Gaslicht (Schauspiel)

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Vincent Price auf dem Broadway als Mr. Manningham in Angel Street, fotografiert von Carl Van Vechten, 1942

Gaslicht (Gas Light, in den USA bekannt als Angel Street) ist ein Schauspiel des britischen Dramatikers Patrick Hamilton aus dem Jahr 1938. Das Stück und seine Adaptionen inspirierten den Begriff Gaslighting, der eine Form des psychischen Missbrauchs bezeichnet, bei dem falsche Informationen verwendet werden, um die Opfer an ihren Erinnerungen und Sinneseindrücken zweifeln zu lassen, was langsam ihr Selbstbewusstsein deformiert bzw. zerstört.

Handlung

Das Stück spielt im nebligen London des Jahres 1880 in der gehobenen Mittelklassewohnung von Jack Manningham und dessen Frau Bella. Es ist später Nachmittag, in Hamiltons Worten die Zeit „before the feeble dawn of gaslight and tea“ (Zeit von Gaslicht und Tee).

Bella ist rastlos, was durch die Vorwürfe ihres Mannes und sein Flirten mit der Dienerschaft noch verschlimmert wird. Am beunruhigendsten ist sein Verschwinden, das er nicht erklärt und durch das er ihre Angst noch vermehrt. Die Entwicklung des Dramas macht klar, dass Jack Bella zu überzeugen versucht, sie sei wahnsinnig und bilde sich nur ein, das Gaslicht würde dunkler.

Der Auftritt des Polizeidetektivs Rough lässt Bella erkennen, dass Jack sie quält. Die obere Wohnung wurde einst von Alice Barlow bewohnt, die wegen ihrer Juwelen ermordet wurde, die aber nie gefunden wurden. Jack sucht die Juwelen und da er dabei das Gaslicht entzündet, wird es im übrigen Haus dunkler. Seine Schritte im leeren Apartment lassen Bella glauben, sie höre Dinge. Rough überzeugt Bella, bei der Überführung von Jack als Mörder zu helfen. Zuvor gibt sie jedoch vor, Jack bei der Flucht zu helfen, um Rache zu nehmen: Sie erklärt ihm, dass sie als Verrückte ja nicht für ihre Handlungen verantwortlich sei.

Das Spiel endet, als Jack von der Polizei abgeführt wird.

Aufführungsgeschichte

Die Premiere war am 5. Dezember 1938 in London und führte zu einer sechsmonatigen Spielzeit.[1] Premierentheater war das Richmond Theatre in London. Das Stück wurde im Januar 1939 ins Apollo Theatre im West End transferiert und wanderte dann im Mai 1939 ins Savoy Theatre. In den insgesamt 141 Vorstellungen spielten Dennis Arundell (Mr. Manningham), Gwen Ffrangcon Davies (Mrs. Manningham), Milton Rosmer (Mr. Rough), Beatrice Rowe (Elizabeth) und Elizabeth Inglis (Nancy).

Die amerikanische Uraufführung unter dem Titel Angel Street fand am 5. Dezember 1941 im John Golden Theatre auf dem Broadway statt. Das Stück wurde seit dem 2. Oktober 1944 im Bijou Theatre aufgeführt und am 30. Dezember 1944 nach 1295 Aufführungen aus dem Programm genommen. Unter der Regie von Shepard Traube spielten Leo G. Carroll (Rough), Florence Edney (Elizabeth), Elizabeth Eustis (Nancy), Judith Evelyn (Mrs. Manningham) und Vincent Price (Mr. Manningham).[2][3]

Im New York City Center gab es vom 22. Januar 1948 bis zum 1. Februar 1948 14 Aufführungen unter der Regie von Richard Barr mit José Ferrer (Mr. Manningham), Uta Hagen (Mrs. Manningham), Phyllis Hill (Nancy), Nan McFarland (Elizabeth), Ralph Roberts (Policeman), Victor Thorley (Polizist) und Richard Whorf (Rough).[4]

Wiederaufführungen auf dem Broadway fanden vom 26. Dezember 1975 bis zum 8. Februar 1976 im Lyceum Theatre statt (52 Aufführungen und 4 Previews). Wieder unter der Regie von Shepard Traube spielten Michael Allinson (Mr. Manningham), Dina Merrill (Mrs. Manningham), Christine Andreas (Nancy), Bette Henritze (Elizabeth) and Robert E. Thompson (Rough).[5][6]

2005 produzierte Dulaang UP eine Version des Stücks in Filipino und Englisch.[7]

Im Juni 2007 wurde das Werk im Old Vic Theatre in London als Gaslight unter der Regie von Peter Gill mit Andrew Woodall als Mr. Manningham, Rosamund Pike als Mrs. Manningham und Kenneth Cranham als Rough gezeigt.[8]

Eine Off-Broadway-Produktion des Irish Repertory Theatre lief vom 17. Mai 2007 bis 8. Juli 2007. Regisseurin war Charlotte Moore, die Schauspieler David Staller (Mr. Manningham), Laura Odeh (Mrs. Manningham), Laoisa Sexton (Nancy), Patricia O’Connell (Elizabeth), April Ann Klein (Police Officer) und Brian Murray (Rough). Das Stück wurde für die Lucille Lortel Awards nominiert, Murray erhielt die Auszeichnung als Outstanding Featured Actor. Weiterhin erhielt die Inszenierung Nominierungen für den Drama League Award in den Kategorien Distinguished Revival of a Play und Distinguished Performance (David Staller).[9][10]

2014 produzierte die Sandyford Little Theatre Company Gaslight, a Radio Play for Stage,[11] eine Bühnenversion als Radioaufführung mit sieben Schauspielern für 24 Rollen.

2015 produzierte Myriad Theatre & Film in der Ingatestone Hall in Essex Gaslight.

Je prominenter der Begriff Gaslighting als Buzzword in den traditionellen Medien und in Social Media auftauche, oft in Zusammenhang mit Toxic Masculinity, desto mehr Künstler präsentierten ihre jeweilige Interpretation von Hamiltons Stück, beobachtete Natasha Tripney in einem Artikel im britischen Guardian. Allein im Vereinigten Königreich feierten 2019 mindestens fünf neue Produktionen ihre Premiere, u. a. am Watford Palace Theatre, am Playground Theatre in London, im Perth Theatre und im The Mill at Sonning.[12]

Rezeption

Louis Kronenberger beschrieb die 1948er City Center Produktion als einen der besten Thriller („it remains one of the better thrillers...let’s call it one of the best. All the same, though it holds up nicely for three acts, it seems to me outstandingly good for only one.“)[13] Brooks Atkinson nennt das Stück in der New York Times eines der besten viktorianischen Dramen („As a creepshow, Patrick Hamilton’s Victorian melodrama remains close to the top of the class.“)[13]

Die New York Times findet in der Produktion von 2007 Grausamkeit, Klaustrophobie und Sarkasmus:

“David Staller plays this undesirable husband as a man whose lust exempts nothing. Every time he appears onstage, you think: keep this person away from my babysitter and Rolex. Mr. Staller’s rogue posture modulates his character’s cruelty, leavening the play’s potentially stifling mood. Mr. Hamilton believed our most dangerous enemies were always in the room with us…, and his work can feel claustrophobic. Ms. Moore is aware of this, providing the proper ventilation to clear much of the Victorian must. Brian Murray, playing the detective who uncovers Manningham’s plan, is her greatest asset in this regard. He appears onstage with the red cheeks of a Santa Claus, an ageing imp who hides out in nooks and corners, showing a benevolent sarcasm that teases Bella out of her dimwitted complacency.”[14]

Angel Street war bei seiner Broadway-Premiere ein Erfolg und ist noch immer eines der am längsten laufenden nichtmusikalischen Stücke in der Geschichte des Broadway (1295 Aufführungen).[15]

Es ist weiterhin einer der Favoriten von Repertoire- und Amateurtheatern.

Anlässlich des überraschenden Bestsellerstatus des Romans 1984 im Januar 2017, der mit der politischen Diskussion um „alternative Fakten“ in Zusammenhang gebracht wird, bestreitet der Journalist und Schriftsteller Jan Drees einen eben solchen Zusammenhang und stellt stattdessen eine Nähe zwischen Fake Facts und Gaslighting fest.[16]

Film- und Fernsehadaptionen

Es gibt zwei Verfilmungen des Stücks:

Die britische Version wurde im März 2016 in Amerika als Angel Street veröffentlicht, um Verwechslungen mit dem amerikanischen Film zu vermeiden.

Es gibt mindestens sechs Aufnahmen für das Fernsehen:

Am 3. Februar 1947 wurde eine halbstündige Radioaufführung des The Screen Guild Theater mit Charles Boyer and Susan Hayward gesendet.[22]

1946 produzierte das Lux Radio Theatre eine einstündige Radio-Version mit Charles Boyer und Ingrid Bergman, den Stars der Cukor-Verfilmung.

Literatur

  • Patrick Hamilton, Günter Blöcke: Gaslicht: Spiel in drei Akten. Stähle & Friedel, Stuttgart 1946.
  • Gaslicht. eBook. epubli, Berlin 2014, ISBN 978-3-7375-0056-2, urn:nbn:de:101:1-2014091213240.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gaslight Guide (Memento vom 13. Juni 2010 im Internet Archive) bard.org (Utah Shakespearean Festival), abgerufen am 20. Juni 2013.
  2. Angel Street in der Internet Broadway Database (englisch), abgerufen am 22. Februar 2021.
  3. ‘Angel Street’ playbillvault.com, abgerufen am 20. Juni 2013.
  4. ‘Angel Street’ Listing, 1948 playbillvault.com, abgerufen am 20. Juni 2013.
  5. Angel Street in der Internet Broadway Database (englisch), abgerufen am 22. Februar 2021.
  6. ‘Angel Street’ Listing, 1975 playbillvault.com, abgerufen am 20. Juni 2013.
  7. Angel Street (Memento vom 15. November 2016 im Internet Archive) In: fieldfindings.blogspot.com vom 22. Februar 2005. Abgerufen am 8. Oktober 2019. (englisch)
  8. Michael Billington: Theatre. ‘Gaslight’ The Guardian. 14. Juni 2007.
  9. ‘Angel Street’ Listing, 2007 (Memento vom 16. September 2007 im Internet Archive) Internet Off-Broadway Database, abgerufen am 20. Juni 2013.
  10. Kenneth Jones: ‘Gaslight’, the Wartime Hit Once Called ‘Angel Street’, Opens May 17 (Memento vom 17. Juni 2011 im Internet Archive) playbill.com, 17. Mai 2007.
  11. Sandyford Little Theatre Company (Memento vom 21. Februar 2015 im Internet Archive)
  12. Natasha Tripney: Gaslight: the return of the play that defined toxic masculinity. In: The Guardian. 8. Oktober 2019, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 14. Oktober 2019]).
  13. a b Louis Kronenberger: Victorian Villainy at the City Center. (PDF) fultonhistory.com, 25. Januar 1948.
  14. Ginia Bellafante: Theater Review. ‘Gaslight’ In: The New York Times. 24. Mai 2007.
  15. @1@2Vorlage:Toter Link/www.philadelphiaweekly.com(Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: philadelphiaweekly.com)
  16. Mauern weltweit, neu im Job. In: Redaktionskonferenz, Deutschlandradio Wissen, 25. Januar 2017, 18:15 Uhr, Ausschnitt: 0:21:15 – 0:26:15; abgerufen am 11. Oktober 2019.
  17. Gaslight. In: Turner Classic Movies. Abgerufen am 10. November 2018 (englisch, derzeit von Deutschland aus nicht zugänglich).
  18. Gas Ligh in der Internet Movie Database (englisch)
  19. Gaslight in der Internet Movie Database (englisch)
  20. filmpolski.pl
  21. Deutsches Filmhaus
  22. Radio Broadcast Log Of: The Screen Guild Theater. In: Audio Classics Archive. Archiviert vom Original am 17. September 2010. Abgerufen am 13. Februar 2010.