Benutzer:Swen/Kumulationsprinzip

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Das Kumulationsprinzip des gewerblichen Rechtsschutzes besagt, dass unterschiedliche, ja sogar konkurrierende Schutzrechte für das selbe Immaterialgut beansprucht werden können. Speziell für rechtliche Hybriden (engl.: "legal hybrid") wie Computerprogramme, die als technische Werke urheberrechtlich geschützt werden, soll das Kumulationsprinzip patentrechtlichen Schutz ermöglichen. Gegenstück dazu ist das Numerus Clausus Prinzip des Sachenrechts.


Befürworter

Prominenteste Befürworter des Kumulationsprinzips waren Schricker/Straus in ihrer "Stellungnahme zum Sondierungspapier der Kommission der Europäischen Gemeinschaften „Die Patentierbarkeit Computer-implementierter Erfindungen" Dez. 2000:

„Im Übrigen entspricht die gleichzeitige Gewährung von Urheberrechtsschutz und Patentschutz auch dem sog. „Kumulationsprinzip“, welches die Beanspruchung konkurrierender Schutzsysteme als fundamentales Prinzip des gewerblichen Rechtschutzes und Urheberrechts zuläßt.“

Prof. Dr. Dr.h.c.mult. G. Schricker; Prof. Dr. J. Straus[1]"

Wortidentisch auch Schiuma[2] mit Bezug auf Lehmann[3]. Gleichsinnig auch Horns[4], der sich auf Schiuma[2] stützt, sowie Dreiss/Hössle[5] im Namen der Patentanwaltskammer und Tauchert[6].

Kritiker

Für Dinwoodie[7] ist das Kumulationsdilemma nicht nur ein Produkt neuer sui generis Rechte. Es bezieht in zunehmendem Maße die Jagd nach zwei oder mehreren Primärschutzrechten des geistigen Eigentums ein. Cornish[8] fragt daher ob diese kumulierte Anwendung unterschiedlicher Rechte geistigen Eigentums an einer einzelnen Sache oder Dienstleistung nicht zu ungerechtfertigten Monopolmöglichkeiten führt. Kumulation von Schutzrechten untergräbt die Rechtssicherheit für Wettbewerber die diese brauchen um sich im Wettbewerb der Innovationen engagieren zu können[7].

Schon 1994 warnten Samuelson et al., dass die ökonomischen Ziele beider Regime - Patent- und Urheberrecht - vereitelt werden können, wenn beide an Computerprogrammen mit deren rechtssystematischer Doppelnatur („legal hybrid“) angewendet werden[9].

Kontra

„Lehmann[10] hat die Möglichkeit der Beanspruchung konkurrierender Schutzsysteme und paralleler „Property Rights“ im Sinne eines Kumulationsprinzips als ein fundamentales Element des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts bezeichnet und damit zugleich die gesteigerte Bedeutung der Thematik unterstrichen.“

Markus Hoffmann: Markus Hoffmann:[11]

„Thus, it is all the more clear that the decision brings the regime of trade mark law into line with the tacit public interest policy, overriding both trade mark and patent law, that patent law alone should govern the field of technical subject-matter and that no other I.P. right should interfere with the domain which patent law consciously leaves unprotected and free for all.“

Antoon Quaedvlieg: „Concurrence and Convergence in Industrial Design: 3-Dimensional Shapes Excluded by Trademark Law“ ISBN 90-5095-481-2 http://www.atrip.org/upload/files/activities/utrecht2004/int_property_law.pdf

Entscheidungen

In C-48/09 P entschied der EuGH, dass ein Legostein keine Marke sein kann, weil alle seine für den Verkehr wesentlichen Merkmale, mit Ausnahme der Farbe, durch seine technisch bedingte Form vorgegeben sind[12]

  1. Prof. Dr. Dr.h.c.mult. G. Schricker; Prof. Dr. J. Straus: Stellungnahme zum Sondierungspapier der Kommission der Europäischen Gemeinschaften „Die Patentierbarkeit Computer-implementierter Erfindungen“. Dezember 2000 (europa.eu [PDF; abgerufen am 20. Februar 2009]).
  2. a b Daniele Schiuma: TRIPS und das Patentierungsverbot von Software "als solcher". In: GRUR Int. 1998, S. 852–858.
  3. Lehmann: Titelschutz von Computerprogrammen - Eine Erwiderung. In: GRUR. 1995, S. 250–252.
  4. Axel H. Horns: Anmerkungen zu begrifflichen Fragen des Softwareschutzes. In: GRUR. 2001, S. 1–16.
  5. Dreiss, Hössle: Stellungnahme der Patentanwaltskammer zu dem Sondierungspapier der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen. 2001 (europa.eu [PDF; abgerufen am 27. März 2009]).
  6. Wolfgang Tauchert: Zum Begriff der "technischen Erfindung". In: JurPC Web-Dok. 28/2002, Abs. 5-6. 2002 (jurpc.de [abgerufen am 25. Mai 2009]).
  7. a b Graeme B. Dinwoodie: Concurrence and Convergence of Rights: The Concerns of the U.S. Supreme Court. ISBN 90-5095-481-2 (atrip.org [PDF; abgerufen am 25. Mai 2009]).
  8. Bill Cornish: INTELLECTUAL PROPERTY LAW 2004 - Articles on Crossing Borders between traditional and actual, 2004, ISBN 90-5095-481-2 (atrip.org [PDF; abgerufen am 25. Mai 2009]).
  9. Samuelson P., Davis R.D. Kapor M.D., Reichman J.H.: A Manifesto Concerning the Legal Protection of Computer Programs. In: COLUM. L. REV. Band 94, 1994, S. 2308 (duke.edu [abgerufen am 26. September 2009]).
  10. Lehmann, Titelschutz von Computerprogrammen - Eine Erwiderung, GRUR 1995, 250-252.
  11. Mehrfachschutz geistigen Eigentums im deutschen Rechtssystem (recherchiert 20.2.2009)
  12. Andreas Schabenberger: EUGH: Ein Legostein kann keine Marke sein. In: GRUR-Prax. 2010, S. 431.

Jerome H. Reichman, „Legal Hybrids between the Patent and Copyright Paradigms“, in: Altes/Dommering/Hugenholtz/Kabel Information Law, 325 ff.

Reichman J H, ‘Legal Hybrids Between the Patent and Copyright Paradigms’ (1994) 94 Columbia Law Review 2432. http://dx.doi.org/10.2307/1123143

Wiebe, Andreas,Perspectives Of European Intellectual Property Law. International Journal of Law and Information Technology, Vol. 8, No. 2, Summer 2000. Available at SSRN: http://ssrn.com/abstract=242156

Lehmann, M. 1985. « The Theory of Property Rights and the Protection of Intellectual and Industrial Property », International Review of Industrial Property and Copyright Law, vol. 16, no 5, p. 525.

Michael Lehmann, "TRIPs the Berne Convention and Legal Hybrids" Col. L. Rev. Vol. 94, No. 7 Nov. 1994, P. 2627.

Pamela Samuelson, A Manifesto Concerning the Legal Protection of Computer Programs, 94 COLUM. L. REV. 2308 (1994) http://eprints.law.duke.edu/896/

A. Kur: Confusion Over Use? – Die Benutzung "als Marke" im Lichte der EuGH-Rechtssprechung GRUR Int 1/2008

L. Jaeschke: Die "Produktform als Corporate Identity"? - Klemmbausteine und die Frage der "Kumulation von Schutzrechten" GRUR 9/2008



Kategorie:Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht