrigiert nach Moritz Mennenga: Zwischen Elbe und Ems. Die Siedlungen der Trichterbecherkultur in Nordwestdeutschland (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 13). Habelt, Bonn 2017, ISBN 978-3-7749-4118-2, S. 93 (Online).
  18. D. J. de Groot: Hunebed D9 at Annen (gemeente Anlo, province of Drenthe, the Netherlands). 1988, S. 99.