Anne Will (Fernsehsendung)

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Fernsehsendung
Originaltitel Anne Will
Produktionsland Deutschland
Genre politische Talkshow
Erscheinungsjahre seit 2007
Länge 60 Minuten
Ausstrahlungs-
turnus
wöchentlich
(sonntags 21:45 Uhr)
Produktions-
unternehmen
Will Media GmbH
Musik Harry Gutowski und Axel Wernecke
Premiere 16. Sep. 2007 auf Das Erste
Moderation Anne Will

Anne Will ist eine Talkshow mit politischem Schwerpunkt unter dem Motto „Politisch denken, persönlich fragen“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (Das Erste). Namensgeberin ist die Moderatorin der Sendung Anne Will.

Geschichte

Die Talkshow Anne Will übernahm den Sendeplatz im Ersten von Sabine Christiansen. Der für Christiansens Nachfolge ursprünglich vorgesehene Günther Jauch sagte nach mehrmonatigen Verhandlungen ab, da er die Forderung der ARD nach journalistischer Exklusivität nicht erfüllen konnte. Daraufhin einigten sich die Intendanten der Landesrundfunkanstalten, den Sendeplatz Anne Will zur Verfügung zu stellen. Die erste Sendung mit ihr wurde am 16. September 2007 ausgestrahlt.

Am 31. August 2011 wechselte Will mit ihrer Sendung auf einen Sendeplatz am Mittwochabend, da nun Günther Jauch doch für den Polittalk am Sonntagabend gewonnen worden war. Nach Brancheninformationen zahlte ihm die ARD im Rahmen eines Ende 2013 auslaufenden Zwei-Jahres-Vertrages sechs Millionen Euro pro Jahr.[1]

Am 17. Januar 2016 übernahm wieder Anne Will den Sendeplatz am Sonntagabend, da der Vertrag mit Jauch nicht verlängert wurde. Eine dauerhafte Steigerung der Zuschauerquote hatte sich mit ihm nicht realisieren lassen.[2] Der Rundfunkrat des NDR verlängerte Ende September 2015 den Vertrag mit der Produktionsfirma Wills bis Ende 2017.[3] Im September 2017 wurden drei weitere Jahre mit 90 Sendungen beauftragt;[4] im September 2020 wurden 89 zu produzierende Sendungen für den Zeitraum 2021 bis 2023 vertraglich vereinbart.[5]

Format

Die Sendung orientiert sich im Aufbau an den üblichen politischen Talkshow-Formaten (wie Maybrit Illner oder Sabine Christiansen). Im Unterschied dazu nehmen jedoch Betroffene direkt vor der Diskussionsrunde Platz. Im Gegensatz zur Sendung von Christiansen wird Anne Will nicht vom Berliner Breitscheidplatz ausgestrahlt, sondern vom Studio Berlin Adlershof.

Produktion

Die Sendung wird im Auftrag des NDR von Wills eigener Produktionsfirma Will Media GmbH produziert. Die genauen Herstellungskosten werden nicht veröffentlicht, sie sollen sich Schätzungen zufolge jedoch bereits 2011 auf jährlich 7,85 Mio. Euro belaufen haben.[6]

Episodenliste

Einschaltquoten

Seit 2016 ist Anne Will die meistgesehene Talksendung im deutschen Fernsehen.[7] Während 2015 jede Sendung im Durchschnitt von 1,5 Millionen Zuschauer gesehen wurde,[8] erreichte sie nach einem Sendeplatzwechsel 2016 durchschnittlich 4,0 Millionen Zuschauer.[7] 2017 und 2018 wurden durchschnittlich 4,1 und 3,4 Millionen Zuschauer gemessen.[9][10]

Kritik

Das Konzept der Sendung und ihre Moderatorin wurden 2008 vom ARD-Programmbeirat kritisiert, weil es gegenüber der Sendung Sabine Christiansen nicht wesentlich geändert worden sei. Will gelinge es nicht, „auf Diskussionsverläufe flexibel zu reagieren“. Ferner wurden Probleme bei der Faktensicherheit moniert. Das „Timing der Sendung“ sei schlecht, da diese „oft abrupt“ ende. Beiträge führten „häufig zu Brüchen in der Diskussion.“[11] Auch Michael Hanfeld schrieb nach der ersten Sendung in der FAZ, Wills Moderation sei ungeschickt und die Stimmung unterscheide sich nicht vom Weltuntergangsszenario bei Sabine Christiansen.[12]

Friedbert Pflüger, CDU-Politiker und Mitglied des Rundfunkrates des RBB Berlin, forderte nach einer Ausstrahlung mit Klaus Wowereit von der ARD, die Talkshow abzusetzen: „Die Sendung Anne Will zeichnet sich immer mehr durch Un- und Halbwahrheiten und bewusste Verzerrung von Sachverhalten aus.“[13] Nachdem sich Will und Pflüger auf eine Richtigstellung geeinigt hatten, nahm Pflüger seine Forderung zurück.[14]

Regierungsnähe

Eine Sondersendung von Anne Will zur Flüchtlingskrise in Deutschland ab 2015 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel als einzigem Gast kommentierte Michael Hanfeld in der FAZ: „So nah kann ein öffentlich-rechtlicher Sender der Politik sein […] Beschwörungsformeln werden rund eine Stunde lang variiert, ohne dass die offen zu Tage tretenden Probleme, um die es bei der – fast hätten wir es vergessen – Flüchtlingskrise eigentlich geht, jemals konkret benannt würden […] Die Widersprüche, in die sich Angela Merkel im Laufe der Therapiesitzung bei Anne Will verwickelt, sind sonder Zahl. […] Die Journalistin fragt das alles brav heraus und hakt es ordentlich und freundlich lächelnd ab.“[15]

Eine weitere Sendung mit Merkel als einzigem Gast stufte Frank Lübberding in der Welt als „Anne Wills journalistische Kapitulationserklärung“ ein: „In einer betreuten Osteransprache in Interviewform durfte die Kanzlerin bei Anne Will ihre erratische Corona-Politik erklären.“[16]

Trivia

  • In den ersten Monaten der Corona-Pandemie waren in den Sendungen häufiger geschlechtsspezifische Personenbezeichnungen zu hören, sowohl als Beidnennung (Steuerzahler und Steuerzahlerinnen) als auch mit gesprochener Gender-Pause mit Glottisschlag bei Kurzformen (Steuerzahlerʔinnen).[17][18] Anfang 2018 hatte ein Fehler von Will beim Gendern der grammatisch neutralen Sachbezeichnung „Mitglied“ zu weiblichen Mitgliederinnen Aufsehen erregt (siehe Wortschöpfung „Mitgliederin“).[19]

Auszeichnung

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans-Peter Siebenhaar: Verdienen TV-Moderatoren zu viel? In: Handelsblatt. Nr. 169, 4. September 2013, S. 24.
  2. ndr.de
  3. NDR-Rundfunkrat genehmigt neuen Vertrag für Anne Will. In: epd medien. Nr. 40, 2015, S. 12.
  4. Norddeutscher Rundfunk, Pressemitteilung: „Anne Will“, „In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte“, Olympische Spiele: NDR Rundfunkrat stimmt Verträgen zu; Kritik an BDZV. In: Presseportal.de. 22. September 2017, abgerufen am 6. Juni 2021.
  5. Volker Nünning: Will, Plasberg, Maischberger: ARD-Talkshows bis 2023 verlängert. In: Medienkorrespondenz. 30. Oktober 2020, abgerufen am 6. Juni 2021.
  6. Michael Hanfeld: Fernsehhonorare: Wer was verdient. In: FAZ.net. 18. Februar 2011, abgerufen am 6. Juni 2021.
  7. a b TV-Hits: Die meistgesehenen Sendungen 2016. In: DWDL.de, 27. Dezember 2016
  8. TV-Hits: Die meistgesehenen Sendungen 2015. In: DWDL.de, 23. Dezember 2015
  9. TV-Hits 2017: Die meistgesehenen Sendungen des Jahres. In: DWDL.de, 28. Dezember 2017
  10. TV-Hits 2018: Die meistgesehenen Sendungen des Jahres. In: DWDL.de, 27. Dezember 2018
  11. jok: Anne Will: Watschn aus den eigenen Reihen. In: Focus Online. 19. März 2008, abgerufen am 20. Mai 2020 (zur Kritik des ARD-Programmbeirates).
  12. Michael Hanfeld: Fernsehkritik „Anne Will“: „Ich komme dann noch einmal“. In: FAZ.net. 17. September 2007, abgerufen am 20. Mai 2020 (Kritik der ersten Sendung).
  13. Meldung: Talkshow-Krach: CDU-Politiker will „Anne Will“ absetzen. In: Der Spiegel. 2. Juni 2008, abgerufen am 20. Mai 2020.
  14. Meldung (dpa): Anne Will: Moderatorin will Fakten richtigstellen. In: Focus Online. 7. Juni 2008, abgerufen am 20. Mai 2020.
  15. Michael Hanfeld: Angela Merkel bei Anne Will: So spricht die Kanzlerin der Herzen. In: FAZ.net. 8. Oktober 2015, abgerufen am 20. Mai 2020.
  16. Frank Lübberding: Lieblingsgast Angela Merkel: Anne Wills journalistische Kapitulationserklärung, Die Welt, 29. März 2021.
  17. Arno Frank: „Anne Will“ zu Corona-Hilfen der Bundesregierung: Nicht wie viel, sondern wofür. In: Der Spiegel. 25. Mai 2020, abgerufen am 15. September 2021; Zitat: „Anne Will verwendet geschlechtergerechte Sprache in ihrer Rede, sagt statt ‚Steuerzahler‘ schlicht ‚SteuerzahlerInnen‘ oder auch ‚Steuerzahler*innen‘, so genau weiß man’s nicht, es könnten ebenso gut ‚Steuerzahler:innen‘ sein.“
  18. Sabine Rennefanz: Kolumne: Gendern ändert nichts an der Benachteiligung von Frauen. In: Berliner-Zeitung.de. 16. Mai 2020, abgerufen am 15. September 2021 (archivierte Version); Zitat: „Überall wird inzwischen gegendert, in der Tagesschau, beim Spiegel, bei Anne Will.“
  19. Paul-Josef Raue: Anne Will in der Gender-Falle: Mitgliederinnen und Mitglieder. In: Journalismus-Handbuch.de. 22. Januar 2018, abgerufen am 15. September 2021.
  20. Preisverleihung Goldene Kartoffel 2019. In: NeueMedienmacher.de. 2. November 2019, abgerufen am 23. April 2020.