Acquiring

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Der Anglizismus Acquiring (deutsch „Akquisition“) steht im Bankwesen für die Akquisition von Vertragsunternehmen, die bereit sind, Zahlungen mittels Zahlungskarten zu akzeptieren.

Allgemeines

Acquiring ist die Tätigkeit eines Acquirers. Dieser ist nach Art. 2 Nr. 1 Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge ein Zahlungsdienstleister, der mit einem Zahlungsempfänger (Vertragsunternehmen) eine vertragliche Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung kartengebundener Zahlungsvorgänge schließt, was den Transfer von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkt.

Das Acquiring als Händlergeschäft ist der Abschluss eines Vertrages zwischen einem Acquirer und einem Vertragsunternehmen (Dienstleister, Händler, Verkäufer, Warenhaus) über die Akzeptanz von Zahlungskarten; wichtig hierfür ist ein möglichst weites Netz von Vertragsunternehmen.[1] Ziel des Acquiring ist die Erhöhung der Akzeptanz der Zahlungskarten durch Erhöhung der Anzahl der akzeptierenden Vertragsunternehmen. Je mehr Vertragsunternehmen eine Zahlungskarte akzeptieren, umso mehr verbessert sich die Nutzbarkeit einer Zahlungskarte durch den Karteninhaber.

Rechtsfragen

Die Rechtsnatur der Zahlungskarten bringt es mit sich, dass folgende Vertragsparteien beteiligt sind, nämlich

  • das Issuing-Kreditinstitut, das anstelle des Kartenunternehmens oder mit ihm zusammen die Zahlungskarte ausgibt (englisch Issuer),
  • der Karteninhaber, der eine von ihm gekaufte Ware oder Dienstleistung mit der ausgegebenen Karte bezahlt,
  • das Vertragsunternehmen, das Zahlungen seiner Waren und Dienstleistungen mit Zahlungskarten akzeptiert und
  • das Acquiring-Kreditinstitut (englisch Acquirer), das die Kartenumsätze des Vertragsunternehmens mit dem Karteninhaber abrechnet.

Alle Vertragsparteien stehen rechtlich und/oder wirtschaftlich miteinander in Beziehung,[2][3] sie bilden die Infrastruktur für die Kartenzahlung.

Zwischen Karteninhaber und Kartenunternehmen treten als Kartenemittenten Issuer und zwischen Vertragsunternehmen und Kartenunternehmen Acquirer. Die großen Kartenunternehmen sind meist lediglich Lizenzgeber, während die Issuer Verträge über die Ausgabe von Zahlungskarten mit Karteninhabern abschließen. Der Acquirer begleicht die Forderung des Vertragsunternehmens abzüglich eines von dem Vertragsunternehmen zu zahlenden Disagios („Händlerentgelt“), das durch die Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge seit 2015 bei Debitkarten auf 0,2 % und bei Kreditkarten auf 0,3 % des Umsatzerlöses beschränkt ist.

Das Akquisitionsgeschäft gilt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG als Zahlungsdienst, sodass der Acquirer gemäß § 10 Abs. 1 ZAG einer Erlaubnis durch die BaFin bedarf. In § 1 Abs. 35 ZAG wird das Akquisitionsgeschäft näher definiert. Hiernach ist das Akquisitionsgeschäft ein Zahlungsdienst, der die Übertragung von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkt und bei dem der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsempfänger eine vertragliche Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung von Zahlungsvorgängen schließt. Der Acquirer wird auch nach Erlaubniserteilung laufend von der BaFin beaufsichtigt.

Abwicklung

Vertragsunternehmen sind rechtlich natürliche oder juristische Personen, die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Zahlungsempfänger erhalten sollen. Sie akzeptieren als Zahlungsmittel – neben Bargeld – auch Zahlungskarten. Dazu muss der die Zahlungskarte ausstellende Issuer (Kartenunternehmen und/oder Kreditinstitut) mit dem Vertragsunternehmen einen Vertrag schließen, der die Akzeptanz der Zahlungskarten regelt.

Dazu gehört unter anderem, dass formal die Zahlungspflicht des Kartenunternehmens ausgelöst wird, wenn ordnungsgemäß vom Vertragsunternehmen ausgefüllte Leistungsbelege mit dem Zusatz „Unterschrift des Karteninhabers ist auf dem Leistungsbeleg vorhanden“ (englisch signature on file) versehen sind. Nach herrschender Meinung handelt es sich bei dieser Zahlungspflicht um ein abstraktes Schuldversprechen gemäß § 780 BGB.[4] Auch der Bundesgerichtshof (BGH) geht davon aus, dass mit der Unterzeichnung des Leistungsbelegs durch den Karteninhaber ein abstraktes Schuldversprechen vorliegt.[5] Das Kartenunternehmen soll gerade nicht wie der Garant nur subsidiär haften, sondern eine direkte eigene Zahlungspflicht eingehen. Zudem bietet das Kartenunternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ZAG lediglich Zahlungsdienste an. Die Kreditkartenzahlung erfolgt erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB).

Die Zahlungspflicht des Kartenunternehmens entsteht nur, wenn das Vertragsunternehmen mit Hilfe des POS-Terminals ordnungsgemäße Leistungsbelege erstellt. Die Angabe „signature on file“ ist stets eine notwendige Voraussetzung der Zahlungspflicht des Kreditkartenunternehmens im Präsenzverfahren,[6] sie löst die Zahlungspflicht des Kartenunternehmens aus. Die Zahlungspflicht entsteht im Mailorderverfahren auch ohne den Vermerk „signature on file“ auf den Leistungsbelegen, wenn Bestellungen per E-Mail/Internet übermittelt werden und dem Vertragsunternehmer die Unterschriften der Karteninhaber nicht vorliegen.[7] Die Akzeptanz von Zahlungskarten durch Vertragsunternehmen ist durch angebrachte Logos der Issuer sichtbar zu kennzeichnen.

Wirtschaftliche Aspekte

Der Acquirer (oder Issuer) muss zur Erhöhung der Akzeptanz von Zahlungskarten durch Vertragsunternehmen bei diesen die technischen Vorkehrungen installieren (Hard- und Software, Netzwerktechnologien) und die kaufmännischen Voraussetzungen (unter anderem Händlerentgelt, Autorisierung) schaffen.[8] Neue Technologien wie die Abkehr vom Kartenschlitten hin zu terminalbasierten Lösungen tragen zur Kostensenkung und zu Skaleneffekten bei.[9] Die Kernprozesse des Acquiring sind das Netzwerkprozessing (an Verkaufsort oder Geldautomaten), Transaktionsverarbeitung und die Bereitstellung der Schnittstelle zum Netzwerk-Service-Provider.[10] Der Netzwerkeffekt durch Zunahme der Akzeptanzstellen wird durch den Acquirer verbessert, wodurch Zahlungskarten häufiger eingesetzt werden können und dadurch der Effekt der Kostendegression eintreten kann.

Im deutschsprachigen Raum fungieren unter anderem folgende Unternehmen als Acquirer (Auswahl):

Bei Kreditkartentransaktionen ist die Acquirer Reference Number (ARN) eine eindeutige Nummer, die einer Transaktion zugeordnet ist, wenn sie von der Händlerbank (Acquiring Bank) bis zum Kartensystem bei der Bank des Karteninhabers (Issuer) reicht. Die ARN kann verwendet werden, um eine Zahlung oder Rückerstattung zu verfolgen. Der Käufer kann sich an seine Bank wenden, die die ARN wiederum nutzen kann, um beispielsweise eine Rückerstattung zu verfolgen.

Einzelnachweise

  1. Johann Heinrich von Stein/Jürgen Terrahe, Handbuch Bankorganisation, 1995, S. 446
  2. Astrid Auer-Reinsdorff/Isabell Conrad (Hrsg.)/Carsten Kociok, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 2016, § 27 Rn. 41
  3. Wolfgang Grill (Hrsg.), Gabler Bank Lexikon, Band 1, 1995, S. 984 f.
  4. Julia Haas, Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis, 2011, S. 173
  5. BGH, Urteil vom 16. April 2002, Az.: XI ZR 420/01 = BGHZ 152, 75
  6. BGH WM 2004, 1130, 1132
  7. BGH, Urteil vom 12. Juli 2005, Az.: XI ZR 412/04 = BGHZ 157, 256
  8. Stefan Huch, Die Transformation des europäischen Kartengeschäfts, 2013, S. 108
  9. Johann Heinrich von Stein/Jürgen Terrahe, Handbuch Bankorganisation, 1995, S. 446
  10. Stefan Huch, Die Transformation des europäischen Kartengeschäfts, 2013, S. 109