European Green Deal

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Mittel für den European Green Deal im EU-Haushalt, 2014–2020 sowie die Vorschläge der Kommission für 2021–2027. Quelle: Infrastrukturatlas 2020, Urheber: Appenzeller/Hecher/Sack, Lizenz: CC BY 4.0[1]
Historische Entwicklung der CO₂-Emissionen in der EU-27

Der

European Green Deal

ist ein von der Europäischen Kommission unter Ursula von der Leyen am 11. Dezember 2019 vorgestelltes Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster „Kontinent“ klimaneutral zu werden.[2][3] Der European Green Deal ist eine der sechs Prioritäten der Kommission von der Leyen.[4] Der Green Deal soll zentraler Bestandteil der Klimapolitik der Europäischen Union werden.

Maßnahmen

Der European Green Deal umfasst eine Reihe von Maßnahmen in den Bereichen Finanzmarktregulierung (sustainable finance),[5] Energieversorgung, Verkehr, Handel, Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft. So soll das bisherige Ziel, die CO2-Emissionen der Europäischen Union im Vergleich zu 1990 bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren, auf eine Reduktion um 50 bis 55 Prozent verschärft werden. Hierzu sollen die EU-Mitgliedsstaaten bis 2023 ihre Klimapläne entsprechend anpassen.[2] Ein entsprechendes Gesetz (Europäisches Klimagesetz) stellte die EU-Kommission am 4. März 2020 vor.[3] Weiterhin sollen besonders betroffene Länder mit insgesamt 100 Milliarden Euro bei der Umstellung auf eine emissionsfreie Wirtschaft unterstützt werden.[2] Auch der zweite Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wurde im März 2020 präsentiert.

Am 17. September 2020 verschärfte die EU-Kommission das zunächst vorgesehene Reduktionsziel auf 55 % der Treibhausgasemissionen von 1990. Das Europäische Parlament forderte am 6. Oktober 2020 eine weitere Verschärfung auf 60 % Reduktion bis 2030 sowie die Schaffung eines unabhängigen, interdisziplinär zusammengesetzten Wissenschaftlichen Beirats für den Klimawandel. Am 21. April 2021 einigte sich das Europaparlament und der Europäische Rat vorläufig über das europäische Klimaschutzgesetz. Mit der Zustimmung durch den Europäischen Rat am 28. Juni 2021 wurde das Annahmeverfahren abgeschlossen.[6][7] Verordnung (EU) 2021/1119 trat am 29. Juli 2021 in Kraft.[8]

Mit dem „Mechanismus für einen gerechten Übergang“ (Just Transition Mechanism) sollen Regionen innerhalb der Europäischen Union, deren Wirtschaft überdurchschnittlich von fossilen Brennstoffen abhängig ist, dabei unterstützt werden, einen Übergang zu klimafreundlicheren Wirtschaftszweigen und Anreizen zum Aufbau einer Grünen Wirtschaft zu schaffen. 150 Milliarden Euro sollen von 2021 bis 2027 den am stärksten betroffenen Regionen zukommen.[9]

Erste Gesetzesinitiativen zu einer höheren Bepreisung fossiler Energieträger sowie verschärften CO2-Grenzwerten sollten bis Juni 2020 vorliegen.[2] Um Wettbewerbsnachteile und die Verlagerung von CO2-Emissionen in Nicht-EU-Staaten zu verhindern, hat die Europäische Kommission ein Europäisches CO2-Grenzausgleichssystem vorgeschlagen.

Mit der Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomieverordnung) vom 18. Juni 2020 wurde die weltweit erste „grüne Liste“ für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten geschaffen – ein neues gemeinsames Klassifizierungssystem mit einheitlichen Begrifflichkeiten, das Anleger verwenden können, wenn sie in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten mit erheblichen positiven Klima- und Umweltauswirkungen investieren wollen. Die Verordnung soll dazu beitragen, dass die EU bis 2050 klimaneutral wird.[10]

Im Leitfaden für das neue EU-Programm Erasmus+, der im März 2021 veröffentlicht wurde, wird der European Green Deal im Rahmen der Priorität „Environment and fight against climate change“ aufgegriffen.[11]

Am 14. Juli 2021 stellt die Europäische Kommission unter der Bezeichnung „Fit for 55“ ein erstes Paket von reformierten und neuen EU-Richtlinien und -Verordnungen vor, mit denen die im European Green Deal verankerte Ziele erreicht werden sollen.[12]

Green Recovery

Als Green Recovery (deutsch Grüne Erholung, Grüner Aufschwung) werden Maßnahmen und Investitionen zur Stützung der Wirtschaft in der Wirtschaftskrise 2020 bezeichnet, wobei die Gestaltung eines Strukturwandels hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft berücksichtigt werden soll.[13][14]

Führende Ökonomen, darunter Nicholas Stern und Joseph E. Stiglitz veröffentlichten eine Analyse zur Wirksamkeit langfristig angelegter, klimafreundlicher Konjunkturanreize zur Überwindung der Wirtschaftskrise 2020. Auch die ökonomische Performance sei besser als bei anderen Maßnahmen.[15]

Frans Timmermans, Kommissar für Klimaschutz der EU, begründete die Notwendigkeit eines klimafreundlichen Wiederaufbauprogramms auch mit der Generationengerechtigkeit: Die jetzt aufzunehmenden Kredite müssten von den kommenden Generationen getilgt werden, welche ein Interesse daran haben, in einer ökologisch intakten Welt leben zu können.[16]

Der Entwurf des Konjunkturprogramms Next Generation EU der EU-Kommission, enthält Vorschläge, die den Green Deal „verstärken“ sollen.[17] Doch durch das 750 Milliarden schwere Konjunkturpaket soll sich der Anteil am Gesamthaushalt, der in Klimaschutz investiert wird, nicht ändern.[18]

REPowerEU

Im Mai 2022 legte die EU-Kommission den REPowerEU-Plan vor, mit dem auf die Störungen der globalen Energiemärkte durch den Russischen Überfall auf die Ukraine 2022 reagiert werden sollte.[19] Gegenüber dem Fit for 55-Paket sollen insbesondere die Ziele zur Energieeffizienz angehoben und der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden.[20]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Infrastrukturatlas – Daten und Fakten über öffentliche Räume und Netze Berlin 2020, ISBN 978-3-86928-220-6, dort S. 44
  2. a b c d Susanne Götze: "European Green Deal": Wie die EU zum Klimaschutz-Kontinent werden will. In: Der Spiegel. 11. Dezember 2019, abgerufen am 21. Februar 2020.
  3. a b Paola Tamma, Eline Schaart, Anca Gurzu: Europe’s Green Deal plan unveiled. In: Politico.eu. 11. Dezember 2019, abgerufen am 21. Februar 2020 (englisch).
  4. Prioritäten der Europäischen Kommission. Abgerufen am 21. Februar 2020.
  5. Nachhaltige Finanzierung Website der EU-Kommission (englisch).
  6. Rat beschließt Europäisches Klimagesetz. In: consilium.europa.eu. 28. Juni 2021, abgerufen am 8. Juli 2021.
  7. EU-Staaten segnen Klimaschutzgesetz ab. In: euractiv.de. 29. Juni 2021, abgerufen am 8. Juli 2021.
  8. Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 („Europäisches Klimagesetz“)
  9. Der Mechanismus für einen gerechten Übergang: Niemand darf zurückgelassen werden. In: Europäische Kommission. Abgerufen am 14. November 2020.
  10. Nachhaltiges Finanzwesen: Kommission begrüßt Annahme der Taxonomie-Verordnung durch das Europäische Parlament Pressemitteilung der Europäischen Kommission, Brüssel 18. Juni 2020.
  11. Priorities of the Erasmus+ Programme. Europäische Kommission, 15. September 2020, abgerufen am 16. August 2021 (englisch).
  12. https://www.europarl.europa.eu/legislative-train/theme-a-european-green-deal/package-fit-for-55
  13. The Guardian, 10. Mai 2020City leaders aim to shape green recovery from coronavirus crisis, 1. Mai 2020
  14. Euractiv, ‘Green recovery alliance’ launched in European Parliament, 14. April 2020
  15. Will COVID-19 fiscal recovery packages accelerate or retard progress on climate change?, Cameron Hepburn, Brian O’Callaghan, Nicholas Stern, Joseph Stiglitz, Dimitri Zenghelis. 4. Mai 2020
  16. Tagesschau, „Der Green Deal ist unsere Strategie“, 8. Mai 2020
  17. Verena Kern: Konjunkturprogramm mit Konjunktiv. In: Klimareporter.de. 27. Mai 2020, abgerufen am 28. Mai 2020 (deutsch).
  18. Verena Kern: Wie grün ist der grüne Aufbauplan? In: Klimareporter.de. 30. Mai 2020, abgerufen am 30. Mai 2020 (deutsch).
  19. REPowerEU. In: ec.europa.eu. EU-Kommission, 18. Mai 2022, abgerufen am 19. Mai 2022.
  20. Communication REPowerEU Plan COM(2022)230. In: energy.ec.europa.eu. EU-Kommission, 18. Mai 2022, abgerufen am 19. Mai 2022.