Béhierit

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Béhierit
Behierite-70408.jpg
Béhierit aus der Edelsteinmine Antsongombato, Gemeinde Andrembesoa, Vakinankaratra, Madagaskar (Größe: 3,8 cm × 3,3 cm × 2,6 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen
  • Behiérit[1]
  • Behierit
  • IMA 15-E[2]
Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Borate (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate)
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
6.AC.15 (8. Auflage: V/G.07)
24.01.10.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol ditetragonal-dipyramidal; 4/m 2/m 2/m[5]
Raumgruppe I41/amd (Nr. 141)Vorlage:Raumgruppe/141
Gitterparameter a = 6,21 Å; c = 5,48 Å[4]
Formeleinheiten Z = 4[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7 bis 7,5[6]
Dichte (g/cm3) gemessen: 7,86(5); berechnet: 7,91[6]
Spaltbarkeit deutlich nach {110} und {010}[6]
Bruch; Tenazität schwach muschelig
Farbe graurosa
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend
Glanz Diamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω > 2[7]
nε > 2[7]
Optischer Charakter einachsig positiv

Béhierit (ehemals Behierit) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Borate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ta(BO4)[3] und ist damit chemisch gesehen ein Tantal-Borat.

Béhierit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem und entwickelt pseudo-oktaedrische Kristalle bis etwa sieben Millimeter Größe. Als Tantal-Analogon des Minerals Schiavinatoit (Nb[BO4][4]) kann Béhierit mit diesem in Aggregaten verwachsen vorkommen. Allerdings ist bei natürlich entstandenen Béhieriten aufgrund der chemischen Ähnlichkeit der beiden Elemente sowieso meist ein Teil des Tantals durch Niob ersetzt (substituiert). Daher wird die chemische Zusammensetzung in verschiedenen Quellen oft auch als Mischformel mit (Ta,Nb)[BO4][4][6] angegeben. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten, stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zum Borat-Anteil des Minerals.

Das Mineral ist durchscheinend und weist auf den Oberflächen der graurosafarbenen Kristalle einen diamantähnlichen Glanz auf. Seine Strichfarbe ist jedoch weiß. Mit einer Mohshärte von 7 bis 7,5 gehört Béhierit zu den harten Mineralen und ist wie das Referenzmineral Quarz (Härte 7) in der Lage, Fensterglas zu ritzen.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Béhierit in den Pegmatiten von Manjaka (Ampakita; Sahananana) im Sahatany-Tal im Distrikt Antsirabe II der Region Vakinankaratra (Vàkinankàratra) auf der Insel-Republik Madagaskar. Analysiert und beschrieben wurde das Mineral erstmals 1961 durch M. E. Mrose und H. J. Rose, die es nach dem französischen Mineralogen Jean Béhier (1903–1965) benannten.

In der Erstbeschreibung sowie in älteren Publikationen ist der Mineralname in der Schreibweise Behierit (ohne Akut über dem ersten e) zu finden, was allerdings nicht den Vorgaben zur Mineralbenennung der IMA entspricht[8], nach der beispielsweise bei Mineralen, die nach einer Person benannt wurden, darauf geachtet werden muss, dass die Schreibweise des Namens übernommen wird (Ausnahmen sind lediglich Leerzeichen und Großbuchstaben, die beim Mineralnamen beseitigt werden). Eine Ausnahme mit der korrekten Schreibweise Béhierit bildet unter anderem die 1978 erfolgte Publikation der 16. Auflage von Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie.[9]

Die bei vielen Mineralen uneinheitliche Schreibweise ihrer Namen wurde mit der 2008 erfolgten Publikation Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks bereinigt[10] und 2015 im Newsletter 28 der IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) für einige fehlende Mineralnamen wie unter anderem Béhierit nachgeholt.[2] Béhierit wird seitdem international in der Schreibweise mit dem zugehörigen Akut geführt.[3]

Das Typmaterial des Minerals wird im National Museum of Natural History in Washington, D.C. (USA) unter der Katalog-Nr. 139602 aufbewahrt.[6]

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Béhierit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Inselborate“, wo er zusammen mit Sinhalit die „Sinhalit-Béhierit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/G.08 und dem weiteren Mitgliedern Pseudosinhalit und Schiavinatoit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Béhierit in die neu definierte Klasse der „Borate“ und dort in die Abteilung der „Monoborate“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der Struktur des Boratkomplexes, der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen und der Anzahl bestimmter Boratbaugruppen, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „B(O,OH)4, ohne und mit zusätzlichen Anionen; 1(T), 1(T) + OH usw.“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Schiavinatoit die „Béhieritgruppe“ mit der System-Nr. 6.AC.15 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Béhierit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate“ ein. Hier ist er ebenfalls zusammen mit Schiavinatoit in der unbenannten Gruppe 24.01.02 innerhalb der Unterabteilung „24.01 Wasserfreie Borate mit (A)2+XO4“ zu finden.

Chemismus

Die Elektronenstrahlmikroanalyse von Mineralproben aus der Grube Antsongombato in der Kommune Andrembesoa im an die Typlokalität angrenzenden Distrikt Betafo ergab eine durchschnittliche Zusammensetzung von [15,77] % B2O3 (berechnet aus der Stöchiometrie), 63,95 % Ta2O5 und 21,73 % Nb2O5. Die aus den Ergebnissen abgeleitete empirische Formel wird mit (Ta0.64Nb0.36)Σ=1.00BO4 angegeben.[6]

Im Vergleich dazu besteht die synthetische Verbindung (Ta,Nb)BO4 mit dem Stoffmengenverhältnis Ta : Nb = 1 : 1 aus 16,44 % B2O3, 52,18 % Ta2O5 und 31,38 % Nb2O5.[6]

Kristallstruktur

Béhierit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe I41/amd (Raumgruppen-Nr. 141)Vorlage:Raumgruppe/141 mit den Gitterparametern a = 6,21 Å und c = 5,48 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Die Kristallstruktur entspricht der von Zirkon.[4][11]

Bildung und Fundorte

Béhierit bildet sich in granitischen Pegmatiten. An seiner Typlokalität Manjaka im Sahatany-Tal (Distrikt Antsirabe II) fanden sich Albit, manganhaltiger Apatit, Elbait, Lepidolith, Pollucit und Quarz als Begleitminerale. In der genannten Grube Antsongombato (ebenfalls Region Vakinankaratra auf Madagaskar) traten noch Feldspat, Liddicoatit, Rhodizit und Schiavinatoit hinzu.[6]

Neben den bereits genannten Fundorten kennt man das Mineral bisher (Stand 2018) nur noch aus den Antandrokomby-Pegmatiten im Manandona-Tal (Distrikt Ambositra) in der Region Amoron’i Mania auf Madagaskar sowie aus den „Animikie Red Ace“- und den „Pine River“-Pegmatiten nahe Fern im Florence County des US-Bundesstaats Wisconsin.[12]

Siehe auch

Literatur

  • J. Behier: Travaux mineralogiques, Republique Malgache. In: Rapport Annuel du Service Geologique. 1960, S. 181–199 (rruff.info [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 16. Juni 2018]).
  • M. E. Mrose, H. J. Rose: Behierite, (Ta,Nb)BO4, a new mineral from Manjaka, Madagascar. In: Geological Society of America, Abstracts Annual Meetings. 1961, S. 111A–111A.
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 46, 1961, S. 765–770 (rruff.info [PDF; 383 kB; abgerufen am 16. Juni 2018]).
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 47, 1962, S. 414–420 (rruff.info [PDF; 502 kB; abgerufen am 16. Juni 2018]).
  • Commission on new minerals and mineral names. In: International Mineralogical Association (Hrsg.): Mineralogical Magazine. Band 36, 1967, S. 131–136 (rruff.info [PDF; 205 kB; abgerufen am 16. Juni 2018]).
  • Klaus-Jürgen Range, Manfred Wildenauer, Anton Michal Heyns: Extrem kurze nichtbindende Sauerstoff-Sauerstoff-abstände: Die Kristallstrukturen von NbBO4, NaNb3O8 und NaTa3O8. In: Angewandte Chemie. Band 100, Nr. 7, Juli 1988, S. 973–975, doi:10.1002/ange.19881000721.
  • U. Hålenius, F. Hatert, M. Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC): Newsletter 28. New minerals and nomenclature modifications approved in 2015. In: Mineralogical Magazine. Band 79, 2015, S. 1859–1864 (rruff.info [PDF; 81 kB; abgerufen am 16. Juni 2018]).

Weblinks

Commons: Béhierite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 732.
  2. a b U. Hålenius, F. Hatert, M. Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC): Newsletter 28. New minerals and nomenclature modifications approved in 2015. In: Mineralogical Magazine. Band 79, 2015, S. 1864 (rruff.info [PDF; 81 kB; abgerufen am 16. Juni 2018]).
  3. a b c IMA/CNMNC List of Mineral Names; März 2018 (PDF 1,65 MB)
  4. a b c d e f Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 335.
  5. Webmineral – Béhierite (englisch)
  6. a b c d e f g h Béhierite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 63 kB; abgerufen am 16. Juni 2018]).
  7. a b Mindat – Béhierite (englisch)
  8. Ernest H. Nickel, Joel D. Grice: The IMA Commission on New Minerals and Minerala Names: Procedures and Guidelines on Mineral Nomenclature, In: The Canadian Mineralogist, Band 36 (1998); PDF 328 kB, ab S. 8
  9. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 586 (Erstausgabe: 1891).
  10. Ernst A.J. Burke: Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks, In: Mineralogical Record, Band 39, Nr. 2 (März–April 2008); PDF 2,7 MB
  11. Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 534.
  12. Fundortliste für Béhierit beim Mineralienatlas und bei Mindat