Diplomatenschule

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Diplomatenschule nennt man die Schulen, an denen Diplomaten ausgebildet werden; es handelt sich um Hochschulen oder postgraduale Bildungseinrichtungen, also Akademien, an denen Personen mit Hochschulabschluss weitergebildet werden (ISCED Level 6 oder 8).

Grundlagen

Der diplomatische Dienst, also die internationale Kontaktpflege, gehört zu den zentralen hoheitlichen Aufgaben souveräner Staaten, aber auch allen anderen Völkerrechtssubjekten. Daher sind Diplomatenschulen verbreitet staatliche Bildungseinrichtungen. In ihnen werden Bedienstete des Außenministeriums für den diplomatischen Innen- wie auch Außendienst (auswärtiger Dienst) vorbereitet. Daneben gibt es weltweit zahlreiche universitäre Bildungseinrichtungen für Diplomatie.

Geschichte

Ursprünglich waren Diplomaten schlicht Personen des öffentlichen Lebens, die auf Grund von Rang und Persönlichkeit geeignet für die Diplomatentätigkeit erschienen. Anfangs reine Gesandte mit speziellen Aufträgen, entstanden in Europa ab etwa 1500 auch längerfristige Auslandsdienste, aus denen sich auch ständige Vertreter an wichtigen und befreundeten Höfen, wie auch am Heiligen Stuhl bildeten.[1] Diese Gesandten konnten durchaus Ausländer sein, eine Ausprägung der Diplomatie, die im Honorarkonsul weiterbesteht. Damit bildet sich auch in der Aufklärung im 18. Jahrhundert eine spezielle Verwendung von Berufsbeamten für die internationalen Kontakte.[1] Ursprünglich vorrangig für militärische Krisen oder Angelegenheiten des Adels (etwa Heiratsdiplomatie) vorgesehen, wurden ab dieser Zeit die bilateralen Handelsbeziehungen bedeutend[1] – diesen Teil der Diplomatie betreiben heute etwa die Handelsattachés.

Als erste spezielle Diplomatenschule wurde 1701 die Päpstliche Diplomatenakademie in Rom gegründet,[2] und 1712 bestand kurz eine Académie politique für Botschaftssekretäre am Hof Ludwigs XIV.[2] 1747 wurde eine Spezialschule für Gesandtschaftsekretäre in Preußen eröffnet.

Als die älteste bestehende staatliche Diplomatenschule der Welt gilt die Diplomatische Akademie Wien, gegründet 1754 unter Maria Theresia als k.k. Akademie für Orientalische Sprachen.[1] Zweck dieser Einrichtung war spezielle Vorbereitung auf die diplomatischen Usancen im „Morgenland“, also besonders am Hof an der Hohen Pforte (Istanbul). Kurz vorher war in Paris die École des Langues Orientales zu diesem Zweck gegründet worden, und Kaunitz brachte die Idee an den Wiener Hof. Bis zu dieser Zeit galten die Jesuiten als Spezialisten in Angelegenheiten außereuropäischer Diplomatie weltweit; an den osmanischen Hof wurden aber „Sprachknaben“ (Jeunes de langues) gesandt, die im Haushalt des Missionschefs wohnten.[1] Daher rührt noch die Bezeichnung „Schule“ her.

Die Tendenz, die Diplomatie in nationale Hoheit zu überführen, setzte sich im Zeitalter des Absolutismus durch; seit damals ist eine diplomatische Verwendung durchweg auf Staatsbürger beschränkt.[3] Ab der französischen Revolution wurden zunehmend auch Bürgerliche im auswärtigen Dienst verwendet, und Zweck der Schulen wurde eine Grundausbildung in Allgemeinbildung und Umgangsformen, der Rest der Fähigkeiten wurde on the job in den Auslandsmissionen vermittelt, wie das besonders in der Diplomatie Großbritanniens bis in jüngere Zeit üblich war.[4] etwa in der Schweiz bis heute.[5]

Mit der Weiterentwicklung der modernen Diplomatie veränderten die Schulen ihr Profil und wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts zu Spezialausbildungsstätten für einschlägig vorgebildete und erfahrene Beamte. Heute gilt der Diplomat als "Anwalt" seines Staates und seiner Bürger im Ausland,[6] der umfangreiche Kenntnisse um Geopolitik und internationale Beziehungen haben muss. Als erste Diplomatenschule in diesem modernen Sinne gilt diejenige des Humanisten und Staatsgelehrten Johann Daniel Schöpflin in Straßburg, an der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die meisten ranghaften Diplomaten und Politiker studierten.[3] Bis heute gibt es einige internationale Diplomatenschulen, die also nicht primär Staatsbedienstete ausbilden, sondern Politikinteressierte. Auch bemühen sich die staatlichen Schulen mancher Nationen um Ausbildung ausländischer Diplomaten als Unterstützungsprogramm.[7] Der Ansatz der Völkerverständigung lebt auch in der Funktion des Kulturattachés fort.

Einen Sonderweg nahm die militärische Diplomatie, die heute von Militärattachés ausgeübt wird, das sind meist Berufsoffiziere, die in speziellen militärischen Akademien ausgebildet werden und im Unterschied zu Zivil-Diplomaten oft einem Verteidigungsministerium unterstehen.

Hochschulen für Internationale Angelegenheiten

Neben der beruflichen Ausbildung zum Diplomaten im engeren Sinne gibt es zahlreiche verwandte Studiengänge an Hochschulen, meist im Kontext der Politik-, Rechts-, der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Das wichtigste Netzwerk ist die

, ursprünglich als Verbund US-amerikanischer Universitäten entstanden, heute auch mit zahlreichen Mitgliedern weltweit.[L 1][8]

Liste von Diplomatenschulen

Staatliche Diplomatenschulen

Land Schule Stadt gegr. Anmerkungen
Deutschland Deutschland [L 2] Berlin ? ab 1973 in Bonn
Estland Estland [L 3] Tallinn 1990 [9]
Vatikanstadt Heiliger Stuhl [L 4] Rom 1701 als
Accademia Pontificia dei Nobili Ecclesiastici
Osterreich Österreich [L 5] Wien 1754 als k.k. Orientalische Akademie
Portugal Portugal [L 6] Lissabon 1994
Russland Russland
Московский государственный институт международных отношений
(
МГИМО
)
[L 7]
Moskau 1944
Spanien Spanien [L 8] Madrid 1942

Internationale Institute

(Sortierung nach Land)

Historische Schulen

(chronologische Sortierung)

Film

Die fünfteilige Serie „Die jungen Diplomaten“ des SRF begleitet fünf Stagiaires des Concours diplomatique während ihrer mehrjährigen Ausbildung bis zur Diplomfeier im EDA.[11]

Weblinks

Die Schulen:

Einzelnachweise

  1. a b c d e Heinrich Pfusterschmid-Hardtenstein: Kleine Geschichte der Diplomatischen Akademie Wien. Ausbildung im Bereich der internationalen Beziehungen seit 1754. Diplomatische Akademie Wien, 2008, ISBN 3-902021-56-X, insb. einführendes Kapitel Moderne Staaten erfordern Diplomatie und Konsularwesen, S. 9 ff.
  2. a b Heinz Duchhardt, Martin Espenhorst (Hrsg.): Utrecht – Rastatt – Baden 1712–1714: Ein europäisches Friedenswerk am Ende des Zeitalters Ludwigs XIV. Band 98 von Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Beihefte, Institut für Europäische Geschichte, ISSN 0170-365X, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2013, ISBN 978-352510125-4, Abschnitt Diplomaten und Diplomatie im frühen 18. Jahrhundert, S. 23 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b Christian Windler, Hillard von Thiessen: Akteure der Aussenbeziehungen: Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel. Band 1 von Externa, Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2010, ISBN 978-341220563-8, S. 147 f (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Pfusterschmid-Hardtenstein: Kleine Geschichte …, 2008, Abschnitt Konsuln und Diplomaten – Anwälte ihres Staates, S. 14 ff
  5. Auswahl durch Ausleseverfahren, einführende Schulung am Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) Bern, Fortbildung in Mission.
    Diplomat/in, berufsberatung.ch; Wie man in der Schweiz Diplomat werden kann. Andreas Saurer in Berner Zeitung online, 17. August 2010.
  6. Zitat Pfusterschmid-Hardtenstein: Kleine Geschichte …, 2008, S. 14
  7. vergl. etwa Internationale Diplomatenausbildung, auswaertiges-amt.de
  8. en:Association of Professional Schools of International Affairs
  9. Estonian School of Diplomacy (ESD)
    ; → et:Eesti Diplomaatide Kool
  10. Erhard Crome (Hrsg.): Die Babelsberger Diplomatenschule. Das Institut für Internationale Beziehungen der DDR. Potsdam 2009.
  11. Salatblätter und andere Hürden auf diplomatischem Parkett - Die jungen Diplomaten (1/5), auf 3sat.de