Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei
Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1842 |
Sitz | Berlin |
Leitung | Wolfhard Buß, Jens Caßens |
Mitarbeiterzahl | 420 |
Branche | Getränkeherstellung und -vertrieb |
Website | www.schultheiss.de |
Die Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei GmbH produziert in Berlin-Hohenschönhausen Biere der Marken Berliner Pilsner, Berliner Kindl, Engelhardt, Schultheiss und Berliner Bürgerbräu. Sie gehörte bis zur deutschen Wiedervereinigung zum VEB Getränkekombinat Berlin, das 1990 aufgelöst wurde. Danach kam die Brauerei zum Unternehmen Brau & Brunnen und ist so seit 2004 Teil der Radeberger Gruppe im Oetker-Konzern. Die Jahresproduktion liegt bei 1,5 Millionen Hektolitern.[1]
Geschichte
Der Apotheker August Heinrich Prell († 1863) gründete 1842 in der Neuen Jakobstraße in Alt-Berlin eine Brauerei, die nach seinem Tod von Jobst Schultheiss (1802–1865) übernommen und 1864 von dem im Textil-Einzelhandel tätigen Kaufmann Adolf Roesicke (1817–1886) erworben wurde. Die Leitung der Brauerei übernahm sein Sohn Richard Roesicke (1845–1903). Dem Trend der Gründerzeit folgend wurde sie zu einer industriellen Großbrauerei ausgebaut. Um zusätzliches Kapital für die Expansion zu erlangen, wurde die Brauerei 1871 zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt.
Die Brauerei fusionierte 1891 mit einer ihrer wichtigsten Konkurrentinnen, der Kreuzberger Tivoli-Brauerei. Die neue Gesellschaft firmierte weiterhin unter Schultheiss, die Tivoli-Produktionsanlagen in Kreuzberg wurden als Abteilung II bezeichnet. Die Familie Roesicke erwarb 1877 unabhängig vom Ausbau der Schultheiss-Brauerei zusätzlich die Waldschlösschen-Brauerei in Dessau, die 1896 als Abteilung III ebenfalls in den Schultheiss-Konzern eingegliedert wurde.
Weitere Angliederungen waren 1898 der Erwerb der Borussia-Brauerei in Berlin-Niederschöneweide als Abteilung IV, 1910 der Erwerb der Pfeifferhof-Brauerei in Breslau als Abteilung V und 1914 die Fusion mit der Berliner Unions-Brauerei in der Hasenheide als Abteilung VI, aus deren Eigentum zwei weitere Braustätten in Eberswalde und Schneidemühl zu Schultheiss gelangten.
Die Unternehmensleitung in Berlin-Schöneberg ließ 1914–1917 an der Bessemerstraße eine neue Malzfabrik errichten.[2] Obwohl der Erste Weltkrieg wirtschaftliche Probleme mit sich brachte, wurden sowohl die neue Malzfabrik fertiggestellt als auch weitere Zukäufe getätigt wie die Spandauer Bergbrauerei und die Brauerei Pfefferberg.
Schultheiss fusionierte 1920 schließlich mit einer weiteren großen Berliner Brauerei, der Aktien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe vormals Patzenhofer, zur Schultheiss-Patzenhofer Brauerei AG. Dass Schultheiss in dieser Fusion der stärkere Partner war, zeigte sich nach außen, indem 1937 der Namensbestandteil Patzenhofer entfiel. Der Firmenname lautete nun wieder Schultheiss Brauerei AG. Diese wurde im gleichen Jahr vom NS-Regime mit all ihren Produktionsstätten zum Nationalsozialistischen Musterbetrieb ernannt. Generaldirektor in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren war Walter Sobernheim, der die Brauerei weiter ausbaute.[3] 1931 wurden er und sein Vorstandskollege Ludwig Katzenellenbogen in einen Finanzskandal verwickelt.
Nach 1946 gehörten nur noch sieben Braustätten in Berlin (Ost und West) und eine in Dessau zum Schultheiss-Konzern. Aufgrund des SMAD-Befehls Nr. 124 wurden die im sowjetischen Machtbereich liegenden Betriebe dem Zugriff der Schultheiss AG entzogen. Sie produzierten jedoch Bier unter dem bekannten Markennamen weiter.[4]
Die ehemalige Abteilung I an der Schönhauser Allee produziert seit Ende der 1960er Jahre keine Biere mehr, das Bauensemble steht seit den 1970er Jahren unter Denkmalschutz.[5] In Ost-Berlin gehörte eine in Schöneweide angesiedelte Brauerei als Betriebsteil zu Schultheiss, nach 1959 wurde sie als Bärenquell-Brauerei ausgegliedert.
Die Abteilung II der Schultheiss-Brauerei befand sich von 1891 bis 1994 am Tivoli-Standort in der Methfesselstraße in Kreuzberg. Die denkmalgeschützten ehemaligen Brauereigebäude sind inzwischen Teil des Viktoria-Quartiers am Südhang des Kreuzbergs.[6] Am 1. Juli 1972 übernahm Schultheiss, in der alten Bundesrepublik im gleichen Jahr zur Gruppe DAB zusammengeschlossen, auch die Schlegel-Brauerei in Bochum.[7]
Nach 1990 kam die ehemalige Abteilung III der Kindl-Brauerei Berlin-Weißensee (Ortsteil Alt-Hohenschönhausen) hinzu. Die im 19. Jahrhundert an der damaligen Lichtenberger Straße (seit 1987 Indira-Gandhi-Straße) als Brauerei Gabriel & Richter [8] (später: Kindl-Brauerei genannt) eröffnete Produktionsstätte mit mehreren Gebäuden ist seitdem Hauptstandort der Brauerei. Die Mälzerei mit dem 33 Meter hohen Siloturm wurde 1929 nach Plänen der Architekten Hans Claus und Richard Schepke als Klinker-Verblendbau hinzugefügt. In der DDR-Zeit gehörte diese Brauerei zum VEB Getränkekombinat Berlin, zusammen mit der Aktien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe und der Berliner Bürgerbräu. Die Gebäudeteile sind denkmalgeschützt.[9] Das Sudhaus wurde bereits im Jahr 1895 in Betrieb genommen. Der gesamte Baukomplex, mit einem sechsgeschossigen Kopfbau, besteht aus gestaffelten Blöcken mit dem abschließenden, oben abgetreppten Siloturm. Die Mälzerei war europaweit eine der ersten pneumatisch angetriebenen Anlagen.[10]
Die Wiedervereinigung Berlins führte schließlich dazu, dass etliche der früheren Schultheiss-Betriebsteile wieder zusammengeschlossen wurden; die so entstandene Gesellschaft gab sich den Namen Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei GmbH. Dort wird unter anderem die zum Oetker-Konzern gehörende Spirituosenmarke Wodka Gorbatschow produziert.
Siehe auch
Literatur
- Hans-Jürgen Müller: 175 Jahre Schultheiss – Ein Rückblick auf die Geschichte der bedeutendsten Berliner Traditionsbrauerei. In: Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens e. V. [GGB] (Hrsg.): GGB-Jahrbuch 2017, S. 133.
- Erich Borkenhagen: 125 Jahre Schultheiss-Brauerei. Die Geschichte des Schultheiss-Bieres in Berlin von 1842–1967, Berlin 1967.
- Hasso Spode: Der Kreuzberg und das Bier. Geschichte und Vorgeschichte der Schultheiss-Brauerei. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens (GGB), 1993, S. 118–135.
Weblinks
- Schultheiss-Brauerei
- Frühe Dokumente und Zeitungsartikel zur Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Eine Präsentation zur Geschichte der Brauerei(en)
Einzelnachweise
- ↑ Ernüchterung in deutschen Brauereien. In: Der Tagesspiegel, 3. Februar 2018.
- ↑ Malzfabrik Schultheiss
- ↑ Faschismus und Widerstand in Berlin e. V., S. 8. (PDF; 486 kB).
- ↑ Der Schultheiss-Konzern. In: Neues Deutschland, 10. Januar 1947.
- ↑ Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 150.
- ↑ Ehemalige Schultheiss-Brauerei (Abt. II) am Kreuzberg
- ↑ 130 Jahre Schlegelbrauerei in Bochum. Info auf der Webseite der Stadt Bochum, abgerufen am 17. September 2016.
- ↑ Handel- und Gewerbetreibende. In: Berliner Adreßbuch, 1905, Teil 5, Weißensee, S. 385.
- ↑ Mälzerei und Verwaltungsgebäude der ehemaligen Kindl-Brauerei, Indira-Gandhi-Straße 66–69 in der Berliner Landesdenkmalliste
- ↑ Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Berlin, Deutscher Kunstverlag 2006, S. 326.
Koordinaten: 52° 32′ 31,7″ N, 13° 28′ 15,3″ O