Benutzer:WMK-karlsruhe/Michael Mäs

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Michael Mäs [ˈmɪçaeːl ˈmaːs] ist ein deutscher Soziologe. Er leitet die Professur für Soziologie am Institut für Technikzukünfte (ITZ) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Seine Arbeit im Bereich der computational-Social-Science beschäftigen sich unter anderem mit Diversität und Integration, sozialer Einfluss und Polarisierung sowie Nachhaltigkeit und Kooperation.

Werdegang

Michael Mäs schloss 2005 den Masterabschluss im Fach Soziologie an der Universität Leipzig ab. Während seiner Studienzeit arbeitete er als Forschungsassistent für Karl-Dieter Opp und Kurt Mühler. Anschließend promovierte er an der Reichsuniversität Groningen und erlangte 2010 den Doktortitel in Verhaltens- und Sozialwissenschaften. Dort war er auch bis 2011 als Postdoktorand tätig.

2011 setzte Michael Mäs seine Tätigkeit als Postdoktorand an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich im Lehrstuhl für Soziologie im Bereich für Modellierung und Simulation fort. Später fungierte er dann als Oberassistent. Anschließend kehrte Mäs 2018 zur Reichsuniversität Groningen zurück, um seine Tätigkeit als Dozent zu beginnen. Letztlich wurde Mäs 2020 als Professor für Soziologie am KIT tätig. Mäs übernahm im Oktober 2013 eine Gastprofessur an der Cornell University.

Forschung

Mäs Forschung fokussiert sich auf kollektives Handeln, soziale Integration in sozialen Netzwerken, Prozesse der Meinungspolarisierung und Verbreitung von Unwahrheiten in Online-Kommunikationssystemen. Um zum Beispiel die Auswirkungen von Filterblasen und Social Bots in sozialen Online Netzwerken zu untersuchen, nutzt er bei seiner Forschung computergestützte Modellierungstechniken.

Grundlage von Mäs Forschung ist Durkheims Begriff des „Ganzen, das nicht gleich der Summe seiner Teile ist; es ist etwas anderes, dessen Eigenschaften sich von denen unterscheiden, die die Teile aufweisen, aus denen es gebildet ist.“ Bezogen auf das Verhalten von Gruppen, vermag demnach nicht einmal ein Modell, das perfekt auf ein Individuum zugeschnitten ist, das komplexe Verhalten in sozialen Geflechten zu erklären.

Seine übergreifende Forschungsfrage lautet: Wenn das Ganze mehr ist als die Summe der Teile, was fehlt dann auf der rechten Seite der Gleichung?

Für die Beantwortung konzentriert er sich auf drei theoretische Bestandteile, die einen Einfluss darauf haben, wie das Verhalten von Individuen zum Verhalten von Gruppen aggregiert wird: Soziale Institutionen, Rückkopplungsschleifen und Noise.

Hauptgegenstand seiner Forschung zu sozialen Institutionen (z.B. Signalisierung oder Peer-Bestrafung) ist, wie verschiedene Institutionen das Verhalten von Individuen in sozialen Situationen beeinflussen. Daneben entwickelt er Theorien über die Evolution sozialer Institutionen.

Mäs untersucht Rückkopplungsschleifen, weil das Verhalten von isolierten Individuen zu betrachten zwar wichtig, aber nicht ausreichend ist. Das Verhalten von Individuen beeinflusst das Verhalten von anderen Individuen, die wiederum andere Individuen beeinflussen. Ein Beispiel dafür ist Schellings Modell der Wohnsegregation.

Mit Noise sind Abweichungen von individuellen Verhaltens-Mustern gemeint. Auch wenn die Abweichungen selten und zufällig sind, können sie einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten des Kollektivs haben, wenn Individuen in eine größere Gruppe integriert sind.

Seine Publikationen fokussieren sich auf die folgenden 3 Bereiche:

Nachhaltigkeit und Kooperation

Grundlage einer nachhaltigen Gesellschaft ist ein vernünftiger Gebrauch von natürlichen Ressourcen. Da es sich dabei allerdings meist um Kollektivgüter handelt, neigen eigennützige Individuen dazu, sie vermehrt für sich zu nutzen. Bei seinen Untersuchungen zur Nachhaltigkeit menschlicher Kollektive konzentriert sich Mäs auf drei Punkte:

  • Bedingungen für soziale Institutionen, damit sie Kooperation und Nachhaltigkeit fördern

Soziale Präferenzen können Individuen zu einem vernünftigen Gebrauch von natürlichen Grundlagen motivieren, allerdings nur, wenn die Akteure unter optimalen institutionellen Bedingungen entscheiden. Um diese herauszufinden, forscht Mäs an Peer-Punishment-Insitutionen, Signalisierungsinstitutionen, Reputationssystemen und meritokratischen Gütern.

  • Bedingungen, unter denen Interventionen, die auf eine begrenzte Anzahl von Individuen abzielen, Kooperationskaskaden auslösen, die zu Verhaltensänderungen einer Bevölkerung führen

Zusammen mit Karl-Dieter Opp konnte Mäs strukturelle Bedingungen identifizieren, unter denen Verhaltensveränderungen durch einige wenige Individuen andere dazu motivieren können, ihr Verhalten ebenfalls anzupassen, was zu weiteren Verhaltensveränderungen führt und so weiter.

  • Rückkopplungsschleife: Abhängigkeit zwischen Klima und Mensch

Der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen Klima und Mensch zum Trotz wird der Mensch bisher wenig direkt in den bestehenden Erdsystemmodellen zum Klimawandel repräsentiert. Gemeinsam mit Forschern des Potsdam-Instituts für Klimaforschung (PKI) versucht Mäs den Menschen in die Modelle zu integrieren, um die Rückkopplungsschleife zwischen Mensch und Klima verständlicher zu machen.

Diversität und Integration

Mäs beschäftigt sich mit der demographischen Diversität und ihren Effekten auf die Zusammenarbeit in Gruppen. Das Interesse an diesen Effekten begründet sich darin, dass demographische Diversität eine wachsende Rolle in der globalisierten Wirtschaft und Gesellschaft spielt. Daher untersucht er, in Zusammenarbeit mit Kollegen, inwiefern demographisch heterogene Gruppen von ihren Unterschieden profitieren können. Entscheidend dafür ist das Humankapital, welches mit großer Diversität steigt und ein Vorteil von Durchmischung sein kann. Diese Vorteile sind allerdings davon abhängig, ob Integration stattfindet und mögliche Konflikte gelöst werden können. Um darüber Aussagen treffen können, arbeitete Mäs an Studien mit. Diese untersuchten, anhand von simulierten Modellen, möglich Effekte disperser Gruppen in Bevölkerungen.

Sozialer Einfluss und Polarisation

Klassische Modelle zu sozialem Einfluss führen zu dem Ergebnis, dass Kollektive mit steigender Interaktion durch sozialen Einfluss zu einem Zustand des Konsens kommen. Empirische Beobachtungen weisen jedoch darauf hin, dass es in der Realität auch bei hoher Interaktion zu Meinungspolarisierung kommt. Michael Mäs arbeitet daran, neue Modelle zu entwickeln, die sozialen Einfluss und Meinungspolarisierung vereinbaren. »Meinungspolarisierung« wird hier als der Zustand und Prozess des Auseinanderdriftens von Meinungen verstanden. Die Modelle, die Michael Mäs gemeinsam mit Andreas Flache, Dirk Helbing und Károly Takács entwickelt, beschreiben, wie sich in Kollektiven homogene Untergruppen bilden und untereinander polarisieren. Die Individuen dieser Kollektive driften trotz Homophilie und sozialen Einflusses in ihren Meinungen auseinander. Die Modelle beschreiben zudem, wie es dazu kommen kann, dass sich eine große Zahl an Untergruppen bildet. Ziel von Michael Mäs’ Forschung ist es, die in der Praxis beobachtbaren Phänomene in einer Theorie, die Meinungspolarisierung und Gruppenbildung als emergente Phänomene begreift, zu erfassen. Diese Theorie soll später auch Effekte in den sozialen Medien erklären können.

Veröffentlichungen

Wissenschaftliche Arbeiten (Auswahl)

  • Communication in Online Social Networks Fosters Cultural Isolation. Complexity 2018. DOI:10.1155/2018/9502872
  • Robust Clustering in Generalized Bounded Confidence Models. Journal of Artificial Societies and Social Simulation 2016. DOI: 10.18564/jasss.3220
  • Discrepancy and Disliking Do Not Induce Negative Opinion Shifts. PLoS One 2016. DOI:10.1371/journal.pone.0157948
  • A behavioral study of “noise” in coordination games. Journal of Economic Theory. Journal of Economic Theory 2015. DOI: 10.1016/j.jet.2015.12.010
  • On Disciplinary Fragmentation and Scientific Progress. PLoS One 2015. DOI:10.1371/journal.pone.0118747
  • Do Intergroup Conflicts Necessarily Result from Outgroup Hate?. PLoS One 2014. DOI:10.1371/journal.pone.0097848
  • Differentiation without distancing. Explaining bi-polarization of opinions without negative influence. PLoS One 2013. DOI: 10.1371/journal.pone.0074516
  • Individualization as Driving Force of Clustering Phenomena in Humans. PLoS Computational Biology 2010. DOI: 10.1371/journal.pcbi.1000959

Literatur

  • The diversity puzzle - Explaining clustering and polarization of opinions. ICS-Dissertation series 2010. ISBN:9789036744911
  • Regionalismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit. Wiesbaden: VS-Verlag 2005. ISBN: 978-3-322-80753-3

Auszeichnungen

Michael Mäs hat bereits für mehrere Paper und Projekte Auszeichnungen erhalten.

  • Best Paper Award bei der SocInfo Konferenz 2014 für ein Paper zu Internetpersonalisierung und Meinungspolarisierung, das er gemeinsam mit Lukas Bischofberger geschrieben hat.
  • Den Anatol-Rapoport-Preis 2012 gemeinsam mit An­dre­as Fla­che, Káro­ly Ta­kács und Ka­ren A. Jehn für eine Modellierung von Polarisierung und Brückenfindung in in Untergruppen geteilte Gruppen.
  • Einen von vier Best Poster Awards bei einem Workshop der ETH Zürich zu den Herausforderungen und Visionen der Sozialwissenschaften. Den Vortrag mit dem Titel "What on Earth Must We Assume..." hielt er gemeinsam mit Andreas Flache und Hanne Visser.
  • Best Thesis Award der Universität Leipzig für den gemeinsam mit Kurt Mühler und Karl-Dieter App verfassten Artikel "Wann ist man deutsch? Empirische Ergebnisse eines faktoriellen Surveys".

Weblinks

Einzelnachweise und Quellen

  1. Mäs über seine Arbeit zu Nachhaltigkeit und Kooperation: http://www.maes-sociology.eu/my-research-interests/social
  2. Kooperationskaskaden und Verhaltensänderung: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0378873315300630
  3. Peer Punishment: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110472974-014/html
  4. Menschliches Verhalten und Klima: https://esd.copernicus.org/articles/8/977/2017/esd-8-977-2017.pdf
  5. Best Paper Award 2014: https://wosinf.org/2014/images/BPA_2014.jpg
  6. Anatol-Rapport-Preis 2012: https://www.dgs-modsim.de/anatol-rapoport-preis
  7. Best Poster Award 2008: http://archiv.soms.ethz.ch/workshop2008/challenges_visions.pdf
  8. Best Thesis Award 2005: http://sozweb.sozphil.uni-leipzig.de/de/personen/prof-dr-kurt-muehler.html