NS-Prozesse

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Als NS-Prozesse bezeichnet man in einer verbreiteten Kurzform die Strafprozesse zu Verbrechen des Nationalsozialismus. Im Fachdiskurs ist für Verfahren zu den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen die Kurzform NSG-Verfahren verbreitet.[1] Einen Teil davon bezeichnet vor allem der Alltagsdiskurs auch als Kriegsverbrecherprozesse.

Überblick

Die juristische Verfolgung von in der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen war von den Alliierten im Kriegsverlauf beschlossen worden und begann sofort nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Dachauer Prozesse vor amerikanischen Militärgerichten begannen am 15. November 1945 im Internierungslager Dachau, auf dem Gelände des ehemaligen KZ Dachau. Dabei kam zur Sprache, dass in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern Kriegsgefangene misshandelt und getötet worden waren, auch durch Menschenversuche. Die Nürnberger Prozesse fanden zwischen dem 20. November 1945 und dem 14. April 1949 im Justizpalast Nürnberg statt. Der einleitende Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher fand vor einem eigens eingerichteten Internationalen Militärtribunal (IMT) statt; die zwölf Folgeprozesse wurden hingegen von US-Militärgerichten durchgeführt. Bis dahin hochrangige Militär- und Regierungsangehörige Deutschlands und Österreichs, ähnlich auch Japans, wurden wegen Verbrechen gegen den Frieden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt und meist verurteilt. Dabei wurden die Rechtsgrundlagen geschaffen, nach denen zehntausende Folgeverfahren gegen untergeordnete Einzeltäter durchgeführt wurden, die unter deutscher Besatzung an Verbrechen verschiedener Art beteiligt waren.

Diese Folgeprozesse wurden schon nach wenigen Jahren in vielen Bereichen der nationalstaatlichen Justiz jener Staaten überlassen, auf deren Gebieten die jeweiligen Verbrechen stattgefunden hatten, da sie zwischen 1939 und 1945 vom Deutschen Reich und Kaiserreich Japan besetzt oder angegriffen worden waren: Darunter waren Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Jugoslawien, die Niederlande, Norwegen, Polen, Rumänien, die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und Ungarn.[2] Zwei Einzelverfahren, nämlich der Eichmann-Prozess und der Prozess gegen John Demjanjuk, wurden in Israel durchgeführt.

Den meisten Kriegsverbrechern gelang es nach dem Zweiten Weltkrieg, mit Hilfe der so genannten Rattenlinien zu fliehen und der Bestrafung zu entgehen. Die Fluchtrouten führten mit Beihilfe der Delegación Argentina de Inmigración en Europa hauptsächlich nach Argentinien, aber auch in die Länder des Mittleren Ostens. Es existieren jedoch keine genauen Angaben über die Zahl der geflohenen NS-Täter. Die Historiker nennen die Zahlen von 180 bis 800 Nationalsozialisten, die nach Argentinien emigrierten (Stand 2010).[3]

Für Deutschland, dem die meisten NS-Täter angehörten, hatten die Alliierten die Entnazifizierung beschlossen. Diese sollte ein erster Schritt zur strafrechtlichen Aufarbeitung der NS-Zeit sein. Dazu wurden die Angeklagten in „Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer und Nichtbelastete“ eingeteilt. Dies führte besonders in der amerikanischen Besatzungszone dazu, dass sich zuerst die Masse der Minderbelasteten und Mitläufer vor den Spruchkammern verantworten musste. Die für später geplanten Verfahren gegen stärker Belastete wurden dann kaum noch durchgeführt. Dieses Vorgehen stieß in der deutschen Bevölkerung auf zunehmend starke Ablehnung (bis zu 70 Prozent laut einer Umfrage im Jahre 1949). Die Verfahren vor den Spruchkammern wurden 1951/1952 in den einzelnen Bundesländern beendet.

Weitere NS-Prozesse wurden seit den 1950er Jahren von der Bundesrepublik Deutschland, der DDR und Österreich durchgeführt: Dort waren sie wesentlicher Teil der juristischen und moralischen Vergangenheitsbewältigung. Die politischen Umstände, vor allem der Kalte Krieg, hatten bei den weiteren NS-Prozessen in den beteiligten Staaten bedeutende Unterschiede im Umfang, in der Intensität, den Rechtsgrundlagen, Verfahrensweisen und Zielsetzungen zur Folge.

Manche NS-Verbrechen wurden gar nicht strafverfolgt oder führten zu keiner angemessenen Bestrafung der Täter. Das bei Ermittlungsverfahren und Prozessen entstandene Aktenmaterial bildet einen wichtigen Quellenbestand der Zeitgeschichtsforschung zum Nationalsozialismus. Die USA begannen am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 bereits deutsche Wissenschaftler und Techniker zu rekrutieren und sich deren militärtechnisches Können und Wissen zu sichern, wodurch diese letztendlich auch einer strafrechtlichen Verfolgung entzogen wurden.

Alliierte Beschlüsse zur Strafverfolgung von NS-Verbrechern

Seit 1942 erklärten die Alliierten öffentlich wiederholt ihre Entschlossenheit zur Bestrafung der NS-Verbrecher, besonders der für den Krieg und die Judenvernichtung Verantwortlichen.

Am 13. Januar 1942 versammelten sich im Londoner St.-James-Palast Vertreter der besetzten Staaten Belgien, Frankreich, Griechenland, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Polen und Tschechoslowakei. China, Großbritannien, UdSSR und USA schickten Beobachter. Die besetzten Staaten forderten, die Bestrafung der an ihren Staatsbürgern verübten Besatzungsverbrechen zu einem alliierten Hauptkriegsziel zu erklären und gelobten in der St. James Palace Declaration, „im Geiste internationaler Solidarität darauf zu achten, dass

  • jene Schuldigen oder Verantwortlichen, unabhängig von ihrer Nationalität, aufgespürt, der Rechtsprechung übergeben und abgeurteilt werden
  • die verkündeten Urteile vollstreckt werden“

Dieser Deklaration traten später auch China und die UdSSR bei.[4] Der beständige Druck der Exilregierungen der besetzten Staaten führte dazu, dass das britische Außenministerium zusammen mit Vertretern der USA im Oktober 1942 die Gründung der United Nations Commission for the Investigation of War Crimes (UNWCC) beschlossen, die Beweismaterialien für Kriegsverbrechen der Achsenmächte zusammentragen sollte. Diese Institution, die im Oktober 1943 als die United Nations War Crimes Commission ihre Tätigkeit aufnahm, wurde noch vor der UNO gegründet. Sie hatte keine exekutiven Befugnisse, sondern berichtete den später der UNO angehörenden Nationen bis 1949 über Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs, die deren Regierungen dann nach eigenem Ermessen verfolgten.[5]

In der Moskauer Deklaration der Drei Mächte vereinbarten Großbritannien, die USA und die Sowjetunion am 1. November 1943, die Hauptkriegsverbrecher, deren Verantwortung nicht geographisch auf ein Land begrenzt sei, vor zentrale internationale Strafgerichte zu bringen. Sonst aber sollten Kriegsverbrecher in den Ländern vor Gericht gestellt werden, in denen sie ihre Verbrechen begangen hatten. Ferner wurde die globale Aufspürung, Festsetzung und Auslieferung von mutmaßlichen NS-Straftätern vereinbart.

Das Potsdamer Abkommen sah vor, NS-Kriegsverbrechern auch vor Gerichten der Alliierten in ihren jeweiligen Besatzungszonen den Prozess zu machen. Das Abkommen, das die Alliierten am 8. August 1945 im Potsdamer Schloss Cecilienhof unterzeichneten, formulierte die Charta des Internationalen Militärgerichtribunals (IMT), das Londoner Statut. Diese IMT-Charta bildete das Fundament dieses Gerichtshofes. Es erläuterte den Zweck, legte das Procedere des Strafverfahrens fest und bestimmte die einzelnen Anklagepunkte.

Am 20. Dezember 1945 erließ der Alliierte Kontrollrat der vier Siegermächte das Kontrollratsgesetz Nr. 10, das ein einheitliches Verfahren für die Ahndung nationalsozialistischer Verbrechen festlegte. Danach durften die Befehlshaber der vier deutschen Besatzungszonen Strafprozesse wegen kriegerischer Aggression, Verletzung des Kriegsrechtes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Mitgliedschaft in entsprechenden Organisationen in eigener Regie durchführen. Die Militärgerichte der Alliierten beschränkten sich jedoch meist auf die Verfolgung von Taten, bei denen ihre eigenen Staatsangehörigen und die ihrer Verbündeten als Opfer betroffen waren.

Zuständigkeit

Beim Einmarsch der alliierten Truppen in Deutschland wurden auf Grund von Art. III der Proklamation Nr. 1 des Alliierten Oberbefehlshabers[6] alle deutschen Gerichte geschlossen. Die Rechtspflege stand still. Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1945 nahmen die Gerichte zu örtlich verschiedenen Zeitpunkten ihre Tätigkeit wieder auf.[7]

Die Wiedereröffnung der Gerichte wurde durch das Kontrollratsgesetz Nr. 4 vom 30. Oktober 1945 über die Umgestaltung des deutschen Gerichtswesens[8] und das Gesetz Nr. 2 der amerikanischen Militärregierung[9] legalisiert. Die Zuständigkeiten der deutschen Gerichte wurden jedoch durch Art. III des Kontrollratsgesetzes Nr. 4 eingeschränkt. Insbesondere durften deutsche Gerichte ohne besondere Ermächtigung keine strafbaren Handlungen aburteilen, die von Nationalsozialisten oder anderen Personen gegen Staatsangehörige alliierter Nationen oder deren Verbündeter begangen worden waren.

Für die Aburteilung der Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes beanspruchten die Alliierten zunächst die ausschließliche Gerichtsbarkeit.[10] Durch Art. II Nr. 1 a, b, c des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 vom 20. Dezember 1945[11] waren Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe gestellt worden. Art. III Nr. 1 d Satz 1 desselben Gesetzes gab den Besatzungsbehörden das Recht, die unter Anklage gestellten Personen zur Verhandlung vor ein dafür geeignetes Gericht zu bringen. Jedoch konnten die Besatzungsbehörden für die Aburteilung von Verbrechen, die deutsche Staatsangehörige gegen andere deutsche Staatsangehörige oder Staatenlose begangen hatten, deutsche Gerichte für zuständig erklären.

In der amerikanischen Zone wurde diese Ermächtigung von Fall zu Fall erteilt,[12] in der britischen und in der französischen Zone ergingen generelle Ermächtigungen.[13]

Durch Art. 14, 15 des Gesetzes Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission vom 25. November 1949[14] wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1950 das Kontrollratsgesetz Nr. 4 außer Anwendung gesetzt. Die Vorschriften, die die Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Strafsachen beschränkten, wurden bis auf einige Reservatrechte der Besatzungsmächte aufgehoben.[15]

Nach Teil I Art. 3 Abs. 3 Buchstabe b des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. März 1955)[16] konnten jedoch die den Verfahren zugrunde liegenden Taten von den Gerichten und Staatsanwaltschaften in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr verfolgt werden, soweit bereits von einer der drei westlichen Besatzungsmächte strafrechtliche Ermittlungen geführt und endgültig abgeschlossen worden waren.

Prozesse der Alliierten in Deutschland

Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess

Der Internationale Militärgerichtshof führte unter dem Vorsitz von Richtern aller vier Siegermächte vom 1. Oktober 1945 bis zum 18. Oktober 1946 den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher durch, in dem 24 deutsche und österreichische Hauptkriegsverbrecher angeklagt wurden. 22 Angeklagte wurden verurteilt, davon 12 zum Tode durch den Strang.

Die Anklage umfasste ursprünglich vier Punkte: Gemeinsamer Plan zur Verübung von Kriegsverbrechen (Verschwörung), Verbrechen gegen den Frieden (vor allem Vorbereitung eines Angriffskrieges), Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Damit wurde erstmals in der Geschichte versucht, Führer eines einen Krieg auslösenden Regimes und seiner Armee für im Rahmen ihrer Politik, ihrer Kriegsplanung und Kriegführung begangene Verbrechen haftbar zu machen. Diese Anklagen richteten sich nach dem Statut des IMT prinzipiell gegen alle Führer, Organisationen, Anstifter und Gehilfen solcher Verbrechen, auch die, die diese nicht persönlich begangen hatten, aber an der Entscheidung dazu, an ihrer Planung, Verabredung und Organisation beteiligt waren.

Der Anklagepunkt Verabredung zur Verübung von Kriegsverbrechen wurde jedoch im Verlauf des Verfahrens nicht eigens verfolgt; er wurde dem Anklagepunkt Verbrechen gegen den Frieden subsumiert. Damit auch alle an solchen Verbrechen mittelbar Beteiligten verfolgt werden konnten, ohne ihnen im gesonderten Verfahren eigene Straftaten nachzuweisen zu müssen, erklärte das IMT die Organisationen der NSDAP, SS, Gestapo zu kriminellen Vereinigungen. Von einem pauschalen Strafvorwurf ausgenommen wurden die mit rein administrativen Aufgaben befassten Mitglieder von SD und Gestapo sowie niederrangige Funktionäre der NSDAP und der Waffen-SS.

Der erste Nürnberger Prozess wurde international wie in Deutschland selbst mit großem Medieninteresse und intensiver Beteiligung und Diskussion der Öffentlichkeit verfolgt. In der deutschen Öffentlichkeit wurde er mehrheitlich gutgeheißen – was auch als Entlastung von eigenem Verschulden interpretiert werden konnte. Der Prozess blieb im kollektiven Gedächtnis präsent. Am Versuch einer Denunzierung als ‚Siegerjustiz‘ schied sich die politische Rechte in Deutschland und Österreich von der Mehrheit. Offensichtliche Konflikte zwischen den Siegermächten, wie anhand der Interpretation des Massakers von Katyn, trugen eher zur Akzeptanz des Verfahrens bei.

Prozesse in den einzelnen Besatzungszonen

Nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 fanden im Anschluss an den Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess weitere Strafprozesse in den einzelnen Besatzungszonen statt. Daneben standen die Spruchkammerverfahren, die nicht der Bestrafung, sondern der ideologischen Säuberung vom Nationalsozialismus dienten.

Amerikanische Besatzungszone

In der amerikanischen Besatzungszone fanden vom Dezember 1946 bis April 1949 ebenfalls im Justizpalast Nürnberg zwölf Folgeprozesse vor US-Militärgerichten gegen 177 weitere hochrangige Vertreter des Deutschen Reiches statt: darunter führende Angehörige der Reichsministerien, Gestapo, SS, Wehrmacht, Staatsbeamte der Justiz- und Medizinalverwaltung und Industrielle. Die Richter waren diesmal 30 zivile US-Juristen, ebenso die etwa 100 Ankläger, beide meist von Obersten Gerichtshöfen von US-Bundesstaaten. Die Verteidiger waren 200 meist deutsche Rechtsanwälte.

Britische Besatzungszone

In der britischen Besatzungszone verhandelten Militärgerichte auf Grundlage des Royal Warrant (Königlicher Erlass) vom 14. Juni 1945.[17][18] In Hamburg fanden die sog. Curiohaus-Prozesse statt.[19]

Französische Besatzungszone

In der französischen Besatzungszone wurden vor der Tribunal Général in Rastatt Militärgerichtsverfahren abgehalten.[20] Ab September 1948 übernahm der Tribunal de première instance pour les crimes de guerre diese Aufgabe.[21]

Sowjetische Besatzungszone

In der Sowjetischen Besatzungszone unterstanden die Verfahren direkt dem sowjetischen Geheimdienst NKWD.[22] Nach offiziellen sowjetischen Angaben wurden rund 122.600 Personen inhaftiert, wozu noch weitere 34.700 mit ausländischer, vorwiegend sowjetischer Nationalität kamen, die als Fremd- oder Zwangsarbeiter in Deutschland waren. Die Gesamtzahl der dort Verurteilten wird auf 45.000 geschätzt, wovon etwa ein Drittel zur Zwangsarbeit deportiert wurde, die meisten der übrigen in Speziallagern festgehalten wurde. Die Zahl der Todesurteile ist unbekannt.

Gesamtzahlen

Insgesamt wurden von Gerichten der Siegermächte in Deutschland und anderen Ländern wegen NS-Verbrechen etwa 50.000 bis 60.000 Personen verurteilt.[23]

In den drei Westzonen verurteilten alliierte Militärgerichte insgesamt 5025 deutsche Angeklagte. In 806 Fällen wurden Todesurteile ausgesprochen, von denen 486 vollstreckt wurden.

Zeitgenössische Bewertung

Die alliierten Folgeprozesse wurden in Westdeutschland zunehmend als Siegerjustiz kritisiert. Hochrangige Kirchenvertreter, einflussreiche Parteipolitiker und andere exponierte Persönlichkeiten forderten vehement eine Amnestie für die in den alliierten Gefängnissen von Landsberg (USA), Werl (UK) und Wittlich (Frankreich) einsitzenden NS-Täter. Wortführer unter den Parlamentariern Westdeutschlands waren die Fraktionen der FDP und der Deutschen Partei. Während sie eine sofortige Revision der Urteile und die unterschiedslose Freilassung forderten, setzte sich der erste Bundesjustizminister Thomas Dehler (FDP) für eine schrittweise Amnestierung ein.

Ende der 1940er Jahre änderten die westlichen Alliierten wegen des Kalten Krieges ihre Politik gegenüber dem verbündeten Westdeutschland. Einige der noch im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg einsitzenden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verurteilten Täter wurden hingerichtet, in ihrer Mehrzahl jedoch freigelassen. Im Zusammenhang mit Wiederbewaffnung und Koreakrieg gab der amerikanische Hochkommissar John J. McCloy schrittweise der Forderung nach Freilassung der Verurteilten nach, begnadigte fast alle der zum Tode Verurteilten, reduzierte die Strafhaft um ein Drittel und entließ 1950/51 Prominente wie Friedrich Flick, Ernst von Weizsäcker und Alfried Krupp aus der Haft. Das hatte in Westdeutschland eine gesellschaftliche Signalwirkung. Man hielt die eigentlichen Verbrecher nun für abgeurteilt und weitere Strafverfahren für unangemessen.

Von den in Landsberg zusammengeführten Häftlingen wurden 1958 die letzten vier entlassen, darunter drei ursprünglich zum Tode verurteilte Einsatzgruppenführer. Danach waren nur noch Verurteilte aus dem ersten Nürnberger Prozess in Haft, für die es aufgrund des sowjetischen Vetos keine Begnadigung gab – als letzter Rudolf Heß bis zu seinem Tode 1987 im Kriegsverbrechergefängnis Spandau (Berlin).

Folgen

Die Nürnberger Prozesse haben eine Anzahl von Anwälten hervorgebracht, deren revisionistische Verteidigungsstrategien die Einstellung von Teilen der Bevölkerung stark beeinflusst hat, und das nicht nur in Deutschland. So erließ der Oberste Gerichtshof Kanadas 1994 in einem Revisionsprozess ein Urteil, in dem der Holocaust als organisierte rassisch begründete Massenvernichtung geleugnet und die Judenverfolgung in den Zusammenhang des Kriegsgeschehens gerückt wurde. Antisemitische Propaganda wurde als Begründung dafür akzeptiert, dass Vertreter staatlicher Autorität wie die Polizei sich am Massenmord beteiligten.[24]

Deutsche Gerichtsbarkeit

Bundesrepublik Deutschland

Während die Nürnberger Prozesse der Alliierten vor allem Hauptverantwortliche und Schreibtischtäter in Ministerien und Verwaltungen vor Gericht gestellt hatten, richtete sich die westdeutsche Strafverfolgung zunächst vor allem gegen diejenigen, die den nationalsozialistischen Terror eigenhändig ausgeübt hatten. Gewaltverbrechen bildeten nun den Schwerpunkt.

Prozesse nach dem Kontrollratsgesetz

Artikel III des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 bestimmte unter anderem:

„Für die Aburteilung von Verbrechen, die deutsche Staatsbürger oder Staatsangehörige begangen haben, können die Besatzungsbehörden deutsche Gerichte für zuständig erklären.“

Deutsche Gerichte konnten demnach anfangs nur mit Zustimmung der Besatzungsbehörden der jeweiligen Zone Strafverfahren einleiten, und zwar nur gegen Deutsche, die Verbrechen gegen andere Deutsche oder Staatenlose begangen hatten. Diese Ermächtigung wurde in der britischen und der französischen Besatzungszone allgemein, in der sowjetischen im Einzelfall erteilt. In der amerikanischen Zone erfolgte keine derartige Ermächtigung. Dort kam bei der Verfolgung von NS-Verbrechen durch deutsche Gerichte allein das deutsche Strafgesetzbuch zur Anwendung.

Bis zur Zurücknahme der alliierten Ermächtigung 1951 wurden auf der Basis des Kontrollratsgesetzes und des deutschen Strafrechts von deutschen Gerichten 1.865 Personen angeklagt und 620 Personen verurteilt. Diese Urteile betrafen überwiegend weniger schwerwiegende Delikte wie Denunziationen, Körperverletzungen, Freiheitsberaubungen, Nötigungen. Tötungsdelikte wurden im Rahmen von Strafverfahren gegen KZ-Personal, Euthanasie-Beteiligte und Hinrichtungen oder Morden an Soldaten und Zivilisten, die sich in der „Endphase“ der letzten Kriegswochen weiteren militärisch sinnlosen Kriegsdiensten verweigert hatten, verfolgt. Fast alle dieser Verfahren kamen durch Anzeigen von Geschädigten oder deren Angehörigen gegen bekannte oder zufällig entdeckte Täter zustande.

Die deutschen Strafjuristen zogen meist die eigene Justiztradition vor und nutzten die Tatbestände der Gewaltverbrechen nach dem Deutschen Strafgesetzbuch. Zusätzlich veranlasste die US-Militärregierung im Mai 1946 die Länder ihrer Besatzungszone (Bayern, Württemberg-Baden, Groß-Hessen), Gesetze zur Ahndung nationalsozialistischer Straftaten zu verabschieden. Diese sahen ausdrücklich vor, dass die Strafverfolgung nicht dadurch gehindert werde, dass die Tat zu irgendeiner Zeit durch ein Gesetz, eine Verordnung, einen Erlass oder [..] für rechtens erklärt worden ist.

Die Bundesamnestie von 1949 und das Zweite Straffreiheitsgesetz vom Juli 1954 amnestierten jedoch nicht nur Vergehen wie Schwarzmarkt-Delikte, sondern – gewollt oder ungewollt – zugleich auch viele Täter der Novemberpogrome 1938 und die meisten Endphaseverbrechen des Krieges. Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen NS-Straftaten sank von rund 1.950 im Jahre 1950 auf 162 im Jahre 1954. In den folgenden fünf Jahren wurden insgesamt nur 101 Personen rechtskräftig verurteilt.

Das Kontrollratsgesetz Nr. 10 wurde im Jahre 1956 förmlich aufgehoben, jedoch nach einer vom Bundesjustizministerium aufgrund rechtlicher Bedenken veranlassten Rücknahme der alliierten Ermächtigungen schon am 31. August 1951 faktisch nicht mehr angewendet. Seitdem konnten auf dieser Basis keine Verfahren mehr eröffnet oder Urteile gefällt werden. Nunmehr war allein das bundesdeutsche Strafgesetzbuch maßgebend, das jedoch nach herrschender Rechtsauffassung nicht rückwirkend angewandt werden durfte und daher für die Strafverfolgung von NS-Verbrechen nur begrenzt geeignet war.

Prozesse nach 1957

Neue Impulse erhielt die Strafverfolgung, als die DDR ab dem Jahre 1957 in Propagandakampagnen belastendes Material gegen westdeutsche Richter und Beamte verbreitete. Dadurch rückte die hohe personelle Kontinuität im westdeutschen Justizdienst in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Allerdings konnte kein einziger Richter wegen Rechtsbeugung rechtskräftig verurteilt werden, weil der Bundesgerichtshof an den hierfür nötigen Nachweis des Vorsatzes außerordentlich hohe Anforderungen stellte. Als exemplarisch für das Scheitern dieser Prozesse kann das Verfahren gegen den Kammergerichtsrat Hans-Joachim Rehse betrachtet werden, der an zahlreichen Todesurteilen des Volksgerichtshofs mitgewirkt hatte.

1957/58 wurde im Ulmer Einsatzgruppen-Prozess der Massenmord an den Juden im Baltikum erstmals genau untersucht. Der erste große Prozess gegen nationalsozialistische Täter vor einem deutschen Strafgericht weckte ein außerordentliches Interesse der Öffentlichkeit, denn es wurde deutlich, dass es sich hier nur um ein Beispiel für eine Vielzahl noch nicht ermittelter NS-Verbrechen handelte. Ende 1958 gründeten die Landesjustizminister die Ludwigsburger Zentrale Stelle, die sich um die Aufklärung von NS-Verbrechen, nicht aber um die von Kriegsverbrechen kümmern sollte. Durch ihre Vorermittlungen wurden zahlreiche Prozesse ausgelöst.

Weil in Westdeutschland ab 1958 Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs von der juristischen Aufklärung faktisch ausgeschlossen wurden, wurden in den deutschen NS-Prozessen vorwiegend Tötungsverbrechen an Zivilpersonen verhandelt, die abseits von Kampfhandlungen und Kampfgebieten begangen wurden. Schwerpunkte waren die Straftaten in Konzentrationslagern, Zwangsarbeitslagern und Ghettos sowie die Morde, die von den Einsatzkommandos und Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD begangen worden waren. Die Unterscheidung der beiden Verbrechenstatbestände „NS-Verbrechen“ und „Kriegsverbrechen“, die von den Landesjustizministern 1958 bei der Gründung der Ludwigsburger Zentralen Stelle beschlossen wurde, zielte darauf ab, die ideologisch begründeten Vernichtungsaktionen, also die Ermordung der europäischen Juden sowie der Sinti und Roma, aufzuklären, nicht aber die Verbrechen der Wehrmacht, beispielsweise das geplante Verhungernlassen von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener.[25]

Noch 1960 ließ der Gesetzgeber die Verjährungsfrist für Delikte wie Körperverletzung mit Todesfolge ungehindert verstreichen. Die Verjährungsfrist für Mord wurde vom Bundestag später mehrfach verlängert und 1979 schließlich ganz aufgehoben.

Ab 1963 wurde in den Auschwitz-Prozessen gegen die Lagermannschaften dieses Vernichtungslagers verhandelt. Die entscheidende Rolle in diesem Kontext, gegen massive Widerstände, spielte Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Über den Prozess wurde in vielen Medien berichtet. Details über den damaligen Umgang der Medien und der gesellschaftlichen Öffentlichkeit werden in der Neuzeit, in der Ausstellung des Fritz Bauer Instituts dokumentiert.[26] Die große Verjährungsdebatte im Deutschen Bundestag vom 10. März 1965 wurde als Sternstunde des Parlaments wahrgenommen und sollte die weitere strafrechtliche Verfolgung noch unentdeckter Täter ermöglichen. Bei einer Meinungsumfrage unter der Bevölkerung hatte sich zuvor noch eine knappe Mehrheit für ein Ende aller Prozesse ausgesprochen.

Mit Wirkung zum 1. Oktober 1968 wurde § 50 des Strafgesetzbuchs mit Art. 1 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten novelliert, der seitdem eine obligatorische Strafminderung für Beihilfe vorsah, falls die „Gehilfen“ die niedrigen Motive der Haupttäter nicht teilten. Dieser unscheinbare Wandel hatte große Auswirkungen: Da die Justiz in den meisten Fällen von NS-Verbrechen Schuldsprüche nur wegen „Beihilfe zum Mord“ fällte und die Angeklagten eigene „niedrige Motive“ gewöhnlich abstritten, galt nun für sie nur noch ein reduzierter Strafrahmen von 3 bis 15 Jahren Zuchthaus – was zur Folge hatte, dass die Taten seit 1960 verjährt waren, wie der Bundesgerichtshof in einem aufsehenerregenden und umstrittenen Urteil am 20. Mai 1969 entschied.[27] Bereits weit fortgeschrittene Ermittlungsverfahren gegen 730 „Schreibtisch-Täter“ des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) wurden nun wegen Verjährung eingestellt. Diese Wendung, in zeitgenössischen Debatten häufig als „Panne“ bezeichnet, wird heute in der rechtshistorischen und zeitgeschichtlichen Debatte sehr kontrovers diskutiert. Handelte es sich wirklich um eine Panne oder ging das Malheur auf vorsätzliche Manipulationen früherer Nazis, vor allem Eduard Dreher, im Bundesjustizministerium zurück – oder war diese Verjährungsfolge hauptsächlich auf den politischen Willen und die Positionierung der Rechtsprechung selbst zurückzuführen?[28][29]

Prozesse im 21. Jahrhundert

Auch im 21. Jahrhundert gibt es Nachfolgeprozesse. Den für eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord erforderlichen konkreten Einzeltatnachweis gab die Rechtsprechung erstmals mit der rechtskräftigen Verurteilung von John Demjanjuk im Jahr 2011 und Oskar Gröning im Jahr 2016 auf.[30] Die Nebenkläger begrüßten dies als „wichtige Korrektur der früheren Rechtsprechung“.[31][32] Mit ihnen wurden zum ersten Mal in der jüngeren Rechtsgeschichte SS-Wachmänner verurteilt, obwohl sie selbst nicht gemordet hatten. 2017 hat die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen Ermittlungen gegen zehn mutmaßliche KZ-Bedienstete abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat im November 2017 Anklage gegen zwei ehemalige SS-Wachmänner des KZ Stutthof erhoben.[33] In Frankfurt am Main ist ein früherer SS-Mann aus dem KZ Majdanek angeklagt, in München ein ehemaliger Wachmann im KZ Auschwitz. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück untersucht den Fall eines 94-Jährigen, der in Babyn Jar bei Kiew an dem Mord an mehr als 33.700 Juden beteiligt gewesen sein soll. In Celle prüft die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen einen früheren Hundeführer in Auschwitz, und in Hamburg wird der Einsatz eines 91-jährigen im KZ Stutthof geprüft. In Itzehoe, München, Lübeck und Stuttgart laufen Ermittlungen gegen vier Frauen, die ebenfalls in Stutthof Dienst taten.[34]

Gesamtzahlen

Nach den letzten Forschungsergebnissen[35] ergibt sich für die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechen durch die deutsche Justiz in den westlichen Besatzungszonen und der Bundesrepublik Deutschland (einschließlich West-Berlins und des Saarlands) das folgende Ergebnis:

Die Staatsanwaltschaften leiteten nach dem 8. Mai 1945 bis Ende des Jahres 2005 in 36.393 Fällen Ermittlungsverfahren gegen 172.294 Beschuldigte ein. Von 16.740 Angeklagten wurden 6656 rechtskräftig verurteilt, davon

  • 16 zum Tode (4 davon vollstreckt),
  • 166 zu lebenslanger Freiheitsstrafe,
  • 6.297 zu zeitlich begrenzter Freiheitsstrafe,
  • 130 zu Geldstrafe und
  • 47 von Strafe abgesehen/unbekannte Strafen.

Die hohe Zahl der Beschuldigten kam teilweise dadurch zustande, dass die Staatsanwaltschaften ganze Dienststellen und Einheiten der Wehrmacht, deren Angehörige für eine Tatbeteiligung in Betracht kamen, förmlich beschuldigt haben. Dies schien geboten, um vorsorglich eine drohende Verjährung abzuwenden.

Die Höchststrafe wurde in 182 Fällen verhängt. In der Mehrzahl der Fälle wurden die Angeklagten auch bei Tötungsdelikten nicht als Täter mit eigenem Tatvorsatz verurteilt, sondern nur der Beihilfe für schuldig befunden.

Inzwischen geht die Strafverfolgung aus biologischen Gründen, Tod oder Verhandlungsunfähigkeit der Beschuldigten, verstorbenen Zeugen etc. dem Ende zu. Allerdings laufen immer noch mehrere Ermittlungsverfahren und vereinzelt finden auch noch Prozesse statt.

Deutsche Demokratische Republik

Bereits in der SBZ fanden parallel zu den geheimen sowjetischen Militärtribunalen Verfahren vor deutschen Gerichten statt, die nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 und landeseigenen Gesetzen durchgeführt wurden. Sie wurden von einer Arbeitsgruppe zu NS-Straftaten in der Justizverwaltung koordiniert.

Im August 1947 befahl die sowjetische Militäradministration den Innenministerien der fünf Länder der SBZ, weitere NS-Straftaten zu ermitteln. Im Februar 1948 befahl sie, die eingeleiteten NS-Prozesse abzuschließen. Bis 1949 verurteilten ostdeutsche Gerichte 8055 Personen wegen NS-Verbrechen, die fast alle auf dem Gebiet der SBZ stattgefunden hatten: z. B. im KZ Radeberg oder bei der „Euthanasie“-Aktion T4. 3115 Angeklagte wurden wegen Massenverbrechen, 2426 wegen Denunziationen, 901 wegen Mitgliedschaft in NS-Organisationen und 147 wegen Justizverbrechen verurteilt.

1950 schlossen die sowjetischen Besatzungsbehörden die letzten Internierungslager in der DDR und übergaben mehr als 3.400 Häftlinge sowie die volle Kompetenz zur Strafverfolgung von NS-Tätern an die DDR-Justiz. Diese seit 1945 Internierten wurden noch im selben Jahr in den sogenannten Waldheimer Prozessen verurteilt. Dabei wurden 33 Todesurteile verhängt, von denen 24 vollstreckt wurden. Nach heutigen Erkenntnissen waren nicht alle der Verurteilten NS-Täter.

Bis 1956 sank die Zahl der verurteilten NS-Täter in der DDR auf Null. In den 1960er Jahren folgten einige spektakuläre Anklagen in Abwesenheit gegen ehemalige NSDAP-Angehörige, die in der Bundesrepublik in Staats- und Regierungsämter aufgestiegen waren: so gegen Theodor Oberländer 1960 und Hans Globke 1963. Damit wurde der staatliche Antifaschismus propagandistisch gegen die Bundesrepublik gerichtet. Besonderes Aufsehen erregte 1966 der Prozess gegen Horst Fischer, Lagerarzt in Auschwitz-Monowitz.

Mit dem Gesetz über die Nichtverjährung von Nazi- und Kriegsverbrechen vom 1. September 1964[36] wurde bestimmt, dass die Verjährungsbestimmungen des allgemeinen Strafrechts auf Personen keine Anwendung finden, die „in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 Verbrechen gegen den Frieden, die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begangen, befohlen oder begünstigt haben."

1968 legte eine große Strafrechtsreform in der DDR alle Straftatbestände für NS-Verbrechen umfassend fest. Bis zur Wende von 1989 wurden danach weitere NS-Prozesse gegen offiziell etwa 10.000 Personen – zusätzlich zu den 3.000 Waldheim-Urteilen von 1950 – durchgeführt.

Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 wurden die in den Waldheimprozessen zu Unrecht mitverurteilten Täter rehabilitiert; die dort gefällten Todesurteile wurden aufgehoben, gegen einige beteiligte DDR-Richter wurden Verfahren wegen Rechtsbeugung eingeleitet.[37]

Belgien

Am 20. Juni 1947 verabschiedete Belgien ein Gesetz über die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit für Kriegsverbrechen. 75 Deutsche wurden vor belgischen Militärgerichten zur Verantwortung gezogen.

Bulgarien

Bulgarien verurteilte 11.122 Inländer, davon 2.730 zum Tode. Deutsche, die man der Teilnahme an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verdächtigte, sollen an die Sowjetunion ausgeliefert worden sein. Die Gesetzesverordnung über die Aburteilung der für den Eintritt Bulgariens in den Weltkrieg gegen die Alliierten Nationen und für die damit verbundenen Verbrechen Verantwortlichen vom 6. Oktober 1944 richtete sich ausschließlich gegen Bulgaren.

Dänemark

Die juristische Aufarbeitung der Kollaboration und damit verbundener Verbrechen von Dänen und von Deutschen in Dänemark erfolgte, wenn auch sehr zögerlich, ab 1946. Das dänische Gesetz über den Landesverrat wurde im Sommer 1945 vom dänischen Reichstag verabschiedet. Es galt mit rückwirkender Kraft ab dem 9. April 1940, dem ersten Tag der deutschen Besetzung Dänemarks. Nach diesem Gesetz wurden 14.049 Personen wegen Kollaboration mit den Deutschen zu Haftstrafen verurteilt. 78 Todesurteile wurden verhängt, davon 46 vollstreckt.[38][39] Ungefähr 13.500 wurden wegen Landesverrats verurteilt. Von diesen 13.500 Personen wurden ca. 7.500 wegen militärischer Kollaboration verurteilt, weil sie im Frikorps Danmark oder in anderen Militäreinheiten auf deutscher Seite gekämpft oder weil sie sich an deutschen Wach- oder Antisabotagekorps beteiligt hatten. 2000 hatten bei der deutschen Polizei gedient, 1100 wurden wegen Denunziation, Mord, Folter oder anderer Gewalttaten verurteilt. Einige Führer der dänischen Nazipartei DNSAP wurden wegen Hochverrats verurteilt, die Mitgliedschaft an sich war jedoch nicht strafbar. Ungefähr 600 kommunale oder staatliche Beamte wurden allerdings wegen der Mitgliedschaft in der DNSAP entlassen. Etwa 1100 Personen wurden wegen wirtschaftlicher Kollaboration verurteilt, 318 Millionen Kronen wurden konfisziert.[40] Außerdem wurden 80 Deutsche verurteilt, darunter im sogenannten „Kleinen Kriegsverbrecherprozess“ der frühere Gestapo-Chef Karl-Heinz Hoffmann und acht weitere Angeklagte. In den Berufungsverhandlungen wurden die Strafen gemildert, drei Angeklagte sogar freigesprochen. Im sogenannten „Großen Kriegsverbrecherprozess“ 1948 gegen die DNSDAP-Funktionäre Werner Best (SS-Gruppenführer und deutscher „Reichsbevollmächtigter in Dänemark“), Hermann von Hanneken (seit Herbst 1942 Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark), Günther Pancke (General der SS und Höherer SS- und Polizeiführer in Dänemark) und Otto Bovensiepen (seit 1944 Leiter der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Dänemark). Von diesen wurde in der Berufung nur von Hanneken freigesprochen.

Frankreich

Am 28. August 1944 wurde eine Verordnung über die Bestrafung von Kriegsverbrechen erlassen, die durch ein Gesetz vom 15. September 1948 ergänzt wurde. Am 26. Dezember 1964 erklärte das Gesetz Nr. 64/1326 Verbrechen gegen die Menschlichkeit für unverjährbar.

Die genauen Verurteilungszahlen sind unklar: zum Teil werden 10.519 Hinrichtungen angegeben, von denen nur 850 aufgrund eines Gerichtsurteils ergangen sind; andere Quellen gehen von 4.783 Todesurteilen (ca. 2.000 vollstreckt) und 50.000 Haftstrafen aus.[41] Durch verschiedene Kommissionen zur Épuration/Reinigung/Säuberung sollte in einer zweiten Phase nicht nur der Polizeidienst auf sein Handeln in der Vichy-Zeit und Kollaboration allgemein in einer einigermaßen rechtlich nachvollziehbaren Weise überprüft werden.

Kriegsverbrecher, die der Waffen-SS oder der Wehrmacht angehört hatten, wurden nicht weiter verfolgt, wenn sie sich zur Fremdenlegion verpflichteten.

Großbritannien

Die ersten britischen Militärgerichtsverfahren basierten auf einem Königlichen Sonderedikt (Royal Warrant) vom 14. Januar 1945.

Israel

In Israel erließ die Knesset 1950 das Gesetz zur Bestrafung von Nazis und Nazihelfern (Nazis and Nazi Collaborators (Punishment) Law). Es orientierte sich am Londoner Statut sowie an der Criminal Code Ordinance (CCO) von 1936.[42] Auf der Basis dieses israelischen Gesetzes wurde Adolf Eichmann, ehemaliger Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt, 1961 in einem Prozess vor dem Jerusalemer Bezirksgericht zum Tod verurteilt und 1962 hingerichtet.[42]

Italien

Japan

In Japan kam es nach dem Vorbild des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses zu den Tokioter Prozessen gegen militärische und politische Führer Japans vor einem multinational besetzten Militärgerichtshof von elf Richtern.

Jugoslawien und Albanien

Jugoslawien und Albanien haben keine Statistik der Strafverfahren veröffentlicht. Aber noch vor dem Nürnberger Nachfolgeprozess gegen die Generale in Südosteuropa wurden 19 deutsche Generale in Jugoslawien hingerichtet. Bereits 1946 wurden die Auslieferungen von mutmaßlichen Kriegsverbrechern von den Westalliierten stark eingeschränkt, nachdem Bedenken aufgetreten waren, ob sie ein faires Verfahren erhalten würden.

Luxemburg

Die luxemburgische Justiz eröffnete gegen 162 Reichsdeutsche Gerichtsverfahren und es kam zu 44 Todesurteilen, 15 Freisprüchen und 103 Verfahrenseinstellungen. Der ehemalige Leiter des CdZ-Gebiet Luxemburg Gustav Simon entzog sich 1945 durch Selbstmord einer Anklage. Sein Stellvertreter Heinrich Christian Siekmeier wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. In 5.242 Fällen sprachen Luxemburger Gerichte Urteile zu Kollaborationsfällen, darunter 12 Todesurteile[43] u. a. gegen den früheren Vorsitzenden der Volksdeutschen Bewegung Damian Kratzenberg.

Niederlande

In den Niederlanden wurden 35.615 Personen wegen Kollaboration mit den Deutschen verurteilt. Von ca. 200 ausgesprochenen Todesurteilen wurden 38 vollstreckt.[38] Dazu kamen 204 Urteile gegen Deutsche.

Norwegen

Direkt nach dem Krieg wurden gegen 92.805 Norweger Verfahren eröffnet, vorwiegend wegen Landesverrats. 46.085 Personen wurden bestraft, davon 28.919 mit Geldbußen und Rechtsverlust, 17.136 mit Haft. 30 Personen wurden zum Tode verurteilt, 25 Todesurteile wurden vollstreckt. Nach einer Aufstellung des norwegischen Justiz- und Polizeiministeriums ahndeten die Strafen[44] in

  • 1.971 Fällen Ausübung von Ämtern in der norwegischen Verwaltung
  • 7.146 Fällen Aktivitäten in Organisationen und Gliederungen der norwegischen faschistischen Partei Nasjonal Samling (NS)
  • 2.784 Fällen Propaganda für die NS oder für die Teilnahme am Krieg auf deutscher Seite
  • 9.649 Fällen Zugehörigkeit zum Hird, der SA der NS, und zu den bewaffneten Hird-Abteilungen, zur Germanischen SS und ähnlichen Organisationen
  • 4.816 Fällen Kriegsteilnahme auf deutscher Seite, auch als Krankenschwester beim Deutschen Roten Kreuz
  • 1.295 Fällen Zugehörigkeit zur deutschen Sicherheitspolizei (Sipo) sowie zur norwegischen Staats- und Grenzpolizei
  • 1.043 Fällen Beteiligung an Mord- und Gewalttaten
  • 4.765 Fällen Denunzianten- und Spitzeltätigkeit für die Sipo
  • 290 Fällen Spionage- und Abwehrtätigkeit für die Besatzungsmacht
  • 3.208 Fällen „Wirtschaftlicher Landesverrat“
  • 5.014 Fällen Tätigkeit in deutschen Dienststellen, Betrieben und Einrichtungen
  • 40.072 Fällen Zugehörigkeit zur NS und ihr angeschlossenen Organisationen
  • 1.907 Fällen Landesverrat in anderen Formen bzw. andere strafbare Handlungen

Außerdem wurden in Norwegen 80 Deutsche verurteilt.

Österreich

In Österreich wurden 13.625 eigene Staatsbürger verurteilt. Die Gesetzgebung zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde wiederholt novelliert, das erste Verbotsgesetz stammt vom 8. Mai 1945. Zuletzt 1992 geändert, gilt es heute noch. Am 26. Juni 1945 wurde ein Verfassungsgesetz … über Kriegsverbrechen und andere nationalsozialistische Untaten (Kriegsverbrechergesetz)[45] erlassen, das 1957 aufgehoben wurde.

Polen

Angeklagter Anton Thernes beim Majdanek-Prozess, Lublin 1944

In Polen wurden insgesamt 5.385 Deutsche und Österreicher verurteilt, nationalsozialistische Verbrechen verübt zu haben. Mehr als jeder dritte der in Polen verurteilten deutschen NS-Täter ist von den vier Besatzungsmächten dorthin überstellt worden, vorwiegend aus der amerikanischen Besatzungszone.

Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit waren in Polen Straftaten nach dem „Dekret für die Strafzumessung für die faschistisch-nazistischen Verbrecher, die sich der Mordtaten und der Misshandlung der Zivilbevölkerung und der Kriegsgefangenen schuldig gemacht haben, sowie der Verräter des polnischen Volkes vom 31. August 1944“, geändert und ergänzt am 22. Januar und 28. Juni 1946 sowie am 3. April 1948.

Sowjetunion

In der Sowjetunion wurden seit 1941 Rechtsgrundlagen zur Strafverfolgung von NS-Tätern geschaffen. Diese wurde in vielen sogenannten Molotow-Noten angekündigt. Am 2. November 1942 wurde dazu die Außerordentliche Staatskommission zur Untersuchung der Verbrechen der deutsch-faschistischen Besatzer gegründet. Diese blieb bis 1948 bestehen. Der United Nations War Crimes Commission trat die Sowjetunion nicht bei.

NS-Prozesse wurden in der SU nach dem Militärstrafrecht der Einzelrepubliken durchgeführt. Der Kriegsverbrecher-Erlass vom 19. April 1943 definierte dazu die Strafmaße genauer. Im Juli 1943 fand in Krasnodar auf dieser Basis der erste NS-Prozess überhaupt statt: Dieses Verfahren gegen sowjetische Helfer des Sonderkommandos 10a machte den Einsatz deutscher Gaswagen für Massenmorde international bekannt. Im Dezember 1943 folgte in Charkow ein Prozess gegen drei deutsche und einen sowjetischen Angeklagten.[46] Fast alle Angeklagten beider propagandistisch begleiteten Prozesse wurden zum Tod verurteilt.

Bis 1950 folgte eine unbekannte Zahl von Prozessen gegen als Kollaborateure angeklagte einheimische Staatsbürger, deutsche Kriegsgefangene und von den Westmächten ausgelieferte mutmaßliche NS-Verbrecher. Der NKGB, ab 1946 MGB, führte die geheimen Ermittlungen, während die Verfahren vor NKWD- bzw. MVD-Gerichten stattfanden.

Ende 1945 begann eine Prozessreihe gegen hochrangige SS- und Wehrmachtführer, u. a. in Minsk und Riga, darunter gegen Friedrich Jeckeln. Diese Serie hielt bis 1948 an. Ab 1949 folgten viele Schnellverfahren vor allem gegen deutsche Kriegsgefangene, niedrige NS-Ränge und vermutete Kollaborateure. Letztere wurden oft ohne rechtsstaatliche Verfahren und Berufungsgarantien wegen Landesverrat und „Konterrevolution“ verurteilt, nach zeitweiliger Abschaffung der Todesstrafe meist zu 25 Jahren Zwangsarbeit.

Tschechoslowakei

Am 19. Juni 1945 erließ der Staatspräsident ein Dekret über die Bestrafung der Naziverbrecher, Verräter und ihrer Helfershelfer und über außerordentliche Volksgerichte, das am 24. Januar 1946 eine Gesetzesfassung erhielt. Es trat am 31. Dezember 1948 außer Kraft, danach waren allgemeine Strafrechtsnormen die Grundlage für weitere Verurteilungen. Die Zahl der in der Tschechoslowakei verurteilten Deutschen wird auf etwa fünfzig Prozent der verurteilten 33.463 NS-Täter geschätzt.

Ungarn

Ungarn verurteilte seit 1945 auf Basis der Verordnung Nr. 81/45 über die Volksgerichtsbarkeit, Kriegsverbrechen und volksfeindliche Vergehen über 19.000 von 40.000 als NS-Verbrecher und Kollaborateure angeklagten Personen. Es wurden 380 Todesurteile verhängt. Wie viele Verurteilte Deutsche oder Österreicher waren, ist unbekannt.

Die provisorische Regierung Ungarns nahm die Strafverfolgung von NS-Tätern schon seit Dezember 1944 auf und setzte sofort nach Kriegsende Sondergerichte – genannt „Volkstribunale“ – für ihre Verfahren ein. Diese wurden seit der Machtübernahme der Kommunistischen Partei Ungarns beschleunigt durchgeführt. Bis Ende 1946 verurteilten die Sondergerichte die meisten ungarischen Politiker, die mit dem Deutschen Reich kooperiert oder diese Kooperation vorbereitet hatten.

Exemplarisch für die ungarischen Verfahren war der Prozess gegen László Bárdossy, der als Ministerpräsident Ungarns 1941–1942 dessen Kriegserklärung an die Sowjetunion durchgesetzt hatte. Er wurde eines Verfassungsbruchs und der Beteiligung an Judenmorden in Kamenez-Podolsk und Novi Sad schuldig gesprochen und am 10. Januar 1946 durch Hängen hingerichtet.

Die Todesurteile gegen Márton Zöldy und József Grassy, die am Massaker von Novi Sad beteiligt waren, wurden von einem Berufungsgericht aufgehoben. Doch nach ihrer späteren Auslieferung an Jugoslawien, auf dessen Gebiet das Massaker stattgefunden hatte, wurden sie dort erneut zum Tod verurteilt und hingerichtet.

Am 1. März 1946 wurde auch Bardossys Vorgänger Béla Imrédy hingerichtet: Er hatte als Ministerpräsident Ungarns von 1938 bis 1939 zwei antijüdische Gesetze vorbereitet und das zweite unterzeichnet. Er wurde aber nach 1989 rehabilitiert.

Die meisten Regierungsmitglieder der Kabinette von Döme Sztójay und Ferenc Szálasi wurden ebenfalls im März/April 1946 hingerichtet: darunter Andor Jaross, der frühere Innenminister, und zwei seiner Staatssekretäre. Sie waren bei den Deportationen ungarischer Juden federführend gewesen. Wegen erwiesener Mitwirkung daran wurden auch Emil Kovacs, Führer der Pfeilkreuzler, Peter Hain, Chef der ungarischen Geheimpolizei und deutscher Agent, und László Ferenczy von der Gendarmerie hingerichtet.

1967 wurden weitere Pfeilkreuzler angeklagt. 16 davon wurden zu langjähriger Zwangsarbeit verurteilt, Vilmos Kroszl, Lajos Németh und Alajos Sándor wurden hingerichtet.[47]

Siehe auch

Literatur

  • Bundesminister der Justiz (Hrsg.): Im Namen des Deutschen Volkes. Justiz und Nationalsozialismus – Katalog zur Ausstellung. Köln 1989, ISBN 3-8046-8731-8.
  • Jürgen Finger, Sven Keller, Andreas Wirsching: Vom Recht zur Geschichte. Akten aus NS-Prozessen als Quellen der Zeitgeschichte. Göttingen 2009, ISBN 3-525-35500-9.
  • Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit. München 1999, ISBN 3-423-30720-X.
  • Norbert Frei (Hrsg.):Transnationale Vergangenheitspolitik. Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2006.
  • Jörg Friedrich: Die kalte Amnestie. NS-Täter in der Bundesrepublik. Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-596-24308-4.
  • Jörg Friedrich: Freispruch für die Nazi-Justiz. Die Urteile gegen NS-Richter seit 1948. Eine Dokumentation. Neuauflage. Berlin 1998, ISBN 3-548-26532-4.
  • Kerstin Freudiger: Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen. Mohr Siebeck, Tübingen 2002, ISBN 3-16-147687-5.
  • Karl-Heinz Keldungs: NS-Prozesse 1945–2015. Eine Bilanz aus juristischer Sicht. Edition Virgines, Düsseldorf 2019, ISBN 978-3-944011-94-3.
  • Andreas Kunz: NS-Gewaltverbrechen, Täter und Strafverfolgung. Die Unterlagen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 4 (2007), S. 233–245.
  • Jörg Osterloh, Clemens Vollnhals (Hrsg.): NS-Prozesse und deutsche Öffentlichkeit. Besatzungszeit, frühe Bundesrepublik und DDR (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung. Bd. 45). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-36921-0.
  • Joachim Perels, Rolf Pohl (Hrsg.): NS-Täter in der deutschen Gesellschaft. Hannover 2002.
  • Adalbert Rückerl: NS-Verbrechen vor Gericht. Versuch einer Vergangenheitsbewältigung. Heidelberg 1982.
  • Adalbert Rückerl: NS-Prozesse. Nach 25 Jahren Strafverfolgung: Möglichkeiten, Grenzen, Ergebnisse. Müller, 1984, ISBN 3-7880-2015-6.
  • Adalbert Rückerl (Hrsg.): Nationalsozialistische Vernichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse. Belzec, Sobibor, Treblinka, Chelmno. dtv 2904, München 1977, ISBN 3-423-02904-8. (dokumentiert Auszüge aus Gerichtsurteilen und wichtigen Zeugenaussagen).
  • Christiaan F. Rüter, Dick W. de Mildt (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1965. Band I–XXII. Amsterdam 1968 ff.
  • Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943–1952. 2. Auflage. Fischer, ISBN 3-596-13589-3.
  • Günther Wieland: Justitielle Ahndung von Okkupationsverbrechen. In: Werner Röhr (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Analysen, Quellen, Register. Band 8. Heidelberg 1996, ISBN 3-7785-2338-4.
  • Heiner Lichtenstein, Otto R. Romberg (Hrsg.): Täter Opfer Folgen. ISBN 3-89331-231-5.
  • Helge Grabitz u. a. (Hrsg.): Die Normalität des Verbrechens. Festschrift für Wolfgang Scheffler. Ed. Hentrich, Berlin 1994, ISBN 3-89468-142-X (Teil 3: Die Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen. Teil 4: Überblick über die Gutachtertätigkeit und Verzeichnis der Schriften von Wolfgang Scheffler. S. 299–531).
  • Nathan Stoltzfus, Henry Friedlander (Hrsg.): Nazi Crimes and the Law. Cambridge University Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-89974-1 (Publications of the German Historical Institute).[48]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe z. B.: Bundesarchiv: [1] (PDF; 7,2 MB); Torben Fischer/Matthias N. Lorenz (Hrsg.), Lexikon der Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. Bielefeld 2007.
  2. Günther Wieland: Die Nürnberger Prinzipien im Spiegel von Gesetzgebung und Spruchpraxis sozialistischer Staaten. In: G. Hankel, G. Stuby (Hrsg.): Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen. Hamburg 1995, ISBN 3-930908-10-7.
  3. Wolfgang G. Schwanitz: Nazis On The Run (PDF; 1,4 MB), in: Jewish Political Studies Review, 22(2010)1-2, P. 116-22.
  4. Europa unterm Hakenkreuz. Band 8. S. 352.
  5. Wolfgang Form: Justizpolitische Aspekte west-alliierter Kriegsverbrecherprozesse 1942–1950. In: Ludwig Eiber, Robert Sigl (Hrsg.): Dachauer Prozesse – NS-Verbrechen vor amerikanischen Militärgerichten in Dachau 1945–1948. Göttingen 2007, S. 47ff.
    Lothar Kettenacker: Die Behandlung der Kriegsverbrecher als anglo-amerikanisches Rechtsproblem. In: Gerd R. Ueberschär: Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943–1952. Frankfurt am Main 1999, S. 19f.
  6. ABlAmMilReg. A S. 1
  7. vgl. hierzu den mündlichen Bericht des damaligen Bundesjustizministers Fritz Schäffer in der 104. Sitzung des Rechtsausschusses des 3. Deutschen Bundestages vom 11. Mai 1960, Kurzprotokoll S. 27.
  8. ABlKR S. 26.
  9. ABlAmMilReg. A S. 7
  10. Martin Broszat: Siegerjustiz oder strafrechtliche Selbstreinigung? Aspekte der Vergangenheitsbewältigung der deutschen Justiz während der Besatzungszeit 1945–1949 Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1981, S. 477–544.
  11. ABlKR S. 50
  12. Bericht des Bundesministers der Justiz über die Verfolgung nationalsozialistischer Straftaten vom 26. Februar 1965 BT-Drs. IV/3124 S. 16
  13. Art. I Nr. 1 der VO Nr. 47 der britischen Militärregierung (ABIBritMilReg. S. 306), in Kraft getreten am 30. August 1946; Art. 2 Nr. 5 der VO Nr. 173 des französischen Oberkommandierenden in Deutschland (JournOff. S. 1684), in Kraft seit 23. September 1948
  14. ABlAHK S. 54
  15. vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1969 – 2 BvL 15, 23/68 Rdrn. 43 ff.
  16. BGBl. II S. 301, 405
  17. Katrin Hassel: Britische Kriegsverbrecherprozesse unter dem Royal Warrant Website des Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse, abgerufen am 10. September 2018
  18. Donald Bloxham: British War Crimes Trial Policy in Germany, 1945–1957: Implementation and Collapse. Journal of British Studies 2003, S. 91–118 (englisch)
  19. Bernhard Sprengel: Nazi-Prozesse: Großbritanniens konsequente Militärjustiz Die Zeit, 1. März 2016
  20. Cord Arendes: Rezension zu: Moisel, Claudia: Frankreich und die deutschen Kriegsverbrecher. Politik und Praxis der Strafverfolgung nach dem Zweiten Weltkrieg. Göttingen 2004 H-Soz-Kult, 8. Juli 2004
  21. Kriegsverbrecherprozesse in der französischen Besatzungszone in Deutschland (1945–1953) Website des Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse, abgerufen am 10. September 2018
  22. Das sowjetische Militärtribunal – ein Inquisitionsgericht: „Die Verkündung des Urteils war irrwitzig“ tagesschau.de, 25. August 2007
  23. Karl Dietrich Erdmann: Das Ende des Reiches und die Neubildung deutscher Staaten. In: Bruno Gebhardt (Hrsg.): Handbuch der deutschen Geschichte. Band 22. 9. Auflage. München 1999, ISBN 3-423-59040-8, S. 106
  24. Ruth Bettina Birn: Die Strafverfolgung nationalsozialistischer Verbrechen. In: Hans-Erich Volkmann: Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten Weltkriegs. Eine perspektivische Rückschau. München 1995, ISBN 3-492-12056-3.
  25. Wolfram Wette: Die Wehrmacht. Feindbilder, Vernichtungskrieg, Legenden. Frankfurt 2005, ISBN 3-596-15645-9, S. 238f.
  26. Auschwitz-Prozeß 4 Ks 2/63 Frankfurt am Main (Memento vom 2. März 2012 im Internet Archive)
  27. Vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1969 – 5 StR 658/68
  28. Michael Greve: Amnestierung von NS-Gehilfen – Eine Panne? Die Novellierung des § 50 Abs. 2 StGB und dessen Auswirkungen auf die NS-Strfaverfolgung Kritische Justiz 2003, S. 412–424
  29. In jüngerer Zeit wurde mit dem Demjanjuk-Prozess und der Lipschis-Anklage nochmals eine rechtliche Aufarbeitung versucht. Eine gute Zusammenfassung des Vorgangs und der Debatte bietet Hubert Rottleuthner: Hat Dreher gedreht? Über Unverständlichkeit, Unverständnis und Nichtverstehen in Gesetzgebung und Forschung. In: Rechtshistorisches Journal. Nr. 20, 2001, S. 665–679. Vgl. auch Norbert Frei: Karrieren im Zwielicht … Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-593-36790-4, S. 228f. Stephan A. Glienke: Die De-facto-Amnestie von Schreibtischtätern. In: Joachim Perels, Wolfram Wette (Hrsg.): Mit reinem Gewissen. Wehrmachtrichter in der Bundesrepublik und ihre Opfer. Berlin 2011, ISBN 978-3-351-02740-7, S. 262–277.
  30. BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 3 StR 49/16
  31. BGH bestätigt Urteil wegen Beihilfe zum NS-Massenmord (Memento vom 5. Dezember 2016 im Internet Archive) Die Zeit, 28. November 2016
  32. Thilo Kurz: Paradigmenwechsel bei der Strafverfolgung des Personals in den deutschen Vernichtungslagern? ZIS 2013, 122-129
  33. Nazi-Verbrechen. Neue Anklage gegen frühere SS-Wachmänner, Der Tagesspiegel, 16. November 2017
  34. >Klaus Hillenbrand: Verfolgung von Nazi-Verbrechen. Auch im hohen Alter verantwortlich, TAZ, 18. Dezember 2017
  35. [7a]Vgl. Andreas Eichmüller: Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen durch westdeutsche Justizbehörden seit 1945. Eine Zahlenbilanz, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56 (2008), S. 624 ff.
  36. GBl. I vom 10. September 1964, S. 127
  37. Artikel NS-Prozesse. In: Enzyklopädie des Holocaust. 1998, S. 1037f
  38. a b Rückerl: NS-Verbrechen vor Gericht. Heidelberg 1982, S. 103.
  39. Karl Christian Lammers: Späte Prozesse und milde Strafen. Die Kriegsverbrecherprozesse gegen Deutsche in Dänemark. In: Norbert Frei (Hrsg.): Transnationale Vergangenheitspolitik. Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Göttingen : Wallstein, 2006, S. 351–369
  40. Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Okkupation und Kollaboration (1938–1945). Ergänzungsband 1. Berlin, Heidelberg 1994, ISBN 3-8226-2492-6, S. 111ff.
  41. Rückerl: NS-Verbrechen vor Gericht. Heidelberg 1982, S. 102.
  42. a b Christian Hofmann: Der Eichmann-Prozess in Jerusalem. Arbeitskreis Shoa.de e. V., abgerufen am 25. Mai 2015: „Rechtsgrundlage der Anklage war das von Israel im Jahre 1950 erlassene »Nazis and Nazi Collaborators (Punishment) Law, 5710-1950« (NNCL), das sich am »Londoner Statut« von 1945 orientierte, auf dessen Grundlage der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg eingerichtet und durchgeführt wurde sowie die »Criminal Code Ordinance« (CCO) von 1936.[…] Die von der Verteidigung am 17. 12. 1961 eingelegte Berufung blieb erfolglos: Am 29. 05. 1962 bestätigte das Berufungsgericht das Urteil in vollem Umfang.[…] Am 31. 05. 1962 lehnte der israelische Staatspräsident schließlich alle Gnadengesuche ab. Wenige Stunden später wurde das Todesurteil vollstreckt.“
  43. Emile Krier: Luxemburg am Ende der Besatzungszeit und der Neuanfang (Memento vom 10. November 2016 im Internet Archive), Regionalgeschichte.net, abgerufen 9. November 2016
  44. Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Okkupation und Kollaboration (1938–1945). Ergänzungsband 1. Berlin, Heidelberg 1994, ISBN 3-8226-2492-6, S. 119ff.
  45. Kriegsverbrechergesetz (KVG)
  46. Norbert Frei (Hrsg.): Transnationale Vergangenheitspolitik, Wallstein-Verlag Göttingen, 2006, S. 218.
  47. Artikel NS-Prozesse. In: Enzyklopädie des Holocaust, 1998, S. 1044.
  48. Vgl. Kim Christian Priemel: Rezension zu: Stoltzfus, Nathan; Friedlander, Henry (Hrsg.): Nazi Crimes and the Law. Cambridge 2008. In: H-Soz-u-Kult, 4. Februar 2010.