1. Untersuchungsausschuss der 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestages

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der 1. Untersuchungsausschuss der 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestages soll die Umstände des Abzugs der Bundeswehrtruppen aus Afghanistan im August 2021 aufklären. Er nahm im Juli 2022 seine Arbeit auf.

Hintergrund

Die Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2021 vereinbart, dass sich eine Enquete-Kommission mit dem Afghanistan-Engagement seit 2001 beschäftigen soll.[1] Über die Einsetzung einer solchen Kommission beriet der Bundestag am 8. Juli 2022.[2] Der Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ wurde am 5. Juli 2022 von den Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebracht,[3] die AfD wollte die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Evaluation des ressortübergreifenden Engagements in Afghanistan und Konsequenzen für eine zukünftige Außenpolitik in deutschem Interesse“ fordern.[2] Mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP setzte der Bundestag am 8. Juli 2022 die Enquete-Kommission ein, die AfD und Die Linke stimmten nicht zu. Der AfD-Antrag war von der Tagesordnung abgesetzt worden.[4] Die aus 24 Mitgliedern (zwölf Bundestagsabgeordnete und zwölf Sachverständige) bestehende Einquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das zukünftige vernetzte Engagement Deutschlands“, die den deutschen Beitrag zur internationalen Mission in Afghanistan zwischen 2002 und 2021 bewerten und Empfehlungen für zukünftige Einsätze geben soll, konstituierte sich am 19. September 2022.[5]

Antrag

Ein Antrag der AfD-Fraktion auf „Einsetzung eines 1. Untersuchungsausschusses der 20. Wahlperiode zum deutschen politisch-militärisch-zivilen Engagement in Afghanistan 2001 bis 2021“[6] war am 19. Mai 2022 erstmals im Bundestag erörtert und zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen worden. Der Antrag stieß auf Kritik der anderen Fraktionen.[7] Auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vom 5. Juli 2022[8] hin wurde dieser Antrag am 7. Juli 2022 im Bundestag abgelehnt.[9]

Am 23. Juni 2022 wurde ein Antrag auf „Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses der 20. Wahlperiode“ von den Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gemeinsam eingebracht.[10] Demnach soll der 20. Deutsche Bundestag die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gemäß Art. 44 des Grundgesetzes beschließen. Ziel ist es, die Umstände des Abzugs der Bundeswehrtruppen aus Afghanistan im August 2021 aufzuklären. Dem Untersuchungsausschuss sollen zwölf ordentliche Mitglieder und eine entsprechende Anzahl von stellvertretenden Mitgliedern angehören. Der Antrag wurde am 23. Juni 2022 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen.[11] Auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vom 5. Juli 2022[8] hin wurde dieser Antrag am 7. Juli 2022 im Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU angenommen, die AfD votierte gegen die Einsetzung, Die Linke enthielt sich.[9]

Ziel

Der Untersuchungsauftrag umfasst 38 Punkte. Im Ergebnis soll ein Gesamtbild entstehen zum Entscheidungsverhalten der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Abzug der Bundeswehr und anderer NATO-Kräfte und Diplomaten sowie der Evakuierung von Menschen im Zusammenhang mit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im Zuge des Doha-Abkommens. Der Untersuchungsausschuss soll zudem Empfehlungen geben.

Mitglieder

Dem Gremium gehören zwölf ordentliche Mitglieder sowie deren Stellvertreter und Stellvertreterinnen, entsprechend der Stärke der Fraktionen, an. Je drei Mitglieder stellen die SPD-Fraktion und die CDU/CSU-Fraktion, jeweils zwei die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP, sowie je ein Mitglied die Fraktionen von AfD und Die Linke.

Zum Start der Arbeit waren folgende Abgeordnete Mitglied des Ausschusses:[12]

Arbeit des Untersuchungsausschusses

Der Untersuchungsausschuss tagte ab Juli 2022 teils öffentlich.

Sitzungstermine

Termine der Sitzungen:

8. Juli 2022 (1. Sitzung)

Der Untersuchungsausschuss konstituierte sich am 8. Juli 2022. Zum Vorsitzenden wurde in geheimer Abstimmung Ralf Stegner gewählt.[12] In der ersten Sitzung ging es zudem darum, Beweisanträge einzuleiten.[18]

22. September 2022 (5. Sitzung)

Im September 2022 wurde die Arbeit des Ausschusses fortgesetzt, eine erste, öffentliche Sachverständigenanhörung findet am 22. September 2022 statt.[19]

Zur ersten Sachverständigenanhörung am 22. September 2022 waren Hans-Hermann Dube[20] (GTZ/GIZ), Katja Mielke[21] und Conrad Schetter[22] (Bonn International Centre for Conflict Studies), Sandra Petersmann[23] (Deutsche Welle), Mariam Safi (Organization for Policy Research and Development Studies), Ellinor Zeino[24] (Konrad-Adenauer-Stiftung), Hans-Lothar Domröse[25] (General a. D.), Fatima Gailani und Hosna Jalil (afghanische Politikerinnen), Markus Kaim[26] (Stiftung Wissenschaft und Politik), Franz J. Marty[27] (Journalist) und Daniel Zerbin[28] (Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen) als Sachverständige zum Thema „Lage in Afghanistan zum Zeitpunkt des Doha-Abkommens“ geladen;[19] einige hatten vorab Stellungnahmen schriftlich eingereicht.

Mit dieser öffentlichen Anhörung am 22. September 2022 nahm der Untersuchungsausschuss seine inhaltliche Arbeit auf. Thema der Sachverständigen war die Lage der Zivilgesellschaft und der Stabilität der Institutionen in der Zeit des Truppenabzugs. Schetter, Mielke, Safi, Dube, Zeino, Domröse, Kaim, Marty, Gailani und Zorbin äußerten sich dazu in der mehrstündigen Sitzung unter Leitung Ralf Stegners.[15]

29. September 2022 (7. Sitzung)

Zur 7. Sitzung, die am 29. September 2022 öffentlich stattfindet, sind zur ersten Zeugenvernehmung Vertreter des Bundesministeriums der Verteidigung geladen, nämlich der Referatsleiter und ein Referent aus dem Bereich „Krisenfrüherkennung; Sicherheitsund Bedrohungsbeurteilung weltweit; Steuerung Nachrichtenmanagement und Aufklärung“ (SE I 3)[29] der Abteilung „Strategie und Einsatz“, sowie der Leiter der „Einsatzgruppe Afghanistan, Einsatzführungskommando“.[17]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. www.bundestag.de, Pressemitteilung „Untersuchungsausschuss zum Abzug aus Afghanistan – Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung/Antrag - (hib 317/2022)“, 22. Juni 2022, abgerufen am 6. Juli 2022
  2. a b www.bundestag.de, Pressemitteilung „Einsetzung einer Enquete-Kommission zu Afghanistan geplant“, 6. Juli 2022, abgerufen am 6. Juli 2022
  3. dserver.bundestag.de, Drucksache 20/2570, 5. Juli 2022, abgerufen am 6. Juli 2022
  4. www.bundestag.de, Pressemitteilung „Enquete-Kommission zu Afghanistan eingesetzt“, 8. Juli 2022, abgerufen am 8. Juli 2022
  5. www.bundestag.de, „Michael Müller leitet Enquete-Kommission zum Afghanistan­einsatz der Bundeswehr“, 19. September 2022, abgerufen am 20. September 2022
  6. dserver.bundestag.de, Drucksache 20/1867, 18. Mai 2022, abgerufen am 6. Juli 2022
  7. bundestag.de, 19. Mai 2022, abgerufen am 6. Juli 2022
  8. a b dserver.bundestag.de, Drucksache 20/2553, 5. Juli 2022, abgerufen am 8. Juli 2022
  9. a b bundestag.de, „U-Ausschuss zum Afghanistan-Einsatz kann Arbeit aufnehmen“, 7. Juli 2022, abgerufen am 8. Juli 2022
  10. Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses der 20. Wahlperiode. BT-Drs. 20/2352 vom 21. Juni 2022.
  11. Einsetzung eines Afghanistan-Untersuchungsausschusses geplant. bundestag.de, 23. Juni 2022.
  12. a b c www.bundestag.de, „Ralf Stegner leitet den Afghanistan-Untersuchungsausschuss“, 8. Juli 2022, abgerufen am 28. Juli 2022
  13. www.bundestag.de, Tagesordnung 3. Sitzung, abgerufen am 27. September 2022
  14. www.bundestag.de, Tagesordnung 4. Sitzung, abgerufen am 27. September 2022
  15. a b www.bundestag.de, „Afghanistan-Ausschuss nimmt Doha-Abkommen unter die Lupe“, 22. September 2022, abgerufen am 27. September 2022
  16. www.bundestag.de, Tagesordnung 6. Sitzung, abgerufen am 27. September 2022
  17. a b www.bundestag.de, Tagesordnung 7. Sitzung, abgerufen am 27. September 2022
  18. www.sueddeutsche.de, „Warum Deutschland beim Abzug aus Afghanistan so versagt hat“, 8. Juli 2022, abgerufen am 28. Juli 2022
  19. a b www.bundestag.de, Tagesordnung 22. September 2022, abgerufen am 18. September 2022
  20. www.bundestag.de, Stellungnahme Hans-Hermann Dube, Ausschussdrucksache 20(27)100, 10. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  21. www.bundestag.de, Stellungnahme Katja Mielke, Ausschussdrucksache 20(27)105, 12. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  22. www.bundestag.de, Stellungnahme Conrad Schetter, Ausschussdrucksache 20(27)103, 9. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  23. www.bundestag.de, Stellungnahme Sandra Petersmann, Ausschussdrucksache 20(27)101, 12. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  24. www.bundestag.de, Stellungnahme Ellinor Zeino, Ausschussdrucksache 20(27)104, 12. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  25. www.bundestag.de, Stellungnahme Hans-Lothar Domröse, Ausschussdrucksache 20(27)99, 6. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  26. www.bundestag.de, Stellungnahme Markus Kaim, Ausschussdrucksache 20(27)107, 13. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  27. www.bundestag.de, Stellungnahme Franz Marty, Ausschussdrucksache 20(27)106, 12. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  28. www.bundestag.de, Stellungnahme Daniel Zerbin, Ausschussdrucksache 20(27)112, 16. September 2022, abgerufen am 19. September 2022
  29. www.bmvg.de, abgerufen am 27. September 2022