Benutzer:Lantani/Apokryphen

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Apokryphen (auch apokryphe Schriften; altgr.

ἀπόκρυφος

apokryphos ,verborgen‘, ‚dunkel‘; Plural

ἀπόκρυφα

apokrypha) sind religiöse Schriften jüdischer bzw. christlicher Herkunft aus der Zeit zwischen etwa 200 vor und 400 nach Christus, die nicht in einen biblischen Kanon aufgenommen wurden oder über deren Zugehörigkeit Uneinigkeit besteht, sei es aus inhaltlichen oder religionspolitischen Gründen, oder weil sie erst nach Abschluss des Kanons entstanden sind oder zur Zeit seiner Entstehung nicht allgemein bekannt waren.

Der Begriff ist christlicher Herkunft und wird auch weitgehend nur in der christlichen Theologie verwendet. Im jüdischen Bereich spricht man stattdessen von „außenstehenden Büchern“ (gemeint sind in erster Linie Schriften, die nicht im hebräischen Tanach, wohl aber in der griechischen Septuaginta enthalten sind). Diejenigen dieser Schriften (neben ganzen Büchern auch einige Textpassagen zusätzliche Textpassagen zu Büchern des Tanach), die in der protestantischen Tradition als außerkanonisch, in der römisch-katholischen aber als kanonisch angesehen werden (siehe Abschnitt Evangelische Sichtweise), heißen auch deuterokanonisch. Sie finden sich in manchen Bibeln als separater Bibelteil Die Apokryphen oder Spätschriften des Alten Testaments zwischen dem Alten und Neuen Testament.

Streng zu unterscheiden ist zwischen Apokryphen des Alten und Neuen Testaments, da die damit jeweils verbundenen Forschungsprobleme und theologischen Fragestellungen unterschiedlich gelagert sind. Insbesondere ist der neutestamentliche Kanon über Konfessionsgrenzen hinweg derselbe. Manchmal werden auch noch spätere christliche Schriften, deren Entstehungszeit bis ins 8. oder 9. Jahrhundert reicht, zu den neutestamentlichen Apokryphen gerechnet.[1] Manche Apokryphen sind der Form nach Hagiographien, deren Hauptfiguren Personen aus dem biblischen Umfeld sind.

Begriff

Der Begriff „apokryph“ wurde im 2. Jahrhundert von christlichen Theologen geprägt. Anfangs bedeutete er nicht nur „außerkanonisch“, sondern zugleich „häretisch“. Er bewertete die Schriften als Irrlehren oder Fälschungen, besonders wenn sie nach Benennung, Verfassertradition und Inhalt einen quasibiblischen Anspruch erhoben; der falsche Schein des Kanonischen und Verbindlichen ist hierfür das entscheidende Merkmal.[2]. Die Wort „apokryph“ wurde zunächst vor allem auf Texte der Gnosis und aus deren Umfeld bezogen. Viele Gnostiker machten bestimmte Texte nur Eingeweihten zugänglich und kennzeichneten sie mit dem Wort „apokryph“ mitunter auch selbst als Geheimlehren.[2]

In einer Aufzählung der biblischen Schriften unterscheidet Athanasius deutlich zwischen den kanonischen („jene“ im folgenden Zitat) und deuterokanonischen („diese“) Büchern einerseits und apokryphen Büchern andererseits:[3]: „[O]bwohl jene in den Canon aufgenommen sind, und diese gelesen werden, wird nirgends der apokryphischen Bücher gedacht; sondern diese sind eine Erdichtung der Ketzer, welche nach Belieben Bücher schreiben, und denselben auch Zeiten zuschreiben, und beilegen, damit sie unter dem Vorwande des Alters derselben Gelegenheit haben, die Unbehutsamen hiedurch zu hintergehen.“

Um seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen, dass die deuterokanonischen Bücher nicht in den Kanon aufgenommen werden sollen, hat sie Hieronymus als „apokryph“ bezeichnet, [4] obwohl er sie öfters zitiert, teilweise sogar mit der Einleitung „wie die Schrift sagt“. Das Wort „apokryph“ enthält hier also keine Ablehnung der Schriften selbst, sondern nur ihrer Aufnahme in den Kanon. Mit der zunehmenden Akzeptanz der deuterokanonischen Schriften als Bestandteil des Kanons in der Folgezeit hat die Unterscheidung zwischen den Bedeutungen „außerkanonisch“ und „dubios hinsichtlich Herkunft und Inhalt“ an Bedeutung verloren.

Luther hat die deuterokanonischen Schriften mit übersetzt, ihre Zugehörigkeit zum Bibelkanon aber wie Hieronymus abgelehnt und sie aus dem protokanonischen Zusammenhang ausgegliedert. Diese Textteile hat er, mit der Überschrift „Die Apokryphen“ versehen, zwischen dem Alten und dem Neuen Testament eingeordnet. Für im katholischen Sinne nichtkanonische Schriften (mit Ausnahme des sehr kurzen und inhaltlich nicht kontrovers diskutierten „Gebets des Manasse“) hat er kein Interesse gezeigt, so dass auch er nicht zwischen „außerkanonisch“ und „dubios“ unterscheiden musste.

Heute bedeutet das Wort „apokryph“ im theologischen Kontext meistens „außerkanonisch“ ohne inhaltliche Wertung und ist somit vom Standpunkt des Sprechers abhängig. In anderen Kontexten hat es bildungssprachlich die Bedeutung „zweifelhaft; nicht zum Gültigen, Anerkannten gehörend; unecht“ behalten.[5]

Apokryphen zum Alten Testament

Alttestamentliche Apokryphen im engeren Sinn sind die von Martin Luther und nach ihm auch von anderen Reformatoren ausgesonderten Schriften, die nicht in der hebräischen Bibel vorkommen, sondern nur in der griechischen Bibel enthalten sind. Alttestamentliche Apokryphen im weiteren Sinn umfassen weitere nichtbiblische Schriften des Judentums.[1]

Alttestamentliche Apokryphen im engeren Sinn

Gegen Ende des ersten Jahrhunderts nach Christus soll es im Zuge der Kanonisierung der jüdischen Bibel im tannaitischen Judentum zur Ausgrenzung biblischer Schriften gekommen sein, die nur in der Septuaginta, nicht aber im hebräischen Tanach enthalten sind. In der griechischsprachigen christlichen Kirche wurde die Septuaginta als Kanon des Alten Testaments beibehalten. Die römische Kirche rechnete deren Schriften seit dem 3. Konzil von Karthago (397) definitiv zum Kanon. Erst die Kirchen der Reformation ordneten sie im 16. Jahrhundert den „Apokryphen“ zu.

Der Septuaginta-Kanon ist allerdings nur in christlichen Zusammenhängen bezeugt. Der früher verbreiteten Auffassung, es habe im rabbinischen Judentum im Anschluss an die Synode von Jamnia eine bedeutende Reduktion der biblischen Schriftensammlung gegeben, die zuvor auch die heute als „Apokryphen“ bezeichneten Schriften mitenthalten hätte und als griechische Bibel des alexandrinischen Judentums anerkannt gewesen sei, wird heute widersprochen.[6]

Seit der Reformation unterscheidet sich daher der Umfang des Alten Testaments in den christlichen Konfessionen: Die katholische und die orthodoxe Kirche folgen in ihrem AT-Kanon weiter der Septuaginta, während die Reformatoren ihren Bibelübersetzungen die hebräische Bibel zugrunde legten. Entsprechend werden im Protestantismus alle Schriften, die im Judentum nicht als kanonisch anerkannt sind, zu den Apokryphen gezählt. Sie sind in der Lutherbibel als „nützliche“, aber nicht „heilige“ Schriften in einem Anhangsteil abgedruckt. In einigen Ausgaben der Lutherbibel sind sie gar nicht enthalten. In Bibelübersetzungen aus der reformierten Tradition waren sie anfangs enthalten (Zürcher Bibel von 1531), wurden aber später ausgeschlossen. Ähnliches gilt für die anglikanische Tradition, die die Apokryphen in der King-James-Bibel von 1611 zunächst in einem gesonderten Teil ohne Rangunterschied aufnahm, binnen eines Jahrhunderts aber aus ihren Bibelausgaben verdrängte.[6]

Die in protestantischen Kirchen als apokryph betrachteten Texte wurden im Sprachgebrauch der katholischen Theologie in der Zeit der Kontroverstheologie auch als deuterokanonische Schriften bezeichnet, um sie von den protokanonischen Schriften zu unterscheiden, die von allen christlichen Konfessionen anerkannt werden. In den orthodoxen Kirchen nennt man sie auch Anaginoskomena („Zu Lesendes“). Ein moderner Ausdruck für diese Schriften, der konfessionelle Neutralität anstrebt, lautet „Spätschriften des Alten Testaments“. Alle diese apokryphen Schriften sind (je nach Abgrenzung zumindest überwiegend) jüdischen Ursprungs und im Zeitraum vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum 1. Jahrhundert n. Chr. entstanden.[6]

Evangelische Sichtweise

Folgende Schriften werden in der Lutherbibel als „Apokryphen“ bezeichnet und unter diesem Namen und in folgender Reihenfolge mit abgedruckt.

Alle anderen Apokryphen werden in der reformatorischen Tradition nicht zu dieser Schriftkategorie gezählt, sondern stattdessen im protestantischen Bereich oft zusammenfassend als „Pseudepigraphien“ bezeichnet, obwohl streng genommen keineswegs alle apokryphen Schriften Pseudepigraphien sind und es auch unbestritten kanonische Bücher in der Bibel gibt, die weithin als Pseudepigraphien erkannt oder betrachtet werden.

Katholische Sichtweise

Die meisten Apokryphen nach diesem evangelischen Sprachgebrauch sind in katholischen Bibelausgaben, die auf der lateinischen Vulgata beruhen, als kanonische Schriften enthalten; sie wurden in der vorreformatorischen und katholischen Tradition auch niemals als „Apokryphen“ bezeichnet. Nur die Oratio Manassis („Gebet des Manasse“) gilt nach Auffassung beider Konfessionen als apokryph.

Das Trienter Konzil bestätigte das Gros der von den Reformatoren angezweifelten alttestamentlichen Bücher auf seiner 4. Session vom 8. April 1546 trotz gewisser Meinungsverschiedenheiten im Vorfeld als kanonisch. Später bezeichnete man sie zeitweise als deuterokanonisch, stufte sie aber nie herab und entfernte sie auch nicht von ihrer angestammten Stelle in den Bibelausgaben.

Einige in der Septuaginta nicht einheitlich bezeugte Spätschriften gehörten nie zum vorreformatorischen Kanon oder waren schon vor der Reformation umstritten. Aus katholischer Sicht als apokryph im engeren Sinn gelten daher nur folgende Schriften, die in Textzeugen der Septuaginta zwar überliefert, aber nicht in die Vulgata gelangt sind:

Orthodoxe Sichtweise

Die orthodoxe Tradition folgt der griechischen Bibel der Alten Kirche. Einen autoritativ festgelegten Kanon kennt sie jedoch nicht. Vorreformatorisch gab es Verhandlungen mit der lateinischen Kirche über den Wert oder die Geltung bestimmter Bücher unter anderem auf dem Unionskonzil von Florenz (1442). Verbindlichkeit und Rang einzelner Schriften wurden später unter dem Einfluss der Reformation in unterschiedlichem Ausmaß auch in der Orthodoxie in Zweifel gezogen oder relativiert. So setzte eine griechische Druckbibel von 1526 die Apokryphen in einen gesonderten Teil. 1629 lehnte der Patriarch von Konstantinopel die über den Tanach hinausgehenden Bücher ab. Die 1642 abgehaltene Synode von Konstantinopel beurteilte die Apokryphen dagegen als nützlich und beizubehalten. Die Synode von Jerusalem (1672) akzeptierte nur die Bücher Tobit, Judit, Jesus Sirach und das Buch der Weisheit als zuverlässig überliefert. 1950 wurde indes für den panorthodoxen Gebrauch eine Bibelausgabe autorisiert, die alle im evangelischen Bereich als apokryph betrachteten Schriften ohne besondere Kennzeichnung enthält.[6]

Ein Sonderfall ist Psalm 151, der in der westlichen Kirche weder im katholischen noch im protestantischen Bereich als kanonisch anerkannt wird, in der Ostkirche jedoch immer als unbestrittener Teil des Psalmenbuches galt.

  1. a b Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Weggen.
  2. a b Adolf Jülicher: Art. Apokryphen. In: RE I,2, Stuttgart 1894.
  3. Ein Bruchstück aus dem neununddreißigsten Festbriefe des heil. Athanasius. In: Sämmtliche Werke des heiligen Athanasius (= Sämmtliche Werke der Kirchen-Väter. Nr. 17). Band 4, 1837 (unifr.ch).
  4. Hieronymus: Prologus galeatus, zitiert in
    Jörg Sieger: Der alttestamentliche Kanon zur Zeit der Kirchenväter. 2011, abgerufen am 21. Februar 2020.
  5. Online-Duden, Stichwort „apokryph“. Abgerufen am 21. Februar 2020.
  6. a b c d Martin Beck: Art. Apokryphen (AT). In: WiBiLex, Stuttgart 2006.