Burschenschaft Hysteria

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Burschenschaft Hysteria (Akademische Burschenschaft Hysteria zu Wien) ist ein Verein und linkes, feministisches Projekt in Österreich, das die Rituale von Burschenschaften satirisch aufgreift.[1]

Auftreten und Stil

Die kolportierte Gründerin, Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich, Prinzessin von Brasilien bei Verhandlungen zur Unabhängigkeit Brasiliens, 1822

Gegründet wurde die Burschenschaft im Jänner 2016[2], in den medialen Eigendarstellungen werden hingegen das Jahr 1810 sowie Leopoldine von Österreich als Stifterin verbreitet, womit die Gründung vor der eigentlichen Urburschenschaft liegen würde. Als Wappentier wurde eine schreiende Hyäne auf schwarzem Grund gewählt.[3] Als „Deckel“ verwendet die Hysteria eine rote Kappe, die an die Haarfarbe ihrer Gründerin erinnern soll. Ihre Mitglieder tragen die Farben schwarz-weiß-rot.

Die Burschenschaft Hysteria tritt in der Öffentlichkeit geordnet in Couleur (gemäß Selbstdarstellung auch in Wichs) und mit Kneipnamen auf. Grundsätzlich bleibt sie Männern verschlossen. Sie predigt das Matriarchat und den „Schutz der Männer“, will das Männerwahlrecht einschränken und tritt für eine Frauen- und Transgenderquote von 80 % in öffentlichen Ämtern ein.[3][4] Ihre Statuten und Pflichten sowie ihr Burschenschaftslied sind im Buch „Mein Mampf“ niedergeschrieben.[5] Außerdem fordern Mitglieder den aktiven Vaterlandsverrat.[6]

Von Damenverbindungen unterscheidet sich die Hysteria durch ihre Positionen, das Festhalten am Begriff Burschenschaft (reale Damenverbindungen nennen sich manchmal „Mädelschaft“) und das kolportierte Fechten von Mensuren, die bei schlagenden Verbindungen als für Frauen nicht statthaft gelten.[4][7]

Die Hysteria ist unter dem Namen Burschenschaft Hysteria im ZVR eingetragen.[8] Die Schriftstellerin Stefanie Sargnagel fungiert als Obfrau.[9]

Aktionen

Im Januar 2016 trat die Hysteria im Rahmen einer Facebook-Seite erstmals an die Öffentlichkeit. Dabei fiel sie vor allem durch radikale Forderungen auf, wie die Einschränkung des Männerwahlrechts, dass sich Männer aus der Politik heraushalten sollen und die Aberkennung von Männerfußball als „richtigem Sport“. Stattdessen sollen die Männer in engen Trikots und sehr knappen Shorts antreten.[5]

Im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Preises 2016 trat die Hysteria erstmals öffentlich auf, als sie den Saalschutz für Stefanie Sargnagel machte, als diese ihren BKS-Bank-Publikumspreis in Empfang nahm.[5] Ebenfalls trat sie als Saalschutz für Elfriede Jelineks Stück Die Schutzbefohlenen auf, dessen Aufführung im Audimax der Universität Wien zuvor von der rechtsextremen Gruppierung der Identitären gestürmt worden war und daher ins Wiener Rathaus verlegt wurde.[4]

Im Oktober reklamierte sie beim Couleurbummel der schlagenden Studentenverbindungen Raum für sich.[10] Im September 2016 trug die Hysteria symbolisch das Patriarchat auf einem Trauermarsch durch die Wiener Prater Hauptallee zu Grabe.[6][8][11]

Den Wiener Akademikerball im Februar 2017 erklärte sie zum „Hysteria-Ball zur Erziehung und Schutz des Mannes“ und enthüllte ein Transparent mit ihrem Wappentier.[3]

Im März 2017 übernahm die Hysteria eine eigene Bude in Ottakring. Die ehemals als Fritz-Stüber-Heim bekannte Kellerstube war vorher ein Treffpunkt für rechte und rechtsextreme Männerbünde. Die Übernahme wurde mit gestellten Bildern auf Facebook illustriert, die die Hysteria bei einer Prügelei mit Männern zeigt. Am Ende werden die Männer aus der Kneipe gekehrt.[8]

Reaktionen

Das Corps Hansea zu Wien (ehemals im KSCV, inzwischen ausgeschlossen) widmete der Hysteria den Hashtag #linkeweiberausknocken.[4] Mit dem Hashtag solidarisierte sich das Corps, dem mindestens drei Identitäre angehören, mit einer zu dieser Zeit auf Facebook verbreiteten Hassseite, die Gewaltdrohungen gegen antifaschistische Aktivisten veröffentlichte.[12] Der Facebook-Post wurde später ohne Kommentar entfernt.[11]

Seit dem 20. November 2017 existiert in München eine ähnliche Verbindung, die Burschenschaft Molestia, die nach österreichischem Vorbild agiert und vergleichbare Forderungen erhebt. Sie trat erstmals mit einem Fackelmarsch auf die Münchner Ruhmeshalle in Erscheinung.[13] Weitere Projekte aus Deutschland und Österreich, die sich im „Korporationsring“ zusammengeschlossen haben, heißen wie folgt:[14][15][16]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H.: Hysteria: Und lachend zeigt die Hyäne ihre Zähne. In: derStandard.at. (derstandard.at [abgerufen am 16. Januar 2018]).
  2. Marie Schmidt: Burschenschaft Hysteria: Im goldenen Matriarchat. In: Die Zeit. 4. April 2017, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 19. Januar 2018]).
  3. a b c STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H.: "Hysteria": Feministische Burschenschaft persifliert rechte Männerbünde. In: derStandard.at. (derstandard.at [abgerufen am 26. Dezember 2017]).
  4. a b c d Ehre, Freiheit, Vatermord – Die Burschenschaft Hysteria. In: VICE. 7. Juli 2016 (vice.com [abgerufen am 26. Dezember 2017]).
  5. a b c Irmi Wutscher: Weltweit gemeinsam menstruieren! In: fm4.ORF.at. Abgerufen am 26. Dezember 2017.
  6. a b Gerlinde Pölser: Stefanie Sargnagel, Burschin. In: Emma. 12. Dezember 2016, abgerufen am 26. Dezember 2017.
  7. Theresa Luise Gindlstrasser: Im Zeichen der Hyäne. https://www.nachtkritik.de/, 30. März 2017, abgerufen am 28. April 2022.
  8. a b c STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H.: Hysteria: Und lachend zeigt die Hyäne ihre Zähne. In: derStandard.at. (derstandard.at [abgerufen am 26. Dezember 2017]).
  9. Vereinsregisterauszug Burschenschaft Hysteria zum Stichtag 25.01.2018. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zentrales Vereinsregister. Ehemals im Original; abgerufen am 25. Januar 2018.@1@2Vorlage:Toter Link/citizen.bmi.gv.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Theresa Luise Gindlstrasser: Die Burschenschaft Hysteria – Wie ein feministisches Bündnis mit Aktionen zwischen Kunst und Aktivismus Gedankengut und Rituale reaktionärer Parteien und Männerbünde bloßstellt. Abgerufen am 26. Dezember 2017 (deutsch).
  11. a b "Wir empfehlen, männliche Reize auf jeden Fall bedeckt zu halten!" In: jetzt.de. 27. September 2016 (jetzt.de [abgerufen am 26. Dezember 2017]).
  12. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H.: Burschenschaft mit Identitären will auf Facebook "linke Weiber ausknocken". In: derStandard.at. (derstandard.at [abgerufen am 26. Dezember 2017]).
  13. "Heil Molestia!": Deutschland hat jetzt eine eigene Burschenschaft Hysteria. In: Vice. 30. November 2017 (vice.com [abgerufen am 26. Dezember 2017]).
  14. Korporationsring. Stefanie Sprengnagel, Verena Dengler, abgerufen am 17. Juni 2020.
  15. Jakob Wetzel: Protest der Burschenschaft Molestia. "Nein zum Männerwahlrecht". In: Süddeutsche Zeitung. 30. Juni 2019, abgerufen am 17. Juni 2020.
  16. Leipziger Burschenschaft will Mann an den Herd verbannen. In: Leipziger Volkszeitung. 19. Juli 2019, abgerufen am 17. Juni 2020.