Fraipontit

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Fraipontit
Fraipontite-sea52a.jpg
Perlweiße Überzüge aus mikrokristallinem Fraipontit mit grünem Smithsonit aus Lavrio, Attika, Griechenland (Größe: 1,4 cm × 1,0 cm × 0,9 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel
  • (Zn,Al)3(Si,Al)2O5(OH)4[1]
  • (Zn,Al)6[(OH)8|(Si,Al)4O10][2]
  • Zn5Al[(OH)8|AlSi3O10][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Schichtsilikate (Phyllosilikate)
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
9.ED.15 (8. Auflage: VIII/A’.03)
71.01.02c.04
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol nicht definiert
Raumgruppe nicht definiert
Gitterparameter a = 5,372 Å; b = 9,246 Å; c = 7,273 Å
β = 103° 33′ (103,5[3])[4][5]
Formeleinheiten Z = 2[4][5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5 bis 4[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,08 bis 3,10; berechnet: 3,44 bis 3,54[4]
Spaltbarkeit vollkommen[2]
Farbe gelblichweiß bis bläulich[4]
Strichfarbe weiß bis blassgrün[4]
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig[4]
Glanz Seidenglanz[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,620[6]
nβ = 1,624[6]
nγ = 1,624[6]
Doppelbrechung δ = 0,004[6]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 15° bis 20° (gemessen)[6]

Fraipontit (IMA-Symbol Fpt[7]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung (Zn,Al)3(Si,Al)2O5(OH)4[1] und damit chemisch gesehen ein Zink-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Strukturell gehört Fraipontit zu den Schichtsilikaten (Phyllosilikaten).

Da bei natürlichen Fraipontiten allerdings stets ein geringer Anteil des Zinks sowie des Siliciums diadoch durch Aluminium ersetzt (substituiert) ist, wird dies durch entsprechend ergänzte Klammerwerte verdeutlicht. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Zink und Aluminium sowie Silicium und Aluminium können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten, stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Fraipontit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und findet sich allgemein in faserigen bis porzellanähnlichen oder schuppigen Massen, die sich talkartig anfühlen und auf den Oberflächen einen seidenähnlichen Glanz zeigen. Das Mineral ist durchscheinend bis undurchsichtig und von gelblichweißer bis bläulicher Farbe. Seine Strichfarbe ist dagegen weiß bis blassgrün.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Fraipontit in Mineralproben aus dem ehemaligen Zink-Bergwerk Vieille Montagne bei Altenberg (auch Moresnet; heute: Kelmis) in der belgischen Provinz Lüttich. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte 1927 durch Giuseppe Raimondo Pio Cesàro. Er benannte das Mineral nach dem Paläontologen und Professor für Zoologie an der Universität Lüttich (französisch: Université de Liège) Julien Jean Joseph Fraipont (1857–1910) sowie dessen Sohn Charles Marie Joseph Julien Fraipont (1883–1946), um deren Verdienste zur Erforschung der Neandertaler zu ehren.[8][6]

Das Typmaterial des Minerals (Holotyp, HT) wird in der Mineralogischen Sammlung der Universität Lüttich (ULG) unter der Sammlungs-Nr. 13727 aufbewahrt.[9]

Klassifikation

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Fraipontit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings noch zur Abteilung der „Neso-Subsilikate“ (Mit Kationen in oktaedrischer Koordination usw.), wo er zusammen mit Sapphirin, Staurolith und Topas die „Topas-Staurolith-Sapphirin-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/A’.03 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/H.27-160. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort der Abteilung „Schichtsilikate“, wo Fraipontit zusammen mit Amesit, Antigorit, Berthierin, Brindleyit, Carlosturanit, Chrysotil, Cronstedtit, Dozyit, Greenalith, Guidottiit, Karpinskit, Karyopilit, Kellyit, Lizardit, Népouit und Pecorait die „Serpentingruppe“ bildet.[2]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Fraipontit ebenfalls in die Abteilung der „Schichtsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Schichten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Kaolinitschichten, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Amesit, Antigorit, Berthierin, Brindleyit, Chrysotil, Cronstedtit, Greenalith, Karyopilit, Kellyit, Lizardit, Manandonit, Népouit und Pecorait die „Serpentingruppe“ mit der System-Nr. 9.ED.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Fraipontit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Amesit, Berthierin, Brindleyit, Cronstedtit, Kellyit und Manandonit in der „Serpentingruppe (Amesit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 71.01.02c innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 1:1-Lagen“ zu finden.

Kristallstruktur

Fraipontit kristallisiert monoklin mit den Gitterparametern a = 5,372 Å; b = 9,246 Å; c = 7,273 Å und β = 103° 33′ (103,5°[3]) sowie zwei Formeleinheiten[4] pro Elementarzelle.[5] Eine genauere Aufschlüsselung der Kristallstruktur in Bezug auf Kristallklasse und Raumgruppe wurde bisher nicht vorgenommen.

Bildung und Fundorte

Fraipontit bildet sich in oxidierten, zinkmineralhaltigen Lagerstätten, wo er unter anderem in Paragenese mit Cerussit, Gebhardit, Sauconit, Smithsonit und Willemit auftreten kann.

Als seltene Mineralbildung konnte Fraipontit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 60 Vorkommen dokumentiert sind (Stand 2022).[11] Außer an seiner Typlokalität, dem ehemaligen Zink-Bergwerk Vieille Montagne bei Kelmis (ehemals Altenberg), trat das Mineral in Belgien nur noch in der ehemaligen Blei-Zink-Grube Bleyberg und in der Umgebung von Moresnet in der heutigen Gemeinde Plombières (Wallonische Region) auf

In Deutschland fand sich Fraipontit in der aufgelassenen Grube Großfürstin Alexandra (siehe auch Schleifsteintaler Gangzug) nahe Goslar in Niedersachsen sowie in der ebenfalls aufgelassenen Grube Alexander und im Gustav-Stollen bei Bestwig im Hochsauerlandkreis Nordrhein-Westfalens.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist die Grube Stefanie am Bleiberger Erzberg nahe der Kärntner Stadt Villach. Mit der Mine des Moulins bei Saint-Luc VS im Kanton Wallis ist auch in der Schweiz bisher nur ein Fundort bekannt.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Chile, Frankreich, Griechenland, Italien, Kasachstan, Kuba, Marokko, Mexiko, Namibia, Peru, Portugal, Rumänien, Russland, Spanien, Turkmenistan, im Vereinigten Königreich (England, Wales) und den Vereinigten Staaten von Amerika (Arizona, Kalifornien, Nevada, New Jersey, New Mexico).[12]

Siehe auch

Literatur

  • G. Cesàro: Sur la fraipontite, silicate basique hydraté de zinc et d´aluminum. In: Annales de la Société Géologique de Belgique. Band 50, 1927, S. B106–B110 (französisch, rruff.info [PDF; 825 kB; abgerufen am 20. Juni 2022]).
  • Michael Fleischer, Joseph Anthony Mandarino: New mineral names. New data. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 173–176 (englisch, rruff.info [PDF; 430 kB]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 763 (Erstausgabe: 1891).

Weblinks

Commons: Fraipontite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2022, abgerufen am 16. Juni 2022 (englisch).
  2. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 677 (englisch).
  4. a b c d e f g h Fraipontite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 75 kB; abgerufen am 16. Juni 2022]).
  5. a b André-Mathieu Fransolet, Pol Bourguignon: Données nouvelles sur la fraipontite de Moresnet (Belguique). In: Bulletin de la Société Française de Minéralogie et de Cristallographie. Band 98, Nr. 4, 1975, S. 235–244, doi:10.3406/bulmi.1975.6994 (französisch, persee.fr [PDF; 1,7 MB; abgerufen am 20. Juni 2022]).
  6. a b c d e f Fraipontite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Juni 2022 (englisch).
  7. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 21. Juni 2022]).
  8. G. Cesàro: Sur la fraipontite, silicate basique hydraté de zinc et d´aluminum. In: Annales de la Société Géologique de Belgique. Band 50, 1927, S. B106–B110 (französisch, rruff.info [PDF; 825 kB; abgerufen am 20. Juni 2022]).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – F. (PDF 633 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 21. Juni 2022.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 16. Juni 2022 (englisch).
  11. Localities for Fraipontite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. Juni 2022 (englisch).
  12. Fundortliste für Fraipontit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 16. Juni 2022.