Benutzer:Assayer/Otto Pittinger
Otto Pittinger (* 12. Februar 1878 in Wörth an der Donau; † 9. August 1926) war ein deutscher Arzt. Nach der Novemberrevolution 1918 gehörte er als Führer des Bundes Bayern und Reich zu den führenden Vertretern der bayerischen Wehrbewegung. Er gilt als treibende Kraft des bayerischen Separatismus und war 1922 in Putschpläne gegen die Weimarer Republik verwickelt, verlor aber gegenüber den radikalen Kräften der völkischen „vaterländischen Bewegung“ um Adolf Hitler, Ernst Röhm und Erich Ludendorff an Einfluss.
Leben
Werdegang
Der Sohn eines Brauerei- und Gutsbesitzers studierte nach dem 1897 abgelegten Abitur Medizin in München und Würzburg. Nach dem Staatsexamen 1902 promovierte er 1903 Über Zerreißung der Nabelschnur intra partum. Er leistete seinen Militärdienst ab und ließ sich als praktischer Arzt in Regensburg nieder. Dort arbeitete er als Bahnarzt und engagierte sich vor allem auf dem Gebiet der Säuglingsfürsorge. Er gehörte zu den Mitinitiatoren des Vereins zur Bekämpfung der Kindersterblichkeit in Regensburg. Der Verein richtete im Dezember 1909 in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Regensburg ein städtisches Säuglingsheim am Schulbergl mit angeschlossener Milchküche ein.
Während des Ersten Weltkrieges tat Pittinger zunächst in verschiedenen Lazaretten Dienst, unter anderem in Regensburg und Fürth. Seit dem Frühjahr 1915 leitete er ein Erholungsheim in Aucoisne, die Reinigungsanstalt Santes und andere Einrichtungen. Im Juni 1917 wurde wegen einer chronischen Erkrankung Pittingers Verwendungsfähigkeit aufgehoben. Pittinger wurde mit der Planung der Kriegersiedlung Unterhaching betraut, einer geförderten Kleinsiedlung für Kriegsbeschädigte und ihre Angehörigen, die 1921 gebaut wurde.
Organisator des bayerischen Rechtsextremismus
Organisation Pittinger und Bund „Bayern und Reich“
Nach der Revolution 1918 stellte sich Pittinger in den Dienst der bayerischen Wehrbewegung. Er baute in der Oberpfalz die Einwohnerwehr maßgeblich auf, wurde ihr Kreishauptmann und Chef des Landesbüros. Innerhalb der Führung bayerischen Einwohnerwehren und der Organisation Escherich vertrat er eine spätestens seit Mitte 1921 die radikale Position der Aktivisten, die darauf bauten, der Entente bei einem weiteren Vorrücken ins Reich eine „Bartholomäusnacht“ zu bereiten.[1] Als auf Druck der Alliierten die Einwohnerwehren im Juni 1921 endgültig verboten wurden, erhielt Pittinger von der bayerischen Staatsregierung unter Gustav von Kahr den Auftrag, die Wehrarbeit im Geheimen fortzuführen. Zu diesem Zweck gründete er am 22. Juni 1922 die Organisation Pittinger (Org.Pi), die sich auf die Ressourcen der Einwohnerwehr stützen konnte. Ziel war es, die Wehrarbeit in Bayern zu koordinieren, um als geheime Reserve im Bedarfsfall reguläre Militär- oder Polizeieinheiten verstärken zu können. Im Falle der Errichtung einer Diktatur sollte die Org.Pi die schnelle Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht ermöglichen, um Druck auf Frankreich ausüben zu können.
Pittingers Einfluss gründete sich nicht zuletzt darauf, dass er neben engen Verbindungen zu von Kahr, zum Kronprinzen Rupprecht von Bayern und zum Führer der BVP, Georg Heim, auch über die reichen Finanzen der Einwohnerwehren verfügte. Die finanziellen Zuwendungen etwa des bayerischen Industriellen-Verbandes an die Wehrverbände liefen grundsätzlich über die Org.Pi, von wo sie weiter verteilt wurden.[2] So finanzierte er aus diesen Mitteln den Einsatz des Freikorps Oberland gegen den Dritten polnischen Aufstand in Oberschlesien Mitte 1921[3] und versprach Max Bauer umfangreiche Mittel für dessen außenpolitische Aktivitäten. Aber auch Hermann Ehrhardt wandte sich im März 1921 an Pittinger mit der Bitte um finanzielle Unterstützung. Nach einer Absprache vom August 1921 unterstellte Ehrhardt seine geheime Organisation Consul (O.C.) unter Pittingers Oberleitung. Im Gegenzug wurde die O.C. weitgehend durch Pittinger finanziert und dadurch erst nach den Verhaftungen des Jahres 1921 bis zum Frühjahr 1922 als Neudeutscher Bund wieder aufgebaut.[4]
Ein weiterer wichtiger Faktor, der Pittingers Einfluss stärkte, war die Unterstützung, die er durch Ernst Röhm erfuhr. Röhm führte nach der offiziellen Auflösung der bayerischen Zeugämter Bamberg, Ingolstadt und München diese Institutionen unter seiner Leitung fort und kontrollierte dadurch die geheimen Waffenlager der Reichswehr und somit auch die Bewaffnung der bayerischen Wehrverbände.[2] Pittinger selbst versuchte, seine eigene Machtposition innerhalb der Wehrverbände auszubauen und ging mit Unterstützung des einflussreichen Erich Ludendorffs daran, die bisherige Führung der Organisation Escherich (Orgesch), nämlich Georg Escherich und Rudolf Kanzler, zu verdängen. Zunächst spielte Pittinger dazu seine Kenntnis einer Ungarn-Reise Kanzlers den Kärntner Heimwehrführen zu, die daraufhin verlangten, Kanzler müsse seine Position in der Organisation Kanzler räumen. Nach Kanzlers Rücktritt am 19. August 1921 installierte Pittinger seinen Vertrauensmann Hans Freiherr von Pranckh.
Da viele Verbände jedoch den Führungsanspruch des „Zivilisten“ Pittingern in Frage stellten, wurde Mitte 1922 der offizielle Bund Bayern und Reich gegründet. Die bisherigen Führer der Einwohnerwehren, Georg Escherich und Hermann Kriebel, hatten eigentlich einen „Strohmann“ für die Leitung der Organisation gesucht. Aber Pittinger gelang es mit Hilfe von Kahrs und des Befehlshabers der Reichswehr in Bayern, Arnold von Möhl, die alleinige Führung des Bundes zu übernehmen.[5]
Anschließend setzte Pittinger durch, dass Escherich, der in der Zwischenzeit sich hauptsächlich um die Fortführung der illegalen Arbeit der Orgesch in Norddeutschland bemüht hatte, in der Leitung der bayerischen Wehren auf den Posten eines Ehrenvorsitzenden abgeschoben wurde. Damit, so der Historiker Bruno Thoß war das Triumvirat Kahr-Pittinger-Ludendorff das neue faktische Zentrum der Wehren geworden. Allerdings verkannten Ludendorff und seine Anhänger dabei, dass Pittinger weit weniger radikal war, als es seine Äußerungen vermuten ließen, und dass er als Vertrauensmann Kahrs und Heims in seine neue Spitzenposition gekommen war. Für Pittinger war das vordringliche Ziel zunächst die Restauration Bayerns im Innern, verknüpft mit der Hoffnung auf außenpolitische Zugewinne im österreichischen Alpenraum, um ein territoriales und machtpolitisches Gleichgewicht mit Preußen herzustellen. Dann erst wäre an eine „Befreiung“ Deutschlands vom Süden her zu denken.[6]
Pittinger war führend an separatistischen Projekten in Bayern beteiligt, bei denen nicht nur bayerische Sonderrechte bewahrt, sondern auch eine vorübergehende Loslösung Bayerns vom Reich erwogen wurde. Er befürwortete nicht nur die Ablehnung des Republikschutzgesetzes, sondern holte auch Gutachten zur Schaffung einer bayerischen Binnenwährung ein. Darauf griff er während der Konfrontation Bayerns mit dem Reich im Herbst 1923 wieder zurück und schlug außerdem einen allgemeinen bayerischen Steuerstreik vor. Er unterstützte zwar auch den Plan, mit dem französischen Oberstleutnant Augustin Xavier Richert über die Versorgung Bayerns mit Kohle im Falle einer Trennung vom Reich zu verhandeln. Aber aller Wahrscheinichkeit war er nicht an den direkten Kontakten zu Frankreich und den rheinischen Separatiste beteiligt. [7] Seine Politik in Österreich verfolgte auch keine großdeutschen Ziele, sondern sollte im Sinne Heims Bayerns Machtstellung nach Süden und Südosten erweitern und absichern.[7] So bemühte sich Pittinger um eine Verständigung mit Ungarn, das inzwischen von Miklós Horthy autoritär regiert wurde. Er reiste Ende November 1921 selbst nach Budapest, wo er versuchte, Unterstützung für seine großbayerischen Pläne zu gewinnen, die westlichen Teile Österreichs bayerisch zu annektieren
Pittingers Gegner warfen ihm später vor, bayerische Ansprüche auf sämtliche österreichischen Kronländer mit Ausnahme Wiens und Niederösterreichs angemeldet zu haben. Pittinger verteidigte sch, er habe sich keineswegs festgelegt und wolle auch nicht die östlichen Kronländer preisgeben. Über diesen Punkt stritt er auch mit Oberst Max Bauer, ein ehemaliger Mitarbeiter Ludendorffs, der im August 1921 gemeinsam mit Hermann Ehrhardt in den Stab Pittingers eingetreten und in Wien die Abteilung übernomen hatte, die Kontakte zu monarchistischen Exilrussen und Exilukrainiern pflegte. Bauer hatte bereits im Sommer 1920 Pläne für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich entwickelt, dafür aber bereit erschien, das Burgenland zumindest zeitweilig an Ungarn abzutreten.[8] Einige österreichische Selbstschutzverbände unterstützen Pittingers Vorhaben. Die meisten entzogen sich nach deren Bekanntwerden aber seinem Einfluss.[9]
Über Oberst Bauer unterstützte Pittinger seit Juli 1921 auch Wilhelm Franz von Habsburg-Lothringen mit Geld in dessen Bestrebungen, eine unabhängige Ukraine zu errichten.[10] Nach dem Fiasko einer Invasion ukrainischer Exil-Nationalisten in der Sowjetrepublik Ukraine im November 1921, stellte Pittinger im Januar 1922 sehr zu Bauers Ärger seine Unterstützung ein.[11]
Zusätzlich geschwächt wurde Pittinger durch sein Geschäftsgebahren. Ein Organisationszentrum, das er 1921 als Treuhänder des illegalen Bundes mit dessen Mitteln gekauft hatte, erwarb er unter großem Verlust für den Bund selbst. (Nusser, 217)
Putschpläne
Pittingers Organisationen wurden Putschpläne nachgesagt. Bereits im November 1921 gab es Gerüchte, Pittinger plane anlässlich der Beisetzung des letzten bayerischen Königs Ludwig III. einen „Königsputsch“ zur Wiedereinführung der Monarchie. Pittinger hatte erklärt, die Restitution der Monarchie sei nur bei vorläufiger Sezession Bayerns aus dem Reich denkbar, dies aber kein zu hoher Preis für die Wiederherstellung des bayerischen Königtums. Als andere Verbände und Reichswehroffiziere deutliche Ablehnung signalisierten, ließ Pittinger die Äußerung dementieren und bestritt die Existenz solcher Pläne. Tatsächlich lehnte Kronprinz Rupprecht solche Pläne ab. und es ist nicht anzunehmen, dass Pittinger gegen den Willen des Kronprinzen gehandelt hätte.[12] Pittinger, Pöhner, Frick, Kahr, Reichel, Möhl und Epp beschlossen daraufhin, die Pläne auch ohne den Kronprinzen durchzuführen und ordneten telegraphisch eine Verschiebung der Beisetzung an. Pittinger plante, dass in Wien und Niederösterreich ein linker Putsch organisiert werden sollte, um einen Vorwand zu erhalten, in Österreich einzugreifen. Tirol und Salzburg sollten mit Bayern zur Alpenrepublik verschmolzen werden. Kräfte der österreichischen Landesregierung sollten durch deutsche Studenten des Baron Gömbös an der Grenze zum Burgenland gebunden werden. Kahr sollte überrascht werden. Die neue Alpenrepublik sah Pittinger als Ministerpräsident und Graf Soden als Außenminister vor. Kahr und Pöhner stoppten allerdings alle Pläne. Pittinger gab mit seinen Geldmitteln im Rücken allerdings erst auf, als auch die Freikorps und Erhardt ihre Gefolgschaft aufkündigten. (Nusser, 222)
Pittinger verkörperte "den Typ des christlich-konservativen bayerischen Föderalisten, der gefährlichen Utopien nachjagt". (Rape, 260)
Pittinger war nicht nur ein Gegner der Berliner Zeltralgewalt, sondern lehnte auch die demokratisch-parlamentarische Statsform ab. Im Sinne der Ständeideologie Othmar Spanns bezeichnete er 1921 die parlamentarische Demokratie als "Unglück für Deutschland" und setzte seine Hoffnungen in ein "Völkskönigstum" in einem ständisch regierten Gemeinwesen. (Rape, 260)
Pittinger außenpolitisches Konzept war allein von seinem Verständnis der bayerischen Interessen bestimmt. In Verbindung mit den österreichischen Heimwehren und der ungarischen Rechte plädierte er schon früh für eine umfassende Offensive gegen die Tschechoslowakei, um die großdeutsche Frage zu lösen. Dabei kalkulierte er, dass die Reichsregierung zugleich mit Polen in Konflikt geraten würde, sodass die norddeutsche Reichswehr gegen Böhmen und über polnisches Gebiet gegen die Slowakei marschieren sollte, während die bayerische Reichswehr nach Österreich ausweichen und sich mit der Heimwehr und der ungarischen Armee vereinigen sollte, um die Tschechoslowakei von Süden her zu besetzen. (Rape, 261f.)
Ab dem Sommer 1921 traf Pittinger weitreichende Absprachen mit in- und ausländischen Organisationen mit dem Ziel, den Donauraum zu Gunsten Bayerns, Ungarnrs und einer antikommunistischen Ukraine neu zu ordnen. So schloss er ein enges Bündnis mit dem Kreis um Erzherzog Wilhelm, um gegen die Bolschewisten in der Ukraine militärisch zu intervenieren. Deutsche Offiziere und Mannschaften sllten dazu einzeln eingeschleust werden, um eine rund 360.000 Mann starke Kolonistengruppe unter dem Arzt Dr. Flemmer zu unterstützen (Rape, 263)
Sobald er erkannte, dass diese Art der Neuordnung ein fernziel bleiben würde, konzentrierte sich Pittinger auf die Ausweitung des bayerischen Einflusses in Österreich. Dabei hatte er kein Interesse an der Annexion derjenigen Alpenländer, die nicht politisch mit dem bayerischen Regierungssystem übereinstimmten und wollte insbesondere Wien als sozialdemokratische Hochburg ihrem Schicksal überlassen. (Rape, 266)
Im November 1921 kam Pittinger mit der ungarischen Rechten überein. Er erhob Anspruch auf die österreichischen Kronländer mit Ausnahme Wiens und Niederösterreichs. Was er dabei den Ungarn als Gegenleistung anbot, ist nicht ganz klar. (Rape, 267) großbayerischer Staat
Im Sommer brachte Pittinger die österreichischen Heimwehren unter seine Kontrolle, indem er Freiherr von Pranckh als Nachfolger Kanzlers unter seinem Kommando installierte. (rape, 281f.) Um die Jahreswende 1921/22 stieß seine Infiltrationspolitik jedoch an Grenzen, und geriet zugleich zunehmend in Geldnöte, weil die Spendenbereitschaft der Mitglieder und Unterstützer abnahm. (282-4) Mitte 1922 mußte er vor den innerösterreichischen Achwioerigkeiten kapitulieren, zumal Seipel begann, die Heimwehrbewegung für österreichsiche Ziele zu nutzen. (Rape, -291)
Durch seine Unterstützung der O.C. war Pittinger auch in den politischen Rechtsterrorismus während der frühen Weimarer Republik verwickelt. Nach der Ermordung Matthias Erzbergers wurde Pittingers Rechtsberater und Verbindungsmann Adolf Müller als Mittelsmann der Attentäter Heinrich Tillessen und Heinrich Schulz ermittelt. Bei einer Haussuchung der Wohnung Pittingers am 22. Februar 1922 kam die Verbindung zu Ehrhardt zu Tage.[13]
Am 6. und 7. Juli trafen sich Vertreter des Bundes Oberland, der Org.Pi und der Regimentsvereine, um eine gemeinsame Linie gegen das sich abzeichnende Republikschutzgesetz zu vereinbaren. Über einen Lieferstreik auf dem Lande sollte die Arbeiterschaft zum Aufstand provoziert werden, um anschließend die gesamten Wehrverbände dagegen einzusetzen. Es handelte sich, so der Historiker Martin Sabrow, um einen „Fahrplan zum Bürgerkrieg“.[14]
Nach einer großen Demonstration der verschiedenen „vaterländischen Verbände“ Bayerns gegen das Republikschutzgesetz mit ca. 50.000 Teilnehmern am 16. August 1922 wurden die Putschpläne konkreter. Pittinger, Ernst Röhm und der Münchner Polizeipräsident Ernst Pöhner erwogen, anläßlich einer weiteren Protestversammlung am 25. August einen Putsch zu versuchen und weihten auch Adolf Hitler sowie in ihre Pläne ein. Durch die Mobilisierung der Wehrverbände sollte zunächst Ministerpräsident Hugo Graf von und zu Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg gezwungen werden, abzudanken. Möhl sollte dann Kontakt zur Reichswehrführung unter Hans von Seeckt aufnehmen, um auch Reichspräsident Friedrich Ebert unter Druck zu setzen. Bei der bayerischen Reichswehrführung unter Franz Ritter von Epp stieß der Plan auf Wohlwollen. Als die eingeweihten Offiziere allerdings zurücksteckte, nahm Pittinger über Pöhner mit Adolf Hitler Kontakt auf. Die Ausrufung Kahrs zum Diktator sollte während der Veranstaltung das Signal zum Losschlagen sein. Allerdings setzte Pittinger seine Vorbereitungen nur sehr zaghaft fort. Er mobilisierte die Mitglieder seines Bundes nur teilweise und unternahm auch nichts, als die Staatsregierung die Versammlung kurzfristig verbot. So versammelten sich letztlich nur einige Tausend Nationalsozialisten, die, anstatt zu putschen, angeführt von Pittinger, Hitler und Rudolf Kanzler in den Münchner-Kindl-Bierkeller weiterzogen.[15] [16]
Pittinger geriet nun innerhalb der Vaterländischen Verbände verstärkt unter Druck, da die radikalen Kräfte um Ernst Röhm und Erich Ludendorff seinen eher monarchistisch-föderalistischen Kurs ablehnten. Der Historiker Hans Mommsen sieht Pittinger dabei als treibende Kraft des bayerische Separatismus. Pittinger habe im Herbst 1922 die Vorstellung verfolgt, mit von Kahr, Pöhner und von Epp einen Regentschaftsrat zu errichten, der von Frankreich mit Geld, Waffen und diplomatisch unterstützt worden wäre. Das Auffliegen dieser dilettantisch betriebenen Verschwörung, so Mommsen, stellte den bayerischen Separatismus bloß.[17]
Dabei ging es weniger um Fragen, wie Nationalismus, die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie, Antimarxismus und Antisemitismus, über die im wesentlichen Einigkeit herrschte, sondern die revolutionäre Ausrichtung, für die insbesondere Röhm stand. Röhm hatte Pittinger im Zusammenhang mit dem abgeblasenen Putsch der Feigheit geziehen, während für Hitler Pittinger erledigt war.[18][5] Zwar gründete Pittinger noch am 9. November 1922 die Vaterländischen Verbände Bayerns als Sammlungsbewegung. Aber radikale Verbände wie der Bund Oberland oder der Bund Wiking weigerten sich beizutreten. Hitlers NSDAP trat zwar bei, aber im Januar 1923 schon wieder aus, als Röhm die Gründung der Arbeitsgemeinschaft vaterländischer Kampfverbände initiierte, die im Februar 1923 erfolgte.
Hitler-Putsch und danach
Während des Krisenjahrs 1923 war Pittinger ein Gegner der legalen Staatsregierung und unterstützte den Generalstaatskommissar von Kahr. Beim Hitler-Ludendorff-Putsch am 9. November 1923 befahl er in Kahrs Namen die Errichtung von Straßensperren, hinterließ aber den eindruck, vom Sturz der parlamentarischen Regierung begeistert zu sein. Vermutlich hoffte er, dass Kahr selbst an die Macht kommen würde.[19] Zwar war die Entscheidung, den Bund Bayern und Reich nicht zu Gunsten der Putschisten einzusetzen, entscheidend für das Scheitern des Putsches. Gleichzeitig zeigte sich aber auch, dass der Bund sich nicht gegen eine rechtsradikale Revolte stellen würde.[20] Nach am 1. Dezember 1923 verfügten Entwaffnung der Wehrverbände setzte Pittinger im Bund Bayern und Reich seine Linie durch, fortan vor allem Propaganda- und Schulungsarbeit zu leisten, sich von den Radikalen abzugrenzen und an die Bayerische Volkspartei (BVP) anzulehnen. Sein Bund verlor aber allerdings viele Aktivisten an die Radikalen um Hitler und damit an Einfluss. Pittinger starb an den Folgen eines Autounfalls auf der Rückreise von der Adria.
In Unterhaching sind ein Platz und eine Straße nach Otto Pittinger benannt.
Einzelnachweise
- ↑ Bruno Thoss: Der Ludendorff-Kreis 1919-1923. München als Zentrum der mitteleuropäischen Gegenrevolution zwischen Revolution und Hitler-Putsch. Wölfle, München 1978, ISBN 3879130876, S. 160.
- ↑ a b Thoß, Ludendorff-Kreis, S. 176.
- ↑ Altendorfer: Fritz Schäffer, S. 176.
- ↑ Thoß, Ludendorff-Kreis, S. 177; Martin Sabrow: Der Rathenaumord. Rekonstruktion einer Verschwörung gegen die Republik von Weimar. R. Oldenbourg, München 1994, S. 44.
- ↑ a b Harold J. Gordon:
- ↑ Thoß, Ludendorff-Kreis, S. 178-181.
- ↑ a b Rape, Heimwehren, S. 234f.
- ↑ Fenske, 130-133.
- ↑ Vogt, Bauer, S. 345.
- ↑ Snyder, Red Prince, ?
- ↑ Vogt, Bauer, S. 346
- ↑ Fenske, 178f.
- ↑ Martin Sabrow: Der Rathenaumord. Rekonstruktion einer Verschwörung gegen die Republik von Weimar. R. Oldenbourg, München 1994, S. 25.
- ↑ Martin Sabrow: Der Rathenaumord. Rekonstruktion einer Verschwörung gegen die Republik von Weimar. R. Oldenbourg, München 1994, S. 201.
- ↑ Fenske, 182-184
- ↑ Ian Kershaw: Hitler. 1889-1936. DVA, Stuttgart 1998, S. 226f.
- ↑ `Hans Mommsen: Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar 1918-1933. Ullstein, Berlin 2001, S. 200.
- ↑ Fenske, 185
- ↑ Gordon, 330
- ↑ Gordon, 364f.