Chalcedon (Mineral)

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Chalcedon aus Rio Grande do Sul, Brasilien (Größe: 23 cm × 12 cm × 3,5 cm)

Der Chalcedon (latinisierte Form von griechisch χαλκηδών) oder in eingedeutschter Schreibung Chalzedon ist eine mikro- bis kryptokristalline Gefügevarietät des Minerals Quarz.

Nach älteren Quellen gilt der Begriff Chalcedon für alle faserigen Formen von mikrokristallinem Quarz (einschließlich Quarzin), für alle schwach bis gar nicht gefärbten, massigen Vorkommen von mikrokristallinem SiO2 oder wird als Oberbegriff für alle Erscheinungsformen von feinkristallinem Quarz verwendet (Feuerstein, Hornstein, Achat, Onyx, Jaspis …). Dies sind genau genommen aber Gesteine, die aus verschiedenen Gefügevarietäten des Quarzes bestehen, der SiO2-Modifikationen Mogánit sowie weiteren färbenden Verunreinigungen. In der modernen Mineralogie wird der Begriff Chalcedon enger gefasst (siehe Struktur).

Chalcedon ist farblos bis bläulich grau. Verunreinigungen bewirken verschiedenste Färbungen, meist braun, rötlich oder grün. Chalcedon ist durchscheinend, trüb, besitzt einen wächsernen Glanz und ist mit einer Mohshärte von 6,5–7 fast so hart wie Quarz.

Bei anderen Farbtönen verwendet man unterschiedliche Bezeichnungen. Rote bis braune Chalcedone sind bekannt als Karneol (Sarder), die grüne Vielzahl, die durch Nickeloxid gefärbt sind, nennt man Chrysoprase (künstlich gefärbte werden grüngebeizter Achat genannt) oder Plasma, smaragdgrüne Chalcedone erhalten durch Eisenoxid ihre dunkelgrüne Farbe. Plasma wird manchmal mit kleinen Jaspis-Punkten gefunden, die Bluttropfen ähneln, weshalb er Heliotrop (Blutjaspis) oder irreführenderweise Blutstein genannt wird. Das weithin als Blutstein bekannte Mineral ist Hämatit, ein Eisenoxid.

Weitere Bezeichnungen, die für Chalcedon gefunden werden, sind Jasponix, Massik, Quarzin, Zoesit, blauer oder kalifornischer Mondstein und Milchstein.

Etymologie und Geschichte

Der Name taucht erstmals bei Plinius dem Älteren in seiner lateinischen Naturalis Historia (um 77 n. Chr.) auf. Er benennt einen Stein namens „Calchedon“ unter einer Aufzählung von durchscheinenden Jaspis-Arten.[1] Der Name leitet sich von der Stadt Kalchedon in Bithynien ab,[2] ohne dass man eine Beziehung zwischen den beiden namhaft machen könnte.[3] Der ebenfalls von Plinius d. Ä. wenige Abschnitte vorher beschriebene rötlich-funkelnde, jedoch leicht schwärzliche Stein „Carchedon“ (dt.: der Karthager; möglicherweise handelt es sich um Granat)[4] wurde im Mittelalter ebenfalls mit dem Chalcedon identifiziert.[5] Dies hing zusammen mit dem wohl um 95 n. Chr. auftauchenden griechischen Wort χαλκηδών (schulgriechische Aussprache chalkēdón), einem Hapax legomenon, das nur in einer einzigen antiken Quelle überliefert ist, nämlich der Offenbarung des Johannes.[6] Dort (Offb 21,19 EU) heißt es über das Himmlische Jerusalem:

Die Grundsteine der Stadtmauer sind mit edlen Steinen aller Art geschmückt; der erste Grundstein ist ein Jaspis, der zweite ein Saphir, der dritte ein Chalcedon, der vierte ein Smaragd.

Es ist jedoch nicht ermittelbar, welches Mineral in der Offenbarung genau gemeint war. Die Vulgata aber gab das Wort in einigen Handschriften nicht mit „chalcedonius“, sondern mit „carcedonius“ wieder; die beiden Angaben des Plinius wurden im Mittelalter also miteinander verwechselt.[3] In der Überlieferung dieser Zeit findet man unter dem Namen „Chalcedon“ entsprechend Plinius’ „Carchedon“ die Beschreibung eines rötlichen Karfunkels, der mit dem heutigen Mineral keine Ähnlichkeiten hat. Bald tritt in der Beschreibung das Rot zurück; die „Schwärze“ wird zur „Blässe“, die stets hervorgehoben wurde. Die undeutlich gewordene Beschreibung führt dann zu einer Neufestlegung, die bei Albertus Magnus literarisch greifbar wird: Er liefert als erster eine Beschreibung des Chalcedon, die nicht mehr auf Plinius, wohl aber auf das heute mit dem Begriff benannte Mineral passt: „Ein bleicher, dunkelfarbiger, etwas trüber Stein“ mit einer „fast durchsichtigen, schlammigen und schmutzigen Substanz, wie das Blei das Silber nachahmt“.[7] Bis zur Neuzeit wird das Wort zur Sammelbezeichnung für mikrokristalline, feinstfaserige Quarze.[3]

Varietäten

  • Achat
  • Blutchalcedon – roter Chalcedon durch Fremdbeimengungen von Eisen[8]
  • Chromchalcedonchromhaltige Varietät von Chalcedon[8]
  • Chrysopras
  • Heliotrop (Blutjaspis)
  • Holzstein
  • Ice-blue – Seltener Handelsname für einen Chalcedon aus Grönland[9]
  • Karneol (Sarder)
  • Kupferchalcedon – Chalcedon mit Kupfereinschlüssen[8]
  • Mückenstein – Chalcedon mit eingelagertem Manganhydroxid[10]
  • Onyx
  • Pietersit
  • Plasma ist eine lauchgrüne Varietät ähnlich dem Prasem
  • Regenbogen-Chalcedon – Chalcedon mit irisierendem Farbenspiel[8]

Bildung und Fundorte

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Blaugraue Chalcedon-Rose aus Knoxville, Kalifornien, USA. Ausgestellt im Mineral-Museum Bonn

Chalcedon bildet sich zusammen mit Quarzin und Mogánit oberflächennah sowohl in Spalten und Hohlräumen saurer und basischer Magmatite (Achat), in Spalten metamorpher Gesteine als auch in Sedimenten (Flint, Hornstein, versteinertes Holz). Bei der Bildung von Achaten geht man von einer Kristallisation aus einem SiO2-Gel oder SiO2-übersättigten Lösungen bei Temperaturen zwischen 25 und 200 °C aus. Bei sedimentärer Bildung kristallisieren Chalcedon und Quarzin entweder aus SiO2-haltigen Lösungen (z. B. versteinertes Holz) oder bilden sich während der Diagenese aus den Opal-Skeletten von Diatomeen, Radiolarien (Radiolarit) oder Hornkieselschwämmen (Hornstein).

Weiterhin ist Chalcedon eine der Zementphasen in den Porenräumen von Sandsteinen.

Mikrogefüge

Chalcedonmandel

Ein massiges, granulares Gefüge zeichnet sich durch das Fehlen einer bevorzugten Orientierung der Chalcedonfasern aus. Die einzelnen Chalcedonfasern sind selten länger als 1–3 µm. Solcher granularer Chalcedon macht die Hauptmasse von Flint-Knollen aus.

Von sphärolithischem Gefüge spricht man, wenn die Chalcedonfasern ausgehend von einem Kristallisationskeim radialstrahlig wachsen und kugelige Aggregate bilden. Der Durchmesser dieser Sphärolithe beträgt meist 0,1–0,2 mm. Sphärolithischer Chalcedon bildet die horizontal geschichteten Bereiche in Achatdrusen und tritt vereinzelt in Flint und Hornstein auf. Unter dem Polarisationsmikroskop zeigen die Sphärolithe bei gekreuzten Polarisatoren ein charakteristisches Auslöschungsbild, das Bertrand’sche Kreuz.

Ein parabolisches Gefüge bildet sich, wenn die Chalcedonfasern radialstrahlig auf der Oberfläche eines Gesteinshohlraumes wachsen. Benachbarte Faserbüschel behindern sich in ihrem Wachstum gegenseitig. Schon in geringer Distanz zum Wachstumskeim wachsen so nur nahezu parallel ausgerichtete Faserbündel in den Hohlraum hinein. Parabolisch gewachsener Chalcedon bildet die konzentrischen Bänderungen in Achaten. Unter dem Polarisationsmikroskop zeigt sich in den parabolisch gewachsenen Chalcedonbändern die charakteristische Runzelbänderung. Sie ist charakteristisch für Chalcedon und fehlt beim Quarzin.

Struktur

Der Begriff Chalcedon wird für alle senkrecht zur kristallografischen c-Achse entlang der Prismenflächen (110) oder (110) faserig gewachsenen Tiefquarze (Flörke et al. 1991) verwendet. Die Fasern weisen eine Dicke von unter einem µm auf und sind typischerweise in Längsrichtung verdrillt. Der optische Charakter der Faserrichtung ist length-fast. Dies bedeutet, dass die Achse mit dem höheren Brechungsindex im Kristall senkrecht zur Faserrichtung orientiert ist. Dies unterscheidet Chalcedon von einer weiteren faserigen Gefüge-Varietät des Tiefquarzes, dem Quarzin. Quarzin ist length-slow, d. h. der höhere Brechungsindex des Quarzes liegt parallel zur Faserrichtung.

Strukturell unterscheidet sich Chalcedon vom Tiefquarz kaum. Elektronenmikroskopische Untersuchungen ergaben aber für alle mikrokristallinen Quarzvarietäten eine sehr große Dichte an Gitterdefekten. Charakteristisch ist eine dichte Abfolge von Verzwillingungen nach dem Brasilianer Gesetz. Dies kann man sich als eine Stapelung von (101)-Lagen aus Rechts- und Linksquarz vorstellen. In mikrokristallinem Quarz weisen diese Lagen variable Dicken von einigen Elementarzellen auf. Strukturell betrachtet nehmen Chalcedon und auch Quarzin somit eine Zwischenposition zwischen unverzwillingtem Tiefquarz (Rechts- oder Linksquarz) und Mogánit ein. Diese erst 1994 von der IMA als eigene SiO2-Modifikation anerkannte Phase kann man sich als Tiefquarz mit der maximal möglichen Anzahl von Brasilianer Zwillingen vorstellen. Lagen von Rechts- und Linksquarz der kleinstmöglichen Dicke von nur einer Elementarzelle bilden im Mogánit eine regelmäßige Abfolge. Diese enge strukturelle Beziehung ist der Grund dafür, dass Chalcedon immer auch signifikante Mengen an Mogánit enthält. Eine weitere charakteristische strukturelle Eigenschaft von Chalcedon, die Quarzin fehlt, ist die Verdrillung der Fasern um ihre Längsrichtung. Diese Verdrillung findet innerhalb eines kontinuierlichen Kristalls statt und ist auf spiralförmiges Kristallwachstum entlang von Gitterfehlern (Schraubenversetzungen) zurückzuführen.

Verwendung

Zylinder-Siegel aus dem Achämenidenreich (6. bis 4. Jahrhundert v. Chr.)

Chalcedon zählt zu den Halbedelsteinen und dient als Material für Kameen, Gemmen, Ringsteine, Siegelsteine und viele andere Schmuck- und Gebrauchsgegenstände. Er wird schon sehr lange verarbeitet und ist deshalb auch vielfach bei Antiquitäten zu finden. Große Stücke sind auch Material für Säulen, architektonischen Zierrat, Tischplatten und Vasen, die durch eine schöne Politur aufpolierbar sind. In steinzeitlichen Kulturen wurde Chalcedon zur Herstellung von Klingen verwendet; siehe Feuerstein.

Vorsichtsmaßnahmen

Bei starkem UV-Licht kann ein Farbverlust die Schönheit des Steins beeinträchtigen, wie auch bei direkter übermäßiger Sonnen- oder Lichtbestrahlung.

Siehe auch

Literatur

  • O. W. Flörke, Heribert A. Graetsch, B. Martin, K. Röller, R. Wirth: Nomenclature of micro- and non-crystalline silica minerals, based on structure and microstructure. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Abhandlungen. Band 163, Nr. 1, 1991, S. 19–42 (englisch, online verfügbar bei researchgate.net [PDF; 6,4 MB; abgerufen am 2. August 2022]).
  • Peter J. Heaney, David R. Veblen, Jeffrey E. Post: Structural disparities between chalcedony and macrocrystalline quartz. In: American Mineralogist. Band 79, 1994, S. 452–460 (englisch, minsocam.org [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 2. August 2022]).

Weblinks

Commons: Chalcedony – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. C. Plini Secundi: Naturalis Historiae, libri XXXVII, Paragraph 115, books.google.de
  2. Erika Zwierlein-Diehl: Antike Gemmen und ihr Nachleben. de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019450-0, S. 307 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 2. August 2022]).
  3. a b c Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 195 ff.
  4. C. Plini Secundi: Naturalis Historiae libri XXXVI, Kap. 7, Abschnitt 92, books.google.de; vgl. dazu Walter Bauer: Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur. 6., völlig neubearbeitete Auflage, hrsg. v. Kurt Aland und Barbara Aland. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1988, Sp. 1745. Zur Identifizierung mit Granat vgl. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Thun 1979, S. 195.
  5. Jörg Traeger: Renaissance und Religion. Die Kunst des Glaubens im Zeitalter Raphaels. München 1977, S. 110 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 2. August 2022]).
  6. Vgl. Liddell-Scott-Jones s.v.
  7. Albertus Magnus: De mineralibus II, 2,3 und I,2,1, zit. nach: Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Thun 1979, 196.
  8. a b c d Namenssuche – Handelsnamen und was sie bedeuten. Institut für Edelsteinprüfung (EPI), abgerufen am 2. August 2022 (Eingabe von Chalcedon nötig).
  9. Martin Ghisler, Karsten Secher: Smykkesten fra Grønland i GEUS' prøvesamlinger (Gemstones from Greenland in the sample collections of the Geological Survey of Denmark and Greenland). In: Danmarks og Grønlands Geologiske Untersøgelse Rapport 2020/50. 2020, S. 49 (dänisch, geus.dk [PDF; 11,7 MB; abgerufen am 2. August 2022]).
  10. Torsten Purle: Mückenstein. In: steine-und-mineralien.de. 18. Juni 2021, abgerufen am 2. August 2022.