Benutzer:HerbertErwin/Marxistische Wirtschaftstheorie

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Stoffsammlung zur Marxschen Kritik der politischen Ökonomie

Einleitung

Historische und systematische Lesarten der Kritik der politischen Ökonomie

  1. Fragestellung
    • In welcher Weise wird der Kapitalismus in der Kritik der politischen Ökonomie zum Gegenstand? Als abstrakt-theoretische oder als historische Untersuchung?
    • Geht es in erster Linie um die Grundzüge einer allgemeinen Entwicklungsgeschichte des Kapitalismus oder handelt es sich um eine abstrakt-theoretische Darstellung der Funktionsweise des Kapitalismus?
  2. Beispiele für historisierende Lesarten
    1. Friedrich Engels: Rezension der Schrift Zur Kritik der politischen Ökonomie. Erstes Heft (1859)
      • versteht Marx "logische" Darstellung der Kategorien als "nichts anderes als die historische, nur entkleidet der historischen Form und der störenden Zufälligkeiten" (MEW 13, S. 474).
    2. Karl Kautsky: Karl Marx Oekonomische Lehren. Gemeinverständlich dargestellt und erläutert. (1887)
      • behauptet, das "Kapital" sei "ein im wesentlichen historisches Werk" (S. XI).
    3. Führenden Köpfe der Arbeiterbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts Hilferding (1910), Luxemburg (1913) und Lenin (1917)
      • Das Marxsche "Kapital" wurde als Analyse des "Konkurrenzkapitalismus" aufgefasst, einer dem Imperialismus vorausgehenden Entwicklungsphase des Kapitalismus
      • Die Marxsche Untersuchung müsse nun historisch fortgeschrieben und die nächste Phase des Kapitalismus - der Imperialismus - analysiert werden.
    4. Heutige Ökonomen
      • die Marxsche Analyse habe allenfalls für das 19. Jahrhundert eine gewisse Gültigkeit
      • Im 20. Jahrhundert hätten sich die ökonomischen Verhältnisse aber so weitgehend verändert, dass man mit der Marxschen Theorie nichts mehr anfangen könne
  3. Das Marxsche Verständnis (nach Heinrich)
    • Gegenstand der Marxschen Untersuchung sind
      • die wesentlichen Bestimmungen des Kapitalismus
      • das, was bei aller historischen Veränderung gleich bleiben muss, damit wir überhaupt von "Kapitalismus" sprechen können.
    Was ich in diesem Werk zu erforschen habe, ist die kapitalistische Produktionsweise und die ihr entsprechenden Produktions- und Verkehrsverhältnisse. Ihre klassische Stätte ist bis jetzt England. Dies ist der Grund warum es zur Hauptillustration meiner theoretischen Entwicklung dient. (...) An und für sich handelt es sich nicht um den höheren oder niederen Entwicklungsgrad der gesellschaftlichen Antagonismen, welche aus den Naturgesetzen der kapitalistischen Produktion entspringen. Es handelt sich um diese Gesetze selbst. (MEW 23, S. 12)
    • Es soll nicht ein (zeitlich oder örtlich) bestimmter Kapitalismus dargestellt werden, sondern "nur die innere Organisation der kapitalistischen Produktionsweise, sozusagen in ihrem idealen Durchschnitt" (MEW 25, S. 839).
    • Die historischen Passagen im Kapital ergänzen die theoretische Darstellung nur , sie begründen sie aber nicht.
    • Das Kapital ist zwar in erster Linie ein theoretisches Werk, trotzdem ist die Darstellung nicht ahistorisch
      • Der Kapitalismus wird als eine besondere historische Produktionsweise ist, die sich von anderen Produktionsweisen wie der antiken Sklavenhaltergesellschaft oder dem mittelalterlichen Feudalismus grundlegend unterscheidet
      • Insofern beinhaltet jede dieser Produktionsweisen spezifische Verhältnisse, die mit eigenen Kategorien dargestellt werden müssen, die nur für diese Produktionsweise Gültigkeit besitzen.
      • In diesem Sinne sind die Kategorien, welche die kapitalistische Produktionsweise beschreiben, "historische" und keineswegs überhistorische Kategorien, sie gelten nur für die historische Phase, in welcher der Kapitalismus die herrschende Produktionsweise ist [1].

Stellung Marx' zur Politischen Ökonomie

  1. Fragestellung: Wie ist die Stellung Marx zur Politischen Ökonomie (als bürgerlicher Wirtschaftstheorie)?
    • Besteht die "Kritik" lediglich darin, dass den vorhandenen Theorien der eine oder anderen Fehler nachgewiesen wird, um dann eine bessere Theorie zu präsentieren oder soll die Politische Ökonomie als Ganze kritisiert werden?
  2. Positionen, die Marx als Vertreter der klassischen Politischen Ökonomie betrachten
    1. "Weltanschauungs-Marxismus"
      • Zwischen der klassischen und der marxistischen politischen Ökonomie keinen grundsätzlichen Unterschied der Kategorien, sondern nur der Ergebnisse der Theorie.
      • Marx habe eine "marxistische politische Ökonomie" entwickelt habe, die man der "bürgerlichen Ökonomie" entgegensetzen könne
      • Von Adam Smith (1723-1790) und David Ricardo (1772-1823), den wichtigsten Vertretern der so genannten klassischen politischen Ökonomie, habe Marx die Arbeitswertlehre übernommen, wonach der Wert der Waren durch die zu ihrer Produktion notwendige Arbeitszeit bestimmt wird
      • Im Unterschied zur Klassik habe er aber eine Theorie der Ausbeutung der Arbeitskraft und der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus entwickelt
    2. Moderne Volkswirtschaftslehre
      • Marx wird als ein Vertreter der klassischen Schule angesehen, der lediglich andere Konsequenzen zieht als Smith und Ricardo
      • Da die Klassik mit ihrer Bestimmung des Werts durch die Arbeit überholt sei, sei damit auch die Marxsche Theorie überholt
  3. Das Marxsche Verständnis (nach Heinrich)
    • Marx wollte keine alternative "Politische Ökonomie" liefern, sondern eine "Kritik der politischen Ökonomie" und deren kategorialer Voraussetzungen
    Die Arbeit, um die es sich zunächst handelt, ist Kritik der ökonomischen Kategorien oder, if you like, das System der bürgerlichen Ökonomie kritisch dargestellt. Es ist zugleich Darstellung des Systems und durch die Darstellung Kritik desselben. (MEW 29, S. 550)
    • Marx kritisiert nicht in erster Linie die Ergebnisse der Politischen Ökonomie, sondern bereits die Art und Weise ihrer Fragestellung
    • er gesteht der Politischen Ökonomie zwar zu, dass sie den "Inhalt der Wertbestimmung", also den Zusammenhang von Arbeit und Wert, erfasst habe; sie habe aber "niemals auch nur die Frage gestellt, warum dieser Inhalt jene Form annimmt" (MEW 23, S. 95):
      • die gesellschaftliche Verhältnisse wie Tausch und Warenproduktion werden innerhalb der Politischen Ökonomie "naturalisiert" und "verdinglicht" und als quasi-natürliche Verhältnisse, letztlich als Eigenschaft von Dingen aufgefasst (Dinge besitzen nicht erst aufgrund eines gesellschaftliche Zusammenhangs einen Tauschwert, dieser soll ihnen an sich zukommen)
      • durch diese Naturalisierung gesellschaftlicher Verhältnisse sieht es so aus, als hätten Dinge die Eigenschaften und die Autonomie von Subjekten.(derartige Verhältnisse charakterisiert Marx als "Verrücktheit" (MEW 23, S. 90), "gespenstische Gegenständlichkeit" (MEW 23, S. 52) oder "okkulte Qualität" (MEW 23, S. 169)).
    • die Zielrichtung der Marxschen "Kritik" ist, die ganz selbstverständlichen Anschauungen und spontan sich ergebenden Vorstellungen aufzulösen, denen die Kategorien der Politischen Ökonomie ihre scheinbare Plausibilität verdanken

Der Marxsche Kritik-Begriff

  1. Charakter der Kritik
    • ist nicht moralisierend
      • Marx wirft dem Kapitalismus (oder gar dem einzelnen Kapitalisten) nicht vor, irgendwelche ewigen Normen der Gerechtigkeit zu verletzen.
    • konstatiert einen bloßen Sachverhalt - allerdings mit dem Ziel seiner Veränderung
      • aufgrund seiner Funktionsweise muss der Kapitalismus immer wieder die elementaren Lebensinteressen der Arbeiter und Arbeiterinnen verletzen.
      • Innerhalb des Kapitalismus lassen sich diese elementaren Lebensinteressen nur begrenzt und temporär schützen, grundsätzlich verändern lässt sich die Lage daher nur, wenn der Kapitalismus abgeschafft wird.
  2. Ziel der Kritik
    • dass mit der wachsenden Einsicht in die destruktive Natur des kapitalistischen Systems die Arbeiterklasse den Kampf gegen dieses System aufnimmt
      • nicht aus Gründen der Moral
      • sondern des eigenen Interesses,
        • allerdings nicht eines Interesses, das innerhalb des Kapitalismus nach einer besseren Position sucht, sondern des Interesses an einem guten und sicheren Leben, das nur jenseits des Kapitalismus zu realisieren ist.

Die Dialektik als Methode der Kritik

  • keine fertig vorliegende Methode für den Stoff der politischen Ökonomie (vgl. Ferdinand Lassalle), sondern
  • eine Form der Darstellung in der Kritik der politischen Ökonomie.
  • die Methode, im Fortgang der Darstellung die einzelnen Kategorien auseinander zu entwicken
    • Sie werden nicht einfach nach- und nebeneinander präsentiert
    • Es soll vielmehr ihre innere Beziehung (inwiefern macht eine Kategorie eine andere notwendig) deutlich werden.
Marx in einem Brief an Engels:
Er wird zu seinem Schaden kennen lernen, dass es ein ganz andres Ding ist, durch Kritik eine Wissenschaft erst auf den Punkt zu bringen, um sie dialektisch darstellen zu können, oder ein abstraktes, fertiges System der Logik auf Ahnungen eben eines solchen Systems anzuwenden. (MEW 29, S. 275)

Werttheorie

Vorbemerkungen

  1. Ziel der Marxschen Analyse
    • Darstellung des Wartentauschs als allgemeinsten Bestimmung der Warenproduktion in einer Gesellschaft mit KPW
    • Entwicklung der konkreteren Kategorien der KPW durch die Analyse eines solchen Warentauschs [2]
  2. Zentrale Prämissen der Marxschen Analyse
    • der grundsätzlich gesellschaftliche Charakter der Arbeit
    • die Annahme des zentralen Allokationsproblems (ZAP)[3]
  3. Charakterisierung der Marxschen Theorie
    • Marx geht es nicht um eine Werttheorie in der Tradition der klassischen politischen Ökonomie [4])
    • Marx Werttheorie ist nicht primär eine Theorie zur Aufdeckung des Wertinhalts oder der Wertgröße (dies hatten bereits Adam Smith und David Ricardo geleistet)
  4. Charakterisierung der Marxschen Theorie
    • Im Zentrum steht die Fragestellung, warum überhaupt ein Phänomen wie der Wert existiert
    • Dies führt ihn zum eigentlichen Mittelpunkt seiner Untersuchung, der Arbeit und deren gesellschaftlichen Charakter, der in der KPW in der Form des Tauschwerts erscheint [5]
    • Eine Theorie der Formkonstitution gesellschaftlicher Arbeit unter den Bedingungen der Arbeitsteilung und der Privatproduktion [6])
    • zielt nicht - wie die ökonomische Klassik und Neoklassik - primär auf eine quantitative Analyse ökonomischer Phänomene, sondern auf die qualitative Dimension ökonomischer Gegenstände und ihrer Begrifflichkeiten [7]

Die Ware

  1. bildet den Ausgangspunkt der Marxschen Analyse
    • Reichtum existiert in der kapitalistischen Produktionsweise (KPW) stets in der Form der Waren.
    Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ‚ungeheure Warensammlung‘, die einzelne Ware als eine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware. (MEW 23, S. 49)
Ware, Wert, Arbeit
Ware
  │
  └─ besteht aus
     │
     ├── Gebrauchswert <-- erzeugt durch konkrete Arbeit
     └── Tauschwert    <-- erzeugt durch abstrakte Arbeit 

„Doppelcharakter“ der Ware

  1. eine Ware ist ein für den Tausch bestimmtes Gut, das was außer seinem Gebrauchswert auch noch einen Tauschwert hat ("Doppelcharakter" der Ware)
    1. Gebrauchswert
      • basiert auf ihren natürlichen, dinglichen Eigenschaften
      • ist unabhängig von der sozialen Form, in welcher der Gebrauchswert erscheint (MEW 23, S. 50)
    2. Tauschwert
      • das quantitative Verhältnis, in welchem unterschiedliche Waren sich gegeneinander austauschen^
      • die spezifisch soziale Form der Ware

Gesellschaftliche Bedingtheit der Ware

  1. die Ware ist das Spezifikum kapitalistischer Gesellschaften, keine "natürliche" Eigenschaft der Dinge
    • nur in kapitalistischen Gesellschaften
      • wird der überwiegende Teil der Güter zu Waren
      • ist die "Ware" die typische Gestalt des Reichtums.
      • wird der Tausch umfassend, damit auch die Warenform der Güter
  2. Ware gibt es zwar auch in anderen Gesellschaften, aber nur für einen (geringen) Teil der Güter
    • Bsp: Feudale Gesellschaften des frühen Mittelalters
      • nur ein geringer Teil der Güter wurde getauscht
      • die Warenform war eher die Ausnahme als die Regel
      • der überwiegende Teil der Güter bestand aus landwirtschaftlichen Produkten und diese wurden entweder zum eigenen Verbrauch hergestellt oder an die Grundherren (Fürsten, Kirche) abgeliefert, also nicht getauscht

Was kann alles Ware sein?

  • materielle Dinge
  • "immaterielle" Dienstleistungen
    • der Unterschied besteht lediglich in einem unterschiedlichen zeitlichen Verhältnis von Produktion und Konsum: das materielle Produkt wird zuerst produziert und anschließend konsumiert, bei einer Dienstleistung fällt der Produktionsakt mit dem Konsumtionsakt unmittelbar zusammen

Wie ermittelt sich der Wert einer Ware?

  1. Klassische Ökonomen vor Marx
    1. der Wert einer Sache ist durch ihre Nützlichkeit bestimmt ("Nutzentheorie des Werts")
      • Einwand: es gibt Dinge, die einen hohen Nutzen haben, aber nur wenig wert sind und umgekehrt (Bsp.: Wasser, Diamant nach Adam Smith)
    2. die Menge der Arbeit an, die man benötigt, um sich eine Sache zu verschaffen ("Arbeitswerttheorie", Vertreter z.B. Adam Smith)
      • Einwände
        • auch Nicht-Arbeitsprodukte (z.B. unbearbeiteter Boden) werden getauscht (E1)
        • es gibt bestimmte Arbeitsprodukte (z.B. Kunstwerke), deren Tauschwert völlig unabhängig von der zu ihrer Produktion verausgabten Arbeitszeit ist (E2)
      • Entgegnung der Einwände
        • zu (E1): die Arbeitswerttheorie erklärt nur den Wert von Arbeitsprodukten; Nicht-Arbeitsprodukte besitzen keinen "Wert"
        • zu (E2): die Arbeitswerttheorie erklärt nicht Unikate wie ein Kunstwerk, sondern nur massenhaft hergestellte Produkte [zu denen es einen Markt gibt]
  2. Marx
    • übernimmt von der klassischen Arbeitswerttheorie die Annahme, dass der Wert der Waren in der Waren produzierenden Arbeit begründet liege
    • allerdings ist nicht die vom einzelnen Produzenten individuell verausgabte Arbeitszeit entscheidend, sondern nur die "gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit", d.h. diejenige Arbeitszeit, die notwendig ist, "um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich- normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen" (MEW 23, S. 53).
  3. Unterschiede zwischen Marx und der klassischen bww. neoklassischen Arbeitswerttheorie
    1. klassischen Arbeitswerttheorie (z.B. Adam Smith)
      • geht davon aus, dass der Wert einer Ware auf rationale Überlegungen der einzelnen Individuen zurückführen sei
    2. die moderne neoklassische Ökonomie
      • geht von nutzenmaximierenden Individuen aus
      • begründet die Austauschverhältnisse aus den Nutzenschätzungen der Individuen
    3. Marx
      • für ihn sind nicht die Überlegungen der Individuen fundamental, sondern die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen die Individuen jeweils stehen (MEW 42, S. 189)
      • diese Verhältnisse geben eine bestimmte Rationalität vor, an die sich die Einzelnen halten müssen, wenn sie innerhalb dieser Verhältnisse bestehen wollen. Handeln sie dann entsprechend dieser Rationalität, werden durch ihr Handeln auch wieder die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Verhältnisse reproduziert.

Der Tausch

Eigenschaften

  • setzt Arbeitsteilung voraus (aber nicht umgekehrt)
  • in ihm wird vom Gebrauchswert der Waren abstrahiert, die Waren werden als Werte gleichgesetzt
    • der einzelne Käufer kauft zwar nur deswegen, weil er an diesem Gebrauchswert interessiert ist
    • kommt es aber zum Tausch, dann werden die Waren als Werte gleichgesetzt, womit von der Besonderheit der sie produzierenden Arbeit abstrahiert wird (diese gilt jetzt nur als wertbildende "abstrakte" Arbeit)

Die Arbeit

Eigenschaften

  • die warenproduzierende Arbeit hat - wie die Ware - einen "Doppelcharakter":
    1. konkrete Arbeit
      • produziert qualitativ verschiedene Gebrauchswerte (Tischlerarbeit produziert einen Stuhl, Leinweberarbeit produziert ein Leintuch etc.)
    2. abstrakte Arbeit
      • produziert (Tausch-)Wert (als seine "Kristalle" (MEW 23, S. 52))
      • ist die "wertbildende Substanz" bzw. "Wertsubstanz" (nicht "substantialistisch" zu verstehen)

Abstrakte Arbeit

Abstrakte Arbeit als "Realabstraktion"
  • stellt eine "Realabstraktion" von der konkreten Arbeit dar (d.h. eine Abstraktion, die im wirklichen Verhalten der Menschen vollzogen wird, unabhängig davon, ob sie dies wissen oder nicht)
Erläuterung:
  • Marx ist in diesem Punkt nicht immer eindeutig. Er spricht auch von abstrakter Arbeit als "Verausgabung menschlicher Arbeitskraft im physiologischen Sinn" (MEW 23, S. 61).
    • Mit dieser Formulierung wird nahe gelegt, dass abstrakte Arbeit eine ganz ungesellschaftliche, sozusagen natürliche Grundlage habe
    • dies führte zu "naturalistischen" Interpretationen abstrakter Arbeit (wie etwa bei Wolfgang Fritz Haug, Vorlesung zur Einführung ins ‚Kapital‘)
      • Marx habe abstrakte Arbeit auf eine "Naturbasis" zurückgeführt (Haug 1989, S. 121)
    • Nach Heinrich ist dies auf eine immer wieder vorkommende Verhaftung von Marx an der klassischen politischen Ökonomie zurückzuführen, trifft aber nicht den Kern seiner Gedankenführung:
      Die Reduktion der verschiedenen konkreten Privatarbeiten auf dieses Abstraktum gleicher menschlicher Arbeit vollzieht sich nur durch den Austausch, welcher Produkte verschiedener Arbeiten tatsächlich einander gleichsetzt. (MEGA II.6, S. 41)
Reduktionen der abstrakten Arbeit

Die abstrakte Arbeit stellt gegenüber der konkreten Arbeit eine 3fache Reduktion dar:

  1. Individuell verausgabte Arbeitszeit wird auf gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit reduziert.
    • als wertbildend zählt nur die Arbeit, die unter durchschnittlichen Bedingungen zur Produktion eines Gebrauchswerts notwendig ist
  2. Es ist nur diejenige Arbeitszeit wertbildend, die zur Befriedigung des zahlungsfähigen gesellschaftlichen Bedarfs notwendig ist (dies wird erst im Tausch sichtbar)
    Um Ware zu produzieren, es es notwendig, nicht einfach nur Gebrauchswert zu produzieren, "sondern Gebrauchswert für andere, gesellschaftlichen Gebrauchswert" (MEW 23, S. 55)
  3. Die individuell verausgabte Arbeit unterscheidet sich auch hinsichtlich der Qualifikation der dafür benötigten Arbeitskraft
    • "Einfache Durchschnittsarbeit" ist "Verausgabung einfacher Arbeitskraft, die im Durchschnitt jeder gewöhnliche Mensch" besitzt (MEW 23, S. 59)
    • Was als Qualifikation der einfachen Arbeitskraft gilt, wechselt in den einzelnen Ländern und Kulturepochen, steht aber in einem bestimmten Land zu einer bestimmten Zeit fest
    • Die Arbeit höher qualifizierter Arbeitskräfte gilt in höherem Maß wertbildend als einfache Durchschnittsarbeit (in welchem Ausmaß wird auch wieder erst im Tausch sichtbar)

Der (Tausch-)Wert

Zustandekommen

  1. Ausgangspunkt
    • Wertgegenständlichkeit besitzen die Waren als Vergegenständlichung abstrakter Arbeit (nicht konkreter Arbeit)
    • abstrakte Arbeit ist ein nur im Tausch existierendes gesellschaftliches Geltungsverhältnis
  2. Folgerungen
    • die Wertgegenständlichkeit der Waren existiert erst im Tausch
    • die Wertgegenständlichkeit ist überhaupt keine Eigenschaft, die die Dinge einzeln für sich besitzen können; sie konstituiert sich erst gemeinsam im Austausch ("gespenstiger" Charakter der Wertgegenständlichkeit, MEW 23, S. 52)
    Beleg bei Marx:
    • Marx betont, dass z.B. beim Tausch von Rock und Leinwand "keines für sich solche Wertgegenständlichkeit ist, sondern dass sie solches nur sind, soweit das ihnen gemeinsame Gegenständlichkeit ist. Außerhalb ihrer Beziehung auf einander – der Beziehung worin sie gleich gelten – besitzen weder Rock noch Leinwand Wertgegenständlichkeit oder ihre Gegenständlichkeit als Gallerten menschlicher Arbeit schlechthin" (MEGA II.6, S. 30).
    • Ein Arbeitsprodukt, für sich isoliert betrachtet, ist also nicht Wert, so wenig wie es Ware ist. Es wird nur Wert in seiner Einheit mit anderem Arbeitsprodukt (MEGA II.6, S. 31).
  3. Andere Auffassungen
    Ein großer Teil des traditionellen Marxismus betrachtet die Wertgegenständlichkeit substantialistisch als eine Eigenschaft der einzelnen Ware, die unabhängig vom Tausch existiere, allein durch die bei der Produktion der Ware verausgabte Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit

Wertform und Geld

  • Vorbemerkungen
    • Mit der Wertformanalyse beansprucht Marx etwas zu leisten, das in der bürgerlichen Ökonomie keinerlei Entsprechung hat
      Jedermann weiß, auch wenn er sonst nichts weiß, dass die Waren eine mit den bunten Naturalformen ihrer Gebrauchswerte höchst frappant kontrastierende, gemeinsame Wertform besitzen – die Geldform. Hier gilt es jedoch zu leisten, was von der bürgerlichen Ökonomie nicht einmal versucht ward, nämlich die Genesis dieser Geldform nachzuweisen (MEW 23, S. 62).
  • Historisierende Interpretationen
    • Die Wertformanalyse wird häufig so verstanden, als wolle Marx auf einem hohen Abstraktionsniveau die historische Entstehung des Geldes ausgehend vom einfachen Produktentausch nachzeichnen
  • Entgegnung:
    • Marx will keine vorkapitalistische Ware, sondern Ware im Kapitalismus analysieren (siehe oben)
  • Abgrenzung Wert und Wertform
    • Wert := die Waren als Vergegenständlichung abstrakt menschlicher Arbeit
    • Wertform (Tauschwert) := der Ausdrucks des Werts einer Ware durch eine bestimmte Menge einer andern Ware

Die allgemeine Äquivalentform (bzw. Geldform) als die für den Wert notwendige Wertform

einfache, einzelne oder zufällige Wertform totale und entfaltete Wertform allgemeine Wertform Geldform
Bestimmung Audruck des Wertes einer Ware durch eine zweite Ware Audruck des Wertes einer Ware durch alle übrigen Waren Audruck des Wertes aller Waren durch eine einzige Ware Audruck des Wertes aller Waren durch die Geld-Ware
Beispiel 20 Ellen Leinwand sind ein Rock wert 20 Ellen Leinwand sind ein Rock wert
20 Ellen Leinwand sind 10 Pfd. Tee wert
20 Ellen Leinwand sind 40 Pfd. Kaffee wert
1 Rock = 20 Ellen Leinwand
10 Pfd. Tee = 20 Ellen Leinwand
40 Pfd. Kaffee = 20 Ellen Leinwand
1 Qrtr. Weizen = 20 Ellen Leinwand
Probleme - es wird nur die Beziehung zwischen zwei Waren ausgedrückt (Leinwand <-> Rock) - der Wertausdruck der Ware A ist unfertig
- die Wertausdrücke sind verschiedenartig (Leinwand <> Rock, Leinwand <> Tee)
Die "einfache, einzelne oder zufällige Wertform"
  • = Audruck des Wertes einer Ware durch eine zweite Ware
  • Eigenschaften
    • einfach: weil sie (diese Wertform) nichts voraussetzt als zwei Waren
    • einzeln: weil sie keine Beziehung zu anderen Wertverhältnissen umfasst
    • zufällig: weil die zueinander in Beziehung gesetzten Waren zufällig ausgewählt sind
  • Form: x Ware A ist y Ware B wert
  • Beispiel: 20 Ellen Leinwand sind ein Rock wert.
    Erläuterung
    • Der Wert der Leinwand soll ausgedrückt werden, der Rock dient als Mittel zum Ausdruck des Werts der Leinwand. Die beiden Waren spielen in dem Wertausdruck zwei verschiedene Rollen*
      • der Wert der ersten Ware (Leinwand) wird als "relativer Wert" (d.h. durch Bezug auf etwas anderes) ausgedrückt; sie befindet sich in relativer Wertform.
      • die zweite Ware (Rock) dient als "Äquivalent" für den Wert der ersten Ware; sie befindet sich in Äquivalentform.
    • Im einfachen Wertausdruck kann nur der Wert jeweils einer Ware ausgedrückt werden* nur der Wert der Leinwand wird ausgedrückt - als eine bestimmte Menge Rock.
    • Die Ware, die sich in Äquivalentform befindet (Rock), gilt als die Verkörperung des Werts der Ware, die sich in relativer Wertform befindet (Leinwand)
  • Einschränkung
    • Die einfache Wertform ist noch unzulänglich, denn sie setzt die Ware A nur zu einer einzigen Ware, der Ware B, in Beziehung, aber noch längst nicht zu allen anderen Waren.
die "totale und entfaltete Wertform"
  • = Audruck des Wertes einer Ware durch alle übrigen Waren
  • Beispiel:
    • 20 Ellen Leinwand sind ein Rock wert,
    • 20 Ellen Leinwand sind 10 Pfd. Tee wert,
    • 20 Ellen Leinwand sind 40 Pfd. Kaffee wert
    • etc.
  • Einschränkung:
    • der Wertausdruck der Ware A ist unfertig
    • die Wertausdrücke sind verschiedenartig
die "allgemeine Wertform"
  • = Audruck des Wertes aller Waren durch eine einzige Ware (MEW 23, S. 79)
  • Beispiel:
    • 1 Rock = 20 Ellen Leinwand
    • 10 Pfd. Tee = 20 Ellen Leinwand
    • 40 Pfd. Kaffee = 20 Ellen Leinwand
    • 1 Qrtr. Weizen = 20 Ellen Leinwand
(MEW 23, S. 79)
die Geldform
  • := die durch "gesellschaftliche Gewohnheit" (MEW 23, S. 84) - also Handlungen der Warenbesitzer - entstandene allgemeine Äquivalentform einer bestimmten Ware
  • Eigenschaften
    • weist gegenüber der allgemeinen Wertform keinen Formunterschied auf
  • Einwände
    • Heinrich [8]
      • Marx geht davon aus, dass die Geldform an eine Geldware, das Gold, gekoppelt ist.
      • das gegenwärtige Geldsystem hat aber keine (direkte) Beziehung zu einer Geldware mehr
      • Frage: gibt es noch so etwas wie eine indirekte Bindung an eine solche Geldware?

Der Warenbesitzer

  1. Vorbemerkung
    • Der Warenbesitzer ist für Marx nur der Repräsentant von Ware (daher zuerst Untersuchung der Ware)
      • der Warenbesitzer ist eine "Personifikation ökonomischer Kategorien" sind (MEW 23, S. 16)
      • die Formbestimmungen der Ware stellen für die Handlungen und Überlegungen der Warenbesitzer die notwendigen Voraussetzungen dar, wobei diese dann dann allerdings mit ihren Handlungen immer wieder erneut reproduzieren
  2. Ausgangssituation des Warenbesitzers
    • die eigene Ware ist für ihn kein Gebrauchswert
    • er will seine Ware nicht gegen beliebige Ware austauschen, sondern gegen eine ganz bestimmte
    • ihr Tausch soll ihm erst den Gebrauchswert verschaffen, den er benötigt
    • möchte seine eigene Ware daher als allgemeines Äquivalent behandeln, das gegen alle anderen Waren unmittelbar austauschbar ist; da dies aber jeder Warenbesitzer von seiner eigenen Ware will, kann keine individuelle Ware allgemeines Äquivalent sein
  3. Folgerung
    • die Warenbesitzer müssen daher ihre Waren durch ihre "gesellschaftliche Tat" auf ein allgemeines Äquivalent beziehen:
    • diese "gesellschaftliche Tat" bringt als Resultat eine Ware als allgemeines Äquivalent, das Geld, hervor, ohne das sich die Waren nicht als Werte aufeinander beziehen lassen.
    Aber nur die gesellschaftliche Tat kann eine bestimmte Ware zum allgemeinen Äquivalent machen (MEW 23, S. 101)
    • Bedeutung:
      • Geld ist nicht nur ein Hilfsmittel des Tausches; erst die Geldform ist die dem Wert angemessene Wertform (monetäre Werttheorie)

Funktionen des Geldes innerhalb der "einfachen Zirkulation" (Warenzirkulation)

Wertmaß
  1. der Wert jeder Ware wird als ein bestimmtes Quantum Geld ausgedrückt, den Preis
    Erklärung
    • Geld ist nicht das, was die Waren vergleichbar macht (dies ist vielmehr der gemeinsame Bezug auf die abstrakte Arbeit)
    • aber der Wert der abstrakten Arbeit lässt sich nicht einfach durch die in ihm enthaltene Maß an (gesellschaftlich notwendiger) Arbeitszeit messen, sondern nur durch das Geld
      • erst im Tausch kann sich erweisen, wie viel von dieser privat verausgabten Arbeit tatsächlich wertbildend war und daher als Bestandteil der gesellschaftlichen Arbeitszeit gilt
    Zitat
    • Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren der Arbeitszeit (MEW 23, S. 109)
  2. Verhältnis Preis und Wertgröße
    • nicht jeder Preis ist Ausdruck einer Wertgröße
      • auch "wertlose" Dinge - die nicht Produkt "abstrakter Arbeit" - können Preise haben (z.B. der Preis eines Adelstitel oder der Preis einer Aktienoption)
    • nicht jede Preisveränderung auf eine Veränderung der Wertgröße zurückzuführen
      • Preisveränderungen können auch zurückzuführen sein auf
        • besonders günstige oder ungünstige momentane Umstände, unter denen die Ware vorübergehend zu verkaufen ist und zu Verschiebungen von Angebot und Nachfrage führen
        • eine Wertveränderung des Geldes in Form allgemein steigender (Inflation) oder sinkender Preise (Deflation)
Zirkulationsmittel
  • hier vermittelt das Geld den tatsächlichen Austausch der Waren - in der Form Ware - Geld - Ware (W-G-W)
    • im Austauschprozess will der Besitzer der Ware A (z.B. Leinwand), die für ihn kein Gebrauchswert ist, sie in eine andere Ware B (z.B. Stuhl) verwandeln, an deren Gebrauchswert er interessiert ist.
    • Er verkauft Ware A und kauft sich anschließend für das dafür erhaltene Geld Ware B
    • Marx bezeichnet diesen Prozess als "Metamorphose": Ware A verwandelt sich für deren Besitzer in Ware B
    • die Metamorphose der Ware wird - im Unterschied zum Produktentausch - durch Geld vermittelt
    • Was für den Besitzer der Ware A der erste Akt des Prozesses ist, W-G (z.B. Verwandlung der Leinwand in Geld) ist für den Geldbesitzer, der die Ware A kauft, der Abschluss der Metamorphose seiner ursprünglichen Ware (G-W)
    • in ihrer Gesamtheit bilden die Metamorphosen der Waren die Warenzirkulation.
    • Bedeutung des Geldes in der Warenzirkulation
      • nur durch das Geld wird der Zusammenhang der einzelnen Tausch-Akte hergestellt =>
      • unterbleibt die Vermittlung des gesellschaftlichen Stoffwechsels durch Geld das Geld wird auch die Warenzirkulation unterbrochen und es entsteht die Gefahr der Krise.
Wirkliches Geld
  1. Bestimmung
    • hier ist Geld Einheit von Wertmaß und Zirkulationsmittel, d.h. selbstständige Gestalt des Werts ("das materielle Dasein des abstrakten Reichtums" (MEW 13, S. 102)
  2. Eigenschaften
    • gilt in seinem unmittelbaren materiellen Dasein als Wertding
    • als solches Wertding kann es jederzeit gegen jede Ware getauscht werden, sich in jeden Gebrauchswert verwandeln
    • ist daher "der materielle Repräsentant des stofflichen Reichtums" (MEW 13, S. 103).
  3. Funktionen
    1. Schatz
      • Geld wird der Zirkulation entzogen
      • Es soll nicht mehr länger die Warenzirkulation vermitteln, sondern als selbstständige Gestalt des Werts außerhalb der Zirkulation existieren
      • Um Schatz zu bilden, wird verkauft, ohne dass ein anschließender Kauf stattfindet
    2. Zahlungsmittel
      • wird beim Kauf einer Ware nicht sofort gezahlt, sondern erst später, dann verwandelt sich der Käufer in einen Schuldner und der Verkäufer in einen Gläubiger. Geld fungiert hier - in der Marxschen Terminologie - als "Zahlungsmittel", das den Kauf, der bereits stattgefunden hat, abschließt.
    3. Weltgeld
      • Geld fungiert auf dem Weltmarkt
        • als Zirkulationsmittel
        • als Zahlungsmittel
        • als "absolut gesellschaftliche Materiatur des Reichtums" (MEW 23, S. 158), wenn es um die Übertragung des Reichtums aus einem Land in ein anderes handelt (z.B. nach einem Krieg)

Waren- und Geldfetisch

Ware

  1. Die verborgene Verselbständigung der Wertgegenständlichkeit der Ware
    • die Wertgegenständlichkeit der Ware ist nicht an ihr selbst, sondern nur an einer anderen Ware (das Geld) zu fassen, die ihrerseits als unmittelbare Verkörperung von Wert gilt
    • Wert ist zwar keine Natureigenschaft der Dinge (wie Gewicht oder Farbe); es sieht aber für die Menschen in einer Waren produzierenden Gesellschaft so aus, als ob die Dinge im gesellschaftlichen Zusammenhang automatisch Wert besitzen würden und damit automatisch eigenen Sachgesetzen folgen würden, denen sich die Menschen nur noch unterordnen könnten
      • Unter den Bedingungen der Warenproduktion findet eine Verselbstständigung statt, die Marx mit der "Nebelregion der religiösen Welt" vergleicht (dort sind es die Produkte des menschlichen Kopfes, die sich verselbstständigen, in der Warenwelt "die Produkte der menschlichen Hand", vgl. MEW 23, S. 87)
  2. Die scheinbare Naturnotwendigkeit des über die Waren gesteuerten gesellschaftlichen Austausches
    • die Produzenten beziehen sich - unter den Bedingungen der Warenproduktion - nicht unmittelbar gesellschaftlich aufeinander; sie beziehen sich vielmehr erst - vermittels ihrer Arbeitsprodukte - im Austausch aufeinander
    • dass dies in einer warenproduzierenden Gesellschaft so erscheint, ist noch keine Täuschung; Täschung und Fetisch ist vielmehr, dass die Sachen diese Eigenschaften automatisch, in jedem gesellschaftlichen Zusammenhang hätten und diese Wertgegenständlichkeit eine "selbstverständliche Naturnotwendigkeit" (MEW 23, S. 95 f.) sei
  3. Der Zusammenhang zwischen Wert und Arbeit wird nicht durchschaut
    • die Warenproduzenten produzieren ihren gesellschaftlichen Zusammenhang nicht aufgrund eines bestimmten Bewusstseins über den Zusammenhang von Wert und Arbeit, sondern unabhängig von einem solchen Bewusstsein (vgl. MEW 23, S. 88)
  4. Die Warenwerte sind Ausdruck einer übermächtigen, von den einzelnen nicht zu kontrollierenden Gesellschaftlichkeit.
    • In einer Waren produzierenden Gesellschaft steht jeder Mensch unter der Kontrolle der Sachen
    • diese "Sachzwänge" existieren nicht deswegen, weil die Sachen an sich bestimmte Eigenschaften besitzen würden, die diese Herrschaft hervorbringen, oder weil der gesellschaftliche Verkehr diese sachliche Vermittlung zwingend erfordern würde, sondern nur deshalb, weil sich die Menschen auf diese Sachen als Waren beziehen
  5. Nicht nur das Alltagsbewusstsein, auch die klassische politische Ökonomie bleibt in den Fetisch-Formen der Waren-Gesellschaft befangen
    • bei dieser Befangenheit handelt es sich jedoch nicht um den subjektiven Irrtum einzelner Ökonomen, ihr liegt vielmehr eine bestimmte Objektivität zugrunde liegt:
      • das, was den Ökonomen in einer ganz selbstverständlichen Art und Weise als unmittelbar gegebener Gegenstand der politischen Ökonomie gilt
    • zwischen den verschiedenen Richtungen der politischen Ökonomie wird nicht über die Formbestimmungen ihres Gegenstandes gestritten, sondern nur über den Inhalt dieser Formbestimmungen
    • Marx will demgegenüber eine Fundamentalkritik leisten, die sich auf die Grundlagen der bürgerlichen Ökonomie, die von ihr vorausgesetzten Formen (Wert und Wertgröße) bezieht:
    Die politische Ökonomie hat nun zwar, wenn auch unvollkommen Wert und Wertgröße analysiert und den in diesen Formen versteckten Inhalt entdeckt. Sie hat niemals auch nur die Frage gestellt, warum dieser Inhalt jene Form annimmt, warum sich also die Arbeit im Wert und das Maß der Arbeit durch ihre Zeitdauer in der Wertgröße des Arbeitsprodukts darstellt? (MEW 23, S. 94f.)

Geld

  1. Auch beim Geld erscheint eine gesellschaftliche Beziehung als gegenständliche Eigenschaft eines Dings.
    • Geld als allgemeines Äquivalent kann nur als Geld fungieren, weil alle anderen Waren sich auf sie als Geld beziehen.
    • Die Geldform erscheint als "gesellschaftliche Natureigenschaft" der Ware Geld
    Eine Ware scheint nicht erst Geld zu werden, weil die anderen Waren allseitig ihre Werte in ihr darstellen, sondern sie scheinen umgekehrt allgemein ihre Werte in ihr darzustellen, weil sie Geld ist. Die vermittelnde Bewegung verschwindet in ihrem eigenen Resultat und lässt keine Spur zurück. Ohne ihr Zutun finden die Waren ihre eigene Wertgestalt fertig vor als einen außer und neben ihnen existierenden Warenkörper. (MEW 23, S. 107)
    • diese Eigenschaft besitzt Geld – wie jede Ware – nur aufgrund eines bestimmten Verhaltens der Warenbesitzer
    • Diese Vermittlung ist aber nicht mehr sichtbar. Damit sieht es so aus, als würde das Geld diese Eigenschaften an sich besitzen.
  2. Die "Verrücktheit" (MEW 23, S. 90) der Verdinglichung gesellschaftlicher Verhältnisse ist beim Geld gegenüber der Ware noch gesteigert.
    • Während gewöhnlichen Waren Gebrauchswerte und außerdem noch Wertgegenstände sind, soll das Geld, das den Waren gegenübertritt, ganz unmittelbar "Wertding" sein – für Marx eine logische Unsinnigkeit, die aber dennoch real existiert:
    Es ist als ob neben und außer Löwen, Tigern Hasen, und allen anderen wirklichen Tieren, die gruppiert die verschiedenen Geschlechter, Arten, Unterarten, Familien usw. des Tierreichs bilden, auch noch das Tier existierte, die individuelle Inkarnation des ganzen Tierreichs.(MEGA II.5, S. 37)

Das Kapital

Der Übergang vom Geld zum Kapital

Unterschied Waren-/Kapitalzirkulation
Warenzirkulation (W-G-W) Geldzirkulation (G-W-G')
Funktion des Geldes wird verausgabt wird vorgeschossen (wird nur ausgegeben, damit anschließend mehr eingenommen wird)
wird zur Ware wird zum Kapital
Anfangs- und Endpunkt des Prozesses die Ware das Geld
Zweck des Prozesses die Bedürfnisbefriedigung in Form des Warentausches die quantitative Vermehrung der ursprünglichen Geldsumme.
Beendigung des Prozesses Befriedigung des Bedürfnisses des Produzenten maßlos und endlos


  1. Eigenschaft des Geldes innerhalb der - bisher betrachteten - einfachen Zirkulation (W-G-W)
    • zwar selbstständige und dauerhafte Gestalt des Werts
    • diese Selbstständigkeit und Dauerhaftigkeit ist aber nirgends zu fassen
      • Wenn der Warenproduzent eine Ware W mit einem bestimmten Gebrauchswert produziert, die verkauft und mit dem erhaltenen Geld eine andere Ware mit einem anderen Gebrauchswert kauft, ist das Geld verausgabt
      • Der Zweck des Prozesses W1-G-W2 ist der Konsum der zweiten Ware W2
      • Im Bedürfnis des Produzenten von W1 findet der ganze Prozess sein Maß, und mit der Befriedigung dieses Bedürfnisses durch W2 ist der Prozess beendet
  2. Folgerung:
    • die einfache Zirkulation
      • kann nichts Selbstständiges sei
      • muss Moment und Resultat eines "tiefer liegenden" Prozesses sein - des kapitalistischen Verwertungsprozesses
    • Das Geld kann nur dann selbstständiger und dauerhafter Ausdruck des Werts sein, wenn
      • es nicht getrennt von der Zirkulation existiert, sondern in sie eingeht
        • ohne dass dabei der Wert seine Selbstständigkeit und Dauerhaftigkeit verliert, wie dies bei einem einfachen Kaufakt G-W mit anschließender Konsumtion der Ware W der Fall wäre
      • das Geld wieder in Geld umgewandelt wird, allerdings so, dass hinterher die Geldsumme größer ist. Marx beschreibt dies mit der Formel G-W-G' (G’ > G)
    • Erst in der Bewegung G-W-G' ("allgemeine Formel des Kapitals", MEW 23, S. 161) behält der Wert seine selbstständige Gestalt, vermehrt sich und wird damit zum Zweck des ganzen Prozesses
    • Erst im Kapital findet somit die selbstständige Gestalt des Werts ihren adäquaten und angemessenen Ausdruck

Das Kapital als das "automatische Subjekt"

  1. Rolle des Kapitalisten im Kapitalismus
    • Der Kapitalist ist gegenüber dem Kapital untergeordnet (analog dem Verhältnis des Warenbesitzers zur Ware)
    • Eine Person ist nur dann "Kapitalist", wenn sie "personifiziertes Kapital" ist, d.h. in ihrem Handeln der Logik des Kapitals folgt
    • Der Kapitalist ist damit in der Sprache von Marx nur "Personifikation einer ökonomischen Kategorie" bzw. "ökonomische Charaktermaske" (MEW 23, S. 100)
    • Indem der Kapitalist der Handlungsrationalität des Kapitals folgt, reproduziert er zugleich die Formbestimmungen des Kapitals
    • der einzelne Kapitalist, sofern er Kapitalist bleiben will, benötigt den wachsenden Gewinn nicht etwa für einen wachsenden persönlichen Konsum, sondern – aufgrund der „Zwangsgesetze der Konkurrenz“ (Modernisierung der Produktionsanlagen, Produktion neuer Produkte)
  2. Folgerung
    • dass der einzelne Kapitalist beständig versucht, seinen Gewinn zu vergrößern, liegt nicht in irgendwelchen psychischen Eigenschaften („Gier“ etc.) begründet; es handelt sich vielmehr um ein durch den Konkurrenzkampf der Kapitalisten erzwungenes Verhalten.
    • Wenn der Kapitalist nur die Logik des Kapitals ausführt, dann ist auch nicht er, sondern das Kapital, der sich verwertende Wert, "Subjekt". Marx spricht in diesem Zusammenhang vom Kapital als "automatischem Subjekt" (MEW 23, S. 169)
    • Paradoxe Eigenschaft des Kapitals
      • einerseits ist das Kapital ein Automat, etwas Lebloses
      • andererseits ist das Kapital als "Subjekt" das Bestimmende des ganzen Prozesses.
    • als Kapital besitzt der Wert nicht nur eine selbstständige Form, er ist jetzt prozessierender Wert, "sich selbst bewegende Substanz"(MEW 23, S. 169)
    In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert [...]. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. (MEW 23, S. 169)

Die Arbeitskraft

Elemente des Werts der Arbeitskraft
  │
  ├── Gebrauchswert 
  │      │ 
  │      └──Aktuierung/Anwendung der 
  │         Arbeitskraft in der Arbeit 
  │
  └── Tauschwert
       │
       └──die zur Produktion/Reproduktion notwendige 
           Arbeitszeit
           │
           ├──der Wert der "Lebensmittel" 
           │   (Nahrung, Wohnung, Kleidung etc.), 
           │   die auf dem Markt gekauft werden müssen
           │ 
           └── Die im Haushalt, vor allem von Frauen 
               geleistete Reproduktionsarbeit
               (Hausarbeit, Kindererziehung etc.)
               (nicht bei Marx)
  1. Warencharakter der Arbeitskraft
    • die Arbeitskraft hat wie jede Ware Gebrauchswert und Wert.
    1. Gebrauchswert der Arbeitskraft
      • besteht in ihrer Anwendung, also der Verausgabung der Arbeit selbst.
    2. Wert der Arbeitskraft
      • analog zum Wert jeder anderen Ware "bestimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifischen Artikels notwendige Arbeitszeit" (MEW 23, S. 184)
      • zur Erhaltung bedarf jedes Individuum einer Reihe von "Lebensmitteln" - Nahrung, Kleidung, Unterkunft etc.
      Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel (MEW 23, S. 184)
  2. Mögliche Ursachen von Wertveränderungen
    • Veränderung des Werts der zur Reproduktion notwendigen Lebensmittel
    • Veränderung des Umfangs der Menge an Lebensmitteln, die für die Reproduktion als notwendig gelten
      • ist in den einzelnen Ländern und Epochen unterschiedlich
      • hängt ab von dem
        • was in einem Land zu den normalen Lebensbedingungen gerechnet wird
        • was die Arbeiter und Arbeiterinnen als Ansprüche geltend machen
          • dies geschieht im Klassenkampf zwischen Arbeitern und Kapitalisten - einem "historischen und moralischem Element", das anders als bei allen anderen Waren, in die Wertbestimmung der Ware Arbeitskraft eingeht (MEW 23, S. 185)
  3. Unterschied zwischen der Ware Arbeitskraft und den übrigen Waren - als Ergänzung zu Marx (Heinrich: Kritik der politischen Ökonomie, S. 53f.)
    • Ihr Wert wird einzig durch den Wert der Lebensmittel bestimmt, die auf dem Markt gekauft werden müssen.
    • Die im Haushalt, vor allem von Frauen geleistete Reproduktionsarbeit (Hausarbeit, Kindererziehung etc.) geht in den Wert der Arbeitskraft nicht ein. (Feministische Kritik an Marx, vgl. Claudia von Werlhof (1978)[9]).
  4. Beschränkung des Werts der Arbeitskraft
    • Die Beschränkung des Werts der Arbeitskraft auf die Kosten der Reproduktion ist eine funktionale Notwendigkeit des Kapitalismus.
      • Würden die Arbeiter und Arbeiterinnen nicht nur den Wert der Lebensmittel erhalten, die sie am Markt kaufen müssen, dann wären sie längerfristig nicht mehr eigentumslos und könnten sich vom Zwang zum Verkauf ihrer Arbeitskraft zumindest teilweise frei machen.
      • diese Beschränkung des Werts der Arbeitskraft setzt sich im Verlaufe des kapitalistischen Akkumulationsprozesses "von selbst" durch

Der Mehrwert

  1. Mehrwert :=
    • der bei der Kapitalbewegung erzielte Wertzuwachs
    • die Differenz zwischen G’ und G
    • := die Differenz zwischen dem (Tages)Wert der Arbeitskraft - der Wertsumme, welche die Arbeitskraft durchschnittlich zur täglichen Reproduktion benötigt - und dem Wert den der einzelne Arbeiter an einem Tag unter normalen Umständen neu produzieren kann
      • Der (tägliche) Wert der Arbeitskraft macht nur einen Teil des durch den (täglichen) Gebrauch der Arbeitskraft neu geschaffenen Werts aus.
      • Wird durch Verausgabung der Arbeitskraft an einem z.B. achtstündigen Arbeitstag ein bestimmter Wert geschaffen, dann lässt sich dieser neu geschaffene Wert formal in den Wert der Arbeitskraft und den Mehrwert aufteilen.
  2. Herkunft des Mehrwerts
    • nicht aus der Zirkulation G-W-G’
      • der Mehrwert ist ein normales Phänomen kapitalistischer Warenproduktion und nicht bloß eine Ausnahme
      • in der KPW werden jedoch die Waren "zu ihren Werten getauscht" („Äquivalententausch“): die ausgetauschten Waren sind von gleicher Wertgröße, der gezahlte Preis ist adäquater Ausdruck der Wertgröße der Ware
    • Von der Ware Arbeitskraft.
      • Arbeitskraft := die Fähigkeit des Menschen, Arbeit zu verrichten, und unter den Bedingungen von Warenproduktion zur Quelle von Wert zu werden.
  3. Bedingungen für die Existenz der Ware Arbeitskraft
    • es muss Menschen geben, die rechtlich frei sind (ein Sklave oder ein leibeigener Bauer ist dazu nicht in der Lage)
    • es muss Menschen geben, die frei von sachlichem Eigentum sind (Menschen, die selbst über Produktionsmittel verfügen, ihre Waren selbst herstellen und verkaufen oder sich von ihren Produkten ernähren können, werden in der Regel nicht als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen)
    Folgerung:
    • Existenz eines bestimmten Klassenverhältnisses, in dem es
      • einerseits eine Klasse von Eigentümern (Geld- und Produktionsmittelbesitzern) gibt
      • andererseits eine Klasse von weitgehend eigentumslosen, aber rechtlich freien Arbeitern und Arbeiterinnen
    • Der (tägliche) Wert der Arbeitskraft macht nur einen Teil des durch den (täglichen) Gebrauch der Arbeitskraft neu geschaffenen Werts aus.
      • Wird durch Verausgabung der Arbeitskraft an einem z.B. achtstündigen Arbeitstag ein bestimmter Wert geschaffen, dann lässt sich dieser neu geschaffene Wert formal in den Wert der Arbeitskraft und den Mehrwert aufteilen.

Ausbeutung

  1. Bestimmung
    • := die Tatsache, dass in der KPW der einzelne Arbeiter für seine Arbeitskraft vom Kapitalisten weniger an Wert erhält, als er durch seine Arbeit produziert
  2. Nicht-moralisierende Verwendung des Begriffs bei Marx
    • soll nicht auf besonders niedrige Löhne oder besonders schlechte Arbeitsverhältnisse hinweisen
    • bezeichnet nur den Sachverhalt, dass die Produzenten lediglich einen Teil des von ihnen neu produzierten Wertes erhalten
      • es geht nicht darum, dass den Arbeitern etwas weggenommen wird, was ihnen "eigentlich" gehört,
      • Marx betont, dass - entsprechend den Gesetzen des Warentausches - der Verkäufer der Ware Arbeitskraft genau den Wert seiner Ware erhält.
    • entspringt nicht aus einer Verletzung der Gesetze des Warentausches, sondern aus ihrer Befolgung.
      • => will man Ausbeutung abschaffen, dann geht dies nicht durch eine Reformierung der Austauschverhältnisse innerhalb des Kapitalismus, sondern nur durch die Abschaffung des Kapitalismus.

Der imaginäre Charakter des Werts der Arbeit

  1. Charakter des Lohns im normalen Alltagsbewusstsein
    • gilt als Bezahlung der geleisteten Arbeit; als "Wert der Arbeit" (nicht der Arbeitskraft)
    • => alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit
    • => Mehrarbeit, unbezahlte Arbeit scheint es dann nicht zu geben
  2. Kritik dieser Sichtweise
    • der "Wert der Arbeit" wird zum "imaginären" und "irrationalen" Ausdruck (MEW 23, S. 559, 561).
    • der Kapitalist zahlt nicht das von den Arbeitern geschaffene Wertprodukt, sondern er zahlt den Wert der Arbeitskraft
    • Ausbeutung als Normalzustand in kapitalistischer Produktion ist hier nicht sichtbar
      • sie scheint nur stattzufinden, wenn der Lohn "zu niedrig" ist
      • es scheint, als drücke der Arbeitslohn nicht den Wert der Arbeitskraft, sondern den Wert der Arbeit aus.
        • (abstrakte) Arbeit ist aber Substanz und immanentes Maß des Werts.
        • Arbeit schafft Wert, hat aber selbst keinen.
    • der Ausdruck "Wert der Arbeit" ist allerdings nicht einfachhin absurd, sondern „entspringt aus den Produktionsverhältnissen selbst“ (MEW 23, S. 559).
      • er ist eine verkehrte Anschauung, die nicht etwa durch bewusste Manipulation hervorgerufen wird, sondern die aus den Verhältnissen selbst erwächst.
Elemente des kapitalistischen Produktionsprozesses
  │
  ├── Arbeitsprozess 
  │      │ 
  │      ├── Arbeit
  │      │ 
  │      ├── Arbeitsgegenstand 
  │      │      
  │      └── Arbeitsmittel
  │
  └── Verwertungsprozess
      │ 
      ├── Arbeitskraft
      │  
      └──Produktionsmittel (das konstante Kapital c)
           │
           ├──Rohstoffe
           │ 
           └── Maschinen etc.

Der kapitalistische Produktionsprozess

  1. Eigenschaften des kapitalistischen Produktionsprozesses
    • besitzt einen ähnlichen Doppelcharakter wie die Ware: ist eine Einheit aus Arbeitsprozess (der einen bestimmten Gebrauchswert hervorbringt) und Verwertungsprozess (der Produktion von Mehrwert)

Der Arbeitsprozess

  1. Allgemeine Momente des Arbeitsprozesses
    • die zweckmäßige Tätigkeit (die Arbeit)
    • der Arbeitsgegenstand (der von der Arbeit verändert wird)
    • die Arbeitsmittel (mit denen diese Veränderung möglich wird)
  2. Besonderheiten des Arbeitsprozesses innerhalb des kapitalistischen Produktionsprozesses
    • verläuft unter der Kontrolle des Kapitalisten
    • sein Produkt ist Eigentum des Kapitalisten und nicht des unmittelbaren Produzenten.

Der Verwertungsprozess

Unterschied Produktionsmittel/Arbeitskraft im kapitalistischen Produktionsprozess
Produktionsmittel Arbeitskraft
Wie geht der Wert in die produzierte Ware ein? ihr Wert geht vollständig in den Wert der Ware ein ihr Wert geht gar nicht in den Wert der Ware ein (sondern der Wert, der durch den "Verbrauch" der Arbeitskraft neu entsteht)
Folgen einer Wertänderung hat Einfluss auf den Wert der Ware hat keinen Einfluss auf den Wert der Ware

Elemente des Verwertungsprozesses

  1. die Arbeitskraft (wird als Ware gekauft und im Produktionsprozess verbraucht)
    • der Wert der Arbeitskraft geht nicht in die produzierten Waren ein.
    • in den Warenwert geht nur derjenige Wert ein, der durch den "Verbrauch" der Arbeitskraft, d.h. durch die Verausgabung von Arbeit, neu entsteht.
  2. Produktionsmittel (Rohstoffe, Maschinen etc.): das konstante Kapital (c)
    • der in Produktionsmitteln ausgelegte Bestandteil des Kapitals wird seinen Wert während des Produktionsprozesses unter normalen Umständen nicht verändern, sondern auf den Wert der produzierten Waren übertragen

Der Mehrwert (m)

  1. := Die Differenz zwischen dem neu zugesetzten Wert und dem Wert der Arbeitskraft
  2. Zusammensetzung des Wertes einer Ware
    w = c + v + m
    w = Wert einer Ware
    c = Wert des verbrauchten konstanten Kapitals (Rohstoffe, Werkzeuge und Maschinen)
    v = Wert des variablen Kapitals (der Arbeitskraft)
    m = Mehrwert
Die Mehrwertrate
  1. Erklärung
    • wird ermittelt, indem man den Mehrwert auf das variable Kapital bezieht
    • ist zugleich ein Maß für die Ausbeutung der Arbeitskraft.
  2. Formel: Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\displaystyle m' = \frac {m}{v}}
    m' = Rate des Mehrwerts
    m = Mehrwert (Einkommen des Unternehmers)
    v = variables Kapital (Lohn des Arbeiters)
Wege zur Steigerung der Mehrwertrate
Wege zur Steigerung der Mehrwertrate
  │
  ├── Erhöhung des Mehrwerts
  │   │ 
  │   ├── Verlängerung des Arbeitstages
  │   │        
  │   └── Erhöhung der Arbeitsintensität
  │
  └── Reduzierung der notwendigen Arbeitszeit
      │        
      └── Steigerung der Produktivkraft
          │
          ├── Kooperation
          ├── Arbeitsteilung   
          └── Maschinisierung
  1. Ausgangspunkt:
    • Grundsätzlich kennt das Kapital (als der "sich verwertende Wert") keine innere Grenze der Verwertung
    • eine Steigerung des Verwertungsgrades ist generell nur möglich durch eine Steigerung des Mehrwertes (m) oder eine Senkung des variablen Kapitals (v) durch Abnahme der notwendigen Arbeitszeit
Erhöhung des Mehrwerts (= "Produktion des absoluten Mehrwerts")
  1. Weg: Verlängerung des Arbeitstages + Erhöhung der Intensität der Arbeit => Verlängerung der Mehrarbeitszeit
  2. Hintergrund: Unterteilung der Arbeitszeit
    1. "notwendige Arbeitszeit"
      • diejenige Zeit, in der jene Produkte produziert werden, die die ausgebeutete Klasse zu ihrer Reproduktion bedarf
    2. "Mehrarbeitszeit"
      • diejenige Zeit, in der das Mehrprodukt produziert wird (der Teil des Gesamtproduktes, den sich die herrschende Klasse aneignet)
Abnahme der notwendigen Arbeitszeit (= "Produktion des relativen Mehrwerts")
  1. Weg: Steigerung der Produktivkraft
  2. Hintergrund:
    • Entscheidendes Motiv für die Steigerung der Produktivkraft ist allerdings nicht das indivduelle Motiv zur Steigerung des Mehrwerts (Profits), sondern die „Zwangsgesetze der Konkurrenz“:
      1. inwieweit die individuell verausgabte Arbeitszeit als wertbildend zählt, hängt u.a. davon ab, ob für die Produktion eines Gutes die "gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit"aufgewendet wurde oder nicht.
      2. Der mit der Steigerung der Produktivkraft einhergehende Extramehrwert (Extraprofit) ist nur möglich, solange sich die neue Produktionsmethode noch nicht verallgemeinert hat; hat diese sich aber einmal durchgesetzt, sinkt die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zur Produktion des Produkts und der Extramehrwert verschwindet wieder
      3. Um noch etwas vom Extramehrwert zu haben - und nicht immer nur Verluste begrenzen zu müssen - ist der Kapitalist genötigt, der erste zu sein, der die Produktivkraft steigert
  3. Methoden
    1. Kooperation
      • Bsp: Manufaktur
      • Merkmale
        • ein komplexer Arbeitsprozess wird in eine Vielzahl von einfachen Teilfunktionen zerlegt
        • diese können durch höhere Spezialisierung der Arbeiter und entsprechende Werkzeugunterstützung einzeln meistens schneller ausgeführt werden als im Rahmen des Gesamtprozesses
    2. Arbeitsteilung
      • Bsp: Taylorismus
    3. Einsatz von Maschinen
  4. Problem: das destruktive Potential der Produktivkraftentwicklung
    1. Zerstörung der Arbeitskraft
      • Ausdehnung der Arbeitszeit (Problem: gesetzliche oder tarifliche Beschränkungen)
      • "Flexibilisierung" der Arbeitszeit (Schicht- und Nachtarbeit)
      • Intensivierung der Arbeitszeit (z.B. durch ein höheres Tempo der Maschinen)
    2. Zerstörung der Natur
      • die Natur ist wie die Arbeitskraft bloßes Mittel zur Vermehrung des Mehrwerts
      • von seiner inneren Logik her steht das Kapital der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen gleichgültig gegenüber
      • Diskussion im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, ob diese Zerstörungen bereits in den stofflichen Bedingungen der industriellen Produktion angelegt sind, oder ob es erst die kapitalistischen Bedingungen sind, die diese Zerstörungen hervorrufen.
      • Marx unterscheidet "zwischen der größeren Produktivität, die der Entwicklung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, und der größeren Produktivität, die seiner kapitalistischen Ausbeutung geschuldet ist" (MEW 23, S. 445).

Formelle und reelle Subsumtion der Arbeit unter das Kapital

  1. Formelle Subsumtion
    • := Unterordnung eines Arbeitsprozesses in seiner existierenden Form unter das Kapital
    • Unterschied zum vorkapitalistischen Zustand
      • der Arbeiter arbeitet nicht mehr für sich selbst, sondern für einen Kapitalisten
      • der Arbeiter arbeitet länger als zu seiner Selbsterhaltung notwendig ist
      • jemand anderes - der Kapitalist - eignet sich das dabei entstehende Mehrprodukt an
    • produziert den absoluten Mehrwert
  2. Reelle Subsumtion
    • := Umgestaltung des Arbeitsprozesses zur Steigerung der Produktivkraft
    • Unterschied zum vorkapitalistischen Zustand
      • der Arbeitsprozess unterscheidet sich von der ganzen Organisation und Struktur her vom vorkapitalistischen Arbeitsprozess
    • ist erst möglich auf der Grundlage der formellen Subsumtion
    • produziert den relativen Mehrwert

produktive und unproduktive Arbeit im kapitalistischen Produktionsprozess

  1. produktive Arbeit
    • := nur diejenige Arbeit, die Mehrwert produziert
    • hängt nicht vom konkreten Charakter dieser Arbeit, sondern von den ökonomischen Umständen ab, unter denen sie verausgabt wird.
    • hängt davon ab, hängt nicht vom Charakter des produzierten Gebrauchswerts ab, sondern davon, ob ich Ware produziere, die zugleich Mehrwert enthält
    • derjenige, der sie verrichtet, muss Lohnarbeiter sein
      • Ergänzung: nicht jeder Lohnarbeiter ist automatisch "produktiver Arbeiter", sondern nur dann, wenn er ein Produkt herstellt, das nicht verzehrt, sondern verkauft wird, um so einen Wert und Mehrwert zu produzieren
  2. unproduktive Arbeit
    • := diejenige Arbeit, die keinen Mehrwert produziert (etwa, weil ihr Produkt nicht mehr verkauft, sondern verzehrt wird)

Akkumulation

  1. Akkumulation
    • := Verwandlung des Mehrwerts in Kapital
  2. Zweck der Mehrwerts
    • dient nicht dem Konsum des Kapitalisten dienen, sondern der weiteren Kapitalverwertung
      • die Kapitalbewegung ist Selbstzweck
      • am Ende des Verwertungsprozesses G-W-G’ wird erneut Geld als Kapital vorgeschossen - eine um den Mehrwert (abzüglich der Konsumausgaben des Kapitalisten) vergrößerte Wertsumme, die unter sonst gleich bleibenden Umständen dann einen vergrößerten Mehrwert liefern sollte
  3. Der Zwang zur Akkumulation
    • der einzelne Kapitalist wird durch die Konkurrenz zur Akkumulation gezwungen
      • muss sich an dem Wettlauf um eine beständige Steigerung der Produktivkraft beteiligen, damit er in der Preiskonkurrenz mithalten kann
      • häufig genügt es nicht, dieselbe Wertsumme nur in andere Maschinen zu investieren; oft ist eine höhere Wertsumme für die Anschaffung von besseren und mehr Maschinen notwendig
  4. Umfang der Akkumulation
    • kann ganz unterschiedlich ausfallen
      • bei großen Investitionen (z.B. Erneuerung ganzer Produktionsanlagen) kann eventuell der zuvor produzierte Mehrwert nicht ausreichen; in diesem Fall ist auf das Mittel des Kredites zurückzugreifen
      • es kann aber auch Fälle geben, in denen nicht der ganze Mehrwert zur Akkumulation benötigt wird; dann kann der restliche Mehrwert als zinstragendes Kapital bei Banken oder auf dem Finanzmarkt angelegt werden.

Arten des Kapitals und der Kapitalzusammensetzung

  1. konstantes Kapital (c)
    • := derjenige Teil des Kapitals, der für Maschinen, Rohstoffe etc. vorgeschossen wird
  2. variables Kapital (v)
    • := Vorschüsse für Löhne
  3. Wertzusammensetzung des Kapitals
    • := das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital (c/v)
  4. technische Zusammensetzung des Kapitals
    • Verhältnis der Masse von Produktionsmitteln zur Masse an Arbeit
  5. organische Zusammensetzung des Kapitals
    • := die Wertzusammensetzung des Kapitals, insofern sie durch die technische Zusammensetzung bestimmt wird (vgl. MEW 23, S. 640)
    • berücksichtigt
      • nur Veränderungen der Wertzusammensetzung, die sich aufgrund von veränderten technischen Bedingungen ergeben (z.B. durch Einsatz einer neue, teureren Maschine)
      • nicht solche Veränderungen, die allein aus Veränderungen des Werts der eingesetzten Produktionsmittel folgen (wird z.B. Kohle teurer, dann erhöht sich zwar das konstante Kapital c und mit ihm die Wertzusammensetzung des Kapitals (c/v), nicht aber dessen organische Zusammensetzung

Die industrielle Reservearmee

  1. Begriffs-Bestimmung
    • := Die Menge von Arbeitern und Arbeiterinnen, die bereit (bzw. gezwungen) sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber keinen Käufer finden
  2. Zustandekommen
    • akkumuliert das Kapital unter gleich bleibenden Bedingungen (konstante Wertzusammensetzung, konstanter Wert der Arbeitskraft und konstante Länge des Arbeitstages), dann wächst die Nachfrage an Arbeitskräften genauso stark wie das Kapital.
    • die erhöhte Nachfrage nach Arbeitskräften verbessert zunächst die Bedingungen, unter denen die Arbeitskraft verkauft wird, so dass der aktuelle Preis der Arbeitskraft über ihren Wert steigen kann
    • damit wird aber der Mehrwert vermindert, was die weitere Akkumulation verlangsamt, den Anstieg der Nachfrage nach Arbeitskräften und damit auch weitere Lohnsteigerungen bremst
  3. Folgerung
    • der kapitalistische Akkumulationsprozess sorgt selbst dafür, dass der Lohn im Durchschnitt auf den Wert der Arbeitskraft beschränkt bleibt und dass dieser Wert nie so hoch steigen kann, dass er die Verwertung des Kapitals ernsthaft beeinträchtigt
      • erhöht sich der Lohn, dann kommt es zum Einsatz arbeitssparender Maschinerie - aber nur für den Fall, dass die Verteuerung der Produktivkosten (aufgrund der Wertabgabe der Maschine an das Produkt) geringer ist als die Einsparung an variablem Kapital
      • wie viel variables Kapital ein Kapitalist einspart, wenn er die Arbeitszeit um ein bestimmtes Quantum vermindert, hängt von der Höhe des Lohns ab
      • daher kommen bei hohen Löhnen Maschinen zum Einsatz, die dem Kapitalisten bei niedrigen Löhnen noch keinen Kostenvorteil gebracht hätten
      • steigende Löhne führen daher zu einem beschleunigten Einsatz arbeitssparender Maschinen.
  4. Beeinflussende Faktoren
    1. Beschäftigungseffekt der Akkumulation
      • Akkumulation von Kapital führt zu einer Ausweitung der Produktion statt, was - bei unveränderter Wertzusammensetzung - mehr Arbeitskräfte erfordert
    2. Freisetzungseffekt der Produktivkraftsteigerung
      • die Steigerung der Produktivkraft der Arbeit führt bei unveränderter Produktionsmenge zu einem fallenden Bedarf an Arbeitskräften
  5. Begründung der These ihres tendenziellen Anwachsens bei Marx
    1. für die einzelnen Kapitale gibt es nur zwei Möglichkeiten des Wachstums gibt
      • Verwandlung von Mehrwert in Kapital (Konzentration des Kapitals)
      • Zusammenschluss verschiedener Einzelkapitale (Zentralisation des Kapitals)
    2. Folgen der Zentralisation des Kapitals
      • das einzelne Kapital wächst erheblich, was sich meistens auch in einer beschleunigten technischen Umwälzung ausdrückt, ohne dass aber das Gesamtkapital gewachsen wäre
      • => es kommt daher immer wieder zu Produktivkraftsteigerungen mit bedeutenden Freisetzungseffekten, ohne dass ihnen Beschäftigungseffekte aufgrund einer Akkumulation gegenüberstehen
  6. Vorteile für den einzelnen Kapitalisten
    • die "unbeschäftigten" Arbeitskräfte
      • drücken auf den Lohn der "Beschäftigten"
      • stellen eine "Reserve" für sprunghafte Ausdehnungen der Akkumulation dar

Verelendungstheorie

  • wurde vor allem in den 1920er Jahren auch als Revolutionstheorie verstanden
  1. Inhalt
    • im Kapitalismus verelendeten die Massen, so dass sie zwangsläufig einsehen würden, dass ihnen nichts anderes als die revolutionäre Abschaffung des Kapitalismus übrig bleibe (die Theorie wurde daher - vor allem in den 1920er Jahren - auch als Revolutionstheorie verstanden)
  2. Unterscheidung zwischen "absoluter" und "relativer Verelendung"
    • "absolute Verelendung"
      • der Lebensstandard der Arbeiterklasse sinkt absolut
    • "relativer Verelendung"
      • der Lebensstandard mag zwar steigen, aber der Anteil der Arbeiterklasse am Reichtum der Gesellschaft nimmt relativ zu den Kapitalisten ab
    • Marx
      • Unterscheidung noch nicht vorhanden
      • hatte - dem Inhalt nach - eine absolute Verelendungstheorie 1848 im "Kommunistischen Manifest" vertreten (vgl. MEW 4, S. 473)
      • im "Kapital" ist davon nicht mehr die Rede, da die Produktion des relativen Mehrwerts, eine Steigerung des Lebensstandards der Arbeiterklasse bei gleichzeitiger Vergrößerung des Mehrwerts zulässt
      • ihm ging es nicht in erster Linie um die Entwicklung der Einkommens oder des Lebensstandards, , sondern in einem umfassenden Sinne um die "elenden" Arbeits- und Lebensbedingungen der Lohnabhängigen

Die Zirkulation des Kapitals

Der Kreislauf des Kapitals

Die drei Stadien des Kapital-Kreislaufs (G-W-G’)

Der Kapitalkreislauf
Pm
G-W ... P ... W’-G’
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A

Pm: Produktionsmittel A: Arbeitskraft P: produktives Kapital
G: ursprüngliches Geldkapital G': neues Geldkapital W: ursprüngliche Ware W': neue Ware

  1. Erscheinen des Kapitalisten auf dem Warenmarkt als Käufer
    • Vorgang:
      • der Kapitalist setzt sein Geldkapital G in Ware W um
      • Es wird gekauft, um neue Ware zu produzieren, die mit Gewinn weiterverkauft werden soll
      • Dies wird möglich aufgrund des speziellen stofflichen Gehalts der gekauften Ware
      • Der Kapitalist kauft Produktionsmittel (Pm) und Arbeitskraft (A), d.h. er verwandelt Geldkapital G in produktives Kapital P.
  2. Der Zirkulationsprozess wird unterbrochen, das produktive Kapital (P) wird in einem Produktionsprozess verbraucht
    • Hintergrund:
      • Produktionsmitteln und Arbeitskraft sind nicht schon immer produktives Kapital, sondern erst des kapitalistischen Produktionsprozesses.
    • Resultat:
      • eine neue Warenmenge: Warenkapital W’
      • besteht nicht nur aus qualitativ anderen Waren als die ursprüngliche Warenmenge W (Produktionsmittel und Arbeitskraft), sondern sollte beim Verkauf auch einen höheren Wert besitzen als W.
  3. Der Zirkulationsprozess wird fortgesetzt, indem der Kapitalist auf dem Warenmarkt als Verkäufer auftritt.
    • Vorgang:
      • Der Kapitalist verkauft die neue Warenmenge W gegen G, d.h. er verwandelt das Warenkapital zurück in Geldkapital, das aber jetzt verwertetes, d.h., um den Mehrwert vermehrtes Geldkapital ist.

Produktions- und Umlaufzeit

  1. Produktionszeit
    • := die Zeitdauer, die das Kapital im Produktionsprozess zubringt
    • ist länger als die reine Arbeitszeit
      • wenn Maschinen über Nacht stillstehen oder Vorräte gelagert werden, dann befindet sich Kapital auch außerhalb der Arbeitszeit im Produktionsprozess
    • nur innerhalb der Arbeitszeit wird Wert und Mehrwert produziert (so dass die Kapitalisten bemüht sind, den Überschuss von Produktions- und Umlaufzeit über die reine Arbeitszeit hinaus möglichst gering zu halten)
  2. Umlaufzeit
    • := die Zeitdauer, die das Kapital im Zirkulationsprozess zubringt - in der Form des Geldkapitals, das Warenverkäufer sucht oder des Warenkapitals, das Käufer sucht

Arten der Zirkulationskosten

  1. Kosten, die Gebrauchswert und Wert des Produktes vergrößern
    • Gebrauchswert hat eine Sache für mich nur, wenn ich sie auch an dem Ort zur Verfügung habe, an dem ich sie konsumieren will
    • Beispiel:
      • Transportkosten
  2. Reine Zirkulationskosten
    • fügen zum Gebrauchswert und daher auch zum Wert des Produkts nichts hinzu, da sie lediglich aus dem Formwandel von Geld in Ware bzw. von Ware in Geld herrühren.
    • haben nichts mit dem Gebrauchswert der Ware und daher auch nichts mit ihrem Wert zu tun
    • bilden einen Abzug vom Mehrwert
    • Beispiel:
      • Kosten, die für die Tätigkeit des Kassierens (im Supermarkt etc.) entstehen

Industrielles Kapital

  1. Bestimmung
    • := Kapital, das die drei Formen Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital durchläuft
      Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. (MEW 24, S. 61)
  2. Abgrenzung
    1. Kaufmannskapital und zinstragendes Kapital
      • eignen sich zwar einen Teil des Mehrwerts an
      • es gehört aber nicht zu ihrer Kapitalfunktion, diesen Mehrwert auch zu produzieren

Der Umschlag des Kapitals

Begriffe

  1. Umschlag des Kapitals
    • := Wird der Kreislauf des Kapitals nicht als vereinzelter Vorgang, sondern als periodischer Prozess betrachtet, spricht man vom Umschlag des Kapitals.
  2. Umschlagzeit
    • := die Summe aus Produktions- und Umlaufzeit
    • diejenige Zeit, für die ein Kapitalist Kapital vorschießen muss, bis er es verwertet zurückerhält
  3. Fixes Kapital
    • Produktionsmittel, die erst nach mehreren Produktionsperioden verschlissen sind und daher nur einen Teil ihres Wertes auf den Wert der Produkte übertragen
    • Beispiele:
      • Gebäude und Maschinen
  4. Flüssiges oder zirkulierendes Kapital
    • := die Bestandteile des Kapitals, die während einer Produktionsperiode stofflich verbraucht werden, deren Naturalform also verschwindet
    • Bestandteile
      • die nicht-fixen Teile des konstanten Kapitals (Roh- und Hilfsstoffe, Energie etc.)
      • das variable Kapital

Unterscheidungen

Begriffspaar Bezugspunkt Erklärung
Fixes Kapital Zirkulation des Werts: es besteht kein stofflicher Unterschied, sondern einer, der in der Zirkulation des Werts begründet liegt; entscheidend ist der Zeitpunkt, wann der entsprechende Kapitalwert wieder zum Kapitalisten zurückkehrt der Wert überträgt sich erst im Verlauf von mehreren Produktionsperioden auf das Produkt; er fließt daher nach einem Umschlag auch nur teilweise zurück; diese Rückflüsse werden nicht sofort benötigt, sondern erst dann, wenn die stofflichen Elemente des fixen Kapitals auch tatsächlich ersetzt werden müssen (z.B. durch Anschaffung einer neuen Maschine)
Zirkulierendes Kapital der übertragene Wert wird unter normalen Bedingungen bereits nach einem Umschlag ersetzt und muss dann auch sofort für die nächste Produktionsperiode vorgeschossen werden
Konstantes Kapital (c) die Art der Wertbildung überträgt seinen Wert bloß auf das Produkt
Variables Kapital (v) schafft einen neuen Wert in Höhe von v + m

Umstrittene Fragestellungen in Marx Kritik der politischen Ökonomie

Thema Vertreter These
Lesart der Ware-und Geldkapitel in Marx' Kapital (Kap.1-3)? Neue Marx-Lektüre systematische Interpretation
Friedrich Engels (Nachtrag zum dritten Band des "Kapital") , Ernest Mandel (Marxistische Wirtschaftstheorie) historische Interpretation
Charakter der abstrakten Arbeit Neue Marx-Lektüre gesellschaftliche Interpretation
Wolfgang Fritz Haug "naturalistische" Interpretation
Stellungnahme zur These vom tendenziellen Fall der Profitrate Neue Marx-Lektüre
Ernest Mandel, Wolfgang Fritz Haug

Literatur

Primärliteratur

  • Marx, Karl/Engels, Friedrich (1965ff.): Werke (Marx-Engels-Werke|MEW). 39 Bde. u. 2. Ergänzungsbände. Berlin (Dietz).
im Text zitiert:
  • Marx, Karl/Engels, Friedrich (1975ff.): Gesamtausgabe (MEGA2). Abt. 1: Werke, Artikel, Entwürfe; Abt. 2: ”Das Kapital“ und Vorarbeiten; Abt. 3: Briefwechsel; Abt. 4: Exzerpte, Notizen, Marginalien. Berlin (Dietz).

Sekundärliteratur

Allgemein

  • Altvater/Hecker/Heinrich/Schaper-Rinkel: KAPITAL.DOC - Das Kapital (Bd. 1) von Marx in Schaubildern mit Kommentaren
  • Michael Heinrich: Kritik der politischen Ökonomie : eine Einführung, 7. Auflage, 2009 (Nachdruck der 3. Auflage, 2005), ISBN 978-3896575937.
  • Michael Heinrich: Wie das Marxsche Kapital lesen?, 2., durchges. Aufl. 2009, Stuttgart, Schmetterling Verlag. ISBN 978-3-89657-054-3.

Zur Werttheorie

  • Hans-Georg Backhaus: Dialektik der Wertform. Untersuchungen zur Marxschen Ökonomiekritik. Freiburg 1997, Ca ira.
  • Hans-Georg Backhaus: Über die Notwendigkeit einer Ent-Popularisierung des Marxschen ”Kapitals“. In: Görg, Christoph/Roth, Roland (Hrsg.): Kein Staat zu machen. Zur Kritik der Sozialwissenschaften. Münster 1998, Westfälisches Dampfboot, S. 349-371.
  • Helmut Brentel: Soziale Form und ¨okonomisches Objekt. Studien zum Gegenstands- und Methodenverständnis der Kritik der politischen Ökonomie 1989, Opladen (Westdeutscher Verlag).
  • Nils Fröhlich: Die Marx'sche Werttheorie: Darstellung und gegenwärtige Bedeutung. (PDF)
  • Wolfgang Fritz Haug: Dreizehn Versuche marxistisches Denken zu erneuern. Berlin 2001, Dietz
  • Eckhard Hein: Geld, effektive Nachfrage und Kapitalakkumulation. Eine Betrachtung aus Marxscher, Keynesscher und post-keynesianischer Perspektive. Berlin 1997, Duncker & Humblot
  • Michael Heinrich: Die Wissenschaft vom Wert : die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie zwischen wissenschaftlicher Revolution und klassischer Tradition, 1991, Hamburg : VSA-Verl.. ISBN 3-87975-583-3.
  • Fritz Helmedag: Warenproduktion mittels Arbeit. Zur Rehabilitation des Wertgesetzes. Marburg 1994, Metropolis
  • Isaak Iljitsch Rubin: Studien zur Marxschen Werttheorie. Frankfurt a. M. 1973, Europäische Verlagsanstalt

Einzelnachweise

  1. Vgl. Kößler/Wienold 2001, Gesellschaft bei Marx. Münster, S. 165 ff.
  2. Vgl. Fröhlich, S. 13
  3. Vgl. Fröhlich, S. 18, Rubin (1973), S. 39
  4. Vgl. Haug 2001, S. 77
  5. Rubin 1973, S. 36, Hein 1997, S. 28
  6. Brentel 1989: S. 265f
  7. Backhaus 1997: 416, Backhaus 1998, S. 352
  8. Heinrich: Wie das Marxsche Kapital lesen?, S. 160
  9. vgl. Claudia v. Werlhof (1978): "Frauenarbeit: der blinde Fleck in der Kritik der politischen Ökonomie" In: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis 1, S. 18-32

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