Benutzer:BS Thurner Hof/Abstammung, Empfängnis und Geburt des Jesus von Nazaret

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Giotto di Bondone, Die Geburt Jesu, 13. oder frühes 14. Jahrhundert

Die Abstammung, Empfängnis und Geburt Jesus von Nazarets wird im Matthäus- und im Lukas-Evangelium beschrieben. Daneben gibt es auch Berichte wie die des Protoevangeliums des Jakobus, die gleichfalls diese Geburt und die Empfängnis zum Thema haben. Sie zählen als apokryphische Schriften nicht zum biblischen Kanon, haben aber ebenso wie bestimmte Stellen des Alten Testaments eine Bedeutung für die Ikonografie der Ereignisse rund um die Geburt Jesus von Nazarets. So findet sich in beiden Evangelien keine Passage, die Joseph als alten Mann beschreibt noch wird von einem Ochsen oder Esel berichtet, die während der Geburt anwesend sind. Diese Darstellungsweise geht auf das Protoevangelium von Jakobus zurück beziehungsweise auf das alttestamentarische Buch Jesaja.

Die für das Christentum entscheidenden Passagen finden sich in den beiden Evangelium von Matthäus und Lukas, die beide nach weitem wissenschaftlichen Konsens in den letzten zwei Jahrzehnten des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung entstanden. Beide Evangelien widersprechen sich in wesentlichen Details oder berichten unterschiedliche Ereignisse. So unterscheidet sich beispielsweise die patrilineare Stammlinie des Jesus von Nazaret in beiden Evangelien und während bei Lukas die Geburt in einem Stall stattfand spricht Matthäus von einem Haus. Nur bei Matthäus wird vom Stern von Bethlehem, dem Kindermord durch Herodus, dem Besuch der drei Weisen aus dem Morgenland und der Flucht nach Ägypten berichtet. Vom Besuch Marias bei Elisabeth, der Anbetung durch die Schafhirten und der Beschneidung Jesus erzählt nur Lukas. Beiden gemeinsam ist, dass sie Jesus von Nazaret als den verheißenen Messias darstellen, der von David abstammt.

Eine große Anzahl moderner Wissenschaftler halten die Geburtsgeschichte in den beiden Evangelien für zwei nicht miteinander zu vereinbarende Erzählungen. Ed Parish Sanders hat sie als den eindeutigsten Fall von Erfindung bezeichnet, der sich in den Evangelien finden lässt.[1] Geza Vermes hält sie für eine spätere Einfügung, da sie sowohl im Matthäus- als auch Lukas-Evangelium die Funktion einer Vorgeschichte zur eigentlichen Handlung haben und weder in diesen beiden Evangelien noch im verbleibenden Rest des Neuen Testaments auf die Geburtserzählungen Bezug genommen wird.[2]

Die Stammlinie

In zahlreichen Büchern der Bibel werden Stammlinien aufgeführt, die der männlichen Linie folgen. Mit ihrer Aufzählung wird in der Regel mindestens eine von drei Funktionen erfüllt:[3]

  • Sie sind ein Hilfsmittel zur Einordnung bestimmter Ereignisse in einem zeitlichen Kontext
  • Sie belegen die Legitimität von Königen und Hohen Priestern, deren Abstammung auf das Hause David zurückgehen musste.
  • Sie legitimieren jüdische Priester, die im Tempel ein vom Vater auf den Sohn vererbtes priesterliches Amt wahrnahmen und die in einer Erblinie von Aaron aus dem Hause Levi stehen müssen. Seine Nachkommen wurden nach Dtn 18,1-8 LUT allein zum Priesterdienst für alle Israeliten erwählt.

Zur Legitimation der Messiasrolle war für Jesus von Nazaret eine Abstammung von David wesentlich. Das Matthäus-Evangelium beginnt mit der Aufzählung, die diese Ahnenreihe belegt. Im Lukas-Evangelium kommt die Abstammung von Jesus erst bei der Taufe durch Johannes zur Sprache. Beide Evangelisten beenden ihre Abstammungslinie mit der Nennung von Joseph. Die Besonderheiten der Vaterrolle Josephs werden im Abschnitt behandelt.

Die Abstammung Jesu nach dem Matthäus-Evangelium

Matthäus leitet sein Evangelium mit der Stammlinie Jesu ein und weist dort darauf hin, dass zu den Vorfahren Jesu sowohl Abraham als auch David gehöre. Nach der Stammlinie gemäß Matthäus trennen Jesus von Abraham 42 und von David 28 Generationen. Ungewöhnlich ist, dass Matthäus in seiner patrilinearen Ahnenreihe fünf Frauen nennt. Eine Erwähnung von Maria ist wegen ihrer besonderen Rolle zu erwarten. Die Nennung der weiteren vier Frauen erfolgt unter Beibehaltung der männlichen Linie: Judah war der Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar…. Salmon war der Vater von Boas; dessen Mutter war Rahab. Boas war der Vater von Obed; dessen Mutter war Rut …. David war der Vater von Solomon, dessen Mutter die Frau des Urija war. (Mt 1:1 – 6, Eu)

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Juda und Tamar, Rembrandtschule, 17. Jahrhundert

Von den vier genannten Frauen kennzeichnen sich drei durch einen ungewöhnlichen Lebensweg. Die Kanaaniterin Tamar war zunächst mit Er, dem Sohn von Juda verheiratet (Gen 38:2 Eu). Nach dem Tod ihres Mannes weigerte sich Judah, sie mit seinem letzten überlebenden Sohn zu verheiraten. Zur Wahrung ihres Rechtes, der Familie einen Sohn zu gebären, griff Tamar auf einen Kniff zurück. Als vorgebliche Straßenprostituierte verführte sie ihren Schwiegervater ohne von ihm erkannt zu werden und zeugte mit ihm Zwillingssöhne. Rahab war eine Jerichoer Prostituierte, die ihre Ehre jedoch wieder herstellte als sie die Leben der von Josua nach Kanaan entsendete Spione rettete (JosEU). Bathseba beging mit David Ehebruch, wobei das Alteste Testament David für diesen Ehebruch verantwortlich machte, der darüber hinaus Bathshebas Ehemann Urija in den Tod schickte (2 Sam 11 EU). Lediglich Rut führte, von ihrer vorehelichen Verführung von Boas abgesehen, unter den vier genannten Frauen ein weitgehend tadelloses Leben. Allen vier Frauen ist gemeinsam, dass es sich bei ihnen nicht um Jüdinnen handelt. Der Theologe Geza Vermes hält es für wahrscheinlich, dass Matthäus mit der Nennung dieser vier Nichtjüdinnen die Bedeutung von Jesus von Nazaret auch für nichtjüdischen Personen unterstreichen wollte.[4]

Matthias folgt in seiner Abstimmungslinie vom Davidsohn Salomo bis Jojachin und Serubbabel weitgehend dem Buch der Könige (2 Kön 24 EU). Als Sohn Serubbabel und Vorfahre Jesu nennt er wie Lukas einen Nachkommen, den das Alte Testament in seiner Aufzählung der Söhne Serubbabel nicht kennt (1 ChrEU). Alle Nachkommen nach Serubbabel sind gleichfalls durch keine heute bekannte Quelle belegt. Geza Vermes vermutet, dass die Abstammungslinie wahrscheinlich nicht von Matthäus erfunden ist, sondern dass sie einer anderen, der Bibel nicht bekannten Abstammungslinie entstammt, die sich an rabbinische Literatur oder einer Quelle Josephus anlehnt.

Die Abstammung Jesu nach dem Lukas-Evangelium

Die Abstammungslinie, die Lukas für Jesus von Nazaret nennt, geht bis auf Adam zurück. Sie ist nicht nur deshalb erheblich länger als die von Matthäus aufgeführte (LkEU). Beide Evangelisten führen von Abraham bis David die gleichen Namen auf, unterscheiden sich jedoch ab David sehr weitgehend sowohl in der Anzahl der genannten Personen als auch in Bezug auf ihre Namen. Nach Lukas liegen zwischen David und Jesus von Nazaret 42 Generationen und nicht 28 wie bei Matthäus. Jesus von Nazaret stammt in dieser Ahnenreihe auch nicht durch den jüdischen König Salomo von David ab sondern durch den Davidsohn Nathan, dessen Nachfahren niemals als König herrschten. Frauen werden in dieser Abstammungslinie nicht erwähnt.

Im Vergleich zu Matthäus ergibt sich, beginnend mit David, folgende Stammlinie:[5]

Matthäus Lukas Matthäus (fortgesetzt) Lukas (fortgesetzt)
David David Abihud Resa
Salomo Natan Johanan
Rehabeam Mattatha Joda
Abija Menna Josech
Asa Melea Schimi
Joschafat Jonam Eljakim Mattitja
Josef Azor Mahat
Juda Naggai
Simeon Zadok Hesli
Joram Levi Nahum
Usija Mattat Achim Amos
Jotam Jorim Eliud Mattitja
Ahas Eliëser Josef
Hiskija Joschua Eleasar Jannai
Manasse Er Melchi
Amon Elmadam Levi
Joschija Kosam Mattan Mattat
Addi Jakob Heli
Melchi Josepf Josepf
Jechoniah Neri Jesus von Nazaret Jesus von Nazaret
Schealtiël Schealtiël
Serubbabel Serubbabel

Die Abstammungslinien aus theologischer Sicht

Das Problem der nicht übereinstimmenden Abstammungslinien hat Theologen bereits sehr früh in der Geschichte der Christenheit beschäftigt. Eusebius von Caesarea erklärte die Widersprüche über die in der Tora verankerte Leviratsehe und berief sich dabei auf eine nicht erhaltene Schrift von Sextus Iulius Africanus.[6] Nach Dtn 25,5-10 EU war ein Mann verpflichtet, seine Schwägerin zu heiraten, wenn sein Bruder kinderlos verstorben war, damit dessen Erbteil erhalten blieb. Der erste männliche Nachkomme dieser Verbindung galt rechtlich als Erbe des verstorbenen Bruders. Nach Auffassung von Julius Africanus führt die eine Linie die biologischen Väter auf, die andere Linie die Väter aus rechtlicher Sicht.[7] Angesichts der geringen Übereinstimmung der beiden Listen hätte es dann in nahezu jeder Generation solche Schwagerehen gegeben. Andere Theologen haben die signifikanten Unterschiede damit erklärt, dass Matthäus die Abstammungslinie Josephs aufführt und Lukas die Marias. Es gibt aber in Lukas-Evangelium keinerlei Hinweise darauf, dass es sich um die Abstammungslinie, die mit Joseph endet, um die Mariens handeln könnte. Eine weibliche Linie war in einem jüdischen Kontext außerdem bedeutungslos.[8] Fritz Rienecker sieht das anders und erklärt die Unterschiede ausgehend von den Regelungen über die Erbtöchter aus Num 27,8 EU. Wenn ein Mann starb, aber nur Töchter und keine Söhne hinterließ, so waren seine Töchter erbberechtigt: Der Mann einer Erbtochter musste sich in das Geschlecht ihres Vaters einschreiben lassen und bekam dadurch gleichsam 2 Väter (Neh 7,63; 1 Chro 2,21 u. 22. Vgl. 4. Mo 32,41).[9]

Geza Vermes verwirft die These, dass die beiden Evangelisten im Sinne einer pia fraus ihre jeweiligen Stammlinien selbst konstruierten, um die theologisch wichtige Abstammung Jesus von David belegen zu können. Für wahrscheinlicher hält er es, dass Lukas und Matthäus bei der Aufstellung ihrer Ahnenreihen auf im Umlauf befindliche Ahnentafeln zurückgriffen und dabei unterschiedliche verwendeten. Es gibt mehrere Indizien, dass solche Ahnenreihen im Umfeld der beiden Evangelisten gab. Der Rabbiner Hillel konnte seine Abstammung auf David zurückführen. Sextus Julius Africanus berichtete in seiner durch Eusebius von Caesarea überlieferten Ausführungen, dass noch im 3. Jahrhundert einzelne, in Nazaret lebende Personen private Dokumente besaßen, die eine Abstammung vom jüdischen Königshaus belegten. Auch Eusebius von Caesarea berichtet in seiner Kirchengeschichte, dass Kaiser Domitian gegen Ende des 1. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung gezielt versuchte, die Nachkommen Davids zu verfolgen. Auch dies ist ohne entsprechende überlieferte Stammlinie nicht vorstellbar.[10]

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Domenico Ghirlandaio, Mariä Heimsuchung, 1491. Die schwangere Maria und Elisabet begegnen einander

Die Jungfräulichkeit Mariens und die Vaterrolle Josephs

Das Alte Testament berichtet von mehreren ungewöhnlichen Schwangerschaften. Sara bringt Isaak erst in einer Lebensphase zur Welt, in der sie bereits die Menopause erreicht hat (Gen 18,11 EU). Nach dem alttestamentarischen Text hat Sara zum Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft bereits das 90. Lebensjahr überschritten (Gen 18,12 EU). Die alttestamentarischen Frauenfiguren Rebekka, Rachel, Lea und Hanna, die Mutter des Propheten Samuel empfangen erst nach langen Gebeten. Ähnliches wiederholt sich bei der neutestamentarischen Elisabet, der Mutter von Johannes dem Täufer (Lk 1,7 EU, Lk 11 EU, Lk 18 EU,Lk 57 EU). In der biblischen Vorstellungswelt trug allein die Frau die Verantwortung für ausbleibende Nachkommenschaft. „Nehme ich etwa die Stelle Gottes ein, der dir die Leibesfrucht versagt“, antwortet Jakob seiner Frau Rachel als sie versucht, ihn für die kinderlose Ehe verantwortlich zu machen (Gen 30,2 EU). Immer ist es Gott, der eingreift und den „Schoß dieser Frauen öffnet“. Eine Schwangerschaft durch göttlichen Eingriff war der jüdischen Vorstellungswelt nicht fremd als Lukas und Matthäus ihre jeweiligen Evangelien schrieben. Das Alte Testament kennt sogar Nachwuchs von Gottessöhnen und Menschentöchtern (Gen 6,4 EU), wobei unter Gottessöhnen nach jüdischer Auffassung Engel zu verstehen waren.[11] Das Alte Testament spricht auch vom Gott, der einen Sohn zeugt: „Mein Sohn bist du. Heute habe ich dich gezeugt“, heißt es in Ps 2,7 EU. Anders als in der griechisch-römischen Kultur, wo in zahlreichen Mythen Götter mit Menschen Nachwuchs zeugen, war dies jedoch in einem metaphorischen Sinne gemeint.[12]

Die ältesten neutestamentarischen Schriften stammen von Apostel Paulus aus den Jahren 50 bis 60 unserer Zeitrechnung. Im Galater-Brief schreibt er: Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau... (Gal 4,4 EU). Im Römer-Brief schreibt Paulus von Gottes Sohn, der dem Fleisch nach geboren ist als Nachkomme Davids, der dem Geist der Heiligkeit nach eingesetzt ist als Sohn Gottes in Macht seit der Auferstehung von den Toten (Röm 1,3 EU) Dies sind die älteste Erwähnungen der Geburt Jesu im Neuen Testament und an ihnen weist nichts auf eine ungewöhnliche Schwangerschaft oder Geburt hin. Jesus von Nazaret ist nach seiner Geburt und Abstammung hiernach ein Mensch. Erst durch einen geistigen Akt wird er zum Sohn Gottes. Nur das Matthäus und das Lukas-Evangelium sprechen von einer Jungfräulichen Geburt und einer Frau, die durch den Heiligen Geist empfängt.

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Josefs Traum, Wandgemälde aus dem 7. Jahrhundert

Die Jungferngeburt im Matthäus-Evangelium

Der Autor des Matthäus-Evangeliums verweist an mehreren Stellen auf Prophezeiungen des Alten Testaments, um die besondere Bedeutung von Jesus zu unterstreichen. Von der zentralen Bedeutung für die Weihnachtsgeschichte ist Jes 7,14 EU: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel (Gott mit uns) geben lautet der Text der Einheitsübersetzung. Die Übersetzung dieser Stelle weist eine Reihe spezifischer Probleme auf. Im hebräischen Text wird hier für Jungfrau die Wendung almah verwendet, ein eher neutraler Begriff, der von einer jungen Frau, aber nicht notwendigerweise von einer Jungfrau spricht. Der Begriff almah taucht auch an anderen Stellen der Bibel auf, etwa im Hohen Lied Hld 6,8 EU, wo es heißt: Sechzig Königinnen (hat Salomo), achtzig Nebenfrauen und Mädchen ohne Zahl. In JesEU steht der Begriff in einem Kontext, der auf eine jung verheiratete Frau hindeutet, die bald einen Sohn empfangen wird.

Es besteht heute weitgehender Konsens, dass das Matthäus-Evangelium ursprünglich in Griechisch und nicht in Hebräisch verfasst wurde.[13] Geza Vermes geht davon aus, dass Matthäus für alttestamentliche Referenzen die Septuaginta, die altgriechische Übersetzung des Tanach, benutzte. In dieser wurde für almah der griechische Begriff parthenos verwendet, der die Bedeutung Jungfrau hat. Der griechisch-sprachigen Leserschaft wurde damit nahegelegt, dass Jesaja eine Jungferngeburt prophezeit hatte und dass Maria als Jungfrau Jesu gebar.[14] Die gesamte Einleitung ist so aufgebaut, dass sie dies unterstreicht. Zentrale handelnde Figur ist Josef (Mt 1,18 EU bid Mt 1,25 EU):

....Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.

Die kurze Textpassage fällt durch zweierlei Besonderheiten auf. Der Name Immanuel wird übersetzt, was für eine hebräische Zuhörer- oder Leserschaft nicht nötig wäre. Matthäus betont mit den Wendungen „noch bevor sie zusammengekommen waren“ und „erkannte sie aber nicht“, dass Josef mit Maria keinen Geschlechtsverkehr hatte, bis sie Jesus zur Welt brachte.

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Rossetti, Verkündigung, 1850
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Conrad von Soest: Die Geburt Christi, 1404.

Die Jungfrauengeburt im Lukas-Evangelium

Im Lukas-Evangelium ist Maria die handelnde Person (Lk 1,28 EU):

Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.

Die Weise, in der Lukas diese Verkündigung durch den Erzengel Gabriel erzählt, lässt nicht unbedingt auf eine jungfräuliche Geburt schließen. Der Erzengel verweist auf Elisabet, die Gott fruchtbar werden ließ. Nicht zweifelhaft ist es, dass Joachim der Vater dieses Kindes ist. Es gibt im Lukas-Evangelium nur zwei Stellen, die die Idee einer jungfräulichen Geburt unterstützen. Im Lukas-Evangelium wird Maria noch nach der Geburt als Josefs Verlobte bezeichnet. Und in der Stammlinie, die Lukas wiedergibt, wird Josef als der bezeichnet, der als Jesus Vater galt (Lk 3,23 EU). Geza Vermes hält beide Stellen für spätere Einfügungen und verweist darauf, dass in den ältesten lateinischen und syrischen Übersetzungen Maria noch als Josefs Frau bezeichnet wird. [15]

Die Jungfrauengeburt als Neuinterpretation des Glaubens

Geza Vermes weist darauf hin, dass es keinen biblischen Grund für eine jungfräuliche Geburt gab. Weder im Alten Testament noch im intertestementaren Judentum war die Vorstellung verbreitet, dass der Messias auf diese Geburt geboren wurde.[16] Es ist weitgehender wissenschaftlicher Konsens, dass eine solche Neuinterpretation der Geburt erst beim Übergang des frühchristlichen Glaubens von einem jüdisch-palästinensiche in die eine hellenistischen Kulturkreises entstand.

Josef

Nazaret und Bethlehem

Feier der Geburt

Die Geburt Jesu ist eines der zentralen Feste des Christentums. In der westlichen Kirche wird dieses Fest spätestens seit dem Jahre 334 am 25. Dezember gefeiert. Die Ostkirche begeht dieses Fest in der Regel am 6. Januar.

Einzelnachweise, Literatur und Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sanders, Sohn Gottes, S. 8x (richtige Seitenzahl folgt)
  2. Vermes, Jesus, der Jude, S. 196
  3. Vermes, The nativity, S. 26
  4. Vermes, The nativity, S. 31
  5. Vermes, S. 38- 40
  6. Eusebius, Kirchengeschichte 1:7 und 6:31
  7. Vermes, The nativity, S. 42
  8. Vermes, The nativity, S. 42
  9. Fritz Rienecker: Wuppertaler Studienbibel, Band Matthäus, S. 14
  10. Vermes, The nativity, S. 44
  11. Vermes, The nativity, S. 53 -54
  12. Vermes, The nativity, S. 54 – 56
  13. Bart Ehrman: Jesus: Apocalyptic Prophet of the New Millennium, Oxford University Press, S.43
  14. Vermes, The nativity, S. 67 - 71
  15. Vermes, The nativity, S. 78
  16. Vermes, Jesus, der Jude, S. 197

Literatur

Für die in üblichen Zitierweise aufgeführten Bibelstellen wird die deutsche Einheitsübersetzung verwendet.

  • Bart Ehrman: Jesus: Apocalyptic Prophet of the New Millennium, Oxford University Press
  • Bart Ehrmann: Abgeschrieben, falsch zitiert und missverstanden: Wie die Bibel wurde, was sie ist (2008), ISBN 3579064509
  • Bart Ehrmann: The New Testament - A Historical Introduction to the Early Christian Writings (1997), ISBN 0195084810
  • Bart Ehrmann: The Orthodox Corruption of Scripture - The Effect and Early Christological Controversies on the Text of the New Testament (1993), ISBN 0195102797
  • Raymond E. Brown: The Birth of the Messiah: A Commentary on the Infancy Narratives in Matthew and Luke. London: G. Chapman, 1977.
  • Ed Parish Sanders: Sohn Gottes: Eine historische Biografie Jesu, Klett-Cotta, Stuttgart 1996
  • Geza Vermes: The nativity – history and legend, Penguin Books, London 2006, ISBN 0-141-02446-1
  • Geza Vermes: Jesus, der Jude - Ein Historiker liest die Evangelien, Neukirchener, Neukirchen-Vluyin 1993, ISBN 3-7887-1373-9

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