6. Armee (Wehrmacht)

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6. Armee

Truppenkennzeichen der 6. Armee

Truppenkennzeichen
Aktiv 10. Oktober 1939 bis 8. Mai 1945[1]
Staat Deutsches Reich NS Deutsches Reich
Streitkräfte Wehrmacht
Teilstreitkraft Heer
Typ Armee
Zweiter Weltkrieg Westfeldzug
Krieg gegen die Sowjetunion
Schlacht um Kiew (1941)
Schlacht bei Charkow (1942)
Unternehmen Blau
Unternehmen Braunschweig
Schlacht von Stalingrad
Operation Jassy-Kischinew
Oberbefehl
Liste der Oberbefehlshaber

Die 6. Armee/Armeeoberkommando 6 (AOK 6) war ein Großverband des Heeres der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges. Sie war Oberkommando jeweils wechselnder Armeekorps sowie zahlreicher Spezialtruppen. Die 6. Armee wurde besonders durch die Schlacht von Stalingrad bekannt. Einheiten der 6. Armee wurden im Krieg gegen die Sowjetunion bei Verbrechen der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD eingesetzt, u. a. beim Massaker von Babyn Jar.

Geschichte

1939 bis 1941

Das AOK 6 wurde am 10. Oktober 1939 durch die Umbenennung des AOK 10, das zuvor beim Angriff auf Polen eingesetzt war, bei der Verlegung in den Westen gebildet und unterstand hier der Heeresgruppe B. Im Mai und Juni 1940 nahm sie am Westfeldzug teil, wobei sie den linken Flügel der Heeresgruppe B bildete und als erste Phase (Fall Gelb) über Holland und Nordbelgien vorging. In der zweiten Phase (Fall Rot) ging sie über Somme und Oise auf Paris vor und nahm Orléans ein. Anschließend blieb sie bis zum April 1941 im Westen. Die 6. Armee wurde nach dem Westfeldzug „Bezwingerin der Hauptstädte“ genannt.

1941 bis 1942

Ab Beginn des Unternehmens Barbarossa unterstand die 6. Armee der Heeresgruppe Süd. Zusammen mit der Panzergruppe 1 rückte sie durch Wolhynien nach Osten vor, dabei wurden starke sowjetische Gegenangriffe in der Panzerschlacht bei Dubno-Luzk-Riwne zurückgewiesen.

Gliederung am 27. Juni 1941

Die 6. Armee war im September 1941 an der Schlacht um Kiew und im Mai 1942 an der Schlacht bei Charkow beteiligt. Dann operierte sie beim Fall Blau aus der Ukraine heraus in Richtung Don, der Anfang Juli 1942 überschritten wurde. In der Folge kämpfte sich die Armee nach der Kesselschlacht bei Kalatsch über den Don bis zur Wolga nach Stalingrad vor.

Schlacht von Stalingrad

Ende August 1942 begann die 6. Armee den Angriff auf Stalingrad und brachte, trotz hartnäckigen Widerstands der sowjetischen 62. Armee, große Teile der Stadt unter ihre Kontrolle. In den darauf folgenden monatelangen Straßen- und Häuserkämpfen gelang es der Wehrmacht nicht, das restliche Stadtgebiet zu erobern.

Von einigen deutschen Frontoffizieren zwar vorhergesehen, kam die im November 1942 beginnende Großoffensive Operation Uranus der Roten Armee für das OKH dennoch überraschend, da man die sowjetische Truppenkonzentration völlig unterschätzt und die daraus resultierende Bedrohung verkannt hatte. Ihr Resultat war der Einschluss der 6. Armee und weiterer deutscher und verbündeter Truppen, insgesamt fast 300.000 Mann, im Kessel von Stalingrad. Nach den Kriegstagebüchern der 6. Armee und Tagesmeldungen der Armeekorps befand sich am Stichtag 18. Dezember 1942 eine Verpflegungsstärke von 230.300 Deutschen und Verbündeten im Kessel, darunter 13.000 Rumänen. Außerdem weisen die Meldungen 19.300 sowjetische Gefangene oder sowjetische Hilfswillige aus.

Gliederung am 20. November 1942

Zwischen dem 31. Januar und dem 2. Februar 1943 stellte die 6. Armee den Kampf ein. Etwa 100.000 Soldaten der 6. Armee waren bis zum Ende der Kesselschlacht gefallen. Bis zum 24. Januar 1943 wurden 42.000 deutsche Verwundete, Kranke und Spezialisten ausgeflogen. 16.800 Wehrmachtsoldaten wurden nach sowjetischen Meldungen vom 10. bis 29. Januar 1943 gefangen genommen. Bei der Zerschlagung des Kessels in den letzten Januar- und ersten Februartagen ergaben sich weitere 91.000 Soldaten und gingen in sowjetische Kriegsgefangenschaft; sie wurden auf Auffanglager rund um Stalingrad verteilt. Die Rote Armee war anfangs mit der Versorgung und Betreuung der Kriegsgefangenen völlig überfordert, da man bei der Schließung des Kessels um die 6. Armee lediglich von rund 90.000 Mann Gesamttruppenstärke ausgegangen war. Durch die unzulängliche Ernährung im Kessel waren die deutschen „Kampfverbände“ körperlich dermaßen geschwächt, dass von den rund 90.000 bei der Kapitulation in Gefangenschaft geratenen Kriegsgefangenen nur noch etwa 33.000 in Arbeitslager verbracht werden konnten. Die Mehrzahl war bereits nach wenigen Tagen in den Auffanglagern gestorben, viele aus Schwäche, aber auch an Verwundungen und Seuchen. Die Fahrt der gewöhnlichen Soldaten in die Arbeitslager (zum Wiederaufbau der Sowjetunion) erfolgte in ungeheizten Bahnwaggons. Verpflegung gab es nur jeden dritten Tag, sodass auch hier die Sterberate noch hoch war. Nur 18.000 Gefangene, Mannschaften und Unteroffiziere – gefangene Offiziere kamen in besondere Lager – sollen nach Angaben die Arbeitslager erreicht haben. Nur 6.000 Soldaten und Offiziere der 6. Armee überlebten die Jahre der Gefangenschaft und kehrten in die Heimat zurück.

Am 3. Februar 1943 flog Leutnant Herbert Kuntz als letzter Versorgungsflieger über Stalingrad und konnte keine deutschen Truppen mehr beobachten. Dieses Datum gilt als das Ende der 6. Armee. Allerdings orteten Piloten der deutschen Luftwaffe in der Steppe um Stalingrad noch bis Mitte Februar 1943 Kleinsttrupps von bis zu fünf Mann, die versuchten, zu den deutschen Linien zu gelangen.

Nach neueren Berichten kämpften noch bis Ende Februar 1943 rund 10.000 deutsche Soldaten, versteckt im Untergrund, in der völlig zerstörten Stadt. Einige hatten, nach der Spaltung des Kessels gegen Ende Januar 1943, nicht von der erfolgten Kapitulation gehört, andere fühlten sich noch immer an den geleisteten Fahneneid gebunden.[4]

Nach der Neuaufstellung 1943

Am 6. März 1943 wurde die 6. Armee aus der in Südrussland kämpfenden Armeeabteilung Hollidt bei der neuen Heeresgruppe Süd neu aufgestellt. Sie hielt zunächst Linien am Mius und musste sich im Herbst 1943 aus dem Donezbecken an den Dnepr zurückziehen.

Gliederung am 4. Oktober 1943

Hier hielt sie bis Anfang 1944 einen Brückenkopf bei Nikopol, den sie im Februar 1944 räumen musste. Sie zog sich hinter den Ingulez und später hinter den Bug in das rumänische Besatzungsgebiet Transnistrien zurück, wo im April aus der Heeresgruppe Süd und der rumänischen 3. Armee die Armeegruppe Dumitrescu gebildet wurde. Nach weiteren sowjetischen Angriffen folgte der Rückzug hinter den Dnister. Im August 1944 erlitt der Verband als Teil der Heeresgruppe Südukraine bei der sowjetischen Operation Jassy-Kischinew schwere Verluste.

Gliederung am 20. August 1944

Aus den Resten der Truppe in Siebenbürgen abermals aufgestellt, bezeichnete man sie im September 1944 durch Unterstellung der ungarischen 2. Armee als Armeegruppe Fretter-Pico und von Januar bis März 1945 durch Unterstellung der ungarischen 3. Armee als Armeegruppe Balck. Der letzte Oberbefehlshaber, General der Panzertruppe Hermann Balck, kapitulierte im Mai 1945 in der Steiermark gegenüber den Amerikanern.

Kriegsverbrechen und Propaganda

Die 6. Armee war neben ihrer Hauptrolle als Kampfverband auch in die Eroberungs- und Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Regimes in der Sowjetunion einbezogen und somit an der Vollstreckung dieser Politik beteiligt. Ihre Niederlage in der Schlacht von Stalingrad wurde von der nationalsozialistischen Propaganda zum Mythos eines heldenhaften Opfergangs erhoben. In der deutschen Nachkriegsliteratur wurde sie zu einer von ihrer Führung gewissenlos „verratenen Armee“.

„Bereits im August 1941 machte sich die 6. Armee wissentlich zum Komplizen des Genozids“, schreiben Bernd Boll und Hans Safrian, die die Blutspur der 6. Armee bis Stalingrad verfolgt haben.[5] In der Zeit von 1941 bis 1943 arbeiteten Oberkommando und Einheiten der 6. Armee mit der SS und den Einsatzgruppen des SD beim Massenmord an den Juden, bei der Partisanenbekämpfung und bei der Aushungerung der Zivilbevölkerung zusammen.

Offiziere des XXIX. Armeekorps waren an der Planung des Massakers von Babyn Jar beteiligt, bei dem im September 1941 innerhalb von zwei Tagen über 33.000 Juden ermordet wurden. In Charkow bereitete das SS-Sonderkommando Sk 4a im Einvernehmen mit dem Generalstab und der Feldkommandantur eine „Judenaktion“ vor: im Dezember wurden mehr als 20.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Charkow in ein Barackenlager außerhalb der Stadt „evakuiert“ und anschließend von der SS erschossen oder in einem Gaswagen erstickt.[6] „Lange vor ihrem Angriff auf Stalingrad hatte die 6. Armee sich in eine genozidale Organisation verwandelt, zu deren Aufgabe die massenhafte Ermordung von Zivilisten gehörte“, stellt Erich Später zusammenfassend fest.[7]

Oberbefehlshaber

(Kapitulation – Neuaufstellung)

Gedenken in Deutschland

Zentrale Deutsche Gedenkstätte in Limburg

An einer zentralen Gedenkstätte in Limburg wird der Toten an einer Feuerschale gedacht.

Bei der Meinradkapelle in Inzigkofen wird im Park bei der Stalingradmadonna der Toten gedacht.[8]

Bei Ausschreitungen, die sich im Zusammenhang mit dem für den 12. April 1987 geplanten Landesparteitag der NPD in Sigmaringen ereigneten, wurde der Gedenkstein aus seiner Verankerung gerissen.[9]

Siehe auch

Literatur

  • Bernd Boll, Hans Safrian: Auf dem Weg nach Stalingrad. Die 6. Armee. 1941/42, S. 260 ff. In: Hannes Heer, Klaus Naumann (Hrsg.): Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944. Hamburg 1995, ISBN 3-930908-04-2.
  • Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 3: Die Landstreitkräfte 6–14. 2. Auflage. Biblio-Verlag, Bissendorf 1974, ISBN 3-7648-0942-6.

Einzelnachweise

  1. Burkhart Müller-Hillebrand: Das Heer. 1933–1945. Band III. Der Zweifrontenkrieg. Das Heer vom Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion bis zum Kriegsende. S. 278.
  2. Schramm: OKW-Kriegstagebuch Band 1, S. 1135.
  3. Schramm: OKW-Kriegstagebuch, Band 1, S. 1386.
  4. Verluste 6. Armee in Stalingrad (Memento vom 13. April 2013 im Internet Archive) Dokumentation auf PHOENIX „Stalingrad Teil 3 – Der Untergang“.
  5. Otto Köhler: Hitler ging - sie blieben. KVV konkret, Hamburg 1996, ISBN 3-930786-04-4, S. 131f
  6. Boll, Safrian: Auf dem Weg nach Stalingrad. Die 6. Armee 1941/42. S. 278 ff.
  7. Später, Erich: Der dritte Weltkrieg. Die Ostfront 1941-45. St. Ingbert 2015, S. 110.
  8. Meinradskapelle hat neue Paten. Abgerufen am 16. April 2019.
  9. Otto H.Becker: Hohenzollerische Heimat. Vierteljahresblätter für Schule und Haus. Hrsg.: Verein für Geschichte, Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern in Verbindung mit der hohenzollerischen Lehrerschaft. Nr. 2. Inzigkofen 1998, S. 61.