Ferrarisit

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Ferrarisit
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 1979-020

Chemische Formel Ca5[(AsO3OH)2|(AsO4)2]·9H2O[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
8.CJ.30 (8. Auflage: VII/C.24)
39.02.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1[2]
Raumgruppe P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2[1]
Gitterparameter a = 8,29 Å; b = 6,72 Å; c = 11,20 Å
α = 106,2°; β = 92,9°; γ = 99,2°[1]
Formeleinheiten Z = 1[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,63; berechnet: 2,594[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[3]
Bruch; Tenazität spröde
Farbe farblos bis weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz schwacher Glasglanz, Seidenglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,562[4]
nβ = 1,572[4]
nγ = 1,585[4]
Doppelbrechung δ = 0,023[4]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 83° (gemessen); 84° (berechnet)[4]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in verdünnter Salzsäure[5]

Ferrarisit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca5[(AsO3OH)2|(AsO4)2]·9H2O,[1] ist also ein komplexes, wasserhaltiges Calcium-Arsenat.

Ferrarisit entwickelt nur kleine, tafelige Kristalle mit pseudohexagonalem Habitus bis etwa 300 Mikrometer Größe mit schwachem Glasglanz, die meist in seidenglänzenden, radialstrahligen Mineral-Aggregaten angeordnet sind. Frische Mineralproben sind farblos und durchsichtig. Ungeschützt an trockener Luft dehydratisiert das Mineral allerdings, das heißt, es verliert nach einiger Zeit sein Kristallwasser und läuft weiß an.[3]

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Ferrarisit in der Grube „Gabe Gottes“ (einschließlich Giftgrube) im Département Haut-Rhin in der französischen Region Elsass und beschrieben 1980 durch Hubert Bari, Francois Permingeat, Roland Pierrot und Kurt Walenta, die das Mineral nach dem italienischen Mineralogen Giovanni Ferraris (* 1937) benannten, um dessen Beiträge zur Analyse der Kristallstruktur vieler Arsenatminerale zu ehren.

Das Mineral wurde zuvor schon in der Grube Anton im Heubachtal nahe Wittichen in Baden-Württemberg gefunden und 1973 durch Kurt Walenta beschrieben, jedoch ohne das Mineral zu benennen.[6]

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ferrarisit zur Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Guérinit, Haidingerit, Mcnearit, Irhtemit, Phaunouxit, Pikropharmakolith, Rauenthalit und Vladimirit die „Haidingerit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/C.24 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ferrarisit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Ausschließlich mit großen Kationen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 8.CJ.30 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ferrarisit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“, dort allerdings in die Abteilung der „Wasserhaltigen sauren Phosphate etc.“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 39.02.03 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige saure Phosphate etc., H2(AB)5(XO4)4 × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

Ferrarisit kristallisiert triklin in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 8,29 Å; b = 6,72 Å; c = 11,20 Å; α = 106,2°; β = 92,9° und γ = 99,2° sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[1]

Modifikationen und Varietäten

Die Verbindung Ca5[(AsO3OH)2|(AsO4)2]·9H2O ist dimorph, kommt also neben dem triklin kristallisierenden Ferrarisit noch als monoklin kristallisierender Guérinit vor.

Bildung und Fundorte

Ferrarisit bildet sich sekundär auf Abraumhalden als Niedertemperatur-Reaktionsprodukt in arsenhaltigen Karbonat-Gangarten. Als Begleitminerale treten unter anderem Calcit, Löllingit, Pharmakolith, Phaunouxit, Pikropharmakolith, Rauenthalit und Sainfeldit auf.

Bisher bekannte Fundorte sind neben seinen Typlokalitäten Grube „Gabe Gottes“ in Frankreich und Grube „Anton“ in Deutschland unter anderem noch die Grube „L'Eguisse“ bei Duranus in Frankreich, die Grube „Johann“ bei Wittichen in Baden-Württemberg, die Hartkoppe bei Sailauf in Bayern, die Grube „Wilhelm“ und das Erzfeld Richelsdorf in Hessen und die Grube „Dörnberg“ bei Ramsbeck in Nordrhein-Westfalen in Deutschland sowie die Grube „Grand-Praz“ bei Ayer (Val d’Anniviers) im Schweizer Kanton Wallis (Stand 2013).[7]

Siehe auch

Literatur

  • Hubert Bari, Francois Permingeat, Rolland Pierrot, Kurt Walenta: La ferrarisite Ca5H2(AsO4)4·9H2O, une nouvelle espèce minérale dimorphe de la guérinite. In: Bulletin de Minéralogie. Band 103, 1980, S. 533–540 (französisch, Kurzbeschreibung in englisch).
  • Michael Fleischer, Louis J. Cabri: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 66, 1981, S. 637–639 (minsocam.org [PDF; 325 kB]).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 488.
  2. Webmineral – Ferrarisite
  3. a b c Ferrarisite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB]).
  4. a b c d e Mindat – Ferrarisite
  5. Mineralienatlas:Ferrarisit
  6. Michael Fleischer, Louis J. Cabri: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 66, 1981, S. 637–639 (minsocam.org [PDF; 325 kB]).
  7. Fundortliste für Ferrarisit beim Mineralienatlas und bei Mindat