Diskussion:Radbruchsche Formel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Diese Diskussionsseite dient dazu, Verbesserungen am Artikel Radbruchsche Formel zu besprechen. Persönliche Betrachtungen zum Artikelthema gehören nicht hierher. Sei mutig im Verbessern dieses Artikels. Wenn du im Bearbeiten der Wikipedia unsicher bist, findest du hier das Wichtigste in Kürze. Schwerwiegende Qualitätsprobleme kannst du dem Projekt Philosophie melden.
Neues Diskussionsthema beginnen.
 Portal Philosophie
Archiv
Archiv
Wie wird ein Archiv angelegt?

Review-Diskussion (wg. Schreibwettbewerb abgebrochen)

Als Radbruchsche Formel wird eine nach 1945 publizierte These des deutschen Rechtsphilosophen Gustav Radbruch bezeichnet, derzufolge sich ein Richter im Konflikt zwischen positivem (gesetztem) Recht und Gerechtigkeit unter bestimmten Umständen gegen das Gesetz und für die materielle Gerechtigkeit entscheiden müsse.

Ich habe den Artikel in der letzten Zeit ausgebaut und möchte ihn auf diese Weise auf Fehler, Unstimmigkeiten und andere Unzulänglichkeiten untersuchen lassen. Ziel ist eine mittelfristig angestrebte Lesenswert-Kandidatur. Insbesondere der ideengeschichtliche Teil bedarf noch einiger Anregungen. -- Kruwi 14:57, 4. Sep. 2007 (CEST)

Grüß Dich Kruwi,

ich hab den Artikel als Laie gelesen und einige Dinge nicht verstanden. Ich finde, da musst Du noch mal drüber geben.

  1. Die Einschätzung, dass der Aufsatz mit der R-Formel der einflussreichste des 20. Jahrhunderts sei, ist nicht belegt. Obwohl es eine Riesenthese ist. Ich bin kein Jurist. Aber vorstellen könnte ich mir, dass hier viele Aufsätze/Bücher auch aus anderen Ländern einen ähnlichen Anspruch erheben werden. Ist der R-Aufsatz vielleicht nur einer der einflussreichsten im deutschsprachigen Raum (auch das wäre dann noch zu belegen)?  Ok
  2. Weil eine bestimmte gedankliche Voraussetzung Radbruchs durch die Ergebnisse der Forschung nicht gedeckt sei, heißt es: „Die Tragfähigkeit der Radbruchschen Formel und ihrer rechtsphilosophischen Grundannahmen muss daher unabhängig von dieser Prämisse diskutiert werden.“ Ich halte das für keineswegs zwingend. Dir R-Formel könnte auch gleich ganz eingemottet werden. Wenn sie weiterhin diskutiert wird – was der Fall zu sein schein – muss es dafür andere Gründe geben. Die wären anzugeben. Von einem „Muss“ kann man meiner Meinung nach nicht reden.
  3. „Diese Haltung war Ausdruck des von Radbruch zumindest zu jener Zeit (noch?) vertretenen Wertrelativismus.“ – Dieser Satz muss noch bearbeitet werden. Was gilt? War der Wertrelativismus beim ihm vorherrschend oder nicht?
  4. Ein wichtiger Punkt: Mir ist nicht so richtig klar geworden, wo der Unterschied zwischen der „Verleugnungsformel“ und der „Unerträglichkeitsformel“ liegt. Das wünsche ich mir noch schärfer herausgearbeitet. Das liegt für mich als Laien derzeit noch zu dicht beieinander.
  5. Jetzt das Zentrale: Worin liegt genau der „Dritte Weg“ zwischen Rechtspositivismus und Naturrecht? Mir kommt es bislang nur wie ein Schwanken vor, ein Schwanken, das die Verunsicherung zeigt, die viele Zeitgenossen im Angesicht der nationalsozialistischen Schwerverbrechen erfasst hat.

Kleine Dinge sollten erläutert oder verlinkt bzw. verändert werden:

  • Prima-Facie-Anwendungsvorrang  Ok
  • „eigentlich“ – nie richtig gut, insbesondere in Enzyklopädien
  • Wieso ist Variante 1 der Formel „schwach“?
  • O"Ontologischer Status des so genannten "unrichtigen Rechts" – das versteht man nicht. Und das lässt sich mit Sicherheit auch einfacher ausdrücken.
    --Atomiccocktail 17:50, 4. Sep. 2007 (CEST)  Ok

Hi Atomiccoctail,

ich lerne diese Review-Diskussionen mehr und mehr zu schätzen. Es gibt keine fruchtbareren Mittel, einen Artikel zu verbessern als diese. Ich habe heute nur noch wenig Zeit und habe erstmal den Punkt abgearbeitet, der am einfachsten zu bewerkstelligen war ;). Alles andere werde ich mir später durch den Kopf gehen lassen. Beste Grüße, -- Kruwi 19:19, 4. Sep. 2007 (CEST)

Freut mich, dass Dir die Hinweise wichtig sind. Was anderes: Du hast die größere Überarbeitung erst nach dem 1. Sept. gestartet. Vorher hatte der Artikel sicher keine 5000 Zeichen. Willst Du den Beitrag nicht einfach auch beim 7. Schreibwettbewerb melden? Das macht Spaß und die Chance, Verbesserungspotenzial aufzudecken, steigt. Grüße --Atomiccocktail 19:34, 4. Sep. 2007 (CEST)
Ich habe versucht, jedenfalls die einfacheren der von Dir genanten Probleme zu lösen ;). Die schwereren Probleme sind in der Tat nicht ganz so einfach zu knacken. Als da wären:
  • Was macht die "Unerträglichkeitsformel schwach?
  • Wie sah es mit Radbruchs Wertrelativismus nach 1945 aus?
  • Die überzeugendere Herausarbeitung der Unterschiede zwischen der "Unerträglichkeits-" und der "Verleugnungsformel"
In folgendem Punkt stimme ich mit Atomiccoctail nicht überein:

Weil eine bestimmte gedankliche Voraussetzung Radbruchs durch die Ergebnisse der Forschung nicht gedeckt sei, heißt es: „Die Tragfähigkeit der Radbruchschen Formel und ihrer rechtsphilosophischen Grundannahmen muss daher unabhängig von dieser Prämisse diskutiert werden.“ Ich halte das für keineswegs zwingend. Dir R-Formel könnte auch gleich ganz eingemottet werden. Wenn sie weiterhin diskutiert wird – was der Fall zu sein schein – muss es dafür andere Gründe geben. Die wären anzugeben. Von einem „Muss“ kann man meiner Meinung nach nicht reden.

Diesen Satz verstehe ich nicht wirklich. Wenn die Gründe, die Radbruch dazu bewogen haben, seine "Formel" zu entwickeln - persönliche Gründe und eine nicht haltbare Einordnung der NS-Rechtswissenschaft als "positivistisch" - wegfallen, dann können nur noch sachliche, d.h. rechtstheoretische Gründe dafür sprechen, sie dennoch anzuwenden. Ob es solche guten Gründe für diese Formel gibt, ist eine andere Frage. Ich selbst stehe da eher auf der Seite H.L.A. Harts, aber diese meine Auffassung kann hier ja schließlich nicht maßgeblich sein ;). Grüße -- Kruwi 10:54, 6. Sep. 2007 (CEST)

Einige Gedanken, die mir durch den Kopf schoßen: Vielleicht sollte Radbruchs ansatz den den Werten, die hinter der Gesetzgebung stehen sollten noch herausgearbeitet werden. Damit dürfte auch der "Wertrelativismus" Laienverständlicher werden. Auch die durchaus an der auf der radbruchschen Formel basierenden Rechtsprechung könnte verdeutlicht werden. Außerdem: Bei Durchsicht der Literatur fiel mir auf, dass viel von Anhängern Radbruchs rezepiert wurde - hat z.B. Hans Kelsen, zu dessen Reiner Rechtslehre und dessen Philosophie ja ein Widerspruch besteht sich dazu geäußert - oder einer seiner Anhänger (von mir aus auch Hart)? Nebenbei Kruwi: Der Schreibwettbewerb wäre durchaus eine Überlegung wert (auch wenn ich da selbst mit einem rechtsgeschichtlichen Thema vertreten bin).--Kriddl Disk... 11:17, 6. Sep. 2007 (CEST)

Eingefügt: Kruwi 12:18, 6. Sep. 2007 (CEST)

Anwendung auf Daschner?

Ist damals die Anwendung der Radbruchschen Formel gefordert worden? Wenn nein, warum nicht? Kann sie auf diesen Fall angewandt werden und könnte sie zur Würdigung des formal gesetzeswidrigen Handelns Daschners beitragen, bzw. hätte sie dazu beitragen können? BerlinerSchule 17:19, 14. Mär. 2008 (CET

Ist meines Wissens nicht diskutiert worden und ich hätte es ehrlich gesagt auch eher abwegig gefunden, Daschner auf dieser Grundlage freizusprechen. -- Kruwi 17:55, 14. Mär. 2008 (CET)

Danke für den ersten Teil der Antwort; für den zweiten kommen vielleicht noch etwas genauere von anderen Benutzern... BerlinerSchule 18:27, 14. Mär. 2008 (CET)

Frei wovon, Kruwi? Von der Straftat der Lüge, dass er Foltern werden würde? Gefoltert, jedenfalls, wurde niemand? Ich glaube nicht, dass das Gericht damals juristisch-intellektuell auf der Höhe war, ich halte es für "überfordert gewesen". Gruß! GS63 (Diskussion) 21:35, 11. Apr. 2018 (CEST)

Radbruch'sche Formel versus Radbruchsche Formel

Was genau war eigentlich der Sinn dieser Änderung? Ich glaube, dieser Artikel ist der einzige Text, den ich zu diesem Thema kenne, in dem die Formel "Radbruch'sche Formel" (mit Apostroph) genannt wird? Wenn es keine zwingenden Gründe hierfür gibt, würde ich diese Änderung gerne rückgängig machen. -- Thorsten Kruwinnus (Diskussion) 11:48, 11. Apr. 2018 (CEST)

Der Ausdruck Radbruchsche Formel enthält einen Rechtschreibfehler. Radbruchsche muss klein geschrieben werden. MfG Harry8 12:10, 1. Mai 2018 (CEST)
Nein, sicherlich nicht. "Radbruchsche Formel" wird bereits seit Jahrzehnten groß geschrieben. -- Thorsten Kruwinnus (Diskussion) 13:03, 2. Mai 2018 (CEST)

Die Formel ist inn einschlägigen Kreisen (Juristen) derartig etabliert, dass es ein Eigenname ist und daher groß zu schreiben ist.--Mit lieben Grüßen Kriddl Bitte schreib mir etwas. 19:53, 4. Mai 2018 (CEST)

Zur Information: Ich habe die Apostrophversion wieder herausgenommen. -- Thorsten Kruwinnus (Diskussion) 10:02, 20. Jun. 2019 (CEST)

Mangelnde Neutralität

Offenbar wurde der Artikel von Menschen geschrieben, die der Überzeugung waren, Radbruch's Formel wäre nur in Ausnahmefällen überhaupt anwendbar. Dass etwa die Formulierung in Artikel 1 GG: "unmittelbar geltendes Recht" - gegenüber z.B. einem vergeistigten, kaum mehr nachvollziehbaren Rechtsbegriff - ohne Radbruch undenkbar gewesen wäre, wird nicht erwähnt. Auch nicht, dass es mittlerweile zahllose Fälle gibt, in denen man sie anwenden könnte, das aber aus ideologischen Gründen und zuverlässig sogar unter Berufung auf Irrtümer unterlässt. Zwangsarbeit unter SGB II und die Schulpflicht kommen mir da zuerst in den Sinn. Ich möchte darum bitten, dass die Folgen einer (immerhin hoffentlich noch denkbaren) Anwendung stärker berücksichtigt werden.

--Bastiaan Zapf (Diskussion) 20:48, 10. Mai 2019 (CEST)

Es tut mir leid, aber Radbruch dachte tatsächlich nicht an die von dir angeführten Fälle, sondern an die in dem Artikel erwähnte historische Situation und die Diskrepanz zwischen formal geltendem Recht und Gerechtigkeit und materiellen Werten des Rechts. Die Radbruchsche Formel war eine ganz wesentliche Position in der Debatte zwischen Rechtspositivisten und Naturrechtler in der Nachkriegszeit und darüber hinaus. Der Artikel ist nicht zu beanstanden. Einen Grund für die Beibehaltung des Neutralitätsbausteins kann ich nicht erkennen und werde ihn deshalb auch nun wieder entfernen.--Aschmidt (Diskussion) 22:00, 10. Mai 2019 (CEST)

--- Der Artikel wurde von (einem) Menschen geschrieben, dem es darum ging, Radbruchs Position möglichts neutral darzulegen. -- Thorsten Kruwinnus (Diskussion) 09:50, 28. Mai 2019 (CEST)

immer dann – und nur dann –

Diese Formulierung ist doch überflüssig. Sie ist in der Subjunktion wenn logisch enthalten: Man sagt ja auch nicht „Es regnet immer dann – und nur dann –, wenn Wasser vom Himmel fällt“. Ich schlage vor, diese fünf Wörter zu entfernen. --Φ (Diskussion) 10:11, 2. Aug. 2021 (CEST)

Nein ist sie nicht. Als Beispiel drehen wir deinen Satz einfach mal um: „Es fällt immer dann Wasser vom Himmel, wenn es regnet.“ Hier kann man das „– und nur dann –“ nicht einsetzen, weil ja auch bei anderen Gelegenheiten Wasser vom Himmel fallen kann (Schnee, Hagel, Feuerlöschflugzeuge bei der Arbeit). Siehe auch Logische Äquivalenz und Subjunktion. --Redrobsche (Diskussion) 10:51, 2. Aug. 2021 (CEST)
Mag sein. Aber warum sollte man es einsetzen? Ich sehe keinen zwingenden Grund. Wenn es im Artikel hieße „… hat sich ein Richter bei einem Konflikt zwischen dem positiven (gesetzten) Recht und der Gerechtigkeit immer gegen das Gesetz und stattdessen für die materielle Gerechtigkeit zu entscheiden, wenn …“, würde nichts fehlen, dafür wäre es knapper und somit eleganter. --Φ (Diskussion) 11:08, 2. Aug. 2021 (CEST)
Für mich ändert das Weglassen die Aussage. Ohne „– und nur dann –“ würde Radbruchsche Formel nur zwei Beispiele aufzählen, bei denen man gegen das Gesetz und für die materielle Gerechtigkeit entscheiden soll. Es könnte also noch viele andere Fälle geben, in denen man das auch machen darf. Es wäre dann sogar korrekt, es immer zu machen und trotzdem von sich zu behaupten, dass man der Radbruchschen Formel folgt. Mit dem Einschub wird daraus aber eine Charakterisierung, das heißt, es werden genau die Fälle angegeben, bei denen man das machen darf und in allen anderen Fällen darf man es nicht. --Redrobsche (Diskussion) 16:49, 2. Aug. 2021 (CEST)
Nein. Es gbt durchaus einen Unterschied zwischen „wenn“ und „wenn zum Beispiel“. Aber da du die umständliche Formulierung beibehalten möchtest, lassen wir es dabei. Gruß --Φ (Diskussion) 18:18, 2. Aug. 2021 (CEST)
Mit ist-, muss-, soll- und kann-Sätzen können wir uns in diesem Fall nicht behelfen, denn wir bewegen uns nicht im positiven Recht und haben es mit einem überpositiven Präskriptiv zu tun. Dessen Problem: es steht positivem Recht diametral entgegensteht, findet in unserem System grundsätzlich also keinerlei Rechtfertigung. Jetzt ist deutlich mehr Sensibilität gefragt, als wir sie gegenüber „gesatztem Recht“ aufbringen. Und das gilt genauso für Aufzählungen. Findige Juristen ziehen Aufzählungen gern dazu heran, Tatbestände (ggf. unzulässig) zu extendieren. Das darf hier keinesfalls passieren, weshalb ein ausdrücklicher Wortlaut Schutz herzustellen hat. Grammatikalisch vertretbare (weiche) Definitionen des Schutzbereiches sind natürlich denkbar aber nicht zielführend. Die Wendung unterstützt in diesem Fall den juristischen Sprachgebrauch, denn das Feld wird für Auslegungen ausdrücklich (expressis verbis) verschlossen (Prävention).
Da im überpositiven recht angesiedelt, haben wir keine gesetzliche Schrankenbildung. Die Bedeutung der ersten ausdrücklichen Verengungsstufe (immer dann und nur dann) wird deutlich, wenn es in der zweiten Verengungsstufe der Auslegung der „unbestimmten Rechtsbegriffe“ („unerträglich“, „bewusst“) bedarf. Zu deren Schutz besteht kein Auslegungshindernis; das lässt die radbruch’sche Formel dann zum Ritt auf der Rasierklinge werden. Danke @Redrobsche fürs Klarstellen. --Stephan Klage (Diskussion) 20:51, 2. Aug. 2021 (CEST)