Coquimbit

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Coquimbit
Coquimbite, Voltaite-256099.jpg
Coquimbit aus dem Bergwerk Dexter Nr. 7, Calf Mesa, San Rafael, Emery County, Utah, USA
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen
  • IMA 19-F[1] und 2019 s.p.[2]
  • Blakeite (nach Dana, 1850)[3]
  • Neutrales schwefelsaures Eisenoxyd mit Krystallisationswasser[4]
  • Vitreolum hexagonum[5]
  • White copperas[5]
Chemische Formel
  • AlFe3(SO4)6(H2O)12·6H2O[1][2]
  • Fe23+[SO4]3·(6+3)H2O[6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
7.CB.55 (8. Auflage: VI/C.04)
29.08.03.01
Ähnliche Minerale Quenstedtit
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 3 2/m[7]
Raumgruppe P31c (Nr. 163)Vorlage:Raumgruppe/163[6]
Gitterparameter a = 10,92 Å; c = 17,08 Å[6]
Formeleinheiten Z = 4[6]
Häufige Kristallflächen {1010}, {1120}, {1011}, {0001}[8]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5[8]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,11(1); berechnet: [2,12][8]
Spaltbarkeit undeutlich
Bruch; Tenazität muschelig bis uneben
Farbe farblos, violett, gelb, grün, blau
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,536 bis 1,539[9]
nε = 1,548 bis 1,572[9]
Doppelbrechung δ = 0,012[9]
Optischer Charakter einachsig positiv
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten wasserlöslich; bitterer, metallischer Geschmack

Coquimbit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate“ mit der chemischen Zusammensetzung AlFe3(SO4)6(H2O)12·6H2O und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Aluminium-Eisen-Sulfat.

Coquimbit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem und entwickelt meist tafelige, kurzprismatische oder pyramidale Kristalle mit glasähnlichem Glanz auf den Oberflächen, tritt aber auch in Form körniger bis massiger Aggregate auf. Reiner Coquimbit ist farblos und durchsichtig. In der Natur nimmt er jedoch durch Fremdbeimengungen meist eine rosa bis violette, selten auch gelbe, grüne oder blaue Farbe an. Zudem zeigen sich gelegentlich anomale Interferenzfarben.

Mit einer Mohshärte von 2,5 liegt Coquimbit zwischen den Referenzmineralen Gips (2) und Calcit (3) und gehört damit noch zu den weichen Mineralen, die sich mit dem Fingernagel nicht mehr, mit einer Kupfermünze jedoch leicht ritzen lassen.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde das Mineral in Eisen-Lagerstätten zusammen mit grünen, dichten, feldspatähnlichen Gesteinen etwa eine halbe Tagesreise von Copiapó in der damaligen chilenischen Provinz Coquimbo. Heinrich Rose erhielt einige Mineralproben von Franz Julius Ferdinand Meyen,[10] der sie von einer Südamerika-Reise in diese Region mitbrachte. Das von Rose analysierte und 1833 unter der Bezeichnung Neutrales schwefelsaures Eisenoxyd mit Krystallisationswasser erstbeschriebene Mineral bildete die Hauptmasse aller mitgebrachten Stufen.[4]

Seinen bis heute gültigen Namen Coquimbit (auch Coquimbites ferricus) erhielt Coquimbit 1841 von August Breithaupt, der das Mineral nach der Provinz benannte, in der sich dessen Typlokalität befindet. Er führte zudem mit White copperas und Vitreolum hexagonum weitere Synonyme für den Coquimbit auf.[5]

Coquimbit war bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und allgemein als eigenständige Mineralart anerkannt. Damit hätte Coquimbit theoretisch den Status eines grandfathered Mineral. Bei der Analyse von Neotypmaterial des Minerals wurde allerdings festgestellt, dass Aluminium ein wesentlicher Bestandteil der Kristallstruktur von Coquimbit ist. Das bisher als aluminiumfrei geltende Mineral wurde daher 2019 mit neuer Definition der Zusammensetzung von der IMA/CNMNC anerkannt und seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 2019 s.p.“ (special procedure) geführt.[1][2]

Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Institut der Technischen Universität Bergakademie Freiberg in Deutschland unter der Sammlungs-Nr. 18558 und im National Museum of Natural History (NMNH) unter der Sammlungs-Nr. 12548 aufbewahrt.[11]

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Coquimbit zur Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Rhomboklas die „Rhomboklas-Coquimbit-Gruppe“ mit den weiteren Mitgliedern Alunogen, Kornelit, Lausenit, Paracoquimbit und Quenstedtit bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/C.08-40. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Sulfate, ohne fremde Anionen“, wo Coquimbit zusammen mit Aluminocoquimbit, Alunogen, Kornelit, Lausenit, Meta-Alunogen, Paracoquimbit, Quenstedtit, Rhomboklas eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[12]

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Coquimbit in die Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ und dort in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) ohne zusätzliche Anionen, mit H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Rhomboklas die „Rhomboklasgruppe“ mit der System-Nr. 7.CB.55 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Coquimbit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Säuren und Sulfate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 29.08.03 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserhaltigen Säuren und Sulfate mit (A)2(XO4)3 × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

Coquimbit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe P31c (Raumgruppen-Nr. 163)Vorlage:Raumgruppe/163 mit den Gitterparametern a = 10,92 Å und c = 17,08 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Paracoquimbit, eine Modifikation von Coquimbit, weist bei gleicher chemischer Zusammensetzung, gleichem Kristallsystem und ähnlichen Eigenschaften eine andere Raumgruppe auf, nämlich R3 (Nr. 148)Vorlage:Raumgruppe/148 (trigonal-rhomboedrisch) mit den Gitterparametern a = 10,93 Å und c = 51,3 Å sowie 12 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[14]

Eigenschaften

Da das Mineral bereits in kaltem Wasser löslich ist, muss es vor Feuchtigkeit geschützt aufbewahrt werden.[15]

Bildung und Fundorte

Coquimbit und Voltait (grün) aus dem Bergwerk Dexter Nr. 7, Calf Mesa, San Rafael, Emery County, Utah, USA

Coquimbit bildet sich als typisches Sekundärmineral vorwiegend durch Oxidation in Eisensulfid-Lagerstätten (meist aus Pyrit), kann aber auch direkt durch Sublimation aus Vulkandämpfen oder brennenden Halden entstehen. Er tritt in Paragenese mit verschiedenen anderen Sulfat-Mineralen wie beispielsweise Copiapit, Paracoquimbit, Voltait, Szomolnokit und Römerit auf.[8]

Als eher seltene Mineralbildung kann Coquimbit an verschiedenen Fundorten zum Teil reichlich vorkommen, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 130 Fundorte bekannt (Stand 2022).[16] Neben seiner Typlokalität Copiapó in der Región de Coquimbo trat das Mineral in Chile noch in mehreren Gruben nahe Mejillones auf der gleichnamigen Halbinsel und in den Gemeinden Sierra Gorda, Caracoles und Calama in der Región de Antofagasta sowie bei Tierra Amarilla und Alto del Carmen in der Región de Atacama auf.

In Deutschland fand sich Coquimbit bisher in der Grube Clara bei Oberwolfach und der Grube Krunkelbach nahe der Gemeinde Menzenschwand in Baden-Württemberg, im Grauwacke-Steinbruch Koschenberg bei Senftenberg in Brandenburg, am Rammelsberg bei Goslar in Niedersachsen, in der Zeche Julia bei Herne in Nordrhein-Westfalen, im Königin-Carola-Schacht und auf der inzwischen geschlossenen Absetzerhalde des Tagebaus Lichtenberg bei Ronneburg in Thüringen.

In Österreich wurde das Mineral bisher nur in Mineralproben, die beim Bau des Galgenberger Eisenbahntunnels gesammelt wurden, und im Steinbruch Spitzmühle bei Leutschach in der Steiermark sowie in der Tongrube Frings bei Maiersch in Niederösterreich gefunden.

In der Schweiz trat Coquimbit nur in der Gemeinde Mellikon im Kanton Aargau, im Valle di Ponte nahe Brissago TI im Kanton Tessin sowie am Mont Chemin nahe Les Valettes (Gemeinde Martigny) und bei einer Uranprospektion nahe La Creusaz in der Gemeinde Salvan VS im Kanton Wallis auf.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, China, Costa Rica, der Mongolei, Frankreich, in Griechenland, Iran, Italien, Japan, Kanada, im Libanon, in Marokko, auf den zur Karibik gehörenden Inseln Nevis und St. Lucia, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Slowakei, Südafrika, Spanien, Tadschikistan, Tschechien, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Schottland), den Vereinigten Staaten von Amerika (Arizona, Colorado, Kalifornien und andere) sowie auf Zypern.[17]

Ein weiterer möglicher Fundort liegt auf dem Mars, genauer auf dem Husband Hill, einem Teil der Columbia Hills im Krater Gusev. Allerdings konnte dieser Fundort bisher nicht verifiziert werden.[17]

Siehe auch

Literatur

  • Heinrich Rose: Ueber einige in Südamerika vorkommende Eisenoxydsalze. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 27, 1833, S. 309–319 (rruff.info [PDF; 535 kB; abgerufen am 9. Mai 2022]).
  • August Breithaupt: Coquimbites ferricus kürzer Coquimbit. In: Vollständiges Handbuch der Mineralogie. Band 2. Arnoldische Buchhandlung, Dresden, Leipzig 1841, S. 100 (rruff.info [PDF; 159 kB; abgerufen am 9. Mai 2022]).
  • Daniela Mauro, Cristian Biagioni, Marco Pasero, Henrik Skogby, Federica Zaccarini: Redefinition of coquimbite, AlFe3+3(SO4)6(H2O)12⋅6H2O. In: Mineralogical Magazine. Band 84, 2020, S. 275–282, doi:10.1180/mgm.2020.15 (englisch).
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 144.

Weblinks

Commons: Coquimbite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Ritsuro Miyawaki, Frédéric Hatert, Marco Pasero, Stuart J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) NEWSLETTER 52. New minerals and nomenclature modifications approved in 2019. In: Mineralogical Magazine. Band 83, 2019, S. 893, doi:10.1180/mgm.2019.73 (englisch, rruff.info [PDF; 182 kB; abgerufen am 9. Mai 2022]).
  2. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2022, abgerufen am 9. Mai 2022 (englisch).
  3. Charles Palache, Harry Berman, Clifford Frondel: The System of Mineralogy of James Dwight Dana and Edward Salisbury Dana. 7. Auflage. Band 2. John Wiley & Sons, New York u. a. 1951, S. 532.
  4. a b Heinrich Rose: Ueber einige in Südamerika vorkommende Eisenoxydsalze. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 27, 1833, S. 309–319 (rruff.info [PDF; 535 kB; abgerufen am 9. Mai 2022]).
  5. a b c August Breithaupt: Coquimbites ferricus kürzer Coquimbit. In: Vollständiges Handbuch der Mineralogie. Band 2. Arnoldische Buchhandlung, Dresden, Leipzig 1841, S. 100 (rruff.info [PDF; 159 kB; abgerufen am 9. Mai 2022]).
  6. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 385 (englisch).
  7. David Barthelmy: Coquimbite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 9. Mai 2022 (englisch).
  8. a b c d Coquimbite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB; abgerufen am 9. Mai 2022]).
  9. a b c Coquimbite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Mai 2022 (englisch).
  10. G. Linck: Beitrag zur Kenntniss der Sulfate von Terra amarilla bei Copiapó in Chile. In: Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie. Band 15, 1889, S. 1–28 (rruff.info [PDF; 2,5 MB; abgerufen am 9. Mai 2022] hier: S. 2 (Literatur), S. 5–11 (Coquimbit)).
  11. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 9. Mai 2022.
  12. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 9. Mai 2022 (englisch).
  14. David Barthelmy: Paracoquimbite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 9. Mai 2022 (englisch).
  15. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 608 (Erstausgabe: 1891).
  16. Localities for Coquimbite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Mai 2022 (englisch).
  17. a b Fundortliste für Coquimbit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 9. Mai 2022.