Deutscher Jazzpreis
Der Deutsche Jazzpreis ist ein internationaler Jazzpreis aus Deutschland, der erstmals 2021 von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters insbesondere für besondere künstlerische Leistungen im Jazz oder zu dessen Förderung vergeben wurde.[1] Ziel ist es insbesondere, die Vielfalt des Jazzschaffens in Deutschland abzubilden und zu erhalten, die internationale Jazzszene in ihrer innovativen Kreativität und Leistung zu würdigen und eine tiefere Verankerung der Kunstform Jazz in der Gesellschaft zu etablieren.[2][3] 2021 und 2022 wurden Preisträger in 31 Kategorien bedacht; der Preis ist mit jeweils 10.000 Euro dotiert.
Preisverleihung 2021
Sowohl Musiker als auch Musikproduktionen (der letzten beiden Jahre), Kompositionen, Veranstaltungsorte und Festivals aber auch journalistische Leistungen wurden mit dem Deutschen Jazzpreis ausgezeichnet. In elf Kategorien konnten Bewerbungen eingereicht werden,[4] in weiteren Kategorien erfolgten die Nominierungen direkt durch eine Fachjury. Aus dieser Vorauswahl von insgesamt 81 Nominierungen[5] wählte eine Hauptjury im Mai die Preisträger aus. Zudem wählte die Hauptjury Jazzförderer, Einrichtungen und Journalisten aus, die mit Sonderpreisen, etwa für die Lebensleistung, bedacht wurden.
Die Verleihung wurde am 3. Juni 2021 dezentral aus Hamburg, Berlin, München und Mannheim im Live-Streaming übertragen. Moderatorin in Hamburg war Pinar Atalay, die sich mit Ulf Drechsel (rbb), Ulrich Habersetzer (BR) und Nicole Köster (SWR) abwechselte; als Live-Act unterstützte in Hamburg Nils Landgren; in Mannheim, München und Berlin musizierten auch einige der Preisträger.[6] Mit der Organisation von Juryverfahren und Preisverleihung wurde die gemeinnützige Initiative Musik, die als zentrale Fördereinrichtung der Bundesregierung für die Musikwirtschaft etabliert wurde, betraut.[3] Die Presse lobte die Premiere, die als gelungener, musikalisch beeindruckend vielfältiger Live-Stream über die vier Bühnen gegangen sei.[7]
Ziel der Feier war es überdies, die Vergabe des Deutschen Jazzpreises als jährlich wiederkehrende, kulturelle Leuchtturm-Veranstaltung vorzubereiten.[4][3] Der NDR urteilte, dass die strukturelle Neuaufstellung geglückt sei;[8] die Neue Musikzeitung fand die Veranstaltung „ausgezeichnet,“[6] während Die Zeit die „Lobreden ohne Ende“ in einer beinahe endlos lang wirkenden Präsentation im TV-Format einer Gala kritisierte: „Bei der fernsehgerechten Übertragung der erstmaligen Verleihung des Deutschen Jazzpreises verhindert eine unsichtbare Regie, dass viel Jazz gespielt wird.“[9] Im Unterschied zum früheren Industriepreis Echo Jazz sei aber versucht worden, „das Klüngelwesen auszuschalten“. Bunt besetzte Vorjurys und die federführende Hauptjury hätten letztlich Musiker ausgewählt, „die in ihrer Vielfalt das Genre besser repräsentieren und im Einzelfall mit ihrem Mut und Einfallsreichtum auch voranbringen.“[9] Auch Michael Rüsenberg kam zu dem Schluss: „In der Hauptsache aber, in der Auswahl von Preisträgern und Preisträgerinnen, setzt sich der Deutsche Jazzpreis geradezu radikal von seinem Echo-‚Vorgänger‘ ab.“[10]
Preisträger 2021
Künstler
- Vokal: Lucia Cadotsch
- Holzblasinstrumente: Daniel Erdmann
- Blechblasinstrumente: Markus Stockhausen
- Piano/Keyboards: Aki Takase
- Gitarre: Ronny Graupe
- Bass: Eva Kruse
- Schlagzeug/Perkussion: Christian Lillinger
- Besondere Instrumente: Christopher Dell
- Künstlerin/Künstler des Jahres: Christian Lillinger
- Band des Jahres: Philipp Gropper’s PHILM
- Großes Ensemble des Jahres: Andromeda Mega Express Orchestra
- Blasinstrumente international: Jaimie Branch
- Piano/Keyboards international: Tigran Hamasyan
- Saiteninstrumente international: Wolfgang Muthspiel
- Schlagzeug/Perkussion international: Brian Blade
- Künstlerin/Künstler des Jahres international: Tigran Hamasyan
- Band des Jahres international: Shake Stew
Aufnahme / Produktion
- Album Instrumental des Jahres: Julia Hülsmann Quartet – Not Far from Here
- Debüt-Album des Jahres: Mirna Bogdanović – Confrontation
- Rundfunkproduktion des Jahres: Bill Laurance & WDR Big Band – Live at the Philharmonie Cologne (WDR)
- Album Instrumental des Jahres international: Carla Bley – Life Goes On
- Album Vokal des Jahres international: Kandace Springs – The Women Who Raised Me
- Debüt-Album des Jahres international: Joel Ross – KingMaker
Live
- Club des Jahres: Loft (Köln)
- Festival des Jahres: 44. Leipziger Jazztage „Transitions“
Komposition / Arrangement
- Komposition des Jahres: Florian Ross
- Arrangement des Jahres: Fabia Mantwill
Sonderpreise
- Journalistische Leistung: Günther Huesmann: „Bird Lives. Zum 100. Geburtstag von Charlie Parker“
- Lebenswerk: Karsten Jahnke[8]
- Sonderpreis der Jury: Jazzclub Unterfahrt
Preisträger 2022
Künstler
- Vokal: Fola Dada
- Holzblasinstrumente: Gebhard Ullmann
- Blechblasinstrumente: Shannon Barnett
- Piano / Keyboards: Pablo Held
- Gitarre: Ferenc Snétberger
- Bass: Robert Landfermann
- Schlagzeug / Perkussion: Oliver Steidle
- Besondere Instrumente: Aly Keïta
- Künstler des Jahres: Charlotte Greve
- Band des Jahres: Punkt.Vrt.Plastik (Kaja Draksler, Petter Eldh, Christian Lillinger)
- Großes Ensemble des Jahres: Trickster Orchestra
- Blasinstrumente international: Emile Parisien
- Piano / Keyboards international: Sylvie Courvoisier
- Saiteninstrumente international: Linda May Han Oh
- Schlagzeug / Perkussion international: Marilyn Mazur
- Künstler des Jahres international: Michael Mayo
- Band des Jahres international: Sons of Kemet
Aufnahme / Produktion
- Album Instrumental des Jahres: Nils Wogram – Muse
- Album Vokal des Jahres: Efrat Alony – Hollywood Isn´t Calling
- Debüt-Album des Jahres: Magro – Trippin
- Rundfunkproduktion des Jahres: WDR 3 / States of Play: Sonifikation
- Album Instrumental des Jahres international: Charles Lloyd & the Marvels – Tone Poem
- Album Vokal des Jahres international: Gretchen Parlato – Flor
- Debüt-Album des Jahres international: Tijn Wybenga & AM.OK – Brainteaser
Live
- Spielstätte des Jahres: Stadtgarten Köln
- Festival des Jahres: Xjazz! Festival
Komposition / Arrangement
- Komposition des Jahres: Rebecca Trescher – Paris Zyklus | The Spirit of the Streets
- Arrangement des Jahres: Tilo Weber – Se la mia morte brami
Sonderpreise
- Journalistische Leistung: Andrian Kreye – American Idol
- Lebenswerk: Ernst-Ludwig Petrowsky
- Sonderpreis der Jury: Sebastian Gramss‘ Hard Boiled Wonderland – Music Resistance[11]
Nominierte 2021
Vokal
Holzblasinstrumente
Blechblasinstrumente
Piano/ Keyboard
Gitarre
Bass
Schlagzeug/ Perkussion
Besondere Instrumente
- Elisabeth Coudoux (Cello)
- Christopher Dell (Vibraphon)
- Kathrin Pechlof (Harfe)
Band des Jahres
- Dell Lillinger Westergaard
- KUU!
- Philipp Gropper’s PHILM
Großes Ensemble des Jahres
- Andromeda Mega Express Orchestra
- Hendrika Entzian + 1
- Fuchsthone Orchestra
Blasinstrumente international
Piano/ Keyboard international
Saiteninstrumente international
Schlagzeug / Percussion international
Band des Jahres international
Album Instrumental des Jahres
- Julia Hülsmann Quartet – Not Far from Here
- Joachim Kühn – Melodic Ornette Coleman
- Markus Stockhausen – Wild Life
Album Vokal des Jahres Vokal
- Masaa – Irade
- Salomea – Bathing in Flowers
- Zola Mennenöh – Longing for Belonging
Debüt-Album des Jahres
- Mirna Bogdanovic – Confrontation
- Musina Ebobissé Quintet – Timeprints (Jazz Thing Next Generation Vol. 79)
- Johanna Summer – Schumann Kaleidoskop
Rundfunkproduktion des Jahres
- Markus Becker – Thoughts about Beethoven (DLF Kultur)
- Jazztime – Live vom 10. Birdland Radio Jazzfestival (BR-Klassik)
- Bill Laurance & WDR Big Band – Live at the Philharmonie Cologne (WDR)
Album Instrumental des Jahres international
- Carla Bley – Life Goes On
- The Comet Is Coming – Trust In The Lifeforce of the Deep Mystery
- Branford Marsalis Quartet – The Secret Between the Shadow and the Soul
Album Vokal des Jahres international
- Elina Duni – Lost Ships
- Gregory Porter – All Rise
- Kandace Springs – The Women Who Raised Me
Debüt-Album des Jahres international
- Nesrine Belmokh – Nesrine
- Joel Ross – KingMaker
- Immanuel Wilkins – Omega
Club des Jahres
- DONAU115 (Berlin)
- Jazzclub Unterfahrt (München)
- Loft (Köln)
Festival des Jahres
- 44. Leipziger Jazztage „Transitions“
- Jazzfest Berlin
- moers festival
Komposition des Jahres
- Christian Lillinger – Thür
- Florian Ross – Streamwalk
- Luise Volkmann – Lush Life
Arrangement des Jahres
- Claudia Döffinger – Mercedes-Benz
- Niels Klein – Yemen
- Fabia Mantwill – Ophelia
Journalistische Leistung
- Ulrich Habersetzer, Beate Sampson, Roland Spiegel: „Hören wir Gutes und reden darüber“
- Jazz Moves Hamburg (Podcast von Stephanie Lottermoser und Jan Paersch)
- Günther Huesmann: „Bird Lives. Zum 100. Geburtstag von Charlie Parker“
Hauptjury
Die Hauptjury bestand 2021 aus sechs „jazzaffinen Persönlichkeiten des kulturellen öffentlichen Lebens“ und zehn ausgewählten Mitgliedern der Fachjury:
- Sabine Bachmann; Skip Records
- Christiane Böhnke-Geisse, Konzertveranstalterin und lange Programmverantwortliche im Münchner Jazzclub Unterfahrt.
- Ulf Drechsel, Jazzredakteur rbb
- Michael Gottfried, ACT Music
- Wolfram Knauer, Jazzinstitut Darmstadt
- Martin Laurentius, Jazzjournalist
- Ute Lemper, Sängerin, Schauspielerin
- Ina Lieckfeld, Konzertdirektion Karsten Jahnke, Elbjazz
- Lyambiko, Musikerin
- Max Mutzke, Musiker
- Céline Rudolph, Musikerin, Professorin
- Beate Sampson, Musikjournalistin, Sängerin
- Peter Schulze, Musikveranstalter
- Sebastian Studnitzky, Musiker, Leiter Xjazz
- Thomas Quasthoff, Sänger, Professor
- Anastasia Wolkenstein, Tourpromoterin, Regensburg
Fachjury
Die Fachjury setzt sich aus je fünf Personen der Sektoren Künstler, Labels/Verlage, Clubs/Festivals, Management/Agenturen sowie Journalistinnen, Journalisten und Medienvertretern zusammen. Zur Fachjury gehörten 2021:
- Sabine Bachmann; Skip Records
- Christiane Böhnke-Geisse, Konzertveranstalterin
- Michèle Claveau, GLM
- Friederike Darius, Produzentin Metropole Orkest
- Ulf Drechsel, Jazzredakteur rbb
- Silke Eberhard, Musikerin
- Michael Gottfried, ACT Music
- Tina Heine, Intendantin Jazz & The City
- Pablo Held, Musiker
- Julian Hölscher, Konzertveranstalter
- Burkhard Hopper, Artist Manager
- Dieter Ilg, Musiker
- Kalle Kalima, Musiker
- Rainer Kern, Intendant Enjoy Jazz
- Tinka Koch, Jazzredakteurin WDR 3
- Nicola Kremer, Marketing/Vertrieb ECM Records
- Martin Laurentius, Jazzjournalist
- Ina Lieckfeld, Konzertdirektion Karsten Jahnke, Elbjazz
- Julia Neupert, Jazzredakteurin SWR2
- Céline Rudolph, Musikerin, Professorin
- Sarah Seidel, Musikjournalistin NDR Kultur
- Peter Schulze, Musikveranstalter
- Sebastian Studnitzky, Musiker, Leiter Xjazz
- Bugge Wesseltoft, Musiker
- Anastasia Wolkenstein, Tourpromoterin
Mittelvergabe
Weniger als ein Drittel der parlamentarisch bereit gestellten Geldmittel in Höhe von 1 Million Euro ist den Musikern mit ihrer Auszeichnung unmittelbar zugutegekommen. Auf eine Kritik, etwa im Jazz Podium, dass fast zwei Drittel für Administration, Promotion und Technik ausgegeben werde, erfolgte einerseits ein Hinweis darauf, dass ein wettbewerbliches Verfahren immer mit der Ausgabe hoher Summen verbunden sei.[12] Andererseits wurde auch bestritten, dass mit der Preisverleihung, welche live 2021 nur maximal 300 Menschen verfolgt hätten, eine medial interessante Bühne für den Jazz und langfristig Aufmerksamkeit und Reichweite geschaffen worden sei.[13]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Initiative Musik und BKM rufen Deutschen Jazzpreis ins Leben. Abgerufen am 24. Mai 2021.
- ↑ Deutscher Jazzpreis - Programmbeschreibung. Initiative Musik, abgerufen am 24. Mai 2021.
- ↑ a b c Deutscher Jazzpreis. Initiative Musik, abgerufen am 3. Juni 2021.
- ↑ a b 2021: Deutscher Jazzpreis. In: Jazz thing. Abgerufen am 24. Mai 2021.
- ↑ Deutscher Jazzpreis 2021: Nominierungen. Jazz thing, 7. Mai 2021, abgerufen am 24. Mai 2021.
- ↑ a b Ausgezeichnet: Premiere Deutscher Jazzpreis 2021. In: neue Musikzeitung. 4. Juni 2021, abgerufen am 6. Juni 2021.
- ↑ Deutscher Jazzpreis gelingt Premiere im Mannheimer Ella & Louis. In: Fränkische Nachrichten. 3. Juni 2021, abgerufen am 4. Juni 2021.
- ↑ a b Deutscher Jazzpreis: Karsten Jahnke für Lebenswerk geehrt. NDR, 4. Juni 2021, abgerufen am 4. Juni 2021.
- ↑ a b Lobreden bis zum Abwinken. In: Die Zeit. 4. Juni 2021, abgerufen am 6. Juni 2021.
- ↑ Michael Rüsenberg: Deutscher Jazzpreis 2021. jazzcity.de, 4. Juni 2021, abgerufen am 7. Juni 2021.
- ↑ https://jazzpages.de/deutscher-jazzpreis-2022-gewinner-2204271/
- ↑ Adam Olschewski, Anja Freckmann: Hinterfragt: Deutscher Jazzpreis. In: Jazz Podium. Band 71, Nr. 3–4, 2022, S. 15.
- ↑ Deutscher Jazzpreis. Jazzbar Vogler, 21. August 2021, abgerufen am 9. März 2022.