Ältestenrat

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. August 2022 um 11:15 Uhr durch imported>Perrak(13075) (Hinweis auf Nicht-Wahl des AfD-Vizepräsidenten).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Der Ältestenrat ist ein Gremium in deutschen Parlamenten und kommunalen Vertretungskörperschaften, das Geschäftsordnungsfragen behandelt. Es setzt sich typischerweise aus Vertretern der Fraktionen (z. B. Fraktionsvorsitzender, parlamentarische Geschäftsführer) zusammen und wird vom Parlamentspräsidenten geleitet. Entgegen der Bezeichnung wird der Ältestenrat nicht von den ältesten Parlamentsmitgliedern gebildet, es gibt auch kein Mindestalter. Der Name rührt daher, dass die Aufgaben des Ältestenrates viel parlamentarische Erfahrung erfordern.

Deutscher Bundestag

Der Ältestenrat des Deutschen Bundestages ist ein geschäftsführendes Gremium. Er legt u. a. die Tagesordnung des Bundestages fest und regelt die Geschäfte des Hauses. Dabei ist er nach § 6 Absatz 3 der Geschäftsordnung ein Beschlussorgan, soweit bestimmte Entscheidungen nicht dem Präsidenten des Bundestags vorbehalten sind. Er wird entsprechend den Stärkeverhältnissen im Bundestag durch die Fraktionen besetzt.[1] In der 2013 begonnenen 18. Wahlperiode bestand er aus 30 Mitgliedern. In der im Jahr 2017 begonnenen 19. Wahlperiode bestand er aus 29 Mitgliedern, da der der AfD zustehende Vizepräsidenten-Posten bislang unbesetzt blieb, da keiner der von der AfD vorgeschlagenen Kandidaten gewählt wurde.[2] Auch in der 20. Wahlperiode (seit 2021) besteht der Ältestenrat bislang ebenfalls aus 29 Mitgliedern, da die AfD bisher noch keinen Vizepräsidenten stellen durfte.

Zusammensetzung

„Der Ältestenrat besteht aus dem Präsidenten, seinen [derzeit fünf] Stellvertretern und dreiundzwanzig weiteren von den Fraktionen gemäß § 12 zu benennenden Mitgliedern …“

Unter den „weiteren Mitgliedern“ befinden sich üblicherweise immer die jeweiligen ersten parlamentarischen Geschäftsführer.

Die Kommission für innere Angelegenheiten, die Bau- und Raumkommission, die I-und-K-Kommission (Kommission für den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechniken und -medien) und die Rechtsstellungskommission unterstützen ihn bei seiner Arbeit. Bei Geschäftsordnungsstreitigkeiten und Kritik an der Amtsführung eines amtierenden Präsidenten werden die Angelegenheiten an den Ersten Ausschuss, den Ausschuss für Geschäftsordnung zur Klärung überwiesen.

Mitglieder der 20. Wahlperiode

Die 30 Mitglieder des Ältestenrates setzen sich aus acht Mitgliedern der SPD-Fraktion, sieben Mitgliedern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, fünf Mitgliedern der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, jeweils vier Mitgliedern der FDP-Fraktion und der AfD-Fraktion sowie zwei Mitgliedern der Linksfraktion zusammen. Präsident ist Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.[2] Da bisher keiner der AfD-Kandidaten die erforderliche Mehrheit als Vizepräsident erhalten hat, ist ein Posten vakant, so dass der Ältestenrat aktuell nur 29 Mitglieder hat.

SPD CDU/CSU Bündnis 90/Die Grünen FDP AfD Die Linke
Bärbel Bas Yvonne Magwas Katrin Göring-Eckardt Wolfgang Kubicki vakant Petra Pau
Aydan Özoğuz Thorsten Frei Maria Klein-Schmeink Torsten Herbst Bernd Baumann Jan Korte
Johannes Fechner Christian Haase Irene Mihalic Stephan Thomae Stephan Brandner
Gabriele Katzmarek Hendrik Hoppenstedt Filiz Polat Johannes Vogel Götz Frömming
Katja Mast Stefan Müller Till Steffen
Josephine Ortleb Patrick Schnieder
Marianne Schieder Nina Warken
Frank Junge

Deutsche Landesparlamente

Auch die meisten Parlamente der deutschen Bundesländer haben einen Ältestenrat (siehe z. B. Landtag Mecklenburg-Vorpommern). Der Ältestenrat ist eines der wichtigsten Gremien des Parlaments. Er unterstützt den Präsidenten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und erörtert den Ablauf der Parlamentsarbeit.

Die Ältestenräte der einzelnen Landesparlamente setzen sich ebenfalls aus den Präsidenten, den Vizepräsidenten und Vertretern der Fraktionen zusammen. Darüber hinaus können zu bestimmten Ältestenratssitzungen Regierungsvertreter hinzugezogen werden.

Die Ältestenräte der Landesparlamente von z. B. Hamburg[3], Mecklenburg-Vorpommern[4] und Schleswig-Holstein[5] haben nur beratende Funktion, der förmliche Beschluss obliegt jeweils allein dem Landtagspräsidenten.

In den Landtagen von Baden-Württemberg[6], Brandenburg[7], Bremen[8], Saarland[9] und Sachsen[10] werden die entsprechenden Aufgaben vom Landtagspräsidium wahrgenommen, da es dort keinen Ältestenrat gibt.

In Brandenburg[11] und dem Saarland[12] ist das Präsidium insoweit Beschlussorgan.

Das Präsidium des Sächsischen Landtags hat eine Größe von 21 Mitgliedern.[13]

Auch Thüringen hat einen Ältestenrat.

Stadtvertretungen

Auch die Stadtvertretungen (Gemeindevertretungen) größerer Städte (zum Beispiel die Lübecker Bürgerschaft) bilden gelegentlich einen Ältestenrat um die Tagesordnung vorzubesprechen (zum Beispiel die Reihenfolge oder die gemeinsame Beratung von Tagesordnungspunkten). Er nimmt damit die gleichen vorbereitenden Funktionen wie in einem Parlament wahr, auch wenn es sich bei einer Gemeindevertretung zwar um ein Rechtsetzungsorgan (Satzungen) aber nicht um ein Gesetzgebungsorgan handelt. Auch bei als persönlichen Angriff empfundenen Wortmeldungen wird der Ältestenrat gelegentlich als Schlichtungsorgan einberufen. Neben dem Stadtpräsidenten als Vorsitzenden werden im Regelfall die Fraktionsvorsitzenden und ggf. weitere Mitglieder der Fraktionsvorstände in den Ältestenrat gewählt. Die Wahl erfolgt üblicherweise nach den gleichen Kriterien wie die Wahl der Fachausschüsse (Mitgliederzahl der jeweiligen Fraktionen im Ältestenrat proportional zur Zahl ihrer Sitze in der Gemeindevertretung). Seine rechtliche Stellung ist damit die eines Hilfsorgans der Gemeindevertretung.

Präsidialkonferenz des österreichischen Nationalrats

Der österreichische Nationalrat kennt keinen „Ältestenrat“; einzelne Funktionen werden hier durch die Präsidialkonferenz des Nationalrats wahrgenommen. Allerdings gibt es hinsichtlich der Zusammensetzung und des Mitwirkungsrechts wesentliche Unterschiede (Siehe hierzu Präsidialkonferenz des Nationalrats)

Literatur

  • Sebastian Heer: Parlamentsmanagement. Herausbildungs- und Funktionsmuster parlamentarischer Steuerungsstrukturen in Deutschland vom Reichstag bis zum Bundestag. Droste, Düsseldorf 2015, ISBN 978-3-7700-5325-4.

Einzelnachweise

  1. § 12 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
  2. a b Deutscher Bundestag – Der Ältestenrat. Abgerufen am 2. August 2022.
  3. dort ausdrücklich § 6 Absatz 3 Satz 4 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft
  4. § 6 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern
  5. § 7 der Geschäftsordnung des Landtages Schleswig-Holstein
  6. vgl. § 13 (Aufgaben des Präsidiums) der Geschäftsordnung des Landtages Baden-Württemberg
  7. vgl. § 15 (Aufgaben des Präsidiums) der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg
  8. §§ 8–11 (Der Vorstand der Bürgerschaft) der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft
  9. Geschäftsordnung des Saarländischen Landtages, Gesetz über den Landtag des Saarlandes
  10. Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags
  11. vgl. § 15 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg
  12. vgl. § 31 des Gesetzes über den Landtag des Saarlandes
  13. § 5 Absatz 1(Zusammensetzung des Präsidiums) der GO 6. Wahlperiode (PDF; 1,7 MB)

Weblinks