Guérinit

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Guérinit
Guerinite-Picropharmacolite-263921.jpg
Blättriger Guérinit (unten rechts) und nadeliger Pikropharmakolith (oben links) aus der Grube „Gabe Gottes“, Sainte-Marie-aux-Mines, Département Haut-Rhin, Frankreich (Sichtfeld 5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel Ca5[(AsO3OH)2|(AsO4)2]·9H2O[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
8.CJ.75 (8. Auflage: VII/C.24)
39.02.02.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[2]
Raumgruppe (Nr.) P21/n[1] (Nr. 14)
Gitterparameter a = 17,63 Å; b = 6,73 Å; c = 23,47 Å
β = 90,6°[1]
Formeleinheiten Z = 5[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,68 bis 2,76; berechnet: 2,74[3]
Spaltbarkeit gut parallel der Längsachse
Bruch; Tenazität spröde
Farbe farblos, weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Glasglanz, Perlglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,574 bis 1,576
nβ = 1,582
nγ = 1,582 bis 1,584[4]
Doppelbrechung δ = 0,008[4]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 7 bis 5°[4]

Guérinit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca5[(AsO3OH)2|(AsO4)2]·9H2O[1], ist also ein komplexes, wasserhaltiges Calcium-Arsenat.

Guérinit entwickelt keilförmige, prismatische Kristalle bis etwa drei Millimeter Länge und glasähnlichem Glanz, die meist in Form büscheliger, sphärolithischer oder rosettenförmiger Mineral-Aggregate angeordnet sind. In reiner Form ist Guérinit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund der polykristallinen Ausbildung erscheint er jedoch meist weiß und undurchsichtig.

Etymologie und Geschichte

Erstmals beschrieben wurde Guérinit 1961 durch Evgeni I. Nefedov (1910–1976), der das Mineral nach dem französischen Chemiker Henri Guérin (* 1906) benannte. Dieser hatte die chemische Verbindung erstmals synthetisch hergestellt.

Entdeckt wurde das Mineral auf zwei Museumsstufen, wobei die eine als Wapplerit (eigentlich Rösslerit[5]) bezeichnet war und aus der Grube „Daniel“ bei Neustädtel (Schneeberg) im sächsischen Erzgebirge stammte und die andere als Pharmakolith aus dem Richelsdorfer Gebirge im osthessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg stammte.[6] Beide angegebenen Fundorte gelten daher als Typlokalität für Guérinit.[7]

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Guérinit zur Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Ferrarisit, Haidingerit, Mcnearit, Irhtemit, Phaunouxit, Pikropharmakolith, Rauenthalit und Vladimirit die „Haidingerit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/C.24 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Guérinit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Ausschließlich mit großen Kationen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 8.CJ.75 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Guérinit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“, dort allerdings in die Abteilung der „Wasserhaltigen sauren Phosphate etc.“ ein. Hier ist er zusammen mit Vladimirit in der unbenannten Gruppe 39.02.02 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige saure Phosphate etc., H2(AB)5(XO4)4 × x(H2O)“ zu finden.

Modifikationen und Varietäten

Die Verbindung Ca5[(AsO3OH)2|(AsO4)2]·9H2O ist dimorph, kommt also neben dem monoklin kristallisierenden Guérinit noch als triklin kristallisierender Ferrarisit vor.

Bildung und Fundorte

Guérinit bildet sich sekundär als Verwitterungsprodukt in arsenreichen Mineral-Lagerstätten, wo er unter anderem in Paragenese mit Realgar, Erythrin, Quarz und Calcit auftritt.

Als seltene Mineralbildung konnte Guérinit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen, wobei bisher (Stand 2014) rund 40 Fundorte als bekannt gelten.[7] Neben seiner Typlokalität Grube „Daniel“ bei Neustädtel (Schneeberg) fand sich das Mineral in Deutschland unter anderem noch in der Grube „Anton“ und einer Schmiedestollenhalde im Heubachtal und der Grube „Alt St. Joseph“ bei Wittichen, der Grube Clara bei Oberwolfach und in Gesteinsproben beim Tunnelbau für die Bundesstraße 33 bei Hornberg in Baden-Württemberg; in einem Amphibolitbruch bei Mackenheim (Abtsteinach), dem Kurfürsten-Stollen im Ibaer Kobaltrevier sowie dem Wechselschacht und Friedenschacht bei Süß (Nentershausen) in Hessen; der Grube „Samson“ bei Sankt Andreasberg in Niedersachsen; der Grube „Aufgeklärtes Glück“ bei Wernigerode in Sachsen-Anhalt sowie im Schacht 139 (Abrahamhalde) bei Lauta (Marienberg) und bei Schlema im Erzgebirgskreis in Sachsen.

Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist die Grube „Grand-Praz“ bei Ayer (Val d’Anniviers) im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Frankreich, Griechenland, Marokko, Tschechien und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[8]

Kristallstruktur

Guérinit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/n (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/14.2 mit den Gitterparametern a = 17,63 Å; b = 6,73 Å; c = 23,47 Å und β = 90,6° sowie 5 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Siehe auch

Literatur

  • E. I. Nefedov (1961): Guerinit - novyi mineral. In: Materialy Vsesoyuz. Nauchno-Issled. Geologisches Institut 45 (Mineralog. Sbornik No. 2), 113–115
    • Kurzbeschreibung in: American Mineralogist. Band 47 (1962), S. 416 (PDF 501,7 kB)

Weblinks

Commons: Guérinite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 489.
  2. Webmineral - Guérinite
  3. Guérinite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 64,7 kB)
  4. a b c Mindat - Guérinite
  5. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  6. Thomas Witzke: Die Entdeckung von Guérinit. Abgerufen am 15. Januar 2014.
  7. a b Mineralienatlas:Guérinit (Vorkommen)
  8. Fundortliste für Guérinit beim Mineralienatlas und bei [ Mindat]